Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Familienbande vor Formalitäten: BGH stärkt Rechte von Angehörigen bei der Betreuerauswahl
- Der steinige Weg durch die Instanzen: Wenn die Vergangenheit zum Stolperstein wird
- Der Blick nach vorn: Der Bundesgerichtshof korrigiert den Kurs
- Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
- Der Fall von Herrn K.: Wie geht es weiter?
- FAQ: Häufige Fragen zur Betreuerauswahl und Eignung
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist eine rechtliche Betreuung?
- Wer entscheidet über die Bestellung eines Betreuers?
- Kann ich als Angehöriger abgelehnt werden, obwohl ich die Betreuung übernehmen will?
- Welche Rolle spielen frühere Streitigkeiten in der Familie?
- Was kann ich tun, wenn ich mit der Betreuerauswahl nicht einverstanden bin?
- Zählt eine Vorsorgevollmacht mehr als der Wunsch eines Angehörigen?
- Der Kern der Betreuerpflicht: Handeln zum Wohl des Betreuten (§ 1821 BGB)
- Ein Signal für die Stärkung familiärer Verantwortung

Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Wichtigste: Familienangehörige sollen bei der rechtlichen Betreuung vorrangig zum Betreuer bestimmt werden, wenn sie geeignet sind. Vergangenes Fehlverhalten darf nicht automatisch ausschließen, dass sie diese Aufgabe übernehmen.
- Betroffen sind vor allem Kinder, Eltern und Ehepartner, die bereit sind, Verantwortung für einen hilfebedürftigen Angehörigen zu übernehmen.
- Gerichte müssen gründlich prüfen, ob ein Familienmitglied die Betreuung in Zukunft gut und zum Wohl des Betroffenen ausführen kann – dabei sind aktuelle Entwicklungen wichtiger als alte Probleme.
- Das Gericht darf einen Familienangehörigen nur ablehnen, wenn es sicher ist, dass er die Betreuungspflichten nicht erfüllen kann oder will – etwa bei klaren Interessenkonflikten oder großem Risiko für den Betreuten.
- Angehörige sollten daher nachweisen, dass sie sich geändert haben und verantwortungsvoll handeln können, zum Beispiel durch positive Aussagen von Pflegepersonal oder anderen Vertrauenspersonen.
- Diese Entscheidung stärkt Familien in schwierigen Situationen und erinnert Gerichte daran, den Familienvorrang ernst zu nehmen und nicht vorschnell Expertenbetreuer einzusetzen.
- Der konkrete Fall wird nun noch einmal neu geprüft, es gibt für betroffene Familien also Hoffnung auf mehr Mitbestimmung.
Quelle: Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss Az.: XII ZB 260/24 vom 5. März 2025
Familienbande vor Formalitäten: BGH stärkt Rechte von Angehörigen bei der Betreuerauswahl
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sorgt für Aufsehen im Betreuungsrecht. Es geht um die sensible Frage: Wer darf zum rechtlichen Betreuer bestellt werden, wenn ein Mensch seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann? Oft stehen nahe Angehörige bereit, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Doch was passiert, wenn Gerichte Zweifel an ihrer Eignung haben, vielleicht wegen früherer Vorkommnisse?
Der BGH hat mit einem Beschluss vom 5. März 2025 (Aktenzeichen: XII ZB 260/24) eine klare Richtung vorgegeben: Familiäre Beziehungen haben Vorrang, und die Eignungsprüfung muss sich an der Zukunft orientieren, nicht nur an der Vergangenheit. Für viele Familien, die sich in einer solchen Situation befinden oder befinden könnten, ist diese Entscheidung von großer Bedeutung.
Stellen Sie sich Herrn K. vor. Seine Mutter, Frau K., lebt seit einiger Zeit in einer Pflegeeinrichtung. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung benötigt sie Unterstützung bei wichtigen Entscheidungen – eine sogenannte rechtliche Betreuung. Das bedeutet, dass ein Gericht eine Person bestimmt, die in festgelegten Bereichen (etwa Gesundheitsfürsorge oder Vermögensangelegenheiten) für Frau K. handeln und entscheiden darf. Herr K., ihr einziger Sohn, möchte diese Aufgabe selbstverständlich übernehmen. Er kennt seine Mutter am besten, ihre Wünsche, ihre Ängste, ihre Gewohnheiten. Wer, wenn nicht er, sollte ihre Interessen vertreten?
Doch die Mühlen der Justiz mahlen manchmal anders. Das zuständige Amtsgericht in Gelnhausen sah die Sache kritisch. Statt Herrn K. bestellte es einen fremden Berufsbetreuer. Ein Schock für den Sohn, der sich übergangen und misstraut fühlte. Er legte Beschwerde ein, nicht gegen die Notwendigkeit der Betreuung an sich, sondern ausschließlich gegen die Person des Betreuers. Sein Ziel blieb klar: Er wollte der Betreuer seiner Mutter sein.
Der steinige Weg durch die Instanzen: Wenn die Vergangenheit zum Stolperstein wird
Der Fall landete beim Landgericht Hanau. Doch auch hier fand Herr K. kein Gehör. Die Richter bestätigten die Entscheidung des Amtsgerichts und wiesen seine Beschwerde zurück. Die Begründung: Herr K. sei als Betreuer ungeeignet. Was war geschehen? Das Gericht stützte seine negative Einschätzung maßgeblich auf Vorkommnisse aus der Vergangenheit.
Dem Sohn wurde vorgeworfen, er habe die Pflegeeinrichtung zu unpassenden Zeiten, teilweise sogar nachts, aufgesucht und damit den Betrieb gestört. Schwerer wog ein weiterer Vorfall: Im Beisein einer sogenannten Verfahrenspflegerin – einer Person, die im Gerichtsverfahren die Interessen der Betroffenen vertritt, wenn diese selbst nicht ausreichend dazu in der Lage ist – soll Herr K. sich übergriffig seiner Mutter gegenüber verhalten haben. Konkret habe er die Bettdecke hochgehoben und an ihrer Windel „genestelt“. Das Gericht wertete auch die Information, dass Herr K. früher einmal das Bett mit seiner Mutter geteilt hatte, als problematisch – selbst wenn dies möglicherweise aus der Notwendigkeit nächtlicher Hilfeleistung entstanden sein könnte. Hinzu kam, dass Herr K. sein eigenes früheres Verhalten teilweise selbst als „wenig vernünftig“ bezeichnet hatte.
All diese Punkte führten das Landgericht zu der Überzeugung, dass Herr K. nicht die nötige Distanz und Professionalität für das Betreueramt mitbringe. Eine Erklärung von Herrn K., er habe sein Verhalten geändert und werde sich künftig anders verhalten, schenkte das Gericht keinen Glauben. Seine Absichtserklärung wurde als nicht ausreichend bewertet, um die Bedenken aufgrund der Vergangenheit auszuräumen. Die Richter schienen überzeugt: Wer sich früher so verhalten hat, wird es auch in Zukunft tun. Die Tür für Herrn K. schien endgültig verschlossen.
Der Blick nach vorn: Der Bundesgerichtshof korrigiert den Kurs
Herr K. gab nicht auf. Er legte Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein, der höchsten Instanz in Zivilsachen in Deutschland. Und er hatte Erfolg. Der BGH hob die Entscheidung des Landgerichts Hanau auf und verwies die Sache zur erneuten Prüfung dorthin zurück. Warum? Weil der BGH entscheidende Fehler im Verfahren und in der Bewertung des Landgerichts sah.
Das Gesetz ist eindeutig: Familie zuerst!
Der BGH stellte zunächst die gesetzlichen Grundlagen klar in den Mittelpunkt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem zentralen Werk des deutschen Privatrechts, gibt es klare Regeln zur Betreuerauswahl. Der Paragraf 1816 Absatz 3 BGB besagt:
Wenn die betroffene Person selbst niemanden vorschlägt, sind bei der Auswahl des Betreuers die familiären Beziehungen – insbesondere zu Ehepartnern, Eltern und Kindern – sowie persönliche Bindungen zu berücksichtigen. Gleichzeitig muss geprüft werden, ob Interessenkonflikte bestehen könnten.
Daraus leitet der BGH einen wichtigen Grundsatz ab: Ein naher Angehöriger, der bereit ist, die Betreuung zu übernehmen, darf grundsätzlich nicht einfach übergangen werden. Nur wenn er nachweislich ungeeignet ist, kann stattdessen ein familienfremder Betreuer, etwa ein Berufsbetreuer, bestellt werden. Dieser Vorrang der Familie ist keine bloße Empfehlung, sondern spiegelt den besonderen Schutz wider, den die Familie durch das deutsche Grundgesetz genießt.
Verstärkt wird dieser Grundsatz durch eine weitere Regelung: Paragraf 1816 Absatz 5 BGB legt fest, dass eine ehrenamtliche Betreuung Vorrang vor einer beruflich geführten Betreuung hat. Da Familienangehörige die Betreuung typischerweise ehrenamtlich, also ohne Bezahlung für ihre Tätigkeit (abgesehen von Aufwandsentschädigungen), ausüben, unterstreicht auch diese Vorschrift die starke gesetzliche Präferenz für Familienmitglieder.
Zusammenfassend betont der BGH: Die Bestellung eines Berufsbetreuers anstelle eines willigen und geeigneten Familienangehörigen ist die Ausnahme und bedarf einer sehr guten Begründung. Die Gerichte dürfen diese gesetzlichen Vorgaben nicht leichtfertig beiseiteschieben.
Was bedeutet „ungeeignet“ wirklich? Der Maßstab der Eignungsprüfung
Die entscheidende Frage ist also: Wann gilt ein Angehöriger als „ungeeignet“? Auch hier gibt der BGH klare Leitlinien vor, basierend auf Paragraf 1816 Absatz 1 BGB. Ungeeignet ist jemand, der nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten des Betreuten so zu regeln, wie es das Gesetz vorschreibt – und zwar zum Wohl des Betreuten.
Die Kernpflicht eines jeden Betreuers ist in Paragraf 1821 BGB festgelegt: Er muss die Wünsche des Betreuten ermitteln und berücksichtigen. Ist der Betreute nicht mehr in der Lage, seinen Willen zu äußern, muss der Betreuer versuchen, den sogenannten mutmaßlichen Willen herauszufinden – also zu entscheiden, wie der Betreute vermutlich selbst entscheiden würde, wenn er es noch könnte. Dafür ist ein regelmäßiger persönlicher Kontakt unerlässlich.
Ungeeignet ist ein potenzieller Betreuer also dann, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass er diese Pflichten nicht erfüllen kann oder will. Das kann zum Beispiel bei erheblichen Interessenkonflikten der Fall sein (etwa wenn der Betreuer gleichzeitig Erbe ist und Entscheidungen über das Vermögen treffen muss) oder wenn die begründete Sorge besteht, dass er sein Amt missbrauchen könnte.
Entscheidend ist die Verknüpfung: Die Eignungsprüfung darf sich nicht in einer allgemeinen Bewertung des Charakters oder einer Verhaltenszensur erschöpfen. Sie muss konkret darauf abzielen, ob die Person die spezifischen Aufgaben eines Betreuers im Sinne des § 1821 BGB – also zum Wohl und nach den Wünschen des Betreuten – erfüllen kann und wird.
Der Fehler des Landgerichts: Der Blick zurück statt nach vorn
Genau hier setzte die Kritik des BGH an der Entscheidung des Landgerichts Hanau an. Die Richter in Hanau hatten sich zu stark auf das Fehlverhalten von Herrn K. in der Vergangenheit konzentriert. Die nächtlichen Besuche, das Hantieren an der Windel, die eigene kritische Bemerkung – all das wurde als Beleg für eine grundsätzliche Ungeeignetheit gewertet.
Der entscheidende Verfahrensfehler lag jedoch darin, dass das Landgericht eine aktuelle Bescheinigung der Pflegeeinrichtung bei seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt hatte.
Dieses wichtige Beweismittel, das erst im Laufe des Verfahrens hinzugekommen war, zeichnete ein ganz anderes Bild von Herrn K. Die Einrichtung beschrieb darin, dass der Sohn anfangs zwar emotional sehr betroffen und besorgt gewesen sei – verständlich angesichts der Erkrankung seiner Mutter. Er habe sich jedoch schnell an die neue Situation angepasst, Vertrauen zum Personal gefasst und sich inzwischen zu einem gern gesehenen Besucher entwickelt. Mehr noch: Er kümmere sich fürsorglich und beispielhaft um seine Mutter und entlaste sogar das Pflegepersonal.
Dieses Zeugnis war von erheblicher Bedeutung. Es deutete darauf hin, dass bei Herrn K. eine positive Entwicklung und Verhaltensänderung stattgefunden hatte. Es war eben nicht nur eine bloße Absichtserklärung, sein Verhalten zu ändern, sondern es gab konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er dies bereits getan hatte.
Der BGH machte deutlich: Die Eignungsprüfung muss eine Prognoseentscheidung sein. Es geht nicht darum, vergangenes Verhalten zu bestrafen, sondern vorausschauend zu bewerten, ob der Kandidat die Betreuungsaufgaben in der Zukunft pflichtgemäß erfüllen wird. Vergangenes Verhalten ist dabei nur ein Faktor, ein mögliches Indiz. Es muss aber immer im Lichte aller aktuellen Umstände und Entwicklungen bewertet werden.
Das Landgericht hätte die Bescheinigung der Pflegeeinrichtung umfassend würdigen und prüfen müssen, ob die früheren Vorfälle angesichts dieser neuen Informationen überhaupt noch tragfähige Rückschlüsse auf eine zukünftige Ungeeignetheit zulassen. Indem es dieses Beweismittel quasi ignorierte und sich weiter auf die alten Geschichten stützte, beging es einen Verfahrensfehler.
Die Gerichte haben eine Amtsermittlungspflicht. Das bedeutet, sie müssen von sich aus alle relevanten Fakten ermitteln, die für die Entscheidung wichtig sind. Dazu gehört auch, neuen Beweismitteln nachzugehen, die das Bild verändern könnten. Gerade wenn es darum geht, den gesetzlichen Vorrang eines Familienangehörigen auszuhebeln, muss die Tatsachengrundlage besonders solide sein.
Die Eignung ist keine in Stein gemeißelte Eigenschaft. Menschen können sich ändern, lernen, sich anpassen. Die Justiz muss dieser Möglichkeit Rechnung tragen und darf sich nicht auf eine Momentaufnahme aus der Vergangenheit versteifen.
Der Vorrang der Familie im Betreuungsrecht (§ 1816 Abs. 3 BGB)
Das Gesetz gibt eine klare Rangfolge vor: Wenn die betroffene Person keine Wünsche äußert, sollen vorrangig nahe Familienangehörige (Ehepartner, Kinder, Eltern) oder andere Personen mit engen persönlichen Bindungen als Betreuer ausgewählt werden. Dieser Grundsatz basiert auf der Annahme, dass diese Personen den Betroffenen am besten kennen und eine besondere emotionale Verbindung besteht.
Ein Fremder (z.B. ein Berufsbetreuer) soll nur dann bestellt werden, wenn kein geeigneter Angehöriger zur Verfügung steht oder die Bestellung eines Angehörigen dem Wohl des Betroffenen widersprechen würde (z.B. wegen massiver Konflikte oder nachgewiesener Unzuverlässigkeit). Die Gerichte müssen diesen Vorrang aktiv berücksichtigen und eine Abweichung davon sehr gut begründen.
Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Konsequenzen, sowohl für die Gerichte als auch für Familien, die mit dem Thema Betreuung konfrontiert sind.
Höhere Anforderungen an die Gerichte
Die Instanzgerichte (Amtsgerichte und Landgerichte) sind nun angehalten, bei der Eignungsprüfung noch sorgfältiger vorzugehen. Sie müssen:
- Umfassend ermitteln: Alle relevanten Fakten und Beweismittel müssen gesammelt werden, insbesondere auch solche, die für eine positive Entwicklung des potenziellen Betreuers sprechen. Eine einseitige Fokussierung auf negative Aspekte ist unzulässig.
- Prognostisch denken: Die Entscheidung muss sich auf die Zukunft richten. Die Frage lautet: Ist zu erwarten, dass die Person die Betreuung zukünftig zum Wohl des Betroffenen führen kann und wird?
- Vergangenes richtig einordnen: Früheres Fehlverhalten darf nicht automatisch zur Annahme dauerhafter Ungeeignetheit führen. Es muss geprüft werden, ob es heute noch relevant ist und ob eine Verhaltensänderung stattgefunden hat.
- Den Familienvorrang ernst nehmen: Die Hürden für die Bestellung eines Berufsbetreuers gegen den Willen eines bereiten Angehörigen sind hoch. Die Ablehnung eines Familienmitglieds erfordert eine stichhaltige Begründung, die auf einer fundierten negativen Zukunftsprognose basiert.
Tipps für betroffene Familienangehörige
Für Sie als Angehöriger, der eine Betreuung übernehmen möchte, aber vielleicht auf Widerstände stößt oder befürchtet, dass frühere Probleme gegen Sie verwendet werden könnten, ergeben sich aus dem Urteil wichtige Hinweise:
- Seien Sie proaktiv: Wenn es in der Vergangenheit Schwierigkeiten gab, sprechen Sie diese offen an und legen Sie dar, was sich seitdem geändert hat.
- Sammeln Sie positive Belege: Bitten Sie Personen oder Institutionen, die Ihr aktuelles Verhalten und Ihre Beziehung zum Betroffenen beurteilen können (Ärzte, Therapeuten, Pflegepersonal, Freunde, Nachbarn), um schriftliche Stellungnahmen. Eine Bescheinigung wie die der Pflegeeinrichtung im Fall von Herrn K. kann Gold wert sein.
- Zeigen Sie Ihre Bereitschaft und Fähigkeit: Machen Sie deutlich, dass Sie sich mit den Aufgaben eines Betreuers auseinandergesetzt haben und bereit sind, die Verantwortung im Sinne des § 1821 BGB zu übernehmen. Informieren Sie sich über die Pflichten und Rechte eines Betreuers. Lokale Betreuungsvereine bieten hier oft kostenlose Beratung und Schulungen an.
- Kommunizieren Sie klar Ihre Motivation: Erläutern Sie dem Gericht, warum Ihnen die Übernahme der Betreuung wichtig ist und wie Sie die Wünsche und das Wohl des Betroffenen sicherstellen wollen.
- Suchen Sie rechtlichen Beistand: Wenn Sie auf Widerstand stoßen oder das Verfahren komplex wird, kann die Unterstützung durch einen auf Betreuungsrecht spezialisierten Anwalt sinnvoll sein. Er kann Sie im Verfahren vertreten und sicherstellen, dass Ihre Rechte gewahrt und alle relevanten Argumente und Beweise vorgebracht werden.
Wichtig zu wissen: Das Gericht muss Sie als nahen Angehörigen im Verfahren anhören, bevor es eine Entscheidung trifft. Nutzen Sie diese Gelegenheit, um Ihre Sicht der Dinge darzulegen und Ihre Eignung zu untermauern.
Der Fall von Herrn K.: Wie geht es weiter?
Für Herrn K. bedeutet die Entscheidung des BGH einen wichtigen Etappensieg. Sein Fall ist aber noch nicht abgeschlossen. Der BGH hat die Sache an das Landgericht Hanau zurückverwiesen. Das bedeutet, die dortigen Richter müssen sich erneut mit der Frage der Eignung von Herrn K. befassen – diesmal aber unter strikter Beachtung der Vorgaben des BGH.
Das Landgericht wird nun die Bescheinigung der Pflegeeinrichtung und möglicherweise weitere aktuelle Informationen berücksichtigen müssen. Es muss prüfen, ob die positiven Entwicklungen die früheren Bedenken entkräften. Es könnte weitere Ermittlungen anstellen, zum Beispiel das Pflegepersonal oder die Verfahrenspflegerin erneut befragen, um ein aktuelles Bild zu gewinnen. Am Ende muss es eine neue, fundierte Prognoseentscheidung treffen. Ob Herr K. dann doch noch zum Betreuer seiner Mutter bestellt wird, bleibt abzuwarten, aber seine Chancen haben sich durch das BGH-Urteil deutlich verbessert.
FAQ: Häufige Fragen zur Betreuerauswahl und Eignung
Das Thema rechtliche Betreuung wirft viele Fragen auf, insbesondere wenn es um die Auswahl des Betreuers geht. Hier einige Antworten auf häufig gestellte Fragen:
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist eine rechtliche Betreuung?
Wer entscheidet über die Bestellung eines Betreuers?
Kann ich als Angehöriger abgelehnt werden, obwohl ich die Betreuung übernehmen will?
Welche Rolle spielen frühere Streitigkeiten in der Familie?
Was kann ich tun, wenn ich mit der Betreuerauswahl nicht einverstanden bin?
Zählt eine Vorsorgevollmacht mehr als der Wunsch eines Angehörigen?
Der Kern der Betreuerpflicht: Handeln zum Wohl des Betreuten (§ 1821 BGB)
Der Paragraph 1821 BGB ist das Herzstück des Betreuungsrechts. Er legt fest, wie ein Betreuer handeln muss. Oberstes Gebot ist das Wohl des Betreuten. Dieses Wohl orientiert sich in erster Linie an den Wünschen der betreuten Person. Der Betreuer muss diese Wünsche aktiv ermitteln (z.B. durch Gespräche, Beobachtung) und ihnen entsprechen, solange dies dem Wohl des Betreuten nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zumutbar ist. Kann der Betreute seine Wünsche nicht mehr äußern, muss der Betreuer den mutmaßlichen Willen erforschen (Was hätte die Person wahrscheinlich gewollt?) und danach handeln. Persönlicher Kontakt und das Bemühen, die Persönlichkeit und die Lebensgeschichte des Betreuten zu verstehen, sind dafür unerlässlich.
Ein Signal für die Stärkung familiärer Verantwortung
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5. März 2025 ist mehr als nur eine Entscheidung in einem Einzelfall. Er sendet ein klares Signal an die Rechtspraxis: Die familiäre Bindung ist ein hohes Gut, das auch im Betreuungsrecht besonderen Schutz genießt. Gerichte dürfen willige Angehörige nicht leichtfertig übergehen, nur weil es in der Vergangenheit Probleme gab. Die Prüfung der Eignung muss fair, umfassend und vor allem zukunftsorientiert sein. Es geht darum, die Person zu finden, die am besten geeignet ist, die Interessen des hilfebedürftigen Menschen zu vertreten – und das sind oft die Menschen, die ihm am nächsten stehen.
Für Familien wie die von Herrn K. ist dies eine Ermutigung, für ihre Rechte einzustehen und die Verantwortung füreinander wahrzunehmen. Gleichzeitig ist es eine Mahnung an die Gerichte, ihrer Aufgabe mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität nachzukommen und dabei stets das Wohl des Betroffenen und die Stärke familiärer Bande im Blick zu behalten. Die Entscheidung stärkt die Autonomie der Familie und unterstreicht das Vertrauen des Gesetzgebers in ihre Fähigkeit, füreinander Sorge zu tragen – ein wichtiger Aspekt in einer Gesellschaft, die auf Solidarität und Zusammenhalt angewiesen ist.