OLG Frankfurt – Az.: 2 UF 133/16 – Beschluss vom 29.07.2016
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kassel vom 25.02.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die am ….1986 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde mit Beschluss vom ….2014 rechtskräftig geschieden. Während der Ehe und des Zusammenlebens der Beteiligten wurde am 14.02.2009 ein gebrauchter Pkw Marke1 zum Preis von 14.700,- € angeschafft. Das Fahrzeug wurde allein vom Antragsteller ausgesucht, er schloss mit der A GmbH einen Vorvertrag, an dem die Antragsgegnerin nicht beteiligt war, wickelte dann, nachdem die Antragsgegnerin informiert war und sich herausstellte, dass der Vorvertrag bindend war, den Kauf ab, die Rechnung wurde auf ihn allein ausgestellt, die Quittung über den von ihm bar gezahlten Kaufpreis ebenfalls. Der Antragsgegner wurde in der Zulassungsbescheinigung Teil II (früher Kfz-Brief) eingetragen und hat diese in seinem Besitz. Er hat das Fahrzeug auf seinen Namen bei der B Versicherung haftpflicht- und kaskoversichert.
Die Finanzierung des Fahrzeugs erfolgte über ein von den Beteiligten nach Abschluss des Vorvertrags gemeinsam aufgenommenes Darlehen bei der X Sparkasse über 20.000 €, ein Teilbetrag von 5.000 € wurde für Kosten der Hofpflasterung vor dem Ehehaus verwendet.
Das Fahrzeug wurde wochentags überwiegend von der Antragsgegnerin für die Fahrten zur und von der Arbeitsstelle genutzt. Der Antragsteller nutzte hierfür einen Motorroller. Der Antragsgegnerin stand ein weiterer Motorroller zur Verfügung. Wer Wartung und Pflege des Pkws übernahm, der Antragsteller allein oder auch die Antragsgegnerin, ist streitig. Die Antragsgegnerin kümmerte sich jedenfalls auch um Organisation und Wahrnehmung von TÜV-Terminen, wenn der Antragsteller an der Arbeit war.
Nach der im Jahr 2012 erfolgten Trennung der Beteiligten blieb die Antragsgegnerin im gemeinsamen Haus, in dem sie weiterhin lebt, auch der Pkw Marke1 wurde dort belassen. Die Antragsgegnerin, die im Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil I (früher Kfz-Schein) ist, ist derzeit nicht berufstätig, der Antragsgegner geht einer nichtselbständigen Tätigkeit bei der Stadt1 nach. Bereits seit dem Jahr 2012 wird außergerichtlich um die Herausgabe des Fahrzeugs bzw. die Herausgabe des Fahrzeugbriefs gestritten. Ende Januar/ Anfang Februar 2016 schraubte der Antragsteller an dem Pkw Marke1 das vordere Nummernschild nebst Halterung ab und nahm es mit sich.
Der Antragsteller war bei Eheschließung Eigentümer eines Pkw Marke2. Dieser wurde relativ zeitnah durch einen Pkw Marke3 ersetzt und dann nach und nach durch weitere Pkw bis schließlich zum Marke1. Die Antragsgegnerin hat ihren Führerschein erst im Jahr 1989 gemacht. Während der Ehe gab es keinen Zweitwagen.
Der Antragsteller behauptet, er sei Alleineigentümer des Pkw Marke1. Die A GmbH habe ihm das Fahrzeug übereignet. Zudem sei der Pkw letztendlich als Ersatz für den in die Ehe eingebrachten Pkw zu sehen.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich die Herausgabe des Fahrzeugs Pkw Marke1 sowie der Zulassungsbescheinigung Teil I beantragt, die Antragsgegnerin hat im Wege des Widerantrags Herausgabe des Nummernschildes nebst Halterung sowie des Kfz-Briefs für das Fahrzeug Marke1 beansprucht, Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts für das Fahrzeug begehrt und beantragt, ihr das Fahrzeug zur alleinigen Nutzung zuzuweisen, da sie das Fahrzeug unter anderem für Einkäufe benötige.
Mit Beschluss vom 25.02.2016 hat das Amtsgericht dem Herausgabeantrag des Antragstellers stattgegeben und die Wideranträge der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller habe mit dem Kauf des Fahrzeugs im Februar 2009 Alleineigentum erworben, ein Recht zum Besitz habe die Antragsgegnerin nicht, dass ihr zu einem späteren Zeitpunkt vom Antragsteller Miteigentum eingeräumt worden sei, lasse sich dem Vorbringen der Beteiligten nicht entnehmen.
Gegen den am 31.03.2016 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 12.04.2016 beim Amtsgericht eingegangenen und am 10.05.2016 begründeten Beschwerde, mit der sie die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche mit Ausnahme der Nutzungszuweisung weiterverfolgt und Zurückweisung des Herausgabeantrags des Antragstellers begehrt. Sie ist der Ansicht, an dem Pkw Marke1 sowie bereits an den vorangegangenen Fahrzeugen Miteigentum erlangt zu haben. Bei dem Abschrauben des Nummernschildes handele es sich um verbotene Eigenmacht des Antragstellers, weshalb das Schild nebst Halterung herauszugeben sei.
Nachdem der Senat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hinsichtlich der Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes und der Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts versagt hat, wurden die entsprechenden Anträge von der Antragsgegnerin nicht aufrechterhalten.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Familiengerichts vom 25.02.2016 -530 F 3950/15 WH- abzuändern,
1. die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen und
2. den Antragsteller zu verpflichten, das vordere Nummernschild nebst Halterung für das Fahrzeug Marke4, Fahrzeug-Identifizierungsnummer: …, an die Antragsgegnerin herauszugeben.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. 117 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller am streitgegenständlichen Pkw Marke1 am 14.02.2009 Alleineigentum erlangt hat und eine Übertragung des Miteigentums auf die Antragsgegnerin zu einem späteren Zeitraum weder konkret dargelegt wurde noch sich aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt ergibt.
Unstreitig hat der Antragsteller zunächst eigenmächtig, ohne seine Ehefrau zu informieren, einen Vorvertrag hinsichtlich des Pkw Marke1 geschlossen, er hat das Fahrzeug allein ausgesucht, allein die Vertragsverhandlungen übernommen und seine Ehefrau dann vor vollendete Tatsachen gestellt. Kontakt zwischen der Antragsgegnerin und dem Voreigentümer des Fahrzeugs, der A GmbH, hat es nie gegeben. Die Eigentumsübertragung an den Antragsteller erfolgte nach § 929 BGB durch Übergabe des Pkw an den Antragsteller und Einigung der Eigentumsübergabe. Dass die Antragsgegnerin im Rahmen einer „Übereignung an den, den es angeht“ Miteigentum erwarb, kann nicht angenommen werden. Soweit dieses Rechtsinstitut im vorliegenden Fall, in dem schließlich nicht ein Bargeschäft des täglichen Lebens betroffen ist, überhaupt in Frage kommt, weil dem Verkäufer aufgrund der erfolgten Barzahlung möglicherweise gleichgültig war, ob er an den übereignet, der die Eigentumserwerbserklärung abgibt, fehlt es jedenfalls am erforderlichen Vertretungswillen des Antragstellers, der den Pkw-Kauf ja eigenmächtig initiiert, durchgeführt und die Antragsgegnerin erst nachträglich informiert hat.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 1568 b Abs. 2 BGB.
Hiernach gilt zwar die Vermutung, dass Haushaltsgegenstände, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, für die Verteilung des Hausrats als gemeinsames Eigentum der Ehegatten gelten, es sei denn, das Alleineigentum eines Ehegatten steht fest. Wenn nichts anderes erklärt wird oder besondere Umstände nicht dagegen sprechen, ist also im Zweifel die Einigungserklärung auch nur des einen Ehegatten dahin zu verstehen, dass beide Ehegatten Eigentümer werden sollen. Vorausgesetzt, dass es sich bei dem Pkw Marke1 überhaupt um einen Haushaltsgegenstand handelt, wofür indes einiges spricht, da der Pkw jedenfalls auch zu Familienzwecken genutzt wurde (vgl. Entscheidung des Senats vom 25.02.2015, NJW 2015, 2346 ff.), gilt die Vermutung des § 1568 b Abs. 2 BGB vorliegend deshalb nicht, weil nach der Regelung des § 1370 BGB Haushaltsgegenstände, die an Stelle von nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft werden, Eigentum des Ehegatten werden, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenstände gehört haben. § 1370 BGB, dessen Primärzweck die Schaffung von Rechtsklarheit über die Eigentumslage ist, wurde zwar zum 01.09.2009 aufgehoben. Er gilt jedoch gemäß Art. 229 § 20 Abs. 1 EGBGB für die Behandlung von Haushaltsgegenständen „aus Anlass der Scheidung“ weiter, wenn diese vor dem 01.09.2009 angeschafft worden sind. Um widersprüchliche sachenrechtliche Zuordnungen zu vermeiden, sind die Eigentumsverhältnisse bei diesen Haushaltsgegenständen jedoch auch außerhalb des Scheidungszusammenhangs nach § 1370 festzulegen, und § 20 Abs. 1 EGBGB teleologisch extensiv und über den Wortlaut hinaus anzuwenden (vgl. Koch in MünchKomm zu § 20 EGBGB 6. Aufl. 2015 Rdnr. 4). Unstreitig war bei Eheschließung der Antragsteller Alleineigentümer eines Pkw Marke2, der nach und nach durch andere Pkw ersetzt wurde. Dabei muss von jeweiliger Ersatzbeschaffung, nicht von Neuerwerb ausgegangen werden, da die jeweilige Zweckbestimmung die gleiche blieb und ein erheblicher Qualitäts- oder Quantitätsunterschied oder eine erhebliche Funktionserweiterung innerhalb der jeweiligen Surrogation nicht erfolgte (vgl. Thiele in Staudinger BGB Bearbeitung 2007 § 1370 BGB Rdnr. 11 ff.). Dass letztlich im Vergleich zwischen Ursprungsfahrzeug und dem streitgegenständlichen Marke1 eine erhebliche Qualitätsverbesserung erfolgte und damit eine Bereicherung des Antragstellers vorliegt, an der die Antragsgegnerin nur im Rahmen des Zugewinnausgleichs teilhaben kann, ändert hieran nichts. Unter anderem die einen Ehegatten begünstigenden Qualitäts- oder Quantitätsverbesserungen im Rahmen des § 1370 BGB führten zu dessen Aufhebung, sind jedoch vorliegend noch hinzunehmen.
Zutreffend hat das Amtsgericht auch darauf hingewiesen, dass konkreter Vortrag der Antragsgegnerin zur Übertragung von Miteigentum am Pkw an sie nicht vorliegt. Eine solche Eigentumsübertragung ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin den Pkw überwiegend genutzt hat, wenn nicht entsprechende Willensäußerungen abgegeben wurden. Die Beteiligten haben dazu in ihrer Anhörung keine Angaben gemacht. Darlegungs- und beweisbelastet für einen von der Regel des § 1370 BGB abweichenden Eigentumserwerb ist aber die Antragsgegnerin. Aus § 1006 Abs. 1 BGB lässt sich wegen § 1370 BGB ebenfalls kein Miteigentum der Antragsgegnerin ableiten.
Da somit der Antragsteller Alleineigentümer des streitgegenständlichen Pkw ist, kann er diesen gemäß § 985 BGB von der Antragsgegnerin herausverlangen. Nach der insoweit eindeutigen Regelung des § 1568 b Abs. 1 BGB gilt dieser nicht für im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Haushaltsgegenstände, so dass er § 985 BGB im vorliegenden Fall nicht zu verdrängen vermag. Hinsichtlich der im Besitz der Antragsgegnerin befindlichen Zulassungsbescheinigung Teil I (Kfz-Schein) ergibt sich der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB i. V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 952 BGB.
Ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Herausgabe des vorderen Nummernschildes für den Pkw nebst Halterung besteht demgegenüber nicht. Zwar hat sich der Antragsteller dieses durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) verschafft, ein Anspruch aus § 861 BGB auf Wiedereinräumung des Besitzes scheitert indes an § 864 Abs. 2 BGB. Mit der vorliegenden Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin ist der Beschluss des Amtsgerichts, in dem festgestellt ist, dass dem Antragsteller ein Recht am Pkw (inklusive Zubehör wie Nummernschilder) zusteht, rechtskräftig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 ZPO, die Wertfestsetzung folgt aus §§ 40 Abs. 1, 42 Abs. 1 FamGKG.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Soweit der Antragsgegnervertreter auf etwaig divergierende Rechtsprechung zu § 1568 b Abs. 2 BGB verweist, beruht die Abweichung vorliegend auf Umständen des Einzelfalls und der Anwendung des mittlerweile aufgehobenen § 1370 BGB.