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Eheaufhebung wegen arglistiger Täuschung: Vortäuschung emotionaler Verbundenheit

OLG Koblenz, Az.: 13 UF 141/16, Beschluss vom 04.04.2016

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 04.03.2016 auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

Die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe war zu versagen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Ein Aufhebungsgrund nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist nicht schlüssig dargetan. Nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn ein Ehegatte zur Eingehung durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen solcher Umstände und die Täuschung darüber ist die Partei, die sich auf die arglistige Täuschung beruft, somit die Antragstellerin (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 20.12.2001, 6 UF 106/01, Rn. 5 – juris; Staudinger-Voppel, BGB, Neubearbeitung 2015, § 1314 Rn. 80 und 82 m. w. Nachw.). Dabei berechtigt eine Täuschung über die Vermögensverhältnisse bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zur Anfechtung.

Eheaufhebung wegen arglistiger Täuschung: Vortäuschung emotionaler Verbundenheit
Symbolfoto: Thiago Santos/Bigstock

Aber auch soweit die Antragstellerin geltend macht, der Antragsgegner habe ihr emotionale Verbundenheit vorgetäuscht, um sie zur Eheschließung zu bewegen und dabei ihren Familiennahmen anzunehmen, damit er sich so dem Zugriff seiner Gläubiger entziehen könne, ist ihr Vortrag nicht ausreichend. Es ist bereits unklar, worin hier die Täuschung liegen soll. Liebe, eheliche Gesinnung und der Wille, sich in bestimmter Weise zu verhalten, sind subjektive Empfindungen, die einer objektiven Feststellung nicht zugänglich sind. Auf ihr Vorliegen oder Nichtvorliegen kann allenfalls geschlossen werden aufgrund objektivierbarer Tatsachen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 20.12.2001, 6 UF 106/01, Rn. 6 – juris). Die von der Antragstellerin geschilderte Entwicklung ihrer Beziehung bietet insoweit keine besonderen Anhaltspunkte. Hingegen wusste die Antragstellerin bereits vor der Eheschließung, dass der Antragsgegner zuvor schon zweimal verheiratet gewesen war. Auch war ihr bekannt, dass der von ihm zum Zeitpunkt der Eheschließung geführte Familienname nicht sein Geburtsname war. Dies wäre bereits Anlass genug gewesen, die Motivation des Antragstellers für die Eingehung einer weiteren Ehe und die Gründe für das Scheitern seiner früheren Ehen zu hinterfragen. Wenn die Antragstellerin unter diesen Umständen die Ehe eingegangen ist, ohne hier nähere Aufklärung zu verlangen, war das Vorleben des Antragsgegners für ihre Entscheidung, mit ihm die Ehe zu schließen, offenbar irrelevant.

Die der Antragstellerin nachträglich durch Facebook-Kontakte zu den Exfrauen des Antragsgegners bekannt gewordenen Umstände lassen ebenso wenig den Schluss zu, dass der Antragsgegner sie vor der Eingehung der Ehe über seine Motivation getäuscht hat. Für die Annahme des Familiennamens der Ehefrau kann es unterschiedliche Gründe geben. Seit Einführung der Privatinsolvenz ist es jedoch eher fernliegend, dass jemand eine Ehe – mit allen Vor- und Nachteilen – schließt, um sich durch die damit verbundene Möglichkeit einer Namensänderung – vorübergehend – seinen Gläubigern zu entziehen. Auch dass die frühere Ehe mit Frau …[A] bereits nach wenigen Monaten gescheitert war, lässt nicht auf eine entsprechende Täuschungsabsicht des Antragsgegners schließen. Ebenso wenig lassen die von der Antragstellerin geschilderten Auseinandersetzungen mit den beiden früheren Ehefrauen über finanzielle Dinge den Schluss zu, er habe die Antragstellerin im Sommer 2015 nicht aus Liebe geheiratet sondern ihr seine emotionale Verbundenheit nur vorgespielt.

Soweit die Antragstellerin von der ersten Ehefrau im Nachhinein erfahren haben will, dass der Antragsgegner eine Beteiligung an den Beerdigungskosten seines Sohnes …[B] abgelehnt haben will, vermag dies die Eheaufhebung ebenfalls nicht zu stützen. Das Verschweigen vorehelicher Schulden berechtigt – wie bereits oben ausgeführt – nicht zur Anfechtung. Aber auch das Verschweigen von Kindern aus früheren Beziehungen gibt nicht in jedem Fall ein Anfechtungsrecht. Ob eine Offenbarungspflicht besteht, hängt nämlich davon ab, ob es sich um fortwirkende oder in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Umstände handelt (Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Auflage 2016, § 1314 Rn. 11 m. w. Nachw. und Beispielen; Staudinger-Voppel, BGB, Neubearbeitung 2015, § 1314 Rn. 24 und 27 m. w. Nachw.). Eine Pflicht, vor Eingehung der Ehe über verstorbene Kinder aus früheren Beziehungen aufzuklären, besteht demnach nicht, denn diese können zukünftig weder unterhalts- noch erbberechtigt sein (vgl. Staudinger-Voppel, BGB, Neubearbeitung 2015, § 1314 Rn. 27 m. w. Nachw.). Entsprechendes gilt für die Spielsucht, die der Antragsgegner nach seinen unwiderlegten Angaben im Termin vom 18.01.2016 seit vielen Jahren überwunden hat.

Auch die Voraussetzungen für eine Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres nach § 1565 Abs. 2 BGB liegen nicht vor. Die unzumutbare Härte muss sich auf das Eheband, d. h. das „Weiter-miteinander-verheiratet-sein“ beziehen, nicht bloß auf die Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens. Da es sich um einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand handelt, reichen bloße Schwierigkeiten, Unstimmigkeiten oder ehetypische Zerwürfnisse nicht aus (Palandt-Brudermüsller, BGB, 75. Auflage 2016, § 1565 rn. 9-11 m. W. Nachw.). Daher ist die letztlich in jeder Trennung zum Ausdruck kommende menschliche Enttäuschung über die Person des anderen Ehegatten kein hinreichender Grund für eine Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres, auch wenn der Antragsgegner die Ehe ebenfalls als gescheitert ansieht.

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