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Kraftfahrzeugnutzung nach Ehescheidung – Ausgleichszahlung

AG Wiesbaden – Az.: 532 F 122/16 WH – Beschluss vom 09.09.2016

1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin 8.906 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2016 zu zahlen.

2. Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen. Seine eigenen außergerichtlichen Aufwendungen trägt der Antragsgegner selbst.

3. Der Wert des Verfahrens wird in Höhe von 3.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beteiligten sind inzwischen geschiedene Eheleute. Sie trennten sich am 16.05.2014. Bereits im April 2012 wurde ein PKW, BMW 530, amtliches Kennzeichen pp. erworben zu einem Kaufpreis in Höhe von 29.253 Euro. Die Gebrauchtwagenrechnung vom 13.04.2012 war auf den Antragsgegner ausgestellt. Das Fahrzeug wurde bis auf eine Anzahlung in Höhe von 5.000 Euro über die B-Bank finanziert, die es zur Sicherung übereignet erhielt. Die monatlichen Finanzierungsraten in Höhe von 325,51 Euro wurden vom Antragsgegner getragen.

Es handelt sich um das einzige Fahrzeug der Eheleute, welches beide sowohl alleine als auch für gemeinsame Unternehmungen und Einkäufe nutzten.

Die Antragstellerin begehrt eine Ausgleichszahlung in Höhe von 8.906 Euro, weil sie dem Antragsgegner das Fahrzeug überlassen habe.

Sie behauptet, die Anzahlung aus ihren privaten Ersparnissen in bar geleistet zu haben.

Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragsgegnerin für die Überlassung des PKW der Marke BMW, Modell 530, mit dem amtlichen Kennzeichen pp. einen Ausgleichsbetrag in Höhe 8.906 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Ausgleichszahlung gegen den Antragsgegner in tenorierter Höhe aus § 1568 b Abs. 3 BGB. Danach kann ein Ehegatte, der sein Eigentum an einem Haushaltsgegenstand nach Abs. 1 überträgt, eine angemessene Ausgleichszahlung verlangen.

Bei dem PKW BMW 530 handelt es sich um ein Haushaltsgegenstand im Sinne des § 1568 b Abs. 1 BGB. Zwar ist die Einordnung eines PKWs als Haushaltsgegenstand umstritten. Die Einordnung hängt nach den unterschiedlichen Auffassungen davon ab, wie das Fahrzeug konkret genutzt wurde (OLG Frankfurt, Beschl. vom 25.02.2014, Az. 2 UF 356/14, Rdnr. 26 ff, zit. nach Juris). Ein PKW ist danach bereits dann als Haushaltsgegenstand anzusehen, wenn er neben der beruflichen Nutzung zu Familienzwecken verwendet wird. Handelt es sich um das einzige Fahrzeug der Familie, ist in der Regel davon auszugehen, dass es sich um Hausrat handelt (OLG Düsseldorf, FamRZ 2007, 1325; OLG Frankfurt a. a. O.). Es musste in diesem Verfahren nicht aufgeklärt werden, ob ein und welcher Ehegatte das Fahrzeug (auch oder überwiegend) für Fahrten zur Arbeitsstelle genutzt hat, denn es ist jedenfalls unstreitig, dass beide das Fahrzeug alleine und gemeinsam zu Familienzwecken genutzt haben und es sich um das einzige Fahrzeug der Eheleute gehandelt hat.

Kraftfahrzeugnutzung nach Ehescheidung – Ausgleichszahlung
(Symbolfoto: Andrey_Popov /Shutterstock.com)

Das Fahrzeug stand während der Ehezeit im gemeinsamen Eigentum beider Eheleute, bzw. die Eheleute hatten für das an die finanzierende B-Bank sicherungsübereignete Fahrzeug eine Anwartschaft. Dafür spricht die Vermutung des § 1568 b BGB. Danach gelten Haushaltsgegenstände, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, für die Verteilung als gemeinsames Eigentum der Ehegatten, es sei denn, das Alleineigentum eines Ehegatten steht fest. Während der Ehe angeschaffte Haushaltsgegenstände sind auch nach dem Willen der Eheleute im Zweifel ihr gemeinsames Eigentum (OLG Köln, FamRZ 2002, 3223). Soweit bei der Anschaffung nichts andere erklärt worden ist und sofern sich aus den Umständen des Falles nichts anderes ergibt, ist auch davon auszugehen, dass beide Eheleute Miteigentümer haben werden wollen (BGH FamRZ 1991, 923). Der Antragsgegner hat die Miteigentumsvermutung nicht widerlegen können. Denn es reicht für den Nachweis nicht aus, wenn der Gegenstand mit Mitteln eines Ehegatten angeschafft oder von diesem finanziert wird Es reicht auch nicht aus, dass ein Ehegatte als Halter des PKW eingetragen worden ist oder der Kaufvertrag für das Fahrzeug von einem Ehegatten alleine unterzeichnet wurde (Staudinger/Gerd Weinreich, 2010, BGB, § 1568 b, Rdnr. 31 ff. m. w. N.). Es kommt daher umgekehrt für die Annahme des Miteigentums auch nicht darauf an, ob die Anzahlung mit Mitteln der Antragstellerin bezahlt worden ist. Das Gericht erhebt aufgrund der ihm in diesem Verfahren obliegenden Amtsermittlungspflicht über die Frage des Alleineigentums in Ausübung des ihm obliegenden pflichtgemäßen Ermessens keinen Beweis. Denn hier spricht alles für die Vermutung des Miteigentums.

Es entspricht im Rahmen des Willens der Beteiligten zur Ausübung der ehelichen Lebensgemeinschaft während intakter Ehe der Lebenserfahrung, dass die beide Einkommen erzielenden Eheleute im Rahmen ihrer jeweiligen finanziellen Möglichkeiten jeweils einzeln besondere Ausgaben, z. B. Finanzierungsaufwendungen, tragen. Es entspricht ebenso der üblichen ehelichen Lebensgewohnheit, dass PKWs als Haushaltsgegenstand zu gemeinsamen Eigentum erworben werden, wenngleich meist auch nur ein Ehegatte, den Kaufvertrag unterzeichnet.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners gilt § 1568 b Abs. 1 BGB auch im Falle eines Eigentumsvorbehalts oder bei sicherungsübereigneten Haushaltsgegenständen, jedenfalls dann, wenn der Sicherungseigentümer durch die Nutzungszuweisung nach § 1568 b Abs. 1 BGB – wie regelmäßig – keinen Sicherungs- oder Rechtsverlust erleidet. Zugewiesen wird dann die Nutzungsberechtigung und Anwartschaft, ohne damit in das Recht des Dritten einzugreifen ((Staudinger/Gerd Weinreich, 2010, BGB, § 1568 b, Rdnr. 28, 29 ff. m. w. N.) Der Antragsgegner verkennt darüber hinaus, dass Streitgegenstand dieses Verfahrens eine Ausgleichszahlung nach bereits erfolgter Überlassung ist. Durch die Übertragung der ihr zustehenden Mitanwartschaft hat die Antragstellerin ein „weniger“ übertragen. Mit Beendigung der Sicherungsübereignung ist dem Antragsteller dann das Alleineigentum angefallen. Mit dieser Überlassung nach der Trennung gemäß § 1658 b Abs. 1 BGB, die „gütlich“ erfolgt ist, jedenfalls hat Antragstellerin die Herausgabe des Fahrzeugs zur eigenen Nutzung nicht gefordert, kann die Antragstellerin einen isolierten Ausgleichsanspruch nach § 1568 b Abs. 3 BGB geltend machen. Sie kann eine angemessene Ausgleichszahlung fordern. Die Höhe der Ausgleichszahlung orientiert sich in der Regel am Verkehrswert zum Zeitpunkt der Verteilung. Die Anschaffungskosten sind nicht entscheiden, weil nur die Wiederanschaffung gebrauchter Gegenstände ermöglicht werden soll (OLG Stuttgart FamRZ 1993, 1461).

Das Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt der Trennung und Überlassung jedenfalls den Wert des geforderten Ausgleichsbetrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.

Der Verfahrenswert ergibt sich aus §§ 48 Abs. 2 FamGKG.

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