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Übersicht
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Die Antragstellerin begehrt die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft eines 2020 verstorbenen Mannes.
- Der Fall betrifft eine postmortale Vaterschaftsfeststellung, die durch Unsicherheiten bezüglich einer früheren Vaterschaftsanerkennung kompliziert wird.
- Die Schwierigkeiten liegen in der Bewertung alter Beweismittel wie serologischer Gutachten und DNA-Analysen, die aufgrund der Verstorbenheit des vermeintlichen Vaters erschwert sind.
- Das Gericht entschied zugunsten der Antragstellerin und stellte fest, dass der verstorbene Mann ihr Vater ist.
- Die Entscheidung basierte auf der Unwirksamkeit der früheren Vaterschaftsanerkennung und den neuen DNA-Gutachten, die eine Vaterschaft nahelegten.
- Die Anerkennung der Vaterschaft hat erhebliche Auswirkungen auf das Erbrecht und mögliche Unterhaltsansprüche.
- Durch die gerichtliche Feststellung erhält die Antragstellerin nun rechtliche Sicherheit bezüglich ihrer Abstammung und eventueller Ansprüche.
- Das Gericht sah die Vaterschaftsanerkennung von 1964 als unwirksam an, da sie unter einer Bedingung stand, die nicht erfüllt wurde.
- Die neuen DNA-Analysen bestätigten praktisch die Vaterschaft des Verstorbenen, was für die Antragstellerin von entscheidender Bedeutung war.
- Die Entscheidung hat präzedenzielle Bedeutung für ähnliche Fälle, in denen frühere Anerkennungen zweifelhaft und neue wissenschaftliche Beweise vorhanden sind.
Postmortale DNA-Analyse beweist Vaterschaft nach jahrzehntelanger Ungewissheit
Wenn ein Kind geboren wird, ist es für alle Beteiligten von großer Bedeutung, dass die rechtlichen Verhältnisse geklärt sind. Die Vaterschaft zu bestimmen ist dabei ein wichtiger Schritt, der nicht nur für das Kind entscheidend ist, sondern auch für die Eltern selbst. In manchen Fällen kann die Feststellung der Vaterschaft jedoch mit Herausforderungen verbunden sein. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Vaterschaft zunächst nicht eindeutig oder sogar zweifelhaft ist. In einem solchen Fall können gerichtliche Schritte notwendig werden, um für Klarheit zu sorgen und die rechtlichen Verhältnisse zu regeln. Das vorliegende Urteil befasst sich mit einem solchen Fall und zeigt, wie das Gericht in einer solchen Situation vorgegangen ist.
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✔ Der Fall vor dem OLG Celle
Postmortale gerichtliche Vaterschaftsfeststellung bei zweifelhafter Anerkennung
In dem vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob K. G., der bereits 2020 verstorben war, als Vater der 1963 geborenen Antragstellerin M. W. festgestellt werden kann. Die Antragstellerin beantragte beim Amtsgericht die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft von K. G. Obwohl K. G. bereits 1964 eine Vaterschaftsanerkennung unter Vorbehalt seiner möglichen Zeugungsunfähigkeit erklärt hatte, bestanden seitens des Standesamts erhebliche Bedenken gegen die Eintragung dieser Anerkennung in das Geburtenbuch. Dies führte zur rechtlichen Auseinandersetzung über die Feststellung der Vaterschaft.
Gerichtliche Entscheidung
Das OLG Celle entschied, die Vaterschaft von K. G. zur Antragstellerin M. W. gemäß § 1600d Abs. 1 BGB festzustellen. Die Begründung lautete wie folgt:
- Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung: Die Vaterschaftsanerkennung von 1964 war nach deutschem Recht unwirksam, da sie unter der auflösenden Bedingung stand, dass K. G. innerhalb von drei Monaten seine Zeugungsunfähigkeit beweisen kann. Eine solche bedingte Anerkennung ist nach § 1594 Abs. 3 BGB nichtig.
- Rechtsschutzbedürfnis: Obwohl K. G. die Vaterschaft anerkannt hatte, bestand ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Feststellung, da die Anerkennung noch nicht in das Geburtenregister eingetragen war und vom Standesamt Bedenken gegen eine solche Eintragung geäußert wurden.
- Überzeugung des Gerichts von der Vaterschaft: Auf Basis mehrerer Indizien und Beweismittel war das Gericht von der Vaterschaft überzeugt:
- Gutachten einer Sachverständigen, die nach DNA-Analysen von Briefen und Postkarten eine 99,99999%ige Wahrscheinlichkeit für die Vaterschaft errechnete
- Schriftbildvergleiche belegten die Urheberschaft von K. G. für die untersuchten Schriftstücke
- Vaterschaftsanerkennung und Unterhaltszahlungsverpflichtung von 1964
- Bestätigung von Geldzuwendungen an die „Tochter“ durch K. G. in den Jahren 1997 und 2000
- Aussagen der Antragstellerin zu familiären Bindungen
Konsequenzen der Entscheidung
Durch die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft erlangte die Antragstellerin M. W. die rechtliche Statusklarheit als Kind von K. G. Dies ermöglichte die Eintragung ins Geburtenregister und sicherte der Antragstellerin potenzielle Erbansprüche gegenüber dem Nachlass von K. G.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft eines Verstorbenen ist trotz früherer Vaterschaftsanerkennung möglich, wenn erhebliche Zweifel an deren Wirksamkeit bestehen. Ausschlaggebend sind überzeugende Indizien wie DNA-Analysen, die der Klärung des rechtlichen Kindesverhältnisses und potenziellen Erbansprüchen dienen. Das Urteil bekräftigt die Bedeutung moderner naturwissenschaftlicher Beweismittel für die richterliche Überzeugungsbildung in Abstammungssachen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Gerichtliche Vaterschaftsfeststellung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
Wann ist eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft notwendig?
Eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft ist in Situationen erforderlich, in denen die Vaterschaft zweifelhaft oder ungeklärt ist. Dies kann der Fall sein, wenn frühere Vaterschaftsanerkennungen unwirksam waren, Bedenken gegen die Eintragung des rechtlichen Vaters bestehen oder potenzielle Erbansprüche geklärt werden müssen. Eine solche gerichtliche Feststellung schafft Rechtssicherheit und Klarheit über das rechtliche Kindesverhältnis.
Ein wichtiger Fall, in dem eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung notwendig sein kann, ist die postmortale Klärung der Vaterschaft nach dem Tod des potenziellen Vaters. Wenn zu Lebzeiten keine wirksame Anerkennung der Vaterschaft erfolgte oder Zweifel an einer solchen Anerkennung bestehen, kann eine gerichtliche Feststellung im Nachhinein die biologische Abstammung klären. Dies ist von immenser Bedeutung für die Beteiligten, um ihre rechtliche Situation zu verstehen und daraus resultierende Konsequenzen, wie etwa Erbansprüche, zu regeln.
Generell ist eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung immer dann angezeigt, wenn Zweifel an der rechtlichen Vaterschaft bestehen und Klärung herbeigeführt werden muss. Betroffene sollten in solchen Fällen nicht zögern, die Gerichte anzurufen, um ihre Rechte zu wahren und ihre Situation verbindlich zu klären.
Was sind die Voraussetzungen für eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung?
Die wichtigsten Voraussetzungen für eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung sind:
Es darf noch keine rechtliche Vaterschaft für das Kind bestehen. Sollte bereits ein Mann die Vaterschaft anerkannt haben oder das Kind in einer Ehe geboren worden sein, muss diese bestehende Vaterschaft zunächst durch ein separates Verfahren zur Vaterschaftsanfechtung aufgehoben werden.
Es müssen ernsthafte Zweifel an der biologischen Abstammung des Kindes von dem rechtlichen Vater vorliegen. Bloße Vermutungen reichen nicht aus – es müssen überzeugende Indizien wie DNA-Analysen oder schriftliche Erklärungen des mutmaßlichen Vaters vorliegen, die die Vaterschaft glaubhaft erscheinen lassen.
Die Beteiligten (Mutter, Kind, mutmaßlicher Vater) müssen zuvor erfolglos versucht haben, die Vaterschaft auf außergerichtlichem Wege durch eine Vaterschaftsanerkennung zu klären. Dieser Versuch muss im Antrag auf Vaterschaftsfeststellung glaubhaft gemacht werden.
Es muss ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Vaterschaft bestehen. Ein solches Rechtsschutzinteresse liegt vor, wenn die Klärung der Abstammung für die Beteiligten von erheblicher rechtlicher oder wirtschaftlicher Bedeutung ist, etwa für Unterhalts- oder Erbansprüche.
Wichtig: Es gibt keine Verjährungsfristen für eine Vaterschaftsfeststellungsklage. Allerdings müssen bestehende Vaterschaftsverhältnisse innerhalb von zwei Jahren nach Kenntnis der Zweifel angefochten werden.
Welche Auswirkungen hat eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung?
Eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung hat weitreichende rechtliche und persönliche Folgen. Sie schafft Klarheit über den rechtlichen Status des Kindes und ermöglicht die offizielle Eintragung in das Geburtenregister. Dadurch entstehen für das Kind potenzielle Erbansprüche gegenüber dem Nachlass des Vaters. Zudem werden rechtliche Ansprüche wie Unterhaltsansprüche geklärt.
Neben den rechtlichen Aspekten können sich auch emotionale und persönliche Auswirkungen ergeben. Dies ist besonders der Fall, wenn die Vaterschaft lange ungeklärt war. Eine gerichtliche Klärung kann hier Erleichterung, aber auch Verunsicherung oder Ablehnung auslösen.
Bei einer postmortalen Vaterschaftsfeststellung nach dem Tod des Vaters ist die Situation oft komplex. War die Vaterschaft zu Lebzeiten zweifelhaft oder nicht anerkannt, kann eine gerichtliche Klärung für die Beteiligten eine große Bedeutung haben. Allerdings sind die Möglichkeiten zur Beweisführung dann eingeschränkt.
Insgesamt hat eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung vielschichtige Auswirkungen. Sie schafft rechtliche Klarheit, kann aber auch tief greifende persönliche Folgen nach sich ziehen. Eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls ist daher unerlässlich.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 1600d Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft, wenn keine Vaterschaft nach anderen Vorschriften besteht. Im vorliegenden Fall wird die Vaterschaft des verstorbenen K. G. gerichtlich festgestellt, da keine wirksame Vaterschaftsanerkennung vorliegt.
- § 1592 BGB: Bestimmt die rechtliche Vaterschaft durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung. Hier relevant, weil die frühere Anerkennung von 1964 als unwirksam betrachtet wurde.
- § 1594 Abs. 3 BGB: Erklärt, dass eine Vaterschaftsanerkennung unter einer Bedingung unwirksam ist. Dies trifft auf die Anerkennung von 1964 zu, die unter dem Vorbehalt der Zeugungsunfähigkeit stand.
- Art. 220 Abs. 1 EGBGB: Bestimmt, dass für vor dem 1. September 1986 abgeschlossene Vorgänge das bisherige Internationale Privatrecht gilt. Dies ist relevant, um das anzuwendende Recht im Fall der Vaterschaftsanerkennung von 1964 zu bestimmen.
- FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit): Regelt das Verfahren vor dem Familiengericht, das hier zur Anwendung kam. Es ist die Grundlage für das Beschwerdeverfahren.
- BGH-Rechtsprechung zur Abstammung: Bestimmt, dass die Beurteilung der Abstammung auf den Zeitpunkt der Geburt abzustellen ist. Dies ist wichtig für die Anwendung des damals geltenden Rechts.
- Blutgruppenserologisches Gutachten: Dient als Beweismittel zur Bestimmung der Vaterschaft. Im vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend, da es die Vaterschaft nur als möglich, aber nicht sicher bestätigte.
- DNA-Gutachten: Dient als modernes Beweismittel zur Bestimmung der Vaterschaft. Hier entscheidend, da die DNA-Analyse die Vaterschaft praktisch bestätigte und das Gericht von der Vaterschaft überzeugte.
⇓ Das vorliegende Urteil vom OLG Celle
OLG Celle Senat – Az.: 21 UF 164/22 – Beschluss vom 09.02.2023
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Winsen (Luhe) vom 28. Juli 2022 bezüglich der Entscheidung zur Hauptsache und der Kostenentscheidung geändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass K. G., geboren am … 1925 und verstorben am … 2020, der Vater der Antragstellerin, M. W., geboren am … 1963, ist.
Die Gerichtskosten trägt die Antragstellerin. Die Beteiligten tragen die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
II. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Die Beteiligten tragen die ihnen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass der verstorbene K. G. ihr Vater ist.
Die Beteiligte zu 3. ist die Mutter der Antragstellerin, beide sind deutsche Staatsangehörige. In den Jahren 1962 und 1963 hatte die Beteiligte zu 3. ein intimes Verhältnis mit dem am … 1925 geborenen und am … 2020 verstorbenen K. G., der die schweizerische Staatsangehörigkeit hatte. Als die Antragstellerin am 1963 in M. geboren wurde, war die Beteiligte zu 3. nicht verheiratet. In der Folge heiratete sie einen Herrn W., dessen Namen sie und die Antragstellerin annahmen.
Mit einem blutgruppenserologischen Gutachten vom … September 1964 stellte der damals in M. als Gutachter für Blutgruppenserologie tätige Sachverständige Prof. Dr. W. fest, es sei nicht offenbar unmöglich, dass Herr G. der Vater der Antragstellerin sei.
Am … November 1964 erklärte Herr G. in einem als „Vaterschaftsanerkennung und Alimentenverpflichtung“ überschriebenen Schriftstück gegenüber einem Amtsvormund des Schweizer Kantons …, er erkenne die Vaterschaft für die Antragstellerin unter dem Vorbehalt an, dass er nicht innerhalb von drei Monaten seine Zeugungsunfähigkeit beweisen kann. Außerdem verpflichtete er sich zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 110 DM an die Antragstellerin.
In einer schriftlichen Erklärung vom … 1997 bestätigte Herr G., dass er seiner „Tochter, M. D., geb. am … 63“ im Zeitraum von November 1989 bis November 1996 einen Betrag von 55.500 DM im Wege der vorweggenommenen Erbfolge überwiesen habe.
Im Jahr 2000 ließ Herr G. der Antragstellerin ein vorbereitetes Schriftstück zukommen, in dem sie mit Unterschrift vom … Dezember 2000 „als einzige Tochter von H. G.“ auf ihren güterrechtlichen Pflichtteil verzichtete.
In einem Testament vom … 2017 setzte Herr G. die Beteiligte zu 2. als Erbin für sein gesamtes Nachlassvermögen ein.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom … September 2021 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht beantragt festzustellen, dass Herr H. G. der Vater der Antragstellerin ist. Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 2. als mögliche Erbin des Herrn G. förmlich am Verfahren beteiligt. Die Beteiligte zu 2. bestreitet nicht, dass Herr G. der biologische Vater der Antragstellerin ist.
Mit Schreiben vom … September 2021 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass aufgrund der behördlichen Vaterschaftsanerkennung vom … November 1964 Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis bestünden. Daraufhin hat die Standesamtsaufsicht M. mit Schreiben vom 19. Oktober 2021 mitgeteilt, dass erhebliche Bedenken gegen die Eintragung der am … November 1964 erfolgten Vaterschaftsanerkennung in das Geburtenbuch des Standesamts M. für die Antragstellerin (Geburtenbuch Nr. …/1963) bestehen. Die Wirksamkeit könne letztlich nur durch eine ausführliche Stellungnahme der zuständigen Behörde in der Schweiz geklärt werden, weil sich die Wirksamkeit nach dem damaligen Schweizer Recht bestimme.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom … 2022 hat die Antragstellerin mehrere an sie adressierte Briefe, Briefumschläge und eine Postkarte eingereicht. Hierzu hat sie vorgetragen, dass Herr G. diese Schriftstücke geschrieben habe. Weiterhin hat sie ein durch sie beauftragtes Gutachten der Sachverständigen Dr. rer. nat. … A. von der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums … vom … Februar 2022 eingereicht, in dem die Sachverständige die an den eingereichten Briefen entnommenen DNA-Proben mit einer DNA-Probe der Antragstellerin verglichen hat. Als Ergebnis hat die Sachverständige festgestellt, dass die Vaterschaft von Herrn G. zur Antragstellerin praktisch erwiesen sei, wenn man davon ausgeht, dass Herr G. die eingereichten Briefe selbst zugeklebt und frankiert hat.
Mit Beschluss vom 28. Juli 2022 hat das Amtsgericht den Feststellungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es nicht von der Vaterschaft des H. G. überzeugt sei. Zu einer entsprechenden Überzeugung habe auch das Gutachten der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums vom … Februar 2022 nicht geführt. Es sei unklar, ob die dort untersuchte DNA tatsächlich von Herrn G. stamme. Selbst wenn er die Briefe geschrieben haben sollte, stehe nicht fest, dass er die Briefe verschlossen und frankiert habe. Dies könne auch durch eine dritte Person erfolgt sein. Außerdem sei es möglich, dass die Briefe verunreinigt worden sein könnten. Nicht ergiebig sei das blutgruppenserologische Gutachten vom … September 1964, weil es lediglich die Feststellung enthalte, dass die Vaterschaft nicht unmöglich sei. Die mit „Vaterschaftsanerkennung“ überschriebene Erklärung vom … November 1964 sei unwirksam, weil sie unter einer auflösenden Bedingung stehe. Der DNA-Vergleich mit einer DNA-Probe einer Nichte von Herrn G. könne die Vaterschaft nicht belegen, weil es möglich sei, dass die Antragstellerin von weiteren unehelichen und bisher nicht bekannten Geschwistern von Herrn G. abstamme.
Gegen diesen ihr am 15. August 2022 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 1. September 2022 Beschwerde eingelegt. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. November 2022 hat die Antragstellerin ein weiteres Gutachten der Sachverständigen Dr. A. eingereicht, in dem die Sachverständige die zwischenzeitlich eingereichten DNA-Proben von Nichten und Neffen von Herrn G. mit der DNA der Antragstellerin sowie mit der DNA von den eingereichten Briefen verglichen hat.
Ausweislich eines Attests ihres Hausarztes vom … November 2022 ist die Beteiligte zu 3. seit Januar 2020 an Alzheimer erkrankt und nicht in der Lage, Inhalte zu verstehen und Geschehnisse aus der Vergangenheit wiederzugeben.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 1600d Abs. 1 BGB ist festzustellen, dass K. H. G. der Vater der Antragstellerin ist.
1.
Der Senat legt den Antrag der Antragstellerin dahin aus, dass die Feststellung der Vaterschaft von K. H. G. begehrt wird, nicht von H. G.. Dies folgt daraus, dass der vollständige Name des am … 1925 geborenen Herrn G. ausweislich des als Anlage AS6 zur Akte gereichten Auszuges aus dem schweizerischen Zivilstandsregister K. H. G. lautet.
2.
Dieser Feststellungsantrag ist zulässig.
a.
Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass gemäß §§ 100, 169 Nr. 1 FamFG die deutschen Gerichte für das Abstammungsverfahren zuständig sind, weil sowohl die Antragstellerin als Kind im Sinne der Vorschrift als auch die Beteiligte zu 3. als Mutter der Antragstellerin Deutsche sind.
b.
Dem Antrag der Antragstellerin vom … September 2021 auf Feststellung der Vaterschaft steht die am … November 1964 erklärte Vaterschaftsanerkennung des verstorbenen Herrn G. nicht entgegen. Nach § 1600d Abs. 1 BGB ist die Vaterschaft nur festzustellen, wenn keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 BGB besteht. Besteht nach diesen Vorschriften bereits eine Vaterschaft, etwa gemäß § 1592 Nr. 2 BGB durch eine wirksame Vaterschaftsanerkennung, ist der Antrag auf gerichtliche Vaterschaftsfeststellung unzulässig (Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1600d, Rn. 31; Schwonberg, in: Schulte-Bunert/Weinrich, FamFG, 6. Auflage 2020, § 169, Rn. 4). Dies gilt sowohl für die erfolgte Anerkennung durch einen anderen Mann (BGH FamRZ 1999, 716) als auch für die erfolgte Anerkennung durch denselben Mann, dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden soll (Staudinger/Rauscher (2011), § 1600d BGB, Rn. 9). Hier fehlt es jedoch an einer Vaterschaft nach § 1592 Nr. 2 BGB, weil die Vaterschaftsanerkennung vom … November 1964 nach dem in diesem Verfahren anwendbaren maßgeblichen deutschen Sachrecht unwirksam war.
aa.
Für das gerichtliche Feststellungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs deutsches Sachrecht anzuwenden.
Nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB bleibt auf vor dem 1. September 1986 abgeschlossene Vorgänge das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar. Abgeschlossene Vorgänge im kollisionsrechtlichen Sinne sind alle unwandelbar angeknüpften Rechtsverhältnisse, deren Anknüpfungstatbestand sich bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung des Internationalen Privatrechts verwirklicht hat und wo das auf sie anzuwendende Kollisionsrecht unwandelbar feststeht (BGH FamRZ 1994, 1027). Dabei geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass es sich bei der Abstammung um einen abgeschlossenen Vorgang handelt, weil für die Beurteilung der Abstammung auf den Zeitpunkt der Geburt abzustellen sei, der das zu diesem Zeitpunkt geltende Recht unwandelbar festlege (BGH FamRZ 1994, 1027; ebenso Palandt/Thorn, 78. Auflage 2018, Art. 220 (ab der 79. Auflage nicht mehr kommentiert), Rn. 3 f.; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Auflage 2006, S. 194; differenzierend Staudinger/Dörner (2016), Art. 220 EGBGB, Rn. 38; a.A. Kegel, Internationales Privatrecht, 6. Auflage 1987, S. 611).
Für die Zeit vor dem 1. September 1986 bestand im deutschen Internationalen Privatrecht keine ausdrückliche Kollisionsnorm zur abstammungsrechtlichen Zuordnung eines nichtehelichen Kindes zum Vater (Staudinger/Henrich (2022), Art. 19 EGBGB, Rn. 4). Die Rechtsprechung ging jedoch nach Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes davon aus, dass das für die Vaterschaftsfeststellung anzuwendende Statut dem für die Unterhaltspflicht geltenden Statut folgen musste (ausführlich BGH FamRZ 1973, 257 (NJW 1973, 948); BGH FamRZ 1987, 583 (NJW 1987, 2296)). Da gemäß Art. 4 des durch die Schweiz und die Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht von 1973 und gemäß Art. 18 a.F. EGBGB für die Unterhaltspflicht das am gewöhnlichen Aufenthalt der Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht maßgebend war, ergibt sich für die in Deutschland lebende Antragstellerin die Anwendbarkeit deutschen Rechts.
Es wirkt sich dabei nicht aus, dass die Antragstellerin im Jahr 1963 und damit vor Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes am 1. Juli 1970 geboren worden ist. Gemäß Art. 220 Abs. 1 EGBGB ist auf abgeschlossene Vorgänge nicht das zum Zeitpunkt des abgeschlossenen Vorgangs geltende Kollisionsrecht anzuwenden, sondern das bis zum 31. August 1986 geltende Kollisionsrecht.
bb.
Das im Feststellungsverfahren in zeitlicher Hinsicht anwendbare deutsche Sachrecht wiederum richtet sich nicht gemäß Art. 224 § 1 EGBGB nach den bis zum 1. Juli 1998 geltenden Vorschriften, sondern nach der aktuellen Gesetzeslage, weil mit der Vorschrift des Art. 224 § 1 EGBGB lediglich bestehende Vaterschaften nicht dem neuen Recht unterstellt werden sollen (Staudinger/Rauscher (2016), Art. 224 § 1 EGBGB, Rn. 14). Wenn – wie hier – die gerichtliche Feststellung bisher noch nicht eingeleitet war, bestimmt sich die Vaterschaftsfeststellung nach neuem Recht.
Ob dies auch für die hier im Rahmen der Zulässigkeit vorzunehmende Beurteilung der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung vom … November 1964 gilt oder ob diese Wirksamkeit vielmehr gemäß Art. 224 § 1 EGBGB nach dem bis zum 1. Juli 1998 geltenden Recht zu bewerten ist, kann dahinstehen. Sowohl nach dem derzeit geltenden § 1594 Abs. 3 BGB als auch nach dem bis zum 1. Juli 1998 geltenden § 1600b Abs. 1 a.F. BGB ist eine Anerkennung unter einer Bedingung unwirksam. Die Anerkennung ist bedingt, wenn ihre Wirkung von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird (Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1594, Rn. 38). Daraus folgt die Unwirksamkeit der Erklärung vom … November 1964, weil Herr G. die Anerkennung unter dem Vorbehalt erklärte, dass er nicht innerhalb von drei Monaten seine Zeugungsunfähigkeit beweisen kann.
cc.
Doch selbst wenn sich entsprechend der Auffassung der Standesamtsaufsicht M. die Wirksamkeit der Anerkennungserklärung nach Schweizer Recht zum damaligen Zeitpunkt bestimmen sollte und die behördliche Eintragung der Anerkennung im Geburtenbuch daher möglich erscheint, ist der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen.
Nach Auffassung des Senats besteht für die gerichtliche Feststellung eines Mannes als Vater, der die Vaterschaft bereits anerkannt hat, ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Vaterschaftsanerkennung noch nicht im Geburtenregister eingetragen ist und hinsichtlich der Eintragung mit Bedenken des für die Eintragung zuständigen Standesamts zu rechnen ist.
Mit der Regelung des § 1600d Abs. 1 BGB nimmt das Gesetz den Grundsatz aus § 1592 BGB auf, dass die rechtliche Zuordnung zum Vater gleichwertig sowohl durch eine bestehende Ehe der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt (§ 1592 Nr. 1 BGB) als auch durch freiwillige Anerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) oder gerichtliche Feststellung (§ 1600d BGB) erfolgen kann (Staudinger/Rauscher (2011), § 1600d BGB, Rn. 2). Aus dieser Gleichwertigkeit der rechtlichen Zuordnungsmöglichkeiten folgt, dass für eine gerichtliche Feststellung kein Raum mehr ist, wenn die Vaterschaft bereits wirksam anerkannt ist. Zugleich entfaltet § 1600d Abs. 1 BGB eine Sperrwirkung und stellt zum Zwecke der Statusklarheit sicher, dass die Vaterschaft eines Mannes nicht festgestellt werden kann, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht (Reuß, in: BeckOKG Stand: 01.11.2022, § 1600d, Rn. 11; Knahn/Siede, in: Grandel/Stockmann, Familienrecht, 3. Auflage 2021, Stichwort: „Feststellung der Vaterschaft“, Rn. 19).
Da die Notwendigkeit dieser Sperrwirkung entfällt, wenn die Vaterschaft desselben Mannes gerichtlich festgestellt werden soll, der die Vaterschaft bereits anerkannt hat, bringt § 1600d Abs. 1 BGB für diese Konstellation lediglich den allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck, dass ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn das rechtliche Ziel auf einem gleichwertigen Weg zu erreichen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sich die Rechtssuchende jedoch nicht auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg verweisen lassen (OLG Jena FamRZ 2017, 1232, Rn. 29).
So liegt es hier. Bezüglich der rechtlichen Zuordnung zum Vater umfasst das rechtliche Ziel nicht nur die Anerkennung bzw. die gerichtliche Feststellung an sich, sondern auch die sich anschließende Eintragung im Geburtenregister (bis 31. Dezember 2008: Geburtenbuch) gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 PStG, weil nur diese Eintragung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG Beweiskraft hinsichtlich der Vaterschaft erbringen kann und damit das endgültige Ziel zur Herstellung der Statusklarheit darstellt.
Um diese Eintragung zu erreichen, stellt jedenfalls in der vorliegenden Konstellation die vorherige gerichtliche Feststellung der Vaterschaft den sichereren Weg dar als der Versuch, die Vaterschaftsanerkennung vom … November 1964 in das Geburtenregister eintragen zu lassen, weil das für das Geburtenregister bzw. das Geburtenbuch der Antragstellerin zuständige Standesamt M. mit Schreiben vom … Oktober 2021 und unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Standesamtsaufsicht M. vom … Oktober 2021 mitgeteilt hat, dass gegen die Eintragung der Vaterschaftsanerkennung erhebliche Zweifel bestünden.
Aufgrund dieser erheblichen Bedenken der Standesamtsaufsicht besteht für die Antragstellerin die berechtigte Erwartung, dass sich das zuständige Standesamt im behördlichen Verfahren weigern könnte, gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 PStG die Eintragung im Geburtenregister vorzunehmen. Sie wäre dann gezwungen, ein gerichtliches Verfahren nach dem Personenstandsgesetz mit dem Ziel anzustrengen, das Standesamt gemäß § 49 Abs. 1 Satz 1 PStG anzuweisen, die Eintragung vorzunehmen. Dieses zweistufige behördliche und gerichtliche Verfahren mit unklarem Ausgang stellt einen unsichereren Weg dar als das vorliegende gerichtliche Verfahren.
3.
Der Feststellungsantrag ist auch begründet.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der Senat nach freier Überzeugungsbildung gemäß § 37 Abs. 1 FamFG davon überzeugt, dass Herr G. der Vater der Antragstellerin ist. Den hierzu erforderlichen Grad an Überzeugung, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, hat der Senat insbesondere aufgrund der gemäß §§ 169 Nr. 1, 177 Abs. 2 FamFG durchgeführten Beweisaufnahme sowie ergänzend aufgrund der vorgelegten Unterlagen, der schriftlichen Erklärungen des verstorbenen Herrn G. und der Erklärungen der Beteiligten gewonnen.
a.
Die Vaterschaft von Herrn G. für die Antragstellerin ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den durch die Antragstellerin vorgelegten Gutachten der Sachverständigen Dr. A. vom … Februar 2022 und … November 2022.
Im Gutachten vom … Februar 2022 hat die Sachverständige ausgeführt, dass von Klebefalz und zwei Briefmarken der eingereichten Briefumschläge und der Postkarte Proben für eine DNA-Typisierung entnommen worden seien. An den fünf untersuchten Proben seien jeweils identische DNA-Merkmale einer männlichen Person nachweisbar. In jedem der untersuchten DNA-Systeme wiesen diese männliche Person und die Antragstellerin ein gemeinsames DNA-Merkmal auf. Aufgrund einer biostatistischen Berechnung sei mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99999% davon auszugehen, dass die männliche Person der Vater der Antragstellerin sei.
Diese Ausführungen hält der Senat für überzeugend. Die Sachverständige hat ihr Gutachten stringent und plausibel erläutert. Ihre Ausführungen zeugen von Sachkunde, die Sachverständige ist als forensische Molekularbiologin in der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums … auf dem Gebiet der genetischen Abstammungsuntersuchung erfahren. Zudem ist die Sachverständige von den zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Ausweislich der auf den Seiten 4 und 5 des Gutachtens abgebildeten Fotos hat sie jene Briefe, Briefumschläge und Postkarten untersucht, die seitens der Antragstellerin auch im gerichtlichen Verfahren als von Herrn G. verfasste Schriftstücke vorgelegt worden sind.
Der Senat ist weiterhin davon überzeugt, dass die durch die Sachverständige untersuchte DNA an den eingereichten Schriftstücken tatsächlich von Herrn G. stammt. Dies folgt zunächst aus der Überzeugung, dass er diese Schriftstücke selbst verfasst hat. Sämtliche Schriftstücke sind mit „H.“ unterzeichnet. Auf der Rückseite eines Briefes ist die Anschrift von Herrn G. verzeichnet. Ihr Schriftbild entspricht der Handschrift des als Anlage AS21 vorgelegten undatierten Testaments, das mit „H. G.“ und einem Namenszeichen unterschrieben ist. Dieses Namenszeichen wiederum findet sich unter der Erklärung von H. G. vom … Juni 1997 wieder. Darüber hinaus entspricht das Schriftbild der eingereichten Briefe und Postkarten dem als Anlage AS16 eingereichten handschriftlichen Brief vom … März 2016. Dies gilt insbesondere für die Schreibweise des Namens „M.“. Die Urheberschaft Herrn G. für diesen Brief vom … März 2016 ergibt sich vor allem aus der Ortsangabe …, die seinem Wohnsitz entsprach, sowie aus der Tatsache, dass er in diesem Brief Herrn Dr. G. als Freund erwähnt. Diesem Herrn Dr. G. vermachte Herr G. im Testament vom … 2017 einen Betrag von 250.000 CHF.
Der Senat war nicht gehalten, bezüglich der Urheberschaft der eingereichten Schriftstücke, die der genetischen Begutachtung zu Grunde lagen, ein schriftvergleichendes Gutachten einzuholen. Für die Urheberschaft eines handschriftlichen Testaments ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Gericht die Echtheit eines Testaments selbst prüfen kann, indem es dessen Schriftbild mit weiteren Schriftproben des Erblassers vergleicht (OLG Hamburg FamRZ 2021, 1329 Rn. 38; OLG Bamberg ZEV 2019, 587, Rn. 9). Nur wenn besondere Umstände oder Zweifel vorliegen, hat das Gericht ergänzend Beweis über das Schriftbild zu erheben (ebd.; OLG Düsseldorf ZEV 2020, 487, Rn. 14). Diese Grundsätze sind auf sonstige Schriftstücke als Beweismittel zu übertragen. Bezüglich der eingereichten Schriftstücke liegen aber keine besonderen Umstände vor, die Zweifel an der Urheberschaft von Herrn G. begründen könnten.
Soweit das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass die DNA-Analyse der Schriftstücke selbst dann nicht ergiebig wäre, wenn Herr G. die Briefe und Postkarten eigenhändig geschrieben haben sollte, weil dann immer noch eine weitere Person die Briefe verschlossen und frankiert haben könnte, hält der Senat diese Annahme für widerlegt. Es widerspricht bereits der Lebenserfahrung, dass Herr G. die Briefe aus der Schweiz und die Postkarte aus Oman alle selbst geschrieben hat, aber durch eine unbekannte weitere Person hat zukleben und frankieren lassen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem weiteren Gutachten der Sachverständigen vom … November 2022, dass die DNA an den Briefen von Herrn G. stammt. Die Sachverständige hat ausgeführt, dass eine Berechnung auf Grundlage des Vergleichs der DNA-Proben der Neffen und Nichten mit der von den eingereichten Briefen extrahierten DNA eine Wahrscheinlichkeit von 99,9992% dafür ergeben habe, dass der Spurenverursacher an den Briefen der Onkel der Neffen und Nichten von Herrn G. sei. Soweit das Amtsgericht hierzu angemerkt hat, dass es ohne weiteres möglich sei, dass noch weitere nichteheliche, bisher unbekannte Geschwister von Herrn G. existieren, von denen die DNA-Spuren stammen könnten, handelt es sich um eine Annahme, für die der Senat keine Veranlassung sieht.
Für die Vaterschaft von Herrn G. spricht des Weiteren, dass die Sachverständige eine biostatische Berechnung auf Grundlage der bei der Antragstellerin einerseits und bei den Nichten und Neffen von Herrn G. andererseits erzielten DNA-Typisierungen durchgeführt hat. Diese Berechnung habe eine Wahrscheinlichkeit von 86,7% dafür ergeben, dass die Antragstellerin mit den Nichten und Neffen von Herrn G. verwandt ist. Auch diese Ausführungen im Gutachten vom … November 2022 hält der Senat für überzeugend.
Die Gutachten vom … Februar 2022 und … November 2022 durfte der Senat gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 FamFG verwerten, weil die Beteiligten der Verwertung zugestimmt haben.
b.
Bei der Überzeugungsbildung hat der Senat ferner weitere Tatsachen und Anzeichen für die Vaterschaft des verstorbenen Herrn G. zu der Antragstellerin berücksichtigt.
Die unter Vorbehalt der Zeugungsunfähigkeit erklärte Vaterschaftsanerkennung vom … November 1964 ist ebenso ein Indiz für die Vaterschaft wie das vom verstorbenen Herrn G. nur wenige Wochen zuvor selbst in Auftrag gegebene Blutgruppengutachten vom … September 1964, in dem der Sachverständige Dr. W. die Vaterschaft für „nicht offenbar unmöglich“ hielt. Zudem ist die ebenfalls am … November 1964 erklärte Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt bis zum 18. Lebensjahr der Antragstellerin ein Indiz dafür, dass Herr G. selbst von der Vaterschaft ausging. Diese eigene Annahme von Herrn G. folgt auch daraus, dass er der Beteiligten zu 3. am … Mai 1963 einen Scheck über 400 DM schickte, damit sie „in dieser Hinsicht finanziell keine Sorgen“ haben müsse. Dies steht in Einklang mit dem weiteren Schreiben von Herrn G. vom … Juni 1997, in dem er bestätigt, dass er seiner „Tochter, M. D., geb. am … 1963 in M., im Zeitraum vom November 1989 bis November 1996 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge folgende Beträge überwiesen habe […]“ sowie dem von Herrn G. vorbereiteten Schreiben aus dem Jahr 2000, in dem er die Antragstellerin als seine „einzige Tochter“ bezeichnete.
Darüber hinaus ist anzunehmen, dass auch die Beteiligte zu 3. Herrn G. für den Vater der Antragstellerin hielt. In zwei Briefen vom … Juni 1963 und … August 1963 wandte sie sich an die Familie G. und teilte dieser ihre Nöte und Schwierigkeiten im Hinblick auf ihre Schwangerschaft und Geburt eines nichtehelichen Kindes mit und bat zugleich um finanzielle Unterstützung von H..
Weiterhin hat die Antragstellerin in der Anhörung vom 13. Juni 2022 angegeben, dass Herr G. sie immer als sein Kind angesehen habe, dies auf Familienbildern deutlich werde und er auch bei allen Familienfeiern wie zum Beispiel der Taufe ihrer Tochter, ihrer eigenen Hochzeit, den Einschulungen und der Kommunion dabei gewesen sei.
Angaben der Beteiligten zu 3. als Mutter der Antragstellerin konnte der Senat nicht berücksichtigen, weil aufgrund des Attests vom … November 2022 davon auszugehen ist, dass sie die Zeugung der Antragstellerin als Ereignis aus der Vergangenheit nicht erinnern und wiedergeben kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 81 FamFG. Die Gerichtskosten erster Instanz hätte die Antragstellerin ungeachtet des Ausgangs des Verfahrens tragen müssen, weil sie das gerichtliche postmortale Feststellungsverfahren mit förmlicher Beweisaufnahme durchführen musste, um die Vaterschaft feststellen zu lassen, ohne dass eine sonstige Beteiligte die Vaterschaft bestritten hätte.
In Bezug auf das Beschwerdeverfahren hat der Senat auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus § 47 Abs. 1 FamGKG.