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Obhutswechsel Kind – Auswirkungen auf aufendes Unterhaltsverfahren

OLG Koblenz – Az.: 9 UF 276/19 – Beschluss vom 25.03.2020

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Cochem vom 5. April 2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kindesunterhalt für […], geboren am […], gerichtete Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind […], geboren am […], ab dem 1. April 2019 einen monatlichen, jeweils im Voraus fälligen Kindesunterhalt in Höhe von 100% des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen – derzeit dritten – Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind, zu zahlen.

Der Antragsgegner wird darüber hinaus verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind […], geboren am […], rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2019 in Höhe von 1.164,– € zu zahlen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen haben die Antragstellerin zu 42% und der Antragsgegner zu 58% zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.302,– € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die miteinander verheirateten Eltern der gemeinsamen aus ihrer Ehe hervorgegangenen Kinder […], geboren am […] und […], geboren am […]. Nach der am 29. Juni 2017 erfolgten Trennung der Beteiligten lebten beide Kinder zunächst im Haushalt der Antragstellerin. Seit dem 5. November 2019 lebt […] dauerhaft bei dem Antragsgegner. Jedenfalls im Zeitraum von April 2018 bis März 2019 erhielt die Antragstellerin für beide Kinder durchgängig Unterhaltsvorschussleistungen.

Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit anwaltlichem Schreiben vom 13. April 2018 unter Fristsetzung bis zum 27. April 2018 auf, an sie für beide Kinder und die Zeit ab dem 1. April 2018 Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen jeweils gewährten Kindergeldes zu zahlen. Die entsprechenden Kindesunterhaltsansprüche verfolgt sie mit dem vorliegenden Verfahren weiter. Der Antragsgegner wendet insoweit seine Leistungsunfähigkeit ein.

Die Antragstellerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt,

1. den Antragsgegner zu verpflichten, für das gemeinsame Kind […], geboren am […], zu ihren Händen eine dynamisierte und zum Ersten eines jeden Monats im Voraus fällige Unterhaltszahlung für die Zeit ab dem 01.10.2018 i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der dritten Altersstufe nach § 1612 Buchst. a BGB, abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen und damit zur Zeit 370,00 €, abzüglich seit dem 01.10.2018 monatlich gezahlter 273,00 EUR Unterhaltsvorschussleistungen und ab dem 01.01.2019 abzüglich gezahlter 282,00 EUR gezahlter monatlicher Unterhaltsvorschussleistungen;

2. den Antragsgegner zu verpflichten, für das gemeinsame Kind […], geboren am […], zu ihren Händen eine dynamisierte und zum Ersten eines jeden Monats im Voraus fällige Unterhaltszahlung für die Zeit

ab dem 01.10.2018 i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der ersten Altersstufe nach § 1612 Buchst. a BGB,

ab dem 01.12.2019 i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe nach § 1612 Buchst. a BGB,

ab dem 01.12.2025 i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der dritten Altersstufe nach § 1612 Buchst. a BGB,

abzüglich der Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein zweites Kind und damit zur Zeit 251,00 € zu zahlen, abzüglich seit Oktober 2018 monatlich gezahlter 154,00 EUR Unterhaltsvorschuss und ab dem 01.01.2019 monatlich gezahlter 160,00 EUR Unterhaltsvorschussleistungen;

3. den Antragsgegner zu verpflichten, für das gemeinsame Kind […], geboren am […], zu ihren Händen einen Unterhaltsrückstand für den Zeitraum 01.04.2018 bis 30.09.2018 i.H.v. 582,00 € zu zahlen;

4. den Antragsgegner zu verpflichten, für das gemeinsame Kind […], geboren am […] zu ihren Händen einen Unterhaltsrückstand für den Zeitraum 01.04.2018 bis 30.09.2018 i.H.v. 582,00 € zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 5. April 2019 verpflichtet, an die Antragstellerin für beide Kinder ab dem 1. April 2019 einen monatlichen, jeweils im Voraus fälligen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein erstes bzw. zweites Kind, zu zahlen. Darüber hinaus hat es den Antragsgegner hinsichtlich des Zeitraums vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2019 verpflichtet, an die Antragstellerin für […] rückständigen Unterhalt in Höhe von 2.088,– € und für […] rückständigen Unterhalt in Höhe von 2.802,– € zu zahlen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.

Obhutswechsel eines Kindes - Auswirkungen auf ein laufendes Unterhaltsverfahren
(Symbolfoto: Von fizkes/Shutterstock.com)

Er beantragt insoweit, den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Cochem vom 05.04.2019, Az. 34 F 309/18, aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde insoweit zurückzuweisen, wie der Antragsgegner sich gegen eine Verpflichtung zur Zahlung von laufenden Unterhalt gemäß der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zur Wehr setzt sowie gegen eine Zahlung auf rückständigen Unterhalt bis zu einem Betrag von 1.164,00 € je Kind.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, auf die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung, auf das Sitzungsprotokoll des Familiengerichts vom 12. März 2019 sowie auf die Beschlüsse des Senats vom 25. November 2019 und vom 3. Februar 2020 Bezug genommen.

II.

Die zulässige – insbesondere statthafte (§ 58 Abs. 1 FamFG), der gesetzlichen Form (§ 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FamFG) und Frist (§ 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 FamFG) gemäß eingelegte sowie form- und fristgerecht begründete (§ 117 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 FamFG) – Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet. Denn der auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für das Kind […] gerichtete Antrag ist bereits unzulässig. Der auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für das Kind […] gerichtete Antrag ist hingegen in vollem Umfang zulässig und begründet. Soweit das Familiengericht rückständigen Unterhalt für […] zugesprochen hat, ist es jedoch über den ihm zur Entscheidung gestellten Antrag hinausgegangen (§§ 113 Abs. 1, 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, 308 Abs. 1 Satz 1 FamFG).

Der auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für das Kind […] gerichtete Antrag ist unzulässig.

Denn unstreitig lebt […] aufgrund einer entsprechenden Einigung der Beteiligten seit dem 5. November 2019 dauerhaft bei dem Antragsgegner. Damit ist die Verfahrensführungsbefugnis der Antragstellerin hinsichtlich etwaiger Kindesunterhaltsansprüche des betreffenden Kindes insgesamt entfallen.

Das aus § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB folgende Alleinvertretungsrecht – hier der Antragstellerin – endet nämlich in dem Moment, in dem seine Voraussetzungen wegfallen, insbesondere also dann, wenn der betreffende Elternteil – wie hier – nicht mehr die Obhut über das Kind innehat. Hatte der alleinvertretungsberechtigte Elternteil – wie hier die Antragstellerin – vor dem Wegfall der Voraussetzungen des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB bereits einen Unterhaltsantrag gestellt, so wird dieser unzulässig, und zwar nicht nur für den Zeitraum ab Wegfall des Alleinvertretungsrechts, sondern insgesamt, das heißt auch für die bis dahin aufgelaufenen Unterhaltsrückstände (vgl. zu allem Vorstehenden OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 7 WF 353/15 -, BeckRS 2015, 13114, Rdnr. 3; BeckOK Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Veit, BGB, 53. Edition, Stand: 1. November 2019, § 1629, Rdnr. 80; MünchKomm-Huber, BGB, 8. Aufl. 2020, § 1629, Rdnr. 83; Johannsen/Henrich-Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl. 2015, § 1629 BGB, Rdnr. 8, jew. m.w.N.).

Der auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für […] gerichtete Antrag ist hingegen in vollem Umfang zulässig und begründet. Das sich nach wie vor in der Obhut der Antragstellerin befindliche Kind hat dem Antragsgegner gegenüber Kindesunterhaltsansprüche im oben tenorierten Umfang.

[…] kann von ihrem Vater – dem Antragsgegner – grundsätzlich gemäß § 1612a BGB den ihm gegenüber mit dem vorliegenden Verfahren geltend gemachten Mindestunterhalt verlangen. Denn sie ist minderjährig und lebt nicht mit dem Antragsgegner in einem Haushalt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist der Mindestunterhalt der Barbetrag, den ein minderjähriges Kind – unabhängig von der konkreten Lebensstellung, die es während des Zusammenlebens mit dem Schuldner hatte – zum Leben benötigt (Existenzminimum); deshalb besteht grundsätzlich auf Seiten des Kindes darauf ein Anspruch wie auf Seiten des Schuldners eine Verpflichtung zur Leistung dieses Betrages (vgl. MünchKomm-Langeheine, BGB, 8. Aufl. 2020, § 1612a, Rdnr. 3).

Den entsprechenden Anspruch kann die Antragstellerin für […] hier berechtigterweise ab dem 1. April 2018 geltend machen. Erfüllung bestehender Kindesunterhaltsansprüche kann der Berechtigte gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nämlich grundsätzlich ab dem Ersten desjenigen Monats verlangen, in welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder zu welchem der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Diese Voraussetzungen sind hier mit der im April 2018 unter Fristsetzung bis zum 27. April 2018 erfolgten Aufforderung zur Zahlung des Mindestunterhalts für beide gemeinsamen Kinder (Anlage AS 1 zur Antragsschrift) erfüllt (§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 1612 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB).

Der verfahrensgegenständliche Mindestunterhalt ist monatlich im Voraus zu zahlen (§ 1612 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB). Insoweit ist der Antragsgegner auch in vollem Umfang leistungsfähig (§ 1603 BGB).

Allerdings ist eine Reduzierung des dem Antragsgegner zuzubilligenden (notwendigen) Selbstbehalts von im Jahre 2018 grundsätzlich 1.080,– € (vgl. KoL 2018, Ziff. 21.2 Satz 1 Alt. 2) auch aufgrund des Umstands, dass dieser im verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum bis einschließlich August 2018 im Haushalt seiner Eltern gewohnt und in soweit lediglich 150,– € an Wohnkosten hat aufwenden müssen, nicht vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass im Selbstbehalt ein Betrag in Höhe von 380,– € für Kosten der Unterkunft enthalten ist (vgl. KoL 2018, Ziff. 21.2 Satz 2).

Denn bei der hier in Rede stehenden Gewährung von Wohnraum handelte es sich um eine freiwillige Leistung Dritter, namentlich der Eltern des Antragsgegners (vgl. Wendl/Dose-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 1, Rdnr. 708). Freiwillige Zuwendungen Dritter werden indes unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen angesehen, erhöhen daher weder die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen noch mindern sie den Bedarf des Unterhaltsberechtigten. Besteht – wie im Streitfall – kein rechtlicher Anspruch auf diese Zuwendung, hängt die Anrechenbarkeit der Zuwendung in einem Unterhaltsverfahren von dem Willen des Zuwendenden ab. Geht der Wille dahin, den Empfänger zusätzlich zu unterstützen, ist die Zuwendung unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Dies ist regelmäßig bei Zuwendungen im Rahmen enger persönlicher Beziehungen – wie hier zwischen Eltern und Sohn – anzunehmen. Auch im Mangelfall kann die Zuwendung nur im Ausnahmefall aus Billigkeitserwägungen berücksichtigt werden (vgl. zu allem Vorstehenden OLG Schleswig, NJOZ 2014, 1166, 1167 f; Wendl/Dose-Dose, a.a.O.; Niepmann/Seiler-Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Aufl. 2019, 1. Teil, Rdnr. 36; Diehl, FPR 2013, 143, 144, jew. m.w.N.).

Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners sind vorliegend jedoch die geltend gemachten Versicherungsbeiträge in Höhe von 24,65 € (Risiko-Lebensversicherung) und von 28,21 € (Zahnzusatzversicherung) nicht in Ansatz zu bringen. Wegen ihrer jeweils nur geringen Höhe sind diese nämlich – ungeachtet ihrer Erforderlichkeit – als Kosten der privaten Lebensführung zu qualifizieren. Derartige Kosten sind aus dem verbleibenden Einkommen – dem Selbstbehalt – zu tragen und können unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden (vgl. zu allem Vorstehenden BGH, FPR 2009, 124, 126; Wendl/Dose-Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 1, Rdnr. 1111).

Auch die seitens des Antragsgegners an den … zu erbringenden Zahlungen in Höhe von monatlich 100,– € mindern die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners im Streitfall nicht. Wie sich dem im Schreiben des … vom 30. April 2018 genannten Aktenzeichen des Amtsgerichts entnehmen lässt, handelt es sich hier offenbar um die Erfüllung einer Bewährungsauflage. Zugrunde liegt den Zahlungen mithin eine rechtskräftig festgestellte Straftat des Antragsgegners, die – unstreitig – im Zuge der Trennung der Beteiligten zum Nachteil der Antragstellerin begangen wurde.

Zwar lässt sich die Abzugsfähigkeit derartiger Zahlungen wie auch diejenige von Geldstrafen und Geldbußen nicht grundsätzlich verneinen; vielmehr ist hierüber aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1554, 1556; Staudinger-Klinkhammer, BGB, Neubearb. 2018, § 1603, Rdnr. 214, jew. m.w.N.). Umstände, die – insbesondere auch in Anbetracht des vorstehend dargestellten Sachverhalts – ein Abwägungsergebnis zugunsten des Antragsgegners rechtfertigen würden, hat dieser indes nicht dargetan. Dies geht zu seinen Lasten. Denn die Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trägt der Unterhaltsschuldner (vgl. MünchKomm-Langeheine, BGB, 8. Aufl. 2020, § 1603, Rdnr. 207; Schulz/Hauß-Pauling/Maier, Familienrecht, 3. Aufl. 2018, § 1603 BGB, Rdnr. 78, jew. m.w.N.), hier mithin der Antragsgegner.

Abzugsfähige berufsbedingte Aufwendungen bestehen jedenfalls in Gestalt des unstreitigen Kostenaufwands für Arbeitskleidung in Höhe von 5,– € monatlich.

Im Übrigen können Fahrtkosten in Höhe von 360,– € und die monatlichen Darlehensraten in Höhe von 375,– € jedenfalls nicht nebeneinander geltend gemacht werden. Denn der entsprechende Darlehensvertrag ist – nunmehr unstreitig – zur Finanzierung des aktuellen antragsgegnerseits genutzten Kraftfahrzeugs geschlossen worden.

Der Antragsgegner hat sich im vorliegenden Verfahren – wie das Vorbringen zu Aufwendungen für Arbeitskleidung zeigt – dafür entschieden, seine berufsbedingten Aufwendungen konkret – und nicht in pauschalisierter Art und Weise geltend zu machen. Dies hat zur Folge, dass es ihm obliegt, alle berufsbedingten Aufwendungen nach Grund und Höhe substantiiert darzulegen (vgl. Wendl/Dose-Dose, Das Unterhaltsrecht in der Familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 1, Rdnr. 132, m.w.N.). Dem ist er hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Kraftfahrzeugkosten nicht gerecht geworden.

Die konkret durch jeden Kilometer Fahrtstrecke verursachten Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie die Abnutzung seines Kraftfahrzeugs hat er nicht dargetan. Denn mit der von dem Antragsgegner geltend gemachten Kilometerpauschale werden überdies auch die den Wagen betreffenden Anschaffungskosten abgegolten (vgl. KoL, Ziff. 10.2.2.; BGH, NJW 2014, 1531, 1533, Rdnr. 29; Wendl/Dose-Dose, a.a.O., Rdnr. 136, m.w.N.). Sind die Anschaffungskosten – wie hier – bereits durch eine Kreditrate berücksichtigt, kann infolgedessen daneben nicht mehr der volle Kilometersatz berücksichtigt werden (vgl. Wendl/Dose-Dose, a.a.O.).

Jedenfalls ab dem 1. Januar 2020 können dann sogar weder die geltend gemachten Fahrtkosten noch die hier in Rede stehenden Darlehensraten in Ansatz gebracht werden. Denn insoweit ist festzustellen, dass von dem Antragsgegner zumindest innerhalb eines Zeitraums von 2 1/2 Jahren nach der Trennung die Begründung eines Wohnsitzes am Ort seines Arbeitsplatzes erwartet werden konnte (vgl. insoweit BGH, NJW-RR 1998, 721, 722, m.w.N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 17. November 2009 – 10 UF 49/09 -, BeckRS 2009, 88641).

Insoweit ist von Relevanz, dass die geltend gemachten Fahrtkosten des Antragsgegners immerhin knapp 1/5 (19,82 % bzw. 19,55 %) seines Nettoeinkommens ausmachen. Zudem sind anerkennenswerte Bindungen des Antragsgegners an […] nach wie vor nicht dargetan. Gleiches gilt hinsichtlich einer etwaigen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit, in unmittelbarer Nähe seiner Arbeitsstelle eine adäquate Wohnung anmieten zu können. Auch dass eine zumutbare Möglichkeit der Beendigung des Darlehensvertrages durch Verkauf des Wagens und vorzeitige Ablösung des Darlehens aus dem Verkaufserlös nicht bestand bzw. besteht, ist weder dargetan noch sonst irgendwie ersichtlich. Dies alles geht zu Lasten des Antragsgegners. Denn die Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trägt – wie bereits erwähnt – der Unterhaltsschuldner (vgl. MünchKomm-Langeheine, BGB, 8. Aufl. 2020, § 1603, Rdnr. 207; Schulz/Hauß-Pauling/Maier, Familienrecht, 3. Aufl. 2018, § 1603 BGB, Rdnr. 78, jew. m.w.N.). Schlussendlich ist jedenfalls seit Januar 2020 – nach einer Trennungszeit von nunmehr rund 2 1/2 Jahren – auch an eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu denken.

Bei Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zur Zahlung von Kindesunterhalt für […] ist im Übrigen keine weitere Barunterhaltspflicht mehr zu berücksichtigen. Denn nach dem das Kind […] betreffenden Obhutswechsel und dem damit verbundenen Entfall der Alleinvertretungsbefugnis der Antragstellerin ist – mangels Vortrags insoweit – nicht absehbar, dass entsprechende Ansprüche dem Antragsgegner gegenüber berechtigterweise geltend gemacht werden.

Die antragsgegnerseits unstreitig an die Unterhaltsvorschusskasse geleisteten Zahlungen in Höhe von 250,– € monatlich sind im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Denn diese sind – dies liegt auf der Hand – auf denjenigen Teil der Kindesunterhaltsansprüche gezahlt worden, der gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf das durch die Unterhaltsvorschusskasse vertretene Land Rheinland-Pfalz übergegangen ist. Dieser Teil ist jedoch gerade nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Hinsichtlich der hier verfahrensgegenständlichen Unterhaltsansprüche konnten die Zahlungen des Antragsgegners mithin keine Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) entfalten.

Nach alledem errechnet sich die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners bei Berücksichtigung der Darlehensraten bis Ende des Jahres 2019 und insgesamt ohne etwaige Steuerrückerstattungen – beides zugunsten des Antragsgegners – wie folgt:

[…]

Dem standen bzw. stehen Mindestkindesunterhaltsansprüche für […] wie folgt gegenüber:

[…]

Es besteht folglich eine Unterdeckung lediglich hinsichtlich des Jahres 2018. Zudem beträgt sie nur 13,20 € monatlich. In Anbetracht dieser nur geringfügigen Unterdeckung ist zu konstatieren, dass es dem Antragsgegner unterhaltsrechtlich nicht nur auch schon im Jahre 2018 abzuverlangen gewesen wäre, für das vorangegangene Jahr eine Einkommenssteuererklärung abzugeben und auf diese Weise bereits in 2018 eine Steuerrückerstattung in entsprechender Höhe zu erreichen. Darüber hinaus war es ihm auch zuzumuten, einen Zuverdienst in entsprechender Höhe zu erzielen, um den Kindesmindestunterhalt sicherzustellen (vgl. insoweit auch OLG Hamm, NJWE-FER 1999, 180, 180 f.). Hierzu musste der Antragsgegner notfalls in einer völlig anderen Branche – etwa als Aushilfskellner – arbeiten oder etwa Zeitungen austragen (vgl. OLG Hamm, a.a.O., 181). Zeitlich war ihm dies jedenfalls an einem Samstag im Monat möglich. Die Grenzen des ArbZG (vgl. insoweit BGH, NJW 2011, 1874, 1876, Rdnr. 30, m.w.N.) standen dem in Anbetracht der antragsgegnerseits vorgetragenen Arbeitszeiten nicht entgegen.

Nach alledem bestehen unter Berücksichtigung der antragstellerseits unstreitig für […] erhaltenen Unterhaltsvorschussleistungen für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2019 Unterhaltsrückstände in Höhe von insgesamt (nur) 1.164,– €. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:

[…]

Die schriftliche Entscheidung des Senats beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Den gemäß §§ 117 Abs. 3, 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG erforderlichen Hinweis auf die insoweit beabsichtigte Verfahrensweise hat der Senat mit Beschluss vom 3. Februar 2020 erteilt. Bedenken gegen eine Beschwerdeentscheidung ohne mündliche Verhandlung haben die Beteiligten gleichwohl nicht erhoben. Von einer mündlichen Erörterung der Sache wären bei den vorliegend obwaltenden Gegebenheiten keine weitergehenden entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 69 Abs. 3 Satz 1, 243 FamFG.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamGKG.

Danach ist für die Festsetzung des Verfahrenswerts in Unterhaltssachen der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung. Insoweit sind im Rechtsmittelverfahren die ersten zwölf in diesem noch streitigen Monatsbeträge nach Antragseinreichung maßgeblich, wobei die Begrenzung durch den Wert des Verfahrens erster Instanz nach § 40 Abs. 2 Satz 1 FamGKG zu beachten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 6. August 2018 – 9 UF 210/18 -; BGH, NJW-RR 2003, 1657, 1657 f.). Danach kann der für die Wertbemessung maßgebende Zeitraum auch vor Einlegung des Rechtsmittels liegen (vgl. Senat, a.a.O., m.w.N.). Die bei Einreichung des – erstinstanzlichen – Antrags fälligen und im Rechtsmittelverfahren nach wie vor streitigen Beträge werden diesem Jahreswert hinzugerechnet.

Dies führt in Anbetracht des Umstandes, dass der verfahrenseinleitende Antrag hier am 10. Oktober 2018 beim Familiengericht eingegangen ist, zu folgender Berechnung:

[…]

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