Oberlandesgericht Brandenburg, Az.: 9 UF 87/16, Beschluss vom 04.07.2016
1.
Der Antrag der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2016 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
2.
Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde der Antragsgegnerin auf ihre Kosten schriftlich zurückzuweisen und gibt hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen.
Gründe
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil der eingelegten Beschwerde nach derzeitigem Stand nicht die notwendige Aussicht auf Erfolg zukommt, §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO, 113 Abs. 1 FamFG. Das Amtsgericht hat mit insgesamt zutreffenden Erwägungen die Antragsgegnerin zur Herausgabe der näher bezeichneten Gegenstände und im Falle eines fruchtlosen Fristablaufes zur Zahlung entsprechender Geldbeträge verpflichtet.
Über die ebenfalls durch das Amtsgericht ausgesprochene Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zustimmung zum sogenannten Realsplitting wird dagegen im Rahmen der Beschwerdeinstanz nicht mehr gestritten.
I. Herausgabeanspruch, § 985 BGB
1. Alleineigentum des Antragstellers
Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Antragsteller Alleineigentümer der näher bezeichneten Gegenstände war. So hat der Antragsteller die Gegenstände allesamt vor Eheschließung erworben, wie auch aus den (seitens der Antragsgegnerin eingereichten) Rechnungen (vgl. Bl. 41, 42) hervorgeht. Die Heirat erfolgt dagegen erst im Dezember 2007.
Anhaltspunkte dafür, dass – wie die Antragsgegnerin jedenfalls ursprünglich außergerichtlich jedenfalls für die Stereoanlage behauptet hat (vgl. Bl. 17) – ein gemeinsamer Erwerb hierdurch für die Beteiligten stattgefunden hat, sind nicht erkennbar. Ein gemeinsamer Erwerb vor Eheschließung solcher Gegenstände, die – was an dieser Stelle offenstehen mag – dem nachfolgenden ehelichen Haushalt dienen sollen, scheidet aus. Steht bei der Anschaffung der kurz vor der Eheschließung erworbenen Gegenstände fest, dass sie dem künftigen gemeinschaftlichen Haushalt dienen sollen, mag insoweit eine Beweiserleichterung vorliegen, weil damit zu rechnen ist, dass die Begründung gemeinschaftlichen Miteigentums gewollt ist (OLG Köln FamRZ 2011, 975). Derartige Ausnahmetatbestände sind seitens der dafür darlegungsbelasteten Antragsgegnerin nicht dargetan, der zeitliche Ablauf (Erwerb in 2000 bzw. Mitte 2006, Heirat Ende 2007) steht dem auch erkennbar entgegen.
Sein Alleineigentum hat der Antragsteller nicht verloren. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an, ob es sich tatsächlich um Gegenstände des ehelichen Haushaltes gehandelt hat. Denn an solchen besteht nicht automatisch gemeinsames Eigentum der Ehegatten, vielmehr gilt – gerade für die mit in die Ehe eingebrachten Gegenstände – das allgemeine Recht der Eigentumsverhältnisse. Insbesondere ist auch der § 1568b Abs. 2 BGB insoweit nicht anwendbar, da dieser nur für während Bestehen der Ehe angeschaffte Gegenstände des Haushaltes eine Miteigentumsvermutung schafft.
Eine Übereignung auf die Antragsgegnerin gemäß §§ 929, 930 BGB ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Antragsteller nach den Behauptungen der Antragsgegnerin zwischen Weihnachten und Silvester 2013 sowie im Januar 2014 erklärt haben soll, dass der gesamte Hausrat im Eigentum der Antragsgegnerin verbleiben solle, er selber wolle davon nichts haben. Diese Erklärung lässt bereits nicht erkennen, welche konkreten Gegenstände des Hausrats hier tatsächlich betroffen sein sollen: Sämtliche Gegenstände innerhalb der damals bereits allein von der Antragsgegnerin bewohnten, vormaligen Familienwohnung können dies nicht sein, da unstreitig später einzelne Gegenstände von dem Antragsteller im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin als sein Eigentum abgeholt wurden (vgl. insbesondere seinen insoweit unbestritten gebliebenen schriftsätzlichen Vortrag vom 28. August 2015, Bl. 43 ff., dort Seite 5, Bl. 47). Damit ist schon nicht erkennbar, was konkret die Beteiligten bei einer evtl. Vereinbarung über Hausrat überhaupt im Blick hatten. Unabhängig davon müsste aber ein weiterer Wille des Antragstellers dahingehend anzunehmen sein, dass er Gegenstände des Hausrats, die sich in seinem Alleineigentum befanden, auf die Antragsgegnerin übertragen wollte. Ein derartig weitgehender Wille ist der von der Antragsgegnerin nicht näher substantiierten Absprache nicht zu entnehmen sein; insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass im Zuge einer solchen Gesamtauseinandersetzung auch regelmäßig eine Aufstellung über entsprechende Werte, die dann im Wege des Eigentumswechsels von einem auf den anderen Ehegatten übertragen werden, stattfinden würde. Zu alledem fehlt aber jegliche nähere Ausführung der Antragsgegnerin.
Allein der Umstand, dass sie sich in Besitz der streitgegenständlichen Gegenstände und den zugehörigen Rechnungen über einen längeren Zeitraum befand und der Antragsteller nicht sogleich eine Herausgabe nicht verlangt hat, steht dem nicht entgegen. Die gesetzliche Vermutungsregel des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach zu Gunsten des Besitzers einer beweglichen Sache angenommen wird, dass er Eigentümer der Sache sei, streitet nicht für die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin wusste, dass die Geräte allein von ihrem Ehemann gekauft waren. Zudem behauptet sie ausdrücklich, die Geräte seien im Zusammenhang mit der Trennung von dem Antragsteller auf sie zu Eigentum übertragen worden. Trägt aber der Besitzer, wie hier die Antragsgegnerin vor, ursprünglich Fremdbesitzerin gewesen zu sein und erst danach, wie hier mit der Trennung der Beteiligten, aufgrund rechtsgeschäftlicher Übereignung Eigenbesitz begründet zu haben, dann entfällt die gesetzliche Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB (OLG Naumburg, FamFR 2012, 70; siehe auch OLG Stuttgart, FamRB 2016, 169).
Im Übrigen ist auch zu berücksichtigen, dass innerhalb der notariellen Vereinbarung und dort betreffend der Regelung zum Zugewinnausgleich (§ 4, vgl. Bl. 36) ausdrücklich durch den Notar darauf hingewiesen wurde, dass jeder Ehegatte über die ihm gehörenden Gegenstände des ehelichen Haushalts frei verfügen könne. Hätten die Beteiligen tatsächlich bis Januar 2014 eine derartige einvernehmliche Regelung über den Verbleib und Eigentumswechsel der gesamten Wohnungseinrichtung getroffen, hätte es nahegelegen, dass darüber etwas in der notariellen Vereinbarung aufgenommen worden wäre, was gerade nicht geschehen ist.
Daher ist auch nicht dem durch die Antragsgegnerin erstinstanzlich angebotenen Beweis (Zeugin Dennert) nachzugehen.
2. Besitz der Antragsgegnerin
Zutreffend hat das Amtsgericht zudem festgestellt, dass jedenfalls davon auszugehen ist, dass die Antragsgegnerin nach wie vor im Besitz der streitgegenständlichen Gegenstände ist. Dass sie sich ursprünglich im Besitz dieser Gegenstände befand, ist unstreitig. Soweit sie dagegen vorgetragen hat, sie habe einen Teil dieser Gegenstände veräußert, habe dementsprechend Besitz verloren, trägt dies nicht.
Der Anspruchsteller eines Anspruchs nach § 985 BGB trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass bei Rechtshängigkeit Besitz des Antragsgegners bestand (vgl. BGH WM 1982, 749; OLG Düsseldorf NJOZ 2013, 1841). Soweit die Antragsgegnerin die Standlautsprecher sowie den Subwoofer der Marke R… Anfang August 2015 veräußert haben will, war zu diesem Zeitpunkt bereits Rechtshängigkeit eingetreten (vgl. das Empfangsbekenntnis vom 15. Juli 2015, Bl. 27). Unabhängig davon kommt die Herausgabeverurteilung sogar ohne Beweisaufnahme über den Besitz der Antragsgegnerin in Frage, weil diese für den Verlust der Gegenstände – wie nachfolgend ausgeführt – haftet (vgl. auch OLG Koblenz AnwBl. 1990, 107).
Auf den Plattenspieler trifft diese Argumentation zwar nicht zu, weil die Antragsgegnerin diesen nach eigenen Angaben bereits vor Rechtshängigkeit auf dem Flohmarkt verkauft haben will. Allerdings ist das Vorbringen der Antragsgegnerin dazu derart widersprüchlich, dass es unbeachtlich bleibt. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang bereits, dass die Antragsgegnerin dies nicht bereits in der Antragserwiderung näher ausgeführt hat, sondern vielmehr erstmals im Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 (Bl. 57) auf diesen vorherigen Verkauf hingewiesen hat. Auch insoweit bleibt ihr Vorbringen gänzlich unsubstantiiert, da nähere Einzelheiten dazu (welcher Flohmarkt, welches genaue – und damit tatsächlich vor Rechtshängigkeit liegende – Datum) nicht angegeben werden. Weitere detaillierte Angaben folgen auch nicht im weiteren Schriftsatz vom 10. November 2015. Offen ist zudem, in welcher Höhe die Antragsgegnerin auf dem Flohmarkt diesen Gegenstand veräußert haben will. Nach alledem bleibt das Vorbringen der Antragsgegnerin dazu derart unsubstantiiert, dass es unbeachtlich zu bleiben hat.
3. Recht zum Besitz
Ein Recht zum Besitz steht der Antragsgegnerin jedenfalls nicht mehr zu. Soweit ihr zunächst der Besitz durch den Antragsteller infolge seines Auszuges aus der vormals ehelichen Wohnung gestattet wurde, ist dieses Recht jedenfalls mit der Herausgabeforderung, die spätestens im März 2015 (vgl. Bl. 10) außerhalb des Verfahrens erfolgt ist, erloschen. Auf einen zum Besitz berechtigenden Gebrauchsüberlassungsanspruch nach § 1361a Abs. 1 S. 2 BGB hat sich die Antragsgegnerin nicht berufen; ohnehin wäre ein solcher Anspruch angesichts der hier streitgegenständlichen Gegenstände, die zur Haushaltsführung nicht dringend benötigt werden, aussichtslos.
II. Schadensersatz bei Nichtherausgabe
Zutreffend hat das Amtsgericht auch die Antragsgegnerin unter Setzung einer Frist von 4 Wochen für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs unter Aufhebung der Herausgabeverpflichtung zu Schadensersatz verpflichtet.
Dabei ist für den Anspruch aus § 249 BGB zunächst zu berücksichtigen, dass es nicht auf den – durch die Antragsgegnerin insbesondere durch Vorlage des Gutachtens vom 5. August 2015 näher belegten – Zeitwert ankommt, sondern auf den Wiederbeschaffungswert, also den erforderlichen Geldbetrag, den ein verständlicher, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte, um die verlorenen Gegenstände wieder zu beschaffen (BGH NJW 2012, 50; NJW 2015, 1298). Dieser Wiederbeschaffungswert liegt oberhalb des Zeit- bzw. Restwertes einer Sache (vgl. auch Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 249 Rn. 15 ff.), was erst recht für die hier hochwertigen, aber älteren und daher entsprechend schwerer zu beschaffenden Geräte gilt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese Gegenstände zwar zum einen technisch deutlich veraltet sind, andererseits jedoch gerade deshalb auf dem Markt durchaus höhere als den heutigen Zeitwerten entsprechende Preise erzielt werden. Beispielsweise analoge Plattenspieler sind mittlerweile erneut sehr begehrt und werden deshalb preislich durchaus hoch gehandelt.
Die entsprechenden Wiederbeschaffungswerte hat der Antragsteller im Einzelnen vorgetragen und belegt durch entsprechende Internet-Inserate belegt, wobei zudem Schätzungen gem. § 287 ZPO zulässig bleiben:
– die Stereoanlage …, siehe Bl. 115;
o insoweit umfasst der dort genannte Preis von 1.690 € hinaus Boxen, deshalb daher erscheint der vom Antragsteller angeführte halbe Betrag (845 €) als angemessen,
– zwei Standlautsprecher … für 550 €
o der Ausdruck Bl. 93 weist insoweit zwar zwei Standlautsprecher + Subwoofer + Receiver-Center für insgesamt 550 € aus, die vom Amtsgericht hier deshalb vorgenommene Schätzung auf 200 € ist aber nachvollziehbar
– der Subwoofer R… über den (leicht aufgerundeten) Angebotspreis 350 €, Bl. 116,
– der Plattenspieler … für 1.800 €, Bl. 93,
– der Fernseher … nebst Lautsprechern und Zubehör für insgesamt 2.820 €, Bl. 117 – 122,
– der DVD-Player … für 100 €, Bl. 123.
Zu alledem fehlt ein substantiiertes Vorbringen der Antragsgegnerin, die sich mit den Einzelwerten des Antragstellers nicht einmal ansatzweise näher auseinandergesetzt hat. Eigene Wiederbeschaffungswerte hat sie ihrerseits weder vorgebracht noch nachgewiesen.