Oberlandesgericht Saarbrücken, Az.: 6 UF 51/15, Vergleich vom 10.09.2015
Gründe
Der Senat weist darauf hin, – dass sich ausgehend von dem belegten Bedarf der Mutter der Antragsgegnerin in Form der Kosten der Heimunterbringung und des Barbetrages nach bedarfsdeckender Anrechnung der Rente der Mutter, des Pflegegeldes, des Wohnpflegegeldes, des Wohngeldes und ihres Unterhaltsanspruchs gegen den Vater der Antragsgegnerin, den der Senat unter Einbeziehung eines Wohnvorteils des Vaters von 360 EUR monatlich bemisst, ein ungedeckter Bedarf der Mutter der Antragsgegnerin von durchschnittlich nicht unter rund 950 EUR monatlich ergibt; – dass es der Senat allerdings – abweichend von der Beurteilung des Familiengerichts – unter den hier gegebenen Umständen nicht für zumutbar erachtet, dass die Mutter der Antragsgegnerin ihren hälftigen Eigentumsanteil an der ehelichen Eigentumswohnung (78 m2, Baujahr 1990) vorrangig zur Deckung dieses ungedeckten Bedarfs zu verwerten hat; zum einen handelt es sich bei ihrem hälftigen Miteigentumsanteil um sozialhilferechtliches Schonvermögen, zum anderen sind aber auch die Voraussetzungen für eine Zustimmung des Vaters zur Verwertung nach § 1365 BGB im hier gegebenen Fall offensichtlich sowohl materiell als auch formell nichtgegeben;
– dass es danach zunächst auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin zur Zahlung des geforderten, übergegangenen Elternunterhalts ankommt, die nach den Berechnungen des Senats für den Zeitraum ab Januar 2013 in vollem Umfang, für den Zeitraum von September bis Dezember 2012 in geringfügig eingeschränkten Umfang zu bejahen ist.
Die unterhaltsrechtlich maßgebliche Berechnung des Einkommens der Antragsgegnerin wird im Einzelnen erörtert.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin erklärt: Ich weiß nicht, ob im Jahr 2012 Steuererstattungen für die Jahre vor 2012 erfolgt sind und mir liegen auch keine Einkommenssteuerbescheide für den Steuerzeitraum ab 2013 vor.
Der Senat weist darauf hin, dass zugunsten der Antragsgegnerin bei der vorläufigen Berechnung davon ausgegangen wurde, dass weitere Erstattungen nicht erfolgt sind.
Die Frage der Krankenversicherungsbeiträge der Antragsgegnerin wird erörtert.
Der Senat weist darauf hin, dass ausweislich der vorgelegten Unterlagen, insbesondere des Bescheides für den Zeitraum ab 01.01.15, Krankenversicherungsbeiträge für den Sohn schon im Jahr 2014 – jedenfalls zuletzt – nicht mehr geleistet wurden, was auch plausibel erscheint, nachdem der Sohn bereits als Praktikant selbst krankenversichert war. Danach hat sich der frühere Gesamtbeitrag – einschließlich Selbstbeteiligung – von 1.435,71 EUR monatlich ab dem Jahr 2014 nicht unerheblich vermindert.
Dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird Gelegenheit gegeben hierzu Stellung zu nehmen.
Er erklärt: Ich gehe davon aus, dass das zutreffend ist.
Die Frage der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung des Nutzungsvorteils Pkw wird erörtert.
Der Senat weist darauf hin, dass er insoweit keinen Abzug vom Nettoeinkommen der Antragsgegnerin vornehmen wird, da bei der gegebenen Sachlage davon auszugehen ist, dass die insoweit vom Arbeitgeber in Ansatz gebrachten Beträge dem tatsächlichen Nutzungswert – auch unter Einbeziehung der dadurch bedingten Steuermehrbelastung – entsprechen.
Die Frage der krankheitsbedingten Mehrkosten bzw. des behinderungsbedingten Mehrbedarfs der Antragsgegnerin wird erörtert.
Der Senat weist darauf hin, dass – unabhängig davon, dass auch ein Abzug des behaupteten Mehrbedarfs das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens im Wesentlichen nicht beeinflussen würde – nach wie vor hinreichend substantiierter Sachvortrag hierzu, insbesondere auch zur medizinischen Notwendigkeit der behaupteten Medikamente und dazu, warum bei medizinischer Notwendigkeit keine Erstattung durch die private Krankenversicherung erfolgt ist, vorliegt.
Dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird Gelegenheit gegeben hierzu Stellung zu nehmen.
Er erklärt: Ich nehme auf mein schriftsätzliches Vorbringen Bezug. Meines Wissens nach betreibt die Antragsgegnerin kein Gewerbe. Bei der angegebenen Versandadresse in einigen der vorgelegten Rechnungen handelt es sich um die Adresse einer Freundin.
Bezüglich der Fahrtkosten für einen monatlichen Besuch bei der Mutter der Antragsgegnerin weist der Senat darauf hin, dass er diese mit monatlich 246 EUR (984 km x 0,25 EUR) einkommensmindernd berücksichtigen wird, nicht hingegen das Privatdarlehen durch den Lebensgefährten der Antragsgegnerin, das vorliegend unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig ist. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin.
Die Frage der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit des von der Antragsgegnerin geleisteten Kindesunterhalts für ihre beiden Kinder wird erörtert.
Der Senat weist darauf hin, dass grundsätzlich die Antragsgegnerin zur Höhe und zur Durchsetzbarkeit von Unterhaltsansprüchen ihrer Kinder gegen den Kindesvater substantiiert vorzutragen hat und bereits entsprechend substantiierter Sachvortrag fehlt.
Unbeschadet davon sind für Janice entsprechend der Handhabung der Antragstellerin für den Zeitraum bis einschließlich April 2013 allenfalls insgesamt monatlich 595,80 EUR in Abzug zu bringen und für den Zeitraum ab April 2013 – ausgehend von einem Bedarf von Kindern mit eigener Wohnung in Höhe von 670 EUR – nach Abzug des Kindergeldes ein Betrag von 486 EUR monatlich. Dieser Betrag ist bei der vorläufigen Berechnung fortschreibend in Abzug gebracht, obwohl … zwischenzeitlich volljährig ist, sich nicht in Ausbildung befindet und sie danach grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit trifft.
Die Frage des Unterhalts für … wird erörtert.
Auf Rückfrage erklärt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin:
Ich kann es nicht genau sagen, aber ich glaube, dass von … ab Januar 2014 absolvierte Praktikum war kein Bestandteil seiner Ausbildung, sondern er hat es absolviert, weil ihm eine Vollbeschäftigung bei der dortigen Firma in Aussicht gestellt worden war.
Der Senat weist darauf hin, dass für … – unterstellt, dass er tatsächlich bis Ende 2013 Schulgeld bezahlen musste, obwohl er nach seinen eigenen Angaben anlässlich seiner Zeugenvernehmung die Ausbildung bereits im August 2013 beendet hatte – allenfalls berücksichtigungsfähig sind: bis Ende des Jahres 2013 monatlich insgesamt 696 EUR (670 EUR – Kindergeld 184 EUR + Schulgeld 210 EUR) und von Januar bis Juni 2014 rund 107 EUR monatlich (670 EUR – Kindergeld 184 EUR – um 5% bereinigte Praktikumsvergütung). Spätestens ab Juli 2014 kann von einer Unterhaltsverpflichtung der Antragsgegnerin gegenüber ihrem Sohn nicht mehr ausgegangen werden.
Der Senat weist darauf hin, dass Leistungen der Antragsgegnerin an ihre Kinder, die die vorgenannten Beträge übersteigen, den hier geltend gemachten Unterhaltsansprüchen ihrer Mutter nicht entgegen gehalten werden können.
Der Senat weist weiter darauf hin, dass für die geltend gemachten erhöhten Wohnkosten eine unterhaltsrechtlich beachtliche Notwendigkeit nicht dargetan ist.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin erklärt hierzu:
Die Antragsgegnerin muss doch Räumlichkeiten Vorhalten, wenn die Kinder sie besuchen kommen.
Der Senat weist darauf hin, dass dies kein durchgreifendes Argument für eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit ist.
Die Frage der – anteiligen – Haftung der Schwester der Antragsgegnerin für den ungedeckten Bedarf ihrer Mutter wird erörtert.
Der Senat weist darauf hin, dass sich
– ausgehend von dem Familieneinkommen der Schwester und deren Ehemannes – unter Auswertung der vorgelegten Einkommensbelege einschließlich des Kindergeldes und der Gewerbeeinkünfte errechnet
– unter Hinzurechnung der – anteiligen – Einkommenssteuererstattungen und nach Abzug der Beiträge zur Krankenversicherung der Schwester, der Zusatzversicherung ihrer Ehemannes, der Riesterrente beider Ehegatten, sowie Fahrtkosten auf Seiten der Schwester bei einer Entfernung von 30 km von 275 EUR monatlich,
– nach weiterem Abzug der Darlehen bei der …-Bank (1.103 EUR monatlich) und bei (der … (1.030,16 EUR monatlich) jeweils hälftig bei der Schwester und deren Ehemann sowie einem Ansatz des Wohnwertes von unstreitig 580 EUR (ebenfalls jeweils hälftig),
– einem Familienselbstbehalt von 2.700 EUR im Jahr 2012 und unter Berücksichtigung einer Haushaltsersparnis von 10%
für die Schwester der Antragsgegnerin ein für Elternunterhalt ersetzbares Einkommen von rund 280 EUR monatlich im Jahr 2012 ergibt. Hierbei sind allerdings neben den darlehensweise finanzierten Internatskosten keine weiteren Unterhaltsaufwendungen für die Tochter der Schwester einkommensmindernd berücksichtigt. Auch Aufwendungen für und mögliche Einnahmen aus der Vermietung betreffend das Haus in Österreich sind unterhaltsrechtlich nicht in Ansatz gebracht.
Der Senat weist darauf hin, dass danach die Beschwerde der Antragstellerin für den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2012 bereits einen – allerdings beachtlichen – Teilerfolg haben wird und für die Zeit ab Januar 2013 in vollem Umfang begründet sein dürfte.
Die Frage einer vergleichsweisen Einigung wird erörtert.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellern erklärt:
Eine vergleichsweise Regelung – wie zugunsten der Antragsgegnerin schon erstinstanzlich im Termin vom 30. Januar 2015 ins Auge gefasst – würde die Antragstellerin auch heute noch in Betracht ziehen.
Der Senat rät der Antragsgegnerin dringend zu einer entsprechenden vergleichsweisen Einigung, auch im Hinblick auf die zu treffende Kostenentscheidung.
Die Sitzung wird unterbrochen.
Die Sitzung wird fortgesetzt.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin erklärt:
Ich selbst werde der Antragsgegnerin zum Abschluss dieses Vergleichs raten, brauche aber einen Widerrufsvorbehalt, um im Einzelnen alle heute erörterten Punkte mit der Antragsgegnerin in Ruhe zu besprechen.
Sodann schließen die Beteiligten auf Vorschlag des Senats zur Beendigung des Verfahrens folgenden
Vergleich
1. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, an die Antragstellerin zur Abgeltung der für den Zeitraum von September 2012 bis einschließlich Februar 2015 aufgelaufenen Rückstände betreffend die auf die Antragstellern infolge Sozialleistungen übergegangenen, gegenüber der Antragsgegnerin bestehenden Unterhaltsansprüche der Mutter der Antragsgegnerin, … , geboren am … , einen Gesamtbetrag in Höhe von 12.400 EUR zu zahlen und zwar zahlbar in monatlichen Raten von 400 EUR beginnend mit dem 1. November 2015.
2. Kommt die Antragsgegnerin mit der Zahlung des Rückstandes mit einer Monatsrate in Rückstand, so wird der dann noch bestehende Rückstand in einer Summe fällig und ist mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
3. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich weiterhin, an die Antragstellerin ab März 2015 Unterhalt für ihre Mutter, …, geboren am …, in Höhe eines monatlichen Betrages von 558 EUR zu zahlen, jeweils zahlbar monatlich im Voraus bis spätestens zum 3. Werktag eines Monats.
4. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Vergleichs tragen die Antragstellerin zu ¼ und die Antragsgegnerin zu ¾.
5. Der Antragsgegnerin wird eine Widerrufsfrist bis zum 18. September 2015, Eingang beim Senat, eingeräumt.
Vorgespielt und genehmigt.
Der Beschwerdewert wird mit den Beteiligten erörtert.
Für den Fall des Widerrufs stellen die Verfahrensbevollmächtigten sodann folgende Anträge: der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin aus dem Schriftsatz vom 27. Mai 2015 (Blatt 648 d.A), und der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin aus dem Schriftsatz vom 04. Mai 2015 (Blatt 646 d.A.)
Beschlossen und verkündet:
I. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 14.168 EUR festgesetzt.
II. Für den Fall des Widerrufs wird Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den
24. September 2015, 9:30 Uhr, Saal 230
bestimmt.