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Auskunftsanspruch der Eltern über Verbleib des Sparvermögens des gemeinsamen Kindes

OLG Oldenburg – Az.: 4 WF 11/18 – Beschluss vom 30.01.2018

Es ist beabsichtigt, auf die Beschwerde des Antragstellers den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Oldenburg vom 21.12.2017 zu ändern und wie folgt neu zu fassen:

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zum Hinweisbeschluss binnen 1 Woche nach Zustellung.

Gründe

Der Antragsteller hat mit Antragsschrift vom 02.06.2017 von der Antragsgegnerin Auskunft über den Verbleib des Sparvermögens des gemeinsamen Sohnes in Höhe von 15.322,80 € begehrt.

Die Beteiligten sind verheiratet. Aus der Ehe ist der gemeinsame Sohn S…, geb. am ….2009, hervorgegangen. S… lebt seit der Trennung der Beteiligten im Haushalt der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin wurde außergerichtlich vergeblich zur begehrten Auskunft aufgefordert.

Nachdem die Antragsgegnerin im laufenden Verfahren die geforderte Auskunft erteilt hat, haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit angefochtenem Beschluss vom 21.12.2017 hat das Amtsgericht u.a. die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass es vorliegend billigem Ermessen entspreche, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sein Vorgehen keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Hintergrund des Antrages sei der Verdacht der unberechtigten Abhebung des Geldes durch die Mutter gewesen. Hieraus könne sich ein Schadensersatzanspruch des Kindes ergeben. In Betracht käme daher allenfalls ein entsprechender Auskunftsanspruch des Kindes, den dieses ggf. durch einen Ergänzungspfleger geltend machen könne. Das Vorgehen des Antragstellers sei daher unzulässig.

Auskunftsanspruch der Eltern über Verbleib des Sparvermögens des gemeinsamen Kindes
(Symbolfoto: Evgeny Atamanenko/Shutterstock.com)

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Beschwerde. Mit dieser führt er aus, dass ein Auskunftsanspruch des Antragstellers selbst geltend gemacht worden sei, der sich aus der gemeinsamen elterlichen Sorge für S… herleiten ließe. Gemäß § 1629 Abs.1 Satz 2 BGB gelte das Gesamtvertretungsprinzip im Rahmen der elterlichen Sorge. Im Rahmen der elterlichen Sorge stehe den Eltern gemeinsam die Vermögensverwaltung zu. Eine Entscheidung über das Vermögen von S… hätte daher nur gemeinsam erfolgen dürfen. Dem Antragsteller als Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge habe daher ein eigener Anspruch, der sich zumindest aus § 242 BGB ergebe, zugestanden, von der Antragsgegnerin über den Verbleib des Geldes informiert zu werden. Da die Antragsgegnerin den Auskunftsanspruch nach Rechtshängigkeit erfüllt habe und auch Veranlassung zur Antragstellung gegeben habe, sei sie verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde ist zulässig. Es handelt sich vorliegend um keine vermögensrechtliche Angelegenheit, da der geltend gemachte Auskunftsanspruch seine Grundlage im gemeinsamen Sorgerecht der Beteiligten hat. In diesen Fällen gilt die Wertgrenze des § 61 Abs.1 FamFG nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 25.09.2013 nicht.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Die Beteiligten üben die elterliche Sorge für ihren Sohn gemeinsam aus. Die elterliche Sorge umfasst die Personensorge und die Vermögenssorge (§ 1626 Abs.1 BGB). Es gilt das sog. Gesamtvertretungsprinzip, d.h. die Beteiligten Eltern vertreten ihr Kind gemeinsam (§ 1629 Abs.1 BGB). Dieses Gesamtvertretungsprinzip findet im Fall der Trennung der Eltern seine Grenze in Dingen des täglichen Lebens. Gemäß § 1687 Abs.1 Satz 1 BGB ist bei getrenntlebenden Eltern nur in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung ein gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. In allen anderen Dingen des täglichen Lebens hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung (§ 1687 Abs.1 Satz 2 BGB).

Die Verfügung über das Sparvermögen des gemeinsamen Kindes der Beteiligten in einer Gesamthöhe von mehr als 15.000,00 € stellt eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung dar, über die die Beteiligten vorliegend nur gemeinsam entscheiden durften.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es Treu und Glauben grundsätzlich gebietet, einem Berechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGH Urteile vom 6. Februar 2007 – X ZR 117/04 – NJW 2007, 1806 Rn. 13; BGHZ 152, 307, 316 = NJW 2003, 582; BGHZ 148, 26, 30 = MDR 2002, 228; BGHZ 95, 285, 287 f. = NJW 1986, 1247; BGHZ 81, 21, 24 = NJW 1981, 2000 und BGHZ 10, 385, 387). Die dafür erforderliche rechtliche Beziehung kann sich etwa aus Vertragsverhandlungen, dauernden Geschäftsverbindungen, Nachwirkungen eines Vertrages oder aus einem Nachbarschaftsverhältnis ergeben (Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 242 Rn. 3). Eine Sonderverbindung der beteiligten Personen, die eine Auskunftspflicht nach Treu und Glauben rechtfertigt, kann aber auch dann vorliegen, wenn ein sonstiges familienrechtliches Verhältnis unmittelbar zwischen den Beteiligten besteht (BGH, Urteil vom 09. November 2011 – XII ZR 136/09 -, BGHZ 191, 259-270, Rn. 20).

Vorliegend gebietet das gemeinsame Sorgerecht der Beteiligten einen Auskunftsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin nach § 242 BGB im Hinblick auf die unbefugte eigenmächtige Verfügung der Antragsgegnerin über das Barvermögen des gemeinsamen Sohnes, da diesbezüglich ein gegenseitiges Einvernehmen erforderlich gewesen wäre. Die Antragsgegnerin ist zur Auskunftserteilung unschwer in der Lage.

Einen durchaus vergleichbaren Auskunftsanspruch hat der Gesetzgeber zwischen den Elternteilen im umgangsrechtlichen Kontext gemäß § 1686 BGB normiert. Danach ist ein Elternteil bei einem berechtigten Interesse verpflichtet, dem anderen Elternteil auf Verlangen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu erteilen. Anerkannt ist insoweit, dass die vermögensrechtlichen Interessen nicht zum Inhalt und Umfang des Auskunftsanspruchs nach § 1686 BGB zählen. Hieraus kann jedoch im Umkehrschluss nicht geschlussfolgert werden, dass für andere Bereiche der elterlichen Sorge außerhalb des Umgangsrechts und neben der in § 1605 BGB normierten Auskunftspflicht zur Feststellung des Bestehens eines Unterhaltsanspruchs keine (weitere) Auskunftspflicht besteht. Vielmehr zeigt der in § 1686 BGB normierte Auskunftsanspruch, dass dem Sorgerecht in Gänze eine Auskunftspflicht zwischen den Eltern nicht fremd ist. Die fortbestehende Verpflichtung getrenntlebender Eltern zur gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge gebietet es vielmehr, bei einem eigenmächtigen Handeln des einen Elternteils als Grundlage dem anderen Elternteil einen Auskunftsanspruch zur Information über die näheren Umstände und die Folgen des eigenmächtigen Handelns zu gewähren. Dieser Auskunftsanspruch besteht aufgrund der gemeinsamen elterlichen Sorge zwischen den sorgeberechtigten Eltern, hier also zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin. Ein etwaiger Auskunftsanspruch des Kindes im Hinblick auf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches ist hiervon strikt zu unterscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt vorliegend aus § 81 FamFG. Es entspricht vorliegend billigem Ermessen, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, nachdem diese nach Rechtshängigkeit den geltend gemachten Auskunftsanspruch erfüllt hat. Die Antragsgegnerin wurde außergerichtlich zunächst mit Schreiben vom 21.03.2017 zur Auskunft aufgefordert. Mit Schreiben vom 21.04.2017 wurde sie an die zu erteilende Auskunft erinnert. Eine außergerichtliche Reaktion erfolgt nicht. Die Antragsgegnerin hat damit hinreichend Veranlassung für das zugrundeliegende Verfahren gegeben. Dies rechtfertigt es, ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Im Hinblick auf den (lediglich) geltend gemachten Auskunftsanspruch ist ohne Bedeutung, dass die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller habe durch sein vorheriges Verhalten Veranlassung für die anderweitige Sicherung des Sparguthabens des Kindes gegeben. Selbst wenn demzufolge ein berechtigter Grund für die Antragsgegnerin bestand, das Sparguthaben des Kindes auf ein neues Konto zu transferieren, ist sie verpflichtet, den Antragsteller als Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge und damit auch der Vermögenssorge, über diese Maßnahme zu informieren. Dies hat sie trotz entsprechender Aufforderung nicht getan.

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