Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Kindeswohl im Fokus: Rechtsstreit um Unterhalt und Großelternschaft
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wer ist unterhaltspflichtig, wenn das Kind bei den Großeltern lebt?
- Welche Betreuungsleistungen muss ein Elternteil erbringen, um das Obhutsverhältnis zu bewahren?
- Wie wirkt sich der Aufenthalt bei Großeltern auf die Höhe des Kindesunterhalts aus?
- Welche Rechte haben Großeltern bezüglich der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen?
- Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für ein Obhutsverhältnis erfüllt sein?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Marl
- Datum: 27.07.2022
- Aktenzeichen: 36 F 180/21
- Verfahrensart: Unterhaltsverfahren
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Unterhaltsrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragsteller: Das Kind, vertreten durch die Kindesmutter. Der Antragsteller fordert eine Erhöhung des Kindesunterhalts, da sich das Einkommen des Antragsgegners erhöht hat. Die Kindesmutter betreut das Kind trotz Wohnens bei den Großeltern intensiv und ist somit von der Barunterhaltspflicht befreit.
- Antragsgegner: Vater des Antragstellers. Er ist der Meinung, der Unterhalt solle gesenkt werden, da das Kind bei den Großeltern lebt und die Kindesmutter ebenfalls barunterhaltspflichtig sei. Er behauptet, es gäbe eine mündliche Vereinbarung zur Herabsetzung des Unterhalts.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Antragsteller, ein Kind, lebt bei den Großeltern, und die Kindesmutter betreut ihn dort regelmäßig. Der Antragsgegner zahlte bisherigen Unterhalt gemäß einem Vergleich aus dem Jahr 2018. Der Antragsteller beansprucht nun eine Erhöhung des Unterhalts, da das Einkommen des Antragsgegners gestiegen ist.
- Kern des Rechtsstreits: Kernfrage ist, ob und in welcher Höhe der Antragsgegner Kindesunterhalt zahlen muss, obwohl das Kind bei den Großeltern lebt und ob die Kindesmutter unterhaltspflichtig ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antragsgegner ist verpflichtet, den erhöhten Kindesunterhalt gemäß der Einkommensgruppe drei und zweiten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen.
- Begründung: Die Kindesmutter sorgt trotz räumlicher Trennung in ausreichendem Maße für das Kind und ist daher von der Barunterhaltspflicht befreit. Eine Wohngemeinschaft mit dem Kind ist dafür nicht erforderlich. Der Vortrag über eine mündliche Vereinbarung zu einer Unterhaltsreduzierung wurde nicht als ausreichend verbindlich anerkannt.
- Folgen: Der Antragsgegner muss den erhöhten Kindesunterhalt leisten. Die Kindesmutter bleibt aufgrund ihrer Betreuung von der Barunterhaltspflicht befreit. Der Antragsgegner trägt die Verfahrenskosten.
Kindeswohl im Fokus: Rechtsstreit um Unterhalt und Großelternschaft
Die familiären Beziehungen und Verantwortlichkeiten gehören zu den komplexesten Rechtsbereichen in Deutschland. Besonders wenn es um das Kindeswohl und die Betreuung von Minderjährigen geht, können rechtliche Fragen schnell vielschichtig werden. Bei Pflegeverhältnissen innerhalb der Familie spielen nicht nur emotionale, sondern auch rechtliche Aspekte wie Sorgerecht, Umgangsrecht und Unterhalt eine entscheidende Rolle.
Großeltern übernehmen in unserer Gesellschaft zunehmend wichtige Aufgaben in der Kinderbetreuung und können in manchen Fällen sogar eine zentrale Rolle im Familiengefüge einnehmen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Konstellationen sind komplex und berücksichtigen immer die individuellen Lebensumstände des Kindes sowie die sozialrechtlichen Ansprüche und familiären Bindungen. Die folgende Fallanalyse beleuchtet einen konkreten Rechtsstreit, der die rechtliche Dimension von Unterhalt und Obhutsverhältnis bei Betreuung durch Großeltern näher betrachtet.
Der Fall vor Gericht
Unterhaltspflicht besteht trotz Wohnsitz bei Großeltern
Das Amtsgericht Marl hat in einem wegweisenden Beschluss klargestellt, dass ein barunterhaltspflichtiger Vater nicht von seinen Zahlungsverpflichtungen entbunden wird, wenn sein Kind bei den Großeltern mütterlicherseits wohnt. Der Kindesunterhalt wurde von 302 Euro auf 387,50 Euro ab September 2021 und auf 391,50 Euro ab Januar 2022 erhöht.
Betreuung durch die Mutter bleibt bestehen
Im Zentrum des Falls stand ein Kind, das nach der Trennung seiner Eltern zunächst bei der Mutter lebte und später zu den Großeltern mütterlicherseits zog. Die Mutter, die inzwischen mit einem neuen Lebensgefährten zusammenlebt, hält weiterhin täglichen Kontakt zu ihrem Kind. Sie kümmert sich um die Hausaufgabenbetreuung, nimmt Schultermine wahr und organisiert Freizeitaktivitäten wie Schwimmkurse. Das Gericht stellte fest, dass die Mutter durch diese intensive Betreuung ihrer elterlichen Verantwortung nachkommt, auch wenn das Kind nicht unter ihrem Dach wohnt.
Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach die Mutter berechtigt ist, Unterhaltsansprüche im Namen des Kindes geltend zu machen, solange sich das Kind in ihrer Obhut befindet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt Obhut keine Wohngemeinschaft zwischen Kind und Elternteil voraus. Entscheidend sind vielmehr die tatsächliche Sorge für das Kind und die Sicherstellung elementarer Bedürfnisse wie die Gestaltung des Tagesablaufs, Erreichbarkeit bei Problemen und emotionale Zuwendung.
Finanzielle Aspekte und Unterhaltshöhe
Der Vater, der als Altenpfleger ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro erzielt, wurde zur Zahlung des Unterhalts nach der dritten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle verpflichtet. Die Mutter, die in Teilzeit arbeitet und etwa 1.000 Euro netto verdient, bleibt aufgrund ihrer Betreuungsleistungen von der Barunterhaltspflicht befreit. Das Gericht wies zudem den Einwand des Vaters zurück, er habe sich telefonisch mit der Mutter auf einen reduzierten Unterhalt von 200 Euro geeinigt. Eine solche Vereinbarung hätte ohnehin keinen Einfluss auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes gehabt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht stellt klar, dass ein Obhutsverhältnis auch dann bestehen kann, wenn ein Kind bei den Großeltern wohnt – entscheidend ist die tatsächliche Ausübung der Sorge durch einen Elternteil. Die Kindesmutter kann den Unterhaltsanspruch geltend machen, da sie sich weiterhin aktiv um das Kind kümmert, auch wenn es bei den Großeltern lebt. Das Urteil zeigt zudem, dass eine Unterhaltserhöhung bei gestiegenem Einkommen des Unterhaltspflichtigen durchsetzbar ist.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als sorgeberechtigter Elternteil Ihr Kind bei den Großeltern untergebracht haben, können Sie weiterhin Unterhaltsansprüche im Namen des Kindes geltend machen, solange Sie sich aktiv um Ihr Kind kümmern – zum Beispiel durch Hausaufgabenbetreuung oder Organisation von Freizeitaktivitäten. Bei einer Verbesserung der Einkommenssituation des unterhaltspflichtigen Elternteils haben Sie das Recht, eine Erhöhung des Unterhalts zu beantragen. Mündliche Vereinbarungen zur Unterhaltsreduzierung sind dabei nicht bindend – es bedarf einer gerichtlichen Festsetzung.
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Die Unterbringung Ihres Kindes bei den Großeltern kann eine gute Lösung sein, wirft aber auch Fragen zum Unterhalt auf. Wir helfen Ihnen, die Rechtslage zu verstehen und Ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen. Sowohl die Höhe des Unterhalts als auch die wichtige Frage der Obhut sollten rechtlich einwandfrei geklärt sein, um spätere Konflikte zu vermeiden. Sprechen Sie uns an und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Situation analysieren.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer ist unterhaltspflichtig, wenn das Kind bei den Großeltern lebt?
Wenn ein Kind bei den Großeltern lebt, bleiben beide Elternteile weiterhin primär unterhaltspflichtig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Großeltern das Kind freiwillig bei sich aufgenommen haben oder nicht.
Unterhaltspflicht der Eltern
Die Eltern müssen auch dann Barunterhalt zahlen, wenn das Kind im Haushalt der Großeltern lebt. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 1601 BGB, wonach Verwandte in gerader Linie einander Unterhalt zu gewähren haben. Ein Obhutsverhältnis bei den Großeltern ändert nichts an dieser grundsätzlichen Verpflichtung der Eltern.
Rolle der Großeltern
Die Großeltern sind dem Kind gegenüber nur nachrangig unterhaltspflichtig. Sie müssen nur dann einspringen, wenn die Eltern nicht leistungsfähig sind. Dabei gilt:
- Alle vier Großelternteile (mütterlicherseits und väterlicherseits) sind anteilig unterhaltspflichtig.
- Den Großeltern steht ein höherer Selbstbehalt zu als den Eltern (2.000 Euro plus die Hälfte des darüber liegenden Einkommens).
Besonderheit bei volljährigen Kindern
Bei volljährigen Kindern, die noch bei den Großeltern leben, besteht der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern fort, wenn das Kind bereits als Minderjähriger im Haushalt der Großeltern gelebt hat. Dies gilt für privilegiert Volljährige bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befinden.
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs richtet sich dabei nach den Einkommensverhältnissen der Eltern, nicht nach denen der Großeltern. Selbst wenn die Großeltern wohlhabend sind, hat das Kind nur Anspruch auf den Mindestunterhalt, wenn die Eltern über ein geringes Einkommen verfügen.
Welche Betreuungsleistungen muss ein Elternteil erbringen, um das Obhutsverhältnis zu bewahren?
Ein Obhutsverhältnis besteht nur dann, wenn der Elternteil wesentliche Betreuungsleistungen im alltäglichen Leben des Kindes erbringt.
Erforderliche Kernbetreuungsleistungen
Die Betreuung muss folgende zentrale Elemente umfassen:
- Regelmäßige Verpflegung und Versorgung des Kindes
- Aktive Gestaltung des Tagesablaufs
- Emotionale Zuwendung und Ansprechbarkeit bei Problemen
- Übernachtung des Kindes im Haushalt des Elternteils
Unzureichende Betreuung
Eine reine Tagesbetreuung durch Dritte (wie Großeltern oder andere Verwandte) während der Arbeitszeit des Elternteils gefährdet das Obhutsverhältnis nicht, solange das Kind weiterhin beim Elternteil nächtigt und dort auch teilweise verpflegt wird.
Verlust des Obhutsverhältnisses
Das Obhutsverhältnis geht verloren, wenn die Pflege und Erziehung vollständig einem Dritten überlassen wird. In diesem Fall werden die Betreuungsleistungen nicht mehr in einem Umfang erbracht, der mit der üblichen Naturalunterhaltsleistung gleichgestellt werden kann.
Beurteilung im Einzelfall
Die Bewertung des Obhutsverhältnisses richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Entscheidend sind dabei:
Der Elternteil muss nachweislich die emotionale Hauptbezugsperson des Kindes sein und den überwiegenden Teil der Erziehungsverantwortung tragen. Bei schulpflichtigen Kindern wird ein längerer Zeitraum von etwa zwei Jahren ohne ausreichende Kontakte benötigt, um einen Abbruch des Obhutsverhältnisses anzunehmen.
Wie wirkt sich der Aufenthalt bei Großeltern auf die Höhe des Kindesunterhalts aus?
Grundsätzliche Unterhaltspflicht bei Betreuung durch Großeltern
Wenn ein Kind bei den Großeltern lebt, bleiben beide Elternteile grundsätzlich barunterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht der Eltern erlischt nicht durch den Aufenthalt des Kindes bei den Großeltern. Beide Elternteile müssen dann anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen für den Unterhalt aufkommen.
Bestimmung des Obhutsverhältnisses
Ein Obhutsverhältnis bei den Großeltern liegt vor, wenn folgende Faktoren erfüllt sind:
- Die Großeltern übernehmen die Verpflegung und Versorgung
- Das Kind nächtigt regelmäßig bei den Großeltern
- Die Großeltern gestalten den Tagesablauf
- Die Großeltern sind die primären Ansprechpartner
- Das Kind erhält die hauptsächliche emotionale Zuwendung von den Großeltern
Ersatzhaftung der Großeltern
Sind die Eltern nicht leistungsfähig, können die Großeltern zum Unterhalt herangezogen werden. Dabei gilt:
Der Unterhaltsbedarf richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern, nicht der Großeltern. Selbst wenn die Großeltern vermögend sind, müssen sie in der Regel nur den Mindestunterhalt nach § 1612a BGB zahlen.
Besonderheiten bei der Berechnung
Die Großeltern genießen einen erhöhten Selbstbehalt von mindestens 2.000 Euro. Dieser Betrag erhöht sich um die Hälfte des Mehreinkommens über 2.000 Euro. Bei zusammenlebenden Großeltern wird dieser Betrag entsprechend angepasst.
Die Ersatzhaftung der Großeltern tritt bereits ein, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil den Kindesunterhalt nur aus der Differenz zwischen seinem angemessenen und notwendigen Selbstbehalt aufbringen kann.
Welche Rechte haben Großeltern bezüglich der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen?
Wenn Sie als Großeltern ein Enkelkind in Ihrem Haushalt betreuen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltsansprüche gegen die Eltern des Kindes geltend machen. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, das Verwandte in gerader Linie zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet.
Voraussetzungen für die Geltendmachung
Die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen ist möglich, wenn die Eltern des Kindes nicht in der Lage sind, den Unterhalt selbst zu leisten. Dies kann der Fall sein, wenn:
- die Eltern über kein ausreichendes Einkommen verfügen
- die Eltern nicht auffindbar sind
- die Eltern verstorben sind
Umfang der Ansprüche
Der Unterhaltsanspruch richtet sich nach den Einkommensverhältnissen der unterhaltspflichtigen Eltern, nicht nach dem Einkommen der Großeltern. Wenn die Kindeseltern aufgrund geringen Einkommens keinen Unterhalt leisten können, hat das Kind nur Anspruch auf den Mindestunterhalt – auch wenn die Großeltern wohlhabend sind.
Durchsetzung der Ansprüche
Als Großeltern können Sie:
- Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern verlangen
- eine Unterhaltsklage beim zuständigen Familiengericht einreichen
- die Festsetzung von Unterhaltszahlungen beantragen
Besonderheiten bei der Berechnung
Die aktuellen Mindestunterhaltssätze für 2024 betragen je nach Alter des Kindes:
- Bis 6 Jahre: 480 Euro
- 7-12 Jahre: 551 Euro
- Ab 13 Jahre: 645 Euro
Diese Beträge sind die Grundlage für die Berechnung der Unterhaltsansprüche, die Sie als Großeltern geltend machen können.
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für ein Obhutsverhältnis erfüllt sein?
Ein Obhutsverhältnis liegt vor, wenn eine Person in einer besonderen Verantwortung für eine andere schutzbedürftige Person steht. Dies ist besonders relevant, wenn ein Kind bei den Großeltern lebt.
Grundlegende Voraussetzungen
Tatsächliche Betreuungssituation: Ein Obhutsverhältnis entsteht durch die konkrete Ausgestaltung der Betreuung im Alltag. Wenn Sie als Großeltern ein Kind bei sich aufnehmen, wird das Obhutsverhältnis durch folgende Faktoren bestimmt:
- Verpflegung und Versorgung des Kindes
- Gestaltung des Tagesablaufs
- Emotionale Zuwendung und Ansprechbarkeit
- Übernachtung des Kindes in Ihrem Haushalt
Rechtliche Verantwortung
Unterhaltspflicht: Wenn ein Kind bei den Großeltern lebt, bleiben die Eltern weiterhin barunterhaltspflichtig. Die Großeltern übernehmen zwar die tatsächliche Betreuung, die rechtliche Verantwortung der Eltern bleibt jedoch bestehen.
Besondere Anforderungen
Verantwortungsübernahme: Für ein rechtlich anerkanntes Obhutsverhältnis müssen Sie eine übergeordnete Rolle in der Erziehung und Betreuung des Kindes einnehmen. Dies bedeutet:
- Organisation des Tagesablaufs
- Überwachung des Schulbesuchs
- Versorgung mit Nahrung und Kleidung
- Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten
- Organisation von Freizeitaktivitäten
Erziehungsvorrang: Auch wenn Sie ein Obhutsverhältnis innehaben, müssen Sie den Erziehungsvorrang der Eltern respektieren. Das bedeutet, grundlegende Erziehungsentscheidungen bleiben weiterhin den Eltern vorbehalten.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Unterhaltspflicht
Die gesetzliche Verpflichtung der Eltern, für den Unterhalt ihrer Kinder aufzukommen. Dies umfasst sowohl den Barunterhalt (Geldzahlungen) als auch den Betreuungsunterhalt (persönliche Fürsorge). Basierend auf §§ 1601 ff. BGB müssen Eltern nach ihren Einkommensverhältnissen für den angemessenen Unterhalt ihrer Kinder sorgen. Die Höhe richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle und dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils. Beispiel: Ein vollzeitarbeitender Vater muss Barunterhalt zahlen, während die betreuende Mutter ihren Unterhaltsbeitrag durch die Kinderbetreuung leistet.
Obhutsverhältnis
Eine rechtliche Beziehung zwischen Kind und Betreuungsperson, die über das reine Zusammenwohnen hinausgeht. Gemäß der BGH-Rechtsprechung liegt ein Obhutsverhältnis vor, wenn die Person die tatsächliche Sorge für das Kind ausübt, den Tagesablauf gestaltet und die emotionalen Bedürfnisse erfüllt. Eine gemeinsame Wohnung ist nicht zwingend erforderlich. Beispiel: Eine Mutter, die täglich die Hausaufgabenbetreuung übernimmt und Schultermine wahrnimmt, hat ein Obhutsverhältnis, auch wenn das Kind bei den Großeltern wohnt.
Barunterhaltspflicht
Die Verpflichtung, Unterhalt in Form von Geldzahlungen zu leisten. Nach § 1606 BGB trifft diese typischerweise den nicht betreuenden Elternteil. Die Höhe wird nach der Düsseldorfer Tabelle bestimmt und richtet sich nach Einkommen und Altersstufe des Kindes. Der betreuende Elternteil erfüllt seine Unterhaltspflicht in der Regel durch die Betreuung und Versorgung des Kindes. Beispiel: Ein Vater muss monatliche Unterhaltszahlungen leisten, während die das Kind betreuende Mutter von der Barunterhaltspflicht befreit ist.
Düsseldorfer Tabelle
Ein bundesweit anerkanntes Regelwerk zur Berechnung von Kindesunterhalt, das vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben wird. Sie enthält Richtwerte für den monatlichen Unterhaltsbedarf, gestaffelt nach Altersstufen des Kindes und Einkommensgruppen des Unterhaltspflichtigen. Die Tabelle wird regelmäßig aktualisiert und dient Gerichten und Anwälten als Orientierung. Beispiel: Bei einem Nettoeinkommen von 2.500 Euro wird der Unterhaltspflichtige in die dritte Einkommensgruppe eingeordnet.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB: Diese Vorschrift regelt, dass ein Obhutsverhältnis, also das Recht und die Pflicht zur Versorgung und Erziehung eines Kindes, auch dann bestehen kann, wenn das Kind bei den Großeltern lebt. In dem vorliegenden Fall lebt der Antragsteller bei den Großeltern mütterlicherseits, wodurch das Obhutsverhältnis der Großeltern anerkannt wird. Dies ist entscheidend für die Feststellung, wer die rechtliche Verantwortung für den Unterhalt des Kindes trägt.
- § 1603 Abs. 2 BGB: Dieser Paragraph bestimmt, dass die Eltern das Recht und die Pflicht zur elterlichen Sorge tragen, auch wenn das Kind nicht bei ihnen wohnt. Im vorliegenden Fall argumentiert der Antragsgegner, dass die Kindesmutter trotz des Wohnens des Kindes bei den Großeltern nicht als gesetzliche Prozessstandschafterin auftreten kann. Dies betrifft die Vertretung des Kindes im Unterhaltsverfahren und die Zuständigkeit der Mutter für Unterhaltsfragen.
- § 1601 BGB: Diese Vorschrift legt die Grundlagen für den Kindesunterhalt fest, insbesondere die Pflicht der Eltern, für den Unterhalt ihrer Kinder zu sorgen. Der Fall dreht sich um die Anpassung des bisherigen Unterhaltsbetrags, wobei der Antragsteller eine Erhöhung des monatlichen Kindesunterhalts beantragt. Die Einkommensverhältnisse beider Elternteile spielen hierbei eine zentrale Rolle bei der Berechnung des angemessenen Unterhaltsbetrags.
- § 1626 BGB: § 1626 regelt die elterliche Sorge und deren Ausübung im Interesse des Kindes. Im vorliegenden Fall wurde das gemeinsame Sorgerecht zunächst anerkannt, und es wurde ein psychologisches Gutachten eingeholt, das den Aufenthalt des Kindes bei der Mutter bestätigte. Diese Bestimmung ist relevant für die Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Verantwortung für den Unterhalt.
- § 1353 BGB: Dieser Paragraph definiert, wer als das Kind im rechtlichen Sinne gilt und somit Anspruch auf Unterhalt hat. Im Fall des Antragstellers wird überprüft, ob die Kindesmutter neben den Großeltern ebenfalls unterhaltspflichtig ist. Die Bestimmung ist wichtig, um festzustellen, wer alle Unterhaltspflichtigen sind und wie der Unterhalt zwischen den Verpflichteten aufgeteilt wird.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Marl – Az.: 36 F 180/21 – Beschluss vom 27.07.2022
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