KG Berlin, Az.: 16 UF 77/16, Beschluss vom 03.02.2017
Auf die Beschwerde der Ehefrau wird das am 1. April 2016 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts Pankow-Weißensee (Familiengericht) hinsichtlich des Tenors zu 3. (nachehelicher Unterhalt) bei Zurückweisung der weitergehenden Beschwerden teilweise abgeändert:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab Rechtskraft der Ehescheidung für einen Zeitraum von 24 Monaten einen monatlichen, jeweils im Voraus fälligen nachehelichen Unterhalt von 1.493 EUR zu zahlen.
Bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung verbleibt es. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Ehefrau 64 % und der Ehemann 36 % zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 49.800 EUR. Davon entfallen 19.500 EUR auf die Scheidung (Beschwerde der Ehefrau). Von den 30.300 EUR (Wert für die Beschwerde gegen den Nacheheunterhalt) entfallen 13.524 EUR auf die Beschwerde des Ehemannes und 16.776 EUR auf die Beschwerde der Ehefrau.
Gründe
Die Beschwerde der Ehefrau hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang hinsichtlich der Folgesache nachehelicher Unterhalt teilweise Erfolg, die des Ehemannes bleibt erfolglos.
Der Senat nimmt zur Begründung auf seinen Hinweis vom 13. Dezember 2016 Bezug. Der Hinweis lautet:
Das Familiengericht hat seine Zuständigkeit (internationale Zuständigkeit: Art 7 EG VO 2201/2003 v. 27.11.03 (Brüssel II a) iVm § 98 I 1 FamFG: örtliche Zuständigkeit § 122 Nr. 5 FamFG) zutreffend bejaht.
Das Deutsch-iranische Niederlassungsabkommen ist bei gemischt-nationalen Ehen (doppelte Staatsangehörigkeit eines Ehegatten, vgl. BGH, NJW-RR 1986, 1005) nicht anwendbar.
Die Wahl deutschen Rechts ist in dem notariellen Ehevertrag vom … 2013 gemäß der EU VO 1259/2010 v. 20.12.10 (Rom III-VO, Art 5 I lit.1 c., 6 Abs. 1,7) wirksam erfolgt. Der Ehemann ist (auch) Deutscher. Das Verfahren ist nach dem 20.6.12 eingeleitet worden, vgl. Art 21, 18 ROM III. Nach deren Vorschriften richtet sich auch die Wirksamkeit einer vor dem 21.6.12 abgeschlossenen Rechtswahl (vgl. Palandt-Thorn, BGB, 75. Auflage, ROM III § 18, Anm. 1 mwN). Internationale Vereinbarungen haben im Konfliktfall Vorrang vor nationalem Recht.
Die Rechtswahl der Beteiligten betrifft auch die Scheidungsfolgen (Regelung auch des Versorgungsausgleichs und Nacheheunterhalts).
Die materielle Wirksamkeit der Wahlrechtsvereinbarung unterliegt dem gewählten Recht (Palandt, aaO, ROM III § 6 Anm.1). Dies gilt auch für die Frage eines Gesetzes- oder Sittenverstoßes der Vereinbarung und der Erstreckung einer etwaigen Sittenwidrigkeit einer Teilregelung auf das Schicksal der gesamten, die Rechtswahl tragenden Vereinbarung (vgl. Hohloch in Ermann, BGB Komm, § 6 ROM III-VO Rdnr. 1 aE).
Die Sittenwidrigkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Der völlige Ausschluss der Kernbereiche (nachehelicher Unterhalt, auch: Betreuungsunterhalt und Versorgungsausgleich) streitet vorliegend gleichwohl deshalb nicht für eine Sittenwidrigkeit der gesamten Abrede, weil die Beteiligten bereits vor Abschluss des notariellen Ehevertrages am … 2002 in einer weiteren Urkunde ausgestellt von der … Botschaft in Deutschland (S2, 192) die Zahlung einer “Brautgabe” in Höhe von 500 Einheiten Goldwährung (Bahar-Azadi-Goldmünzen), mithin eine Zahlung von rd. 135.000 EUR vereinbart hatten. Das Vorbringen des Ehemannes, die Beteiligten hätten den… Ehevertrag mangels einer Zertifizierung bei einem … Standesamt (einvernehmlich gewollt) nicht wirksam werden lassen, ist nach Ort und Zeit nicht substantiiert und entspricht auch weder dem Handeln der Ehefrau (die Klage auf Zahlung aus dem Vertrag erhoben hat) noch der Berufungsentscheidung des Gesamtstaatlichen Familiengerichts D… vom … 2016 …. Das Zahlungsbegehren der Ehefrau wurde vielmehr deshalb zurückgewiesen, weil sie nicht nachweisen konnte, dass die Brautgabe nicht bereits gezahlt wurde – was der Ehemann im vorliegenden Verfahren allerdings selbst nicht behauptet. Eine solche Aufhebung des früheren Ehevertrages nach … Recht findet in dem zweiten notariellen Ehevertrag nach deutschem Recht weder Erwähnung, noch haben die Eheleute in dem zweiten Ehevertrag die Folgen einer Aufhebung des früheren Ehevertrages kompensiert und es sind auch keine Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich, warum die Ehefrau auf eine Kompensation bereits verabredeter ehebedingter Ansprüche (Mahr) ersatzlos verzichtet haben sollte.
Die Kompensation des Ausschlusses der gesetzlichen Scheidungsfolgen durch Zahlung einer Brautgabe von 500 Einheiten Goldwährung steht der Annahme einer Nichtigkeit (§ 138 BGB) der notariellen Vereinbarung vom … 2013 entgegen. Allerdings ist, nachdem die beabsichtigte Kompensation der gesetzlichen Scheidungsfolgen mit der Zurückweisung der Berufung der Ehefrau durch das Urteil des Gesamtstaatlichen Familiengerichts D… … vom … 1437 (entspricht dem … 2016) – gescheitert ist, der Notarvertrag einer Ausübungskontrolle zu unterziehen mit der Folge, dass dem Ehemann eine Berufung auf den Ausschluss der Scheidungsfolgen hinsichtlich der Kernbereiche Versorgungsausgleich (was im Beschwerdeverfahren nicht streitbehaftet ist) und nachehelicher Unterhalt gemäß § 242 BGB insoweit versagt ist, als der andere Ehegatte einseitig mit ehebedingten Nachteilen belastet bleibt.
Nacheheunterhalt
Das Einkommen des Ehemannes hat das Familiengericht auf der Grundlage der von der Ehefrau erstrittenen Auskunftserteilung des Ehemannes vom 7. Januar 2015 (U 35) in Höhe von monatlich 37.878 QAR zutreffend berechnet. Der Ehemann hat erklärt, weitere Einkünfte in den der Auskunft zugrundeliegenden Jahren nicht erzielt zu haben. Bereinigt um 10.000 QAR berufsbedingt veranlasste Miet(mehr)kosten verbleiben 27.878 QAR. Dies entspricht (Umrechnungskurs vom 9. Dezember 2016) 7.229,88 EUR, die weiter um den Kindesunterhalt (800 EUR) und den Höchstbetrag für berufliche Aufwendungen (150 EUR) auf 6.279 EUR zu bereinigen waren.
Nachdem die Trennung der Beteiligten nunmehr fast 4 Jahre andauert, die Ehefrau selbst bereits … 2013 den Scheidungsantrag gestellt hat und von ihr eine Betreuung der Kinder seit … 2015 nicht mehr geleistet wird, ist von ihr jedenfalls nunmehr gemäß § 1569 BGB eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu erwarten. Sprachliche Kompetenzen zu erwerben – wenn sie ihre Zukunft in der Bundesrepublik Deutschland planen sollte – hatte sie in der Vergangenheit Zeit, Gelegenheit und Anlass. Die Ehefrau spricht jedenfalls muttersprachlich F… und auch E… .
Sie ist in einem Alter von jetzt 4… /4… Jahren durchaus in der Lage, sich eine neue Berufs- und Lebensperspektive aufzubauen.
Zugrundezulegen ist – in Ermangelung einer beruflichen Qualifizierung – der gesetzliche Mindestlohn, der ab dem 1. Januar 2017 8,84 EUR beträgt, was einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.500 EUR oder netto 1.110 EUR entspricht. Abzüglich beruflicher Aufwendungen (56 EUR) verbleiben 1.054 EUR. Ob die Ehefrau im Reinigungsgewerbe Arbeit findet, als Zahnarzt- oder als Schulhelferin oder sonst im Bereich der Kindererziehung, bleibt ihr überlassen. Dass die Ehefrau, die bis heute eine berufliche Qualifikation nicht erlangt hat, in der Lage wäre, eine vollschichtige Tätigkeit zu einem höheren Einkommen (wie ihr das bei Teilzeitverträgen in der Vergangenheit möglich war) auszuüben, vermag der Senat nicht festzustellen.
Die Einkommensdifferenz der Beteiligten beträgt (6.279 EUR./. 1.054) 5.225 EUR, davon stünden der Ehefrau grundsätzlich 3/7 = 2.239,29 EUR zu.
Das Familiengericht hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass die ungekürzte Zuerkennung nachehelichen Unterhalts gemäß § 1579 Abs. 1 Satz 1 BGB grob unbillig wäre.
Die Voraussetzungen für einen Unterhaltsausschluss nach § 1579 Nrn. 3 und 5 BGB sind allerdings nicht dargetan. Beide Tatbestände setzen ein schuldhaftes Verhalten voraus.
Der Ehemann hat nicht dargetan, dass den nach seinen Schilderungen wahnhaft anmutenden Tendenzen der Ehefrau bei der sexualisierenden Beurteilung seiner Verhaltensweisen kein (ein Verschulden ausschließender) Krankheitswert beizumessen ist. Die zwanghaften Denkstrukturen bestanden bereits seit Beginn der Ehe (Vorwurf an den Ehemann, an den Schwiegereltern ein sexuelles Interesse zu haben) und wurden nicht erst durch die Trennung und eine daraus resultierende subjektive Bedrängnis mit emotionalen Beeinträchtigungen, empfundener Machtlosigkeit, Zorn, Trauer und Resignation ausgelöst. Auch der Ehemann trägt vor, im … 2013 vor der Aufnahme in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses von einer behandlungsbedürftigen Persönlichkeitsstörung der Ehefrau ausgegangen zu sein. Diese Wertung wird bestätigt durch die wörtliche Wiedergabe des Inhalts des Gesprächs der Beteiligten vom … 2016 unter Einbeziehung der Mutter und der Schwester … der Ehefrau am Telefon … und die anschließende stationäre Aufnahme der Ehefrau in der Klinik.
Der Ehemann hat auch nicht dargetan, dass die Ehefrau die ehrverletzenden Behauptungen und Handlungen ihrer Familienangehörigen zu verantworten hat. Vorstellbar ist auch, dass die Familie den Darstellungen der Ehefrau uneingeschränkt geglaubt und aus eigenem Antrieb versucht hat, das Geschehen in deren vermeintlichem Interesse zu lenken.
Der Senat folgt jedoch der Wertung des Familiengerichts zu einer Reduzierung (nicht hingegen: völliger Ausschluss) des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Verwirkung gemäß dem verschuldensunabhängigen Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 8 BGB.
Das Familiengericht führt zutreffend aus, dass die von der Ehefrau erhobenen Beschuldigungen zu gewalttätigem Verhalten und jahrelangem sexuellen Missbrauch der Kinder, vorgebracht gegenüber dem Arbeitgeber (über die Bevollmächtigte … S… ) des Ehemannes und den Mitarbeitern des Kindergartens den Tatbestand des § 1579 Nr. 8 BGB erfüllen. Dass ihre Vorwürfe keinen realen Hintergrund hatten, ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen D… vom … 13 im Verfahren … -, der keine zureichenden Hinweise auf eine Erlebnisfundiertheit festgestellt hat.
Diese erhobenen Vorwürfe waren geeignet und darauf gerichtet, den Ehemann einer gesellschaftlichen Ächtung auszusetzen und hierdurch selbst Vorteile im Streit um das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder zu erlangen. Die Inanspruchnahme des Verpflichteten auf eine der Höhe nach uneingeschränkte Zahlung eines Differenzunterhalts auf der Grundlage der ehelichen Lebensverhältnisse, Ausdruck einer nachehelichen Solidarität, erscheint deshalb in grobem Maße unbillig auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Ehe mit einer Dauer von zehn Jahren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags nicht nur kurz andauerte und der Tatsache, dass die Ehefrau während des ehelichen Zusammenlebens und zeitweise auch noch danach (bis … 2015) gemeinsame Kinder betreut hat und (auch) deshalb an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert war. Der Senat folgt der Wertung des Familiengerichts, dass der Ehefrau wegen Verletzung ihrer eigenen ehelichen Solidaritätsverpflichtung mit erheblich belastenden Folgen für den Ehemann ein Einfordern einer uneingeschränkten nachehelichen Solidarität des Ehemannes (Zahlung des uneingeschränkten Differenzunterhalts) verwehrt ist und dass die Gesamtumstände eine Herabsetzung geboten erscheinen lassen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, der zuletzt sehr guten Einkommensverhältnisse des Ehemannes aber auch der Tatsache, dass er für die gemeinsamen Kinder sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt leistet und weiter der Tatsache, dass die Ehefrau während der Ehe nicht erwerbstätig war und dass die Trennung auch für sie mit erheblichen Belastungen verbunden war, erachtet der Senat eine Herabsetzung um 1/3, also auf 2/3 des rechnerischen Differenzunterhalts für angemessen.
Die Umstände der Einweisung der Ehefrau in das Krankenhaus am … 2013 und die Gründe hierfür werden von den Beteiligten konträr dargestellt. Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Ehemannes … kamen am Morgen des … 2013 auf Veranlassung des Ehemannes zwei Ärztinnen des Krankenhauses (eine sprach F.. ) in die Wohnung der Beteiligten, wo sie ca. 2 Stunden mit der Ehefrau allein sprachen. Dem schloss sich ein sehr aggressives Telefonat unter Beteiligung (Skype) der Mutter und Schwester der Ehefrau im I… . Am Nachmittag desselben Tages war die Ehefrau damit einverstanden, in das Krankenhaus zu fahren und sie ist zu diesem Zweck in das Auto des Ehemannes freiwillig eingestiegen. Es wird nicht verkannt, dass die von den Beteiligten eingereichten Erklärungen Dritter zum weiteren Verlauf der Aufnahme der Ehefrau in das Krankenhaus am … 2013 widersprüchlich sind und insgesamt kein klares Bild ergeben. Allerdings hat der Gerichtspsychologische Sachverständige Prof. D… n in seinem Gutachten vom … 2013 – unterlegt durch wörtliche Wiedergabe der Gespräche – paranoide Tendenzen bei der Interpretation von Verhaltensweisen festgestellt und ausgeführt, dass das akzentuierte Erleben der Ehefrau in Konfliktsituationen (EU 71) starr und zwanghaft ist und in Zeiten, in denen stark belastende Ereignisse kumulieren, die Diagnose einer Anpassungsstörung nach F 43.2 ICD 10 rechtfertigt. Verbunden mit der bei der Krankenhausaufnahme attestierten Aggressivität (vgl. den Entlassungsbrief vom … 2013, S 2 174) kann, auch wenn im Ergebnis eine psychiatrische Erkrankung der Ehefrau nicht festgestellt werden konnte, jedenfalls nicht unterstellt werden, dass der Ehemann die Einweisung/stationäre Aufnahme ohne jede (nachvollziehbare) Verdachtsdiagnose in kollusiver Zusammenarbeit mit den Krankenhausärzten erwirkt hat, um der Ehefrau zu schaden und sich Vorteile in seinem in D… geführten Scheidungsverfahren bzw. bei der anstehenden Sorgerechtsregelung für die Kinder … und D… zu verschaffen.
Danach kann die Ehefrau Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von (2/3 von 2.239,29 EUR =) gerundet 1.493 EUR verlangen.
Das Familiengericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalls eine uneingeschränkte Fortdauer des (auch gemäß § 1579 BGB auf 66 % reduzierten) Differenzunterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre, § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB. Deshalb hält auch der Senat es für angemessen, nach einer weiteren Zeitspanne den Unterhaltsanspruch der Ehefrau auf die erlittenen ehebedingten Nachteile zu begrenzen. Der Senat hält nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls hierfür eine weitere Frist von 24 Monaten ab Rechtskraft der Ehescheidung – etwa 6 Jahre nach der Trennung im … 2013 – für angemessen, damit die Ehefrau ihren Lebensstandard auf die Höhe des Eigeneinkommens anpassen oder eine alternative Lebensplanung erstellen und umsetzen kann. Die Ehefrau hat ehebedingte Nachteile, die für eine Fortdauer der Unterhaltszahlungen über diese Zeitspanne hinaus streiten könnten, nicht dargetan.
Auf die Auflage des Senats vom 22. September 2016 (unter Hinweis auf BGH XII ZR 39/10) hat die Ehefrau dazu Stellung genommen, wie ihr Leben mutmaßlich ohne die hier streitbehaftete Ehe abgelaufen wäre.
Sie trägt vor, im I… die allgemeine Hochschulreife erlangt zu haben und im Anschluss, um ihr geplantes Studium (Lehrerin mit Schwerpunkt Naturwissenschaften) finanzieren zu können, Kinder in privaten Haushalten betreut und später (… 1999 bis … 2003) für die Dauer von vier Jahren als Praktikantin und später als Zahnarzthelferin (22-3) bei einem Dr. … E… gearbeitet zu haben. Die Höhe ihres damaligen Einkommens hat sie weder vorgetragen noch (etwa durch die Überreichung von Kontoauszügen) nachgewiesen. Der Ehemann stellt in Abrede, Verdienstbescheinigungen der Ehefrau in seinem Besitz zu haben. Nach der Einlassung des Ehemannes handelte es sich bei Dr. E… im übrigen um einen Verwandten und ihr dortiger Verdienst hätte sich auf umgerechnet lediglich 40 EUR monatlich belaufen. Allein ein Schulabschluss im I… ermächtige auch nicht zu einem Hochschulstudium, hierzu hätte die Ehefrau eine weitere Eingangsprüfung ablegen müssen, um die sie sich jedoch niemals bemüht habe.
Das Vorbringen der Ehefrau ist nicht geeignet, darzutun, dass sie wegen der Eheschließung mit dem Antragsgegner auf eine akademische Karriere bzw. sonst eine qualifizierte Berufsausbildung verzichtet hat.
Bei Eheschließung im … 2003 war die Ehefrau 30 Jahre alt. Sie hatte bis zu diesem Zeitpunkt weder ein Studium aufgenommen noch eine Berufsausbildung absolviert oder auch nur begonnen. Sie lebte bei ihren Eltern und war nach dem Abschluss der allgemeinen Schule im Jahr 1991/1992 (neben einer völlig unsubstantiiert behaupteten Kinderbetreuungstätigkeit) nur über einen Zeitraum von 4 Jahren, auch hier nach ihrem Vorbringen nicht durchgängig, als Praktikantin und Zahnarzthilfe (ohne Fachausbildung) tätig. Es sprechen keine nachvollziehbaren Umstände dafür, dass die Ehefrau ohne die Ehe eine anspruchsvollere Ausbildung absolviert hätte und damit heute im I… (vgl. dazu BGH XII ZR 39/10 vom 16.1.2013 (dort insbes: Rdnr. 23 ff) in der Lage wäre, ein höheres Einkommen zu erzielen, das die Fortschreibung ehebedingter Nachteile rechtfertigen könnte. Hätte sie, wie sie behauptet, nach dem Ende ihrer Schulausbildung gearbeitet, um ein Studium finanzieren zu können, wäre ihr die Vorlage von Arbeitsverträgen, mindestens aber der Nachweis von in dieser Zeit angesparten Vermögenswerten möglich gewesen. Die nacheheliche Solidarität des Unterhaltspflichtigen umfasst nicht die Folgen von Versäumnissen, die der Unterhaltsberechtigte vorehelich selbst verantwortet hat.
Nach Ablauf weiterer 24 Monate ab Rechtskraft der Scheidung, etwa 6 Jahre nach der Trennung, kommt eine Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus den vorstehenden Gründen, insbesondere wegen der reduzierten Verpflichtung des Ehemannes zu nachehelicher Solidarität und mangels ehebedingter Nachteile der Ehefrau nicht mehr in Betracht. Gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch ab diesem Zeitpunkt auf den angemessenen Lebensbedarf der berechtigten Ehefrau herabzusetzen. Mangels beruflicher Qualifikation entspricht der angemessene Lebensbedarf dem aus eigener Erwerbstätigkeit durch eine vollschichtige Tätigkeit erzielbaren Einkommen, mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns, der das Existenzminimum gewährleistet (ab 2017 nach der Düsseldorfer Tabelle: notwendiger Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners = 880 EUR) (Pal, 1578 b Rdnr. 13).
Scheidung
Die Beschwerde der Ehefrau gegen den Scheidungsausspruch hat keine Erfolgsaussichten. Die Ehegatten sind hoch zerstritten und leben seit über drei Jahren dauernd getrennt, so dass das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet wird, § 1566 Abs. 2 BGB.
Das weitere Vorbringen des Ehemannes in seinem Schriftsatz vom … 2017 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Die Reduzierung des nachehelichen Unterhalts auf 2/3 der rechnerischen Differenz für die Dauer von zwei Jahren trägt den sämtlichen Umständen des Einzelfalls Rechnung. Auch die Ehefrau hat in der Ehe kein friedvolles Zuhause finden können. Der Ehemann hat schon während des Zusammenlebens auf Grund der Auffälligkeiten der Ehefrau psychologischen und psychiatrischen Rat gesucht, ist also selbst von einer behandlungsbedürftigen Störung ausgegangen. Dass die Ehefrau die Vorwürfe sexueller Übergriffe nicht aus einem zwanghaften Erleben (das jedenfalls in ihrer verfestigten Vorstellung real war) sondern nach einem “ausgeklügelten und wohlüberlegten Plan” allein deshalb erhoben hat, um dem Ehemann zu schaden, ist nicht dargetan und ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten D… . Auf eine Schädigungsabsicht als Motivation kann auch nicht deshalb geschlossen werden, weil sie nach der Trennung ihre Möglichkeiten, bei ihren Kindern sein zu können, nicht ausgeschöpft hat und seit … 2015 ganz davon absieht, ein Umgangsrecht wahrzunehmen. Das Handeln ihrer Verwandten (anders als das der Bevollmächtigten S… ) muss die Ehefrau sich auch nicht deshalb zurechnen lassen, weil es “in ihrem Sinne war” und sie es hat geschehen lassen. Die Auseinandersetzungen der Beteiligten, die Trennung von ihren Kindern und die erlebte Hilflosigkeit waren (auch) für die Ehefrau stark belastende Ereignisse, die nach dem Gutachten D… auf der Grundlage ihrer Grunderkrankung (ausgeprägte paranoide Tendenzen) die Diagnose einer Anpassungsstörung nach F 43.2 ICD 10 tragen. Fehlende Einsicht in eine Therapienotwendigkeit und das Ablehnen von Behandlungen – substantiiert vorgetragen nur für … 2013 – kann auch andere Ursachen haben als eine fehlende Behandlungsbedürftigkeit, etwa Ausdruck der Krankheit sein oder, wie die Ehefrau dies für ihren Krankenhausaufenthalt im … 2013 vorträgt, der Sorge entsprechen, dass der Ehemann sie zur ungestörten (einseitigen) Abwicklung des formellen Ehebandes in D…, K…, aus der gemeinsamen Wohnung entfernen, sie von den Kindern trennen und ihre Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die dortige Scheidung begrenzen wollte. Dass die Ehefrau sich selbst für psychisch gesund hält, ist irrelevant.
Einem etwa verbleibenden Restverdacht wegen der (auch vom Senat für erheblich erachteten) Vorwürfe sexuellen Missbrauchs der Kinder kann der Ehemann durch Vorlage des Gutachtens D… und durch Hinweise darauf entgegenwirken, dass die Kinder bei ihm leben, er Inhaber des Sorgerechts für beide Kinder ist und dass die Ehefrau mit Endbeschluss des Amtsgerichts P… strafbewehrt verpflichtet wurde, Missbrauchsbehauptungen zu unterlassen und dass sie deswegen bereits zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet wurde. Eine etwaige Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Kinder hat keinen Einfluss auf die vom Ehemann geschuldete nacheheliche Solidarität. Nunmehr behaupteten häufigen Vernachlässigungen der Kinder durch die Ehefrau während des Zusammenlebens hätte der Ehemann zeitnah entgegenwirken können und als damaliger Mitinhaber der elterlichen Sorge auch müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 150 FamFG, 97, 92 ZPO; die Wertfestsetzung folgt aus §§ 43, 51 FamGKG.