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Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung während der Zeit des Getrenntlebens

OLG Brandenburg, Az.: 10 WF 158/14, Urteil vom 12.01.2015

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren wird anderweitig auf 13.176,72 € festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung während der Zeit des Getrenntlebens
Symbolfoto: Von William Perugini /Shutterstock.com

Mit Antrag vom 28.12.2011 hat die Antragstellerin den Antragsgegner auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung von insgesamt 33.601,68 € für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 sowie auf eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 700,03 € ab 1.1.2012 bis zur Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft an dem bis zur Trennung als Ehewohnung genutzten Einfamilienhaus in A… in Anspruch genommen, ferner Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 9.176,72 € für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 im Hinblick auf ein ebenfalls im Miteigentum der Ehegatten stehendes Gartengrundstück in F… verlangt. Mit Schriftsatz vom 11.9.2014 hat die Antragstellerin ihre Anträge vom 28.11.2011 zurückgenommen. Daraufhin  hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 20.11.2014 die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt und durch den angefochtenen Beschluss vom selben Tage den Verfahrenswert auf 3.000 € festgesetzt. Hiergegen wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners mit der Beschwerde und begehren Festsetzung des erstinstanzlichen Verfahrenswertes auf 51.178,76 €. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren ist anzuheben, jedoch nicht in dem Umfang, in dem es die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners begehren. Der Senat entscheidet nach Übertragung durch den Einzelrichter im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung gemäß §§ 59Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 5 Satz 2 FamGKG in der durch das Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung.

1.

Die Beschwerde ist zulässig. Da die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die Beschwerde damit begründen, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen des Beteiligten eingelegt haben (Senat, JurBüro 1998, 421; FamRZ 2007, 2000; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 32 RVG Rn. 14), so dass das Beschwerderecht aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG folgt. Dabei finden die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG bzw. hier § 59 FamGKG entsprechend Anwendung (vgl. Senat, FamRZ 2007, 2000; Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rn. 19, 22).

2.

Die Beschwerde ist zum Teil begründet. Der erstinstanzliche Verfahrenswert, den das Amtsgericht mit 3.000 € angenommen hat, ist anderweitig auf 13.176,72 € festzusetzen. Die Wertfestsetzung des Amtsgerichts deckt – obgleich nicht in ausreichender Höhe – lediglich den Antrag zu 1. in der Antragschrift, bezogen auf die Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung, ab, nicht hingegen den Antrag zu 2., bezogen auf das Gartengrundstück.

a)

Soweit es die Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung betrifft, ist der Verfahrenswert mit 4.000 € anzusetzen.

aa)

Auszugehen ist von einem Verfahrenswert von 3.000 €.

Die Antragstellerin hat hinsichtlich der Ehewohnung eine Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens geltend gemacht. Anspruchsgrundlage insoweit ist § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB. Auf diese Vorschrift hat sich die Antragstellerin auch ausdrücklich berufen. Es handelt sich insoweit mithin um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (Verfahrenshandbuch Familiensachen-FamVerf-/Schael, 2. Aufl., § 3 Rn. 67). Folglich ist grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 FamGKG ein Verfahrenswert von 3.000 € anzusetzen (OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, Beschluss vom 20.2.2013 – 3 UF 95/12, BeckRS 2013, 15068; OLG Koblenz, FamRZ 2014, 692; OLG Hamm, FamRZ 2013, 1421; OLG Bamberg, FamRZ 2011, 1424; Hartmann, a.a.O., § 48 FamGKG Rn. 2; Trenkle, in: Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, Stand: Juli 2013, § 48 FamGKG Rn. 8 a; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl., § 48 FamGKG Rn. 2; N. Schneider, NZFam 2014, 521, 522; Türck-Brocker, in: Schneider/ Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 48 Rn. 23 f.; im Ergebnis auch OLG Zweibrücken,  FamRZ 2013, 1980; OLG Frankfurt, Beschluss vom 1.11.2010 – 5 UF 300/10, BeckRS 2011, 05264; a. A. noch N. Schneider, FamFR 2009, 84, 85; Türck-Brocker, FPR 2010, 308, 311; ferner Poppen, FamFR 2013, 254). Die Vorschrift des § 35 FamGKG findet keine Anwendung (OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, a.a.O.; a. A. Poppen, a.a.O.). Nach dieser Vorschrift bemisst sich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung ist, der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung liegt jedoch in § 48 Abs. 1 FamGKG (OLG Bamberg, a.a.O.). Mithin kommt es in Bezug auf die für die Ehewohnung verlangte Nutzungsentschädigung nicht auf die konkreten Beträge an.

bb)

Der Betrag von 3.000 € ist aber maßvoll auf 4.000 € zu erhöhen.

Ist der nach § 48Abs. 1, 2 FamGKG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, § 48 Abs. 3 FamGKG. Diese Vorschrift soll die Festsetzung eines höheren oder niedrigeren Verfahrenswerts in Ausnahmefällen ermöglichen, um zu verhindern, dass es zu unvertretbar hohen oder zu unangemessen niedrigen Kosten kommt. So kann es bei besonders teuren Wohnungen angemessen sein, den Wert entsprechend höher festzusetzen (BT-Drs. 16/6308, Seite 307). Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin den Mietwert der Ehewohnung unter Bezugnahme auf ein Mietwertgutachten unwidersprochen mit 1.400,07 € monatlich angegeben hat, also von einer für das Land … recht teuren Wohnung auszugehen ist und darüber hinaus eine Nutzungsentschädigung für einen länger in der zurückliegenden Zeitraum geltend gemacht worden ist, erscheint es gerechtfertigt, den Verfahrenswert auf 4.000 € anzuheben.

b)

Der Wert für den Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Gartengrundstück ist auf 9.176,72 € festzusetzen.

Soweit es um das Gartengrundstück geht, kann § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB keine Anspruchsgrundlage sein. Denn das Gartengrundstück diente zu Erholungszwecken, nicht hingegen als Ehewohnung. Anspruchsgrundlage für die Nutzungsentschädigung ist daher, wie auch von der Antragstellerin in der Antragsschrift angegeben, § 745 Abs. 2 BGB. Insoweit handelt es sich somit nicht um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 FamFG, so dass § 48 Abs. 1 FamGKG keine Anwendung findet (vgl. auch Türck-Brocker, in: Schneider/ Volpert/Fölsch, a.a.O., § 48 Rn. 25 f.). Vielmehr ist eine sonstige Familiensache gemäß § 266 Abs. 1 FamFG gegeben, die im Übrigen wegen der unterschiedlichen Verfahrensmaximen in einem gesonderten Verfahren hätte verfolgt werden müssen (vgl. nur OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, a.a.O.). Mithin gewinnt in diesem Verfahren die Höhe der geltend gemachten Nutzungsentschädigung an Bedeutung. Ob hinsichtlich der für die Zukunft geltend gemachten Beträge auf die Wertung des § 9 ZPO (42 Monate) oder diejenige des § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG (12 Monate) zurückgegriffen werden kann (vgl. hierzu Türck/Brocker, a.a.O., Rn. 26), bedarf hier keiner Entscheidung. Die Antragstellerin hat hinsichtlich des Gartengrundstücks eine Nutzungsentschädigung nur für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 geltend gemacht. Da die Antragsschrift am 29.12.2011 beim Amtsgericht eingegangen ist, handelt es sich somit allein um rückständige Beträge i.S.v. § 51 Abs. 2 Satz 1  FamGKG. Demzufolge entspricht der Wert für den Antrag betreffend das Gartengrundstück dem gesamten aufgelaufenen Betrag von 9.176,72 €.

Soweit vereinzelt vertreten wird, auch ein Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung auf der Grundlage von § 745 Abs. 2 BGB sei kraft Sachzusammenhangs jedenfalls dann als Ehewohnungssache i.S.v. § 200 Abs. 1 FamFG mit der Folge der Anwendung von § 48 Abs. 1 FamGKG anzusehen, wenn hinsichtlich derselben Ehewohnung Entschädigungsansprüche sowohl für die Zeit der Trennung als auch für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung geltend gemacht würden (so OLG Hamm, a.a.O.), bestehen Zweifel, ob dem gefolgt werden könnte. Dies kann hier aber auf sich beruhen. Denn der Fall ist hier anders gelagert. Der Anspruch auf der Grundlage von § 745 Abs. 2 BGB wird nämlich nicht im Hinblick auf die Ehewohnung geltend gemacht, sondern bezüglich eines anderen Grundstücks, nämlich bezüglich des Gartengrundstücks, so dass von einem Sachzusammenhang nicht ausgegangen werden kann.

c)

Insgesamt, also unter Berücksichtigung der Anträge bezüglich der Ehewohnung und des Gartengrundstücks, errechnet sich ein Verfahrenswert von 13.176,72 € (= 4.000 € + 9.176,72 €).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Auch wenn hinsichtlich der Wertfestsetzung bei Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung noch nicht alle Rechtsfragen abschließend geklärt sind, ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht möglich, vgl. § 59Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 7 FamGKG.

 

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