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Lebensgemeinschaft: Änderung eines bestehenden Hausratversicherungsvertrages – Schadensersatzanspruch

AG Bremen, Az.: 63 F 2381/13 RI

Beschluss vom 26.02.2014

1. Der Antrag wird abgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten aus der ehelichen Lebensgemeinschaft in Anspruch.

Lebensgemeinschaft: Änderung eines bestehenden Hausratversicherungsvertrages - Schadensersatzanspruch
Symbolfoto: Digital Genetics/Bigstock

Die Beteiligten haben am 13.08.1999 die Ehe miteinander geschlossen und leben seit dem 05.01.2011 voneinander getrennt. Zwischen ihnen ist seit dem 07.06.2012 das Ehescheidungsverfahren rechtshängig (AG Bremen 63 F 1479/12 S).

Für die frühere gemeinsame Wohnung der Beteiligten in Bremen, […], bestand bei der H.-Versicherung eine Hausratversicherung. Versicherungsnehmer dieses Vertrages war der Antragsgegner, der Versicherungsschutz erstreckte sich aber auch auf den der Antragstellerin gehörenden Hausrat. Am 04.05.2008 kam es in der Immobilie […] zu einem Einbruchdiebstahl. Hierbei wurden Gegenstände, die der Antragstellerin gehörten, entwendet. Es handelte sich vornehmlich um Schmuck, Silber und Münzen.

Die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe, ohne sie hiervon zu unterrichten, am 13.09.2006 eine Änderung des Vertrages über die Hausratversicherung herbeigeführt, wonach Versicherungsgrundstück anstelle der gemeinsamen Immobilie […] fortan die dem Antragsteller allein gehörende Immobilie in Bremen, […], war (Beweis: Zeugnis Frau O., H.-Versicherung). Eine Regulierung des Schadens aus dem Einbruchdiebstahl gegenüber der H.-Versicherung habe der Antragsgegner nicht vorgenommen. Stattdessen habe er über das Konto seiner Kanzlei zwei Überweisungen auf das gemeinsame Konto der Beteiligten in Höhe von insgesamt 9.250,00 € veranlasst und der Antragstellerin suggeriert, hierbei handele es sich um eine Teilregulierung der H.-Versicherung.

Die Antragstellerin behauptet weiter, durch den Einbruchdiebstahl sei ihr insgesamt ein Schaden in Höhe von 29.366,70 € entstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Antragstellerin hierzu nebst Beweisantritten wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 22.11.2013 und vom 06.12.2013 sowie die zugehörigen Anlagen verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin Schadensersatz in Höhe von 25.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2013 zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.

Er erhebt die Einrede der Verjährung. Zu dem Sachvortrag der Antragstellerin bezüglich des Versicherungsschutzes verweigert der Antragsgegner eine Einlassung unter Hinweis darauf, dass die Antragstellerin ihren Vortrag auf Informationen stütze, welche sie sich von der H.-Versicherung unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und in strafbarer Weise beschafft habe. Er ist der Ansicht, die Verweigerung der Einlassung habe zur Folge, dass die Behauptungen der Antragstellerin damit als bestritten gelten. Den Vortrag der Antragstellerin zum entstandenen Schaden bestreitet der Antragsgegner mit Nichtwissen.

II.

1. Der Antrag ist unbegründet. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch besteht selbst dann nicht, wenn man ihren Sachvortrag als zutreffend unterstellt.

a) Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Schadensersatz kommt hier allein § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. Nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB sind Ehegatten einander zur ehelichen Gemeinschaft verpflichtet und haben füreinander Verantwortung zu tragen. Soweit sich hieraus vermögensrechtliche Pflichten ergeben, kann deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen (Wever, Vermögensauseinandersetzung, 5. Aufl. 2009, Rn. 849).

b) Der Anspruch nach § 280 Abs. 1 BGB würde allerdings voraussetzen, dass die behauptete Verletzung der Pflichten aus dem ehelichen Gemeinschaftsverhältnis für den zu ersetzenden Schaden ursächlich geworden ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

aa) Ohne weiteres zu bejahen wäre die Kausalität nur dann, wenn man aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB eine Pflicht des Antragsgegners herleiten würde, jederzeit für einen ausreichenden Versicherungsschutz für den Hausrat beider Ehegatten zu sorgen. Eine so weit gehende Verpflichtung ist aus der ehelichen Lebensgemeinschaft jedoch nicht herzuleiten.

Zwar ergibt sich aus ihr auch eine vermögensrechtliche Fürsorgepflicht; diese hat jedoch in erster Linie den Inhalt, dass ein Ehegatte den anderen vor finanziellen Lasten zu bewahren hat, soweit das ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (Staudinger-Voppel, 2012, § 1353 BGB, Rn. 89 m. w. N.). Insbesondere dann, wenn wie hier jeder Ehegatte nach seinen finanziellen Verhältnissen und seiner geschäftlichen Erfahrenheit gleichermaßen in der Lage wäre, selbst für einen hinreichenden Versicherungsschutz Sorge zu tragen, besteht für eine einseitige Zuordnung der Verantwortlichkeit zu einem Ehegatten keine Rechtfertigung.

Somit kann für die Frage der Kausalität allein an die behauptete Aufhebung des zuvor bestehenden Versicherungsschutzes angeknüpft werden.

Hierbei ist aber nicht etwa darauf abzustellen, ob der Antragsgegner durch ein positives Tun – nämlich Änderung des Versicherungsvertrages zum 13.09.2006 – einen Schaden herbeigeführt hat. Wenn der Antragsgegner durch die eheliche Lebensgemeinschaft nicht verpflichtet ist, überhaupt einen Versicherungsschutz herzustellen, kann es auch nicht als Pflichtverletzung bewertet werden, wenn er einen zunächst bestehenden Versicherungsschutz im Nachhinein wieder entfallen lässt.

Vielmehr kann die eigentliche Pflichtverletzung nur in einem Unterlassen – nämlich der unterbliebenen Unterrichtung der Antragstellerin über die Änderung des Versicherungsvertrages – bestehen. Eine Verpflichtung, den anderen Ehegatten über die Aufhebung eines zu seinen Gunsten bestehenden Versicherungsschutzes so rechtzeitig zu informieren, dass dieser sich um einen anderweitigen Versicherungsschutz bemühen kann, ist als Gegenstand der vermögensrechtlichen Fürsorgepflicht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft anzusehen (vgl. zum Krankenversicherungsschutz und in Bezug auf das Unterhaltsrechtsverhältnis OLG Köln FamRZ 1985, 926; OLG Koblenz FamRZ 1989, 1111).

bb) Wenn die Schadensfolge nicht auf positivem Tun beruht, sondern auf einem Unterlassen, ist die Kausalität nur bei dem Nachweis zu bejahen, dass der Eintritt des Schadens mit Sicherheit verhindert worden wäre, was im Sinne einer mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu verstehen ist (Staudinger-Schiemann, 2005, § 249 BGB, Rn. 10 m. w. N.).

Eine solche Sicherheit der Schadensverhinderung kann hier nicht festgestellt werden. Hätte der Antragsgegner die Antragstellerin über die Aufhebung des Versicherungsschutzes informiert, wäre die Verhinderung des Schadenseintritts von zahlreichen weiteren Faktoren abhängig gewesen.

Dies beginnt mit der Frage, ob und wann die Antragstellerin überhaupt einen neuen Vertrag über eine Hausratversicherung abgeschlossen hätte. Weiter ist offen, zu welchen Versicherungskonditionen ein neuer Vertrag zustande gekommen wäre. Diesem Aspekt kommt gerade im Hinblick auf die besonderen Restriktionen Bedeutung zu, welche Allgemeinen Versicherungsbedingungen üblicherweise in Bezug auf Wertsachen vorsehen, namentlich in Form von Entschädigungsgrenzen. Schließlich wäre die Verhinderung des Schadenseintritts auch davon abhängig gewesen, ob und in welchem Ausmaß eine Regulierung auf Grundlage eines neuen Versicherungsvertrages tatsächlich stattgefunden hätte. Dies wäre von dem Erfolg einer Nachweisführung sowohl des schädigenden Ereignisses als auch der Höhe des Schadens gegenüber dem Versicherer abhängig gewesen.

Bei dieser Vielzahl von Unwägbarkeiten kann eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Schaden durch eine rechtzeitige Information der Antragstellerin verhindert worden wäre, nicht festgestellt werden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 91 ZPO.

3. Die Festsetzung des Verfahrenswertes erfolgt nach § 35 FamGKG.

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