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Anwesenheit von Hunden führen nicht zur Versagung des Umgangsrechts mit dem Kind

OLG Frankfurt – Az.: 1 UF 170/20 – Beschluss vom 27.10.2020

I. Auf die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Stadt1 vom 10. Juli 2020 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Juli 2020 wird dieser dahin abgeändert, dass es auf Seite 3 in Absatz 2 des Tenors heißt:

„Dem Vater wird aufgegeben sicherzustellen, dass das Kind während der Umgangskontakte in Gegenwart von einem oder mehreren im Haushalt lebenden Hund(en) nicht unbeaufsichtigt sein wird.“

Im Übrigen bleibt es bei den Regelungen der angegriffenen Entscheidung.

Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem angegriffenen Beschluss in der Fassung nach Abänderung im Beschwerdeverfahren ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,- Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen.

II. Dem Vater wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt und insoweit Rechtsanwältin A, Stadt2, beigeordnet. Es wird angeordnet, dass eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 197,- Euro zu erbringen ist. Die erste Rate wird fällig im Monat nach Beendigung der sich aus dem Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 3. Juni 2020 für die erste Instanz angeordnete Ratenzahlungsverpflichtung.

III. Der Mutter wird eine Frist zur Einreichung der Belege zu ihrer Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gesetzt bis zum 6. November 2020.

IV. Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens tragen die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten werden in beiden Instanzen nicht erstattet.

V. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des im Monat X 2019 geborenen B. Im Monat Y 2019 trennten sich die Eltern.

Unter dem 9. Mai 2020 regte der Vater die Einleitung eines Umgangsverfahrens an und begehrte insbesondere die Regelung des Umgangs mit Übernachtungen am Wochenende. Die Mutter verweigerte den Umgang solange nicht gewährleistet sei, dass das Kind nicht mit mehr als zwei Hunden in Kontakt kommt und die anderen Hunden in dieser Zeit im Zwinger gehalten werden. Hintergrund ist, dass der Vater mit seiner neuen Lebensgefährtin, die Schlittenhundesport betreiben, mit insgesamt 7 Hunden (darunter 5 Huskys und ein Labrador) zusammenlebt.

Anwesenheit von Hunden führen nicht zur Versagung des Umgangsrechts mit dem Kind
(Symbolfoto: Von Pixel-Shot/Shutterstock.com)

Das Amtsgericht bestellte für das Kind eine Verfahrensbeiständin und hörte die Beteiligten persönlich an.

Mit Beschluss vom 10. Juli 2020 verpflichtete das Amtsgericht die Mutter insbesondere, dem Vater ab dem 26. Juli 2020 regelmäßigen Umgang zu gewähren, wobei dieser einen Umfang von zunächst sieben Stunden wöchentlich, ab Oktober 2020 von neun Stunden wöchentlich und ab Januar 2021 an jedem 2. Wochenende von 8 Uhr am Samstag bis 17 Uhr am Samstag hat. Darüber hinaus formulierte das Amtsgericht: „Die zuvor geregelten Kontakte des Kindesvaters mit dem Kind sind nur in Abwesenheit der im Haushalt des Kindesvaters lebenden Hunde gestattet.“

Mit seiner Beschwerde vom 27. Juli 2020, mit welcher er zuletzt lediglich noch die Abänderung der Auflage betreffend die Hunde begehrt, wendet sich der Vater gegen die angegriffene Entscheidung.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten schriftlich Stellung genommen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen.

II.

Die Beschwerde des Vaters ist nach §§ 58ff. FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel ist im tenorierten Umfang begründet.

1. Maßstab der familiengerichtlichen Entscheidung zum Umgang im Rahmen des § 1684 Abs. 3 BGB ist das, was dem Kindeswohl am besten entspricht (§ 1697a BGB). Hiernach hat das Amtsgericht, insoweit hat auch die Mutter keine Beschwerde eingelegt und der Vater zuletzt keine Bedenken mehr erhoben, nach Zeit und Umfang eine am Kindeswohl orientierte Regelung gefunden.

2. Abzuändern war die amtsgerichtliche Entscheidung jedoch hinsichtlich der Auflage zur Abwesenheit der Hunde während der Umgangskontakte. Geeignet und erforderlich, den Bedenken der Mutter, soweit sie nachvollziehbar sind, Rechnung zu tragen, ist die Auflage, dass der Vater sicherzustellen hat, dass das Kind während der Umgangskontakte in Gegenwart von einem oder mehreren im Haushalt lebenden Hund(en) nicht unbeaufsichtigt sein wird

a) Mit der Umgangsregelung, die den regelmäßigen Umgang nach Art, Ort und Zeit festlegt, können im Einzelnen ausgestaltende Auflagen verbunden werden. Diese können sowohl auf § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB, also auch auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden (Staudinger/Dürbeck, BGB, § 1684 Rn. 249). So kann das Familiengericht etwa die Gegenwart eines gefährlichen Tieres anlässlich des Umgangs verbieten (vgl. KG FamRZ 2003, 112). In den Fällen der alleinigen elterlichen Sorge des umgangsgewährenden Elternteils hat dieser zwar die Befugnis, in Bereichen der elterlichen Sorge entsprechende Anordnungen in Angelegenheiten (von erheblicher Bedeutung) zu treffen. Besteht hingegen gemeinsame elterliche Sorge, sind unbeschadet dessen gegebenenfalls Auflagen zur Abwehr einer möglichen Kindeswohlgefährdung durch das Familiengericht geboten. Gleichermaßen hat das Familiengericht dann im Elternkonflikt unterhalb dieser Schwelle eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu treffen, die auch der grundsätzlichen Alleinentscheidungsbefugnis des umgangsausübenden Elternteils in Alltagsangelegenheiten (hierzu § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB) während des Umgangs Rechnung trägt.

b) Nach diesen Maßstäben ist zwar eine Auflage zu erteilen, die jedoch im tenorierten Umfang zu fassen ist.

Mutter und Vater üben hier die elterliche Sorge gemeinsam aus. Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls sind weder dargetan noch ersichtlich. Zwar handelt es sich um eine Vielzahl von Hunden, die während des Umgangs zugegen sein können. Die anwesenden Hunderassen sind jedoch für sich genommen nicht als gefährlich einzustufen, was bereits daraus ersichtlich ist, dass insbesondere Huskys oder Labradore nicht in der jeweiligen Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden eines Landes gelistet sind. Im Gegenteil gelten beide Rassen allgemeinbekannt eher als menschenfreundlich, sozial und sanftmütig.

Es kommt hinzu, dass die Vielzahl der Hunde sich dadurch erklärt, dass der Vater und seine Lebensgefährtin sich dem Hundesport zugewendet haben. Dies wiederum setzt voraus, dass die Hunde auch regelmäßig trainiert werden und damit zumindest einen Grundgehorsam haben. Dass dies auch konkret der Fall ist, wird etwa in den zur Akte gereichten Bildern ersichtlich, auf welchen alle Hunde sitzend, steady und gehorsam abzulichten waren. Auch die Verfahrensbeiständin konnte den Gehorsam der Hunde bei ihrem Besuch feststellen. Dass es zu irgendwelchen, das Wohl des Kindes beeinflussenden Hygieneproblemen kommen könnte, ist im Übrigen in keiner Weise nachvollziehbar dargetan oder ersichtlich.

Der Senat vermag auch keine abstrakte Gefahr zu erkennen, die etwa auf Grund der Anzahl der Hunde nach einer weitergehenden Regelung verlangen würde. Vielmehr sind keinerlei Anhaltspunkte dargetan oder ersichtlich, dass der Vater seiner Elternverantwortung und Aufsichtspflichten zur Sicherstellung des Kindeswohls während der Umgangsausübung nicht Genüge tun würde.

Unbeschadet dessen geht der Senat mit Blick auf den Kontakt des Kindes zu Hunden während des Umgangs davon aus, dass es sich um eine Alltagsangelegenheit handelt, denn immerhin hat ein Zusammenleben der Mutter mit dem Vater jedenfalls mit seinen beiden Hunden noch stattgefunden.

Mit Blick auf die Bedenken der Mutter und die Loyalitätspflichten des Vaters, die mit einer Pflicht zu einem kindeswohlorientierten Einvernehmen einhergeht (hierzu Staudinger/Dürbeck, BGB, § 1684 Rn. 83 mwNachw.), erachtet es der Senat – auch unter Einbeziehung von § 1687 Abs. 2 BGB – gleichwohl für geboten, die entsprechende Verpflichtung an den Vater zum Zwecke der Klarstellung und mahnenden Erinnerung zu tenorieren. Der Senat weist unbeschadet dessen jedoch deutlich darauf hin, dass es im Sinne einer vernünftigen Ausübung der Elternautonomie seitens des Vaters geboten ist, besondere Aufmerksamkeit in den Situationen walten zu lassen, in denen die Hunde besonders aufgeregt sind bzw. sein könnten und in denen B in engerem Kontakt mit einem der Hunde ist. Dass er in unmittelbarem und engerem Kontakt mit mehreren Hunden gleichzeitig ist, ist mit Blick auf das Alter des Kindes ohnehin ausgeschlossen und wird vom Vater bei angemessener Wahrnehmung seiner Erziehungsverantwortung, woran der Senat keinen Zweifel hat, verhindert werden.

c) Von der Erteilung einer Beratungsauflage sieht der Senat ab. Zwar teilt der Senat nicht die Ansicht des OLG Düsseldorf (NZFam 2020, 448), dass eine Beratungsauflage im Rahmen einer Endentscheidung zum Umgang rechtlich nicht statthaft ist, denn einerseits kann eine solche auf die Regelung des § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB gestützt werden und andererseits bestimmt § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB ausdrücklich, dass das Familiengericht die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Wohlverhaltenspflicht anhalten kann, was auch zu einer Beratungsauflage ermächtigt (vgl. KG ZKJ 2019, 234 und ZKJ 2017. 230 sowie OLG Brandenburg, FamRZ 2016, 1473). Der Senat sieht die Fortführung einer Beratung, wie die Verfahrensbeiständin, im Hinblick auf den Elternkonflikt auch dringend als geboten an. Mit Blick auf den Umstand, dass das Jugendamt bereits intensiv involviert ist, geht der Senat aber davon aus, dass nach Abschluss dieses Beschwerdeverfahrens beide Elternteile im Interesse ihres Sohnes auch freiwillig die bestehenden Beratungsangebote nutzen werden.

d) Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 89 Abs. 2 FamFG und erstreckt sich auch auf die nunmehr tenorierte Anordnung.

3. Eine hinreichende Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung ist vorhanden. Insbesondere konnte der Senat von einer erneuten persönlichen Anhörung der Beteiligten, welche erstinstanzlich erfolgt, absehen (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Insbesondere vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass eine Entpflichtung der Verfahrensbeiständin, wie vom Vater angeregt, geboten gewesen wäre, denn diese hat im Verfahren in vertretbarer Weise die Interessen des Kindes wahrgenommen.

III.

Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 84, 81 FamFG. Sie entspricht billigem Ermessen, wobei der Senat die Ausführungen der Mutter vom 1. Oktober 2020 nicht teilt, denn die Beschwerde war teilweise erfolgreich.

Im Übrigen war der Regelwert festzusetzen (§§ 40, 45 FamGKG).

Die Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 114 ZPO. Die Anordnung der monatlichen Ratenzahlung entspricht der erstinstanzlichen und nicht zu beanstandenden Entscheidung zur Verfahrenskostenhilfe vom 3. Juni 2020.

 

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