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Einwendungen im Verfahren über Minderjährigenunterhalt

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 9 WF 39/21 – Beschluss vom 30.04.2021

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 02.12.2020 (Az. 3 FH 63/20) aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Unterhaltsverfahren vom 12.10.2020 zurückverwiesen.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

Gründe

I.

Der Antragsgegner ist der Vater der am … 2006 geborenen C… G…, die im Haushalt der Kindesmutter lebt. Für das Kind werden seit November 2019 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) gewährt.

Mit am 20.10.2020 eingegangenem Antrag vom 12.10.2020 begehrte der Antragsteller aus übergegangenem Recht die Festsetzung von Kindesunterhalt im Umfang von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des (gesamten) Kindergeldes für ein erstes Kind für die Zeit ab November 2019.

Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner mit Hinweisschreiben vom 27.10.2020 die Antragsschrift vom 12.10.2020 übersandt. Die Zustellung an den Antragsgegner erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde am 30.10.2010. Mit Beschluss vom 02.12.2020 hat das Amtsgericht den laufenden Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren vom 01.11.2020 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von monatlich 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 3. Altersstufe, abzüglich des für ein erstes Kind zu zahlenden (vollen) Kindergeldes von 204,00 €, mithin in Höhe von derzeit monatlich 293,00 € sowie rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 01.11.2019 bis 31.10.2020 in Höhe von insgesamt 3.474,00 € festgesetzt.

Gegen die ihm am 05.12.2020 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 04.01.2021 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners, mit der er die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs rügt. Ausweislich des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Sendenachweises hat der Antragsgegner einen Schriftsatz vom 30.11.2020 nebst Anlagen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Amtsgericht übersandt, der bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht (als Ausdruck) zur Akte gelangt ist.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 256 Satz 1, 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch zulässig.

Einwendungen im Verfahren über Minderjährigenunterhalt
(Symbolfoto: Studio Romantic/Shutterstock.com)

Sie hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache zur weiteren Bearbeitung an das Amtsgericht.

Über den Wortlaut des § 256 FamFG hinaus können auch schwerwiegende Verfahrensmängel gerügt werden (vgl. Giers in: Keidel, FamFG, 19. Auflage, § 239 Rn. 1), wozu auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG gehört (vgl. Schneider in: Rahm/ Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 81. Lieferung 09.2020, Rn. 534 m. w. N.).

Ausweislich des im Beschwerdeverfahren vorgelegten Sendenachweises hat der Antragsgegner am 30.11.2020 über das besondere elektronische Anwaltsfach einen Schriftsatz vom 30.11.2020 nebst Anlagen eingereicht, mit dem er noch vor Verfügung des angefochtenen Festsetzungsbeschlusses Einwendungen im Sinne von § 252 FamFG erhoben hat. Neben der falschen Bezeichnung des Antragstellers hat der Antragsgegner auch eine teilweise Unzulässigkeit des vereinfachten Verfahrens wegen doppelter Rechtshängigkeit gerügt und damit jedenfalls Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens im Sinne von § 252 Abs. 1 FamFG geltend gemacht. Daneben hat der Antragsgegner eine Befristung des geltend gemachten Anspruchs bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres moniert und Bedenken hinsichtlich der materiellen Berechtigung des Antragstellers geltend gemacht, wobei es sich um Einwendungen im Sinne von § 252 Abs. 2 FamFG handelt (so auch Böhmelburg in: Prütting/ Helms, FamFG, 5. Auflage 2020, § 252 Rn. 15 und Rn. 20, m. w. N.).

Mit den materiell-rechtlichen Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG ist der Antragsgegner nicht ausgeschlossen. Der Schriftsatz vom 30.11.2020 ist vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses am 03.12.2020 und damit rechtzeitig nach § 252 Abs. 5 FamFG eingegangen, jedoch aus nicht näher aufklärbaren Gründen der zuständigen Rechtspflegerin nicht zur Kenntnis gelangt. Für die Rechtzeitigkeit der Einwendungen nach § 252 Abs. 5 FamFG ist jedoch auf den Eingang bei Gericht abzustellen. Etwaige Verzögerungen oder auch Versäumnisse innerhalb der Gerichtsorganisation können nicht zulasten des Antragsgegners gehen.

Der Beschluss war mithin aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht – Familiengericht – zurückzuverweisen, damit die rechtzeitig erhobenen Einwendungen des Antragsgegners Berücksichtigung finden können.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nach § 20 Abs. 1 FamGKG nicht erhoben. Die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Amtsgericht vorbehalten (vgl. Sternal in: Keidel, FamFG, 19. Auflage, § 69 Rn. 39a). Nach § 255 Abs. 5 FamFG sind die Kosten des vereinfachten Verfahrens Teil der Kosten eines streitigen Verfahrens.

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