Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Vernachlässigung der Informationspflicht im Versorgungsausgleich: Schadensersatz droht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind die rechtlichen Folgen, wenn Rentenansprüche im Versorgungsausgleich verschwiegen werden?
- Wie lange können Schadensersatzansprüche bei verschwiegenen Rentenansprüchen geltend gemacht werden?
- Welche Nachweise sind für einen erfolgreichen Schadensersatzanspruch erforderlich?
- Ab wann beginnt die Verjährungsfrist bei verschwiegenen Rentenansprüchen zu laufen?
- Wie kann man verschwiegene Rentenansprüche nachträglich geltend machen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Lübeck
- Datum: 14.08.2023
- Aktenzeichen: 120 F 11/23
- Verfahrensart: Versorgungsausgleichsverfahren
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragstellerin: Eine Frau, die Schadensersatz fordert, da ihr ehemaliger Ehemann einen Altersvorsorgevertrag im Versorgungsausgleichsverfahren verschwiegen hat. Sie argumentiert, dass dieser Vertrag ausgeglichen werden müsste und sie einen finanziellen Schaden erlitten habe.
- Antragsgegner: Der ehemalige Ehemann der Antragstellerin, der im Versorgungsausgleichsverfahren seinen Riester-Vertrag nicht angegeben hat. Er bestreitet eine Kenntnis zu diesem Zeitpunkt und erhebt die Einrede der Verjährung.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Parteien stritten um Schadensersatz, weil der Antragsgegner in einem Versorgungsausgleichsverfahren ein kapitalgedecktes Altersvorsorgeanrecht nicht angegeben hatte. Während der Ehe schlossen beide Parteien Riester-Verträge ab. Bei der Scheidung wurde nur der Vertrag der Antragstellerin berücksichtigt, während der Antragsgegner seinen Vertrag verschwiegen hat.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Punkt des Rechtsstreits war die Frage, ob der Schadensersatzanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner wegen der Nichtangabe des Vertrags verjährt ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag wurde abgewiesen. Die Antragstellerin erhält keinen Schadensersatz. Die Verjährungseinrede des Antragsgegners war erfolgreich.
- Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Verjährung des Schadensersatzanspruchs bereits mit dem Ende des Jahres 2018 begann, weil die Antragstellerin schon damals alle Umstände kannte oder kennen musste, die ihren Anspruch begründen. Der Zeitpunkt, dass der Schaden erkennbar wurde, war mit der Rechtskraft des Versorgungsausgleichs erreicht. Der Antrag wurde erst nach Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht.
- Folgen: Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und erhält keinen Schadensersatz. Der Verjährungsgrundsatz wird durch dieses Urteil gefestigt, insbesondere bezogen auf die zeitliche Kenntnisnahme von Schaden und Schuldner. Das Urteil verdeutlicht, dass Fristen bezüglich Schadensersatzansprüchen ernst genommen werden müssen.
Vernachlässigung der Informationspflicht im Versorgungsausgleich: Schadensersatz droht
Der Versorgungsausgleich ist ein zentrales Element des deutschen Familienrechts und stellt sicher, dass Rentenansprüche während einer Ehe fair zwischen Ehepartnern aufgeteilt werden. Bei Scheidungsverfahren spielen dabei komplexe rechtliche Mechanismen eine entscheidende Rolle, die nicht nur finanzielle Ansprüche, sondern auch gegenseitige Informationspflichten umfassen.
Insbesondere der Schadensersatzanspruch bei Verschweigen von Anrechten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ehepartner sind verpflichtet, vollständig und wahrheitsgemäß alle relevanten Vermögensansprüche und Rentenanwartschaften offenzulegen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, die weit über einfache Vermögensaufteilungen hinausgehen und komplexe gerichtliche Auseinandersetzungen auslösen können.
Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie ein solcher Rechtsstreit konkret verlaufen kann und welche Bedeutung transparente Kommunikation im Rahmen des Versorgungsausgleichs hat.
Der Fall vor Gericht
Verjährung bei verschwiegenen Rentenansprüchen im Versorgungsausgleich
Das Amtsgericht Lübeck hat in einem wegweisenden Beschluss vom 14. August 2023 entschieden, dass Schadensersatzansprüche wegen verschwiegener Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleichsverfahren nach drei Jahren verjähren. Die Verjährungsfrist beginnt spätestens mit Ablauf des Jahres, in dem die Entscheidung über den Versorgungsausgleich rechtskräftig wird.
Hintergrund des Rechtsstreits
Ein geschiedenes Ehepaar hatte während der Ehe jeweils identische private Altersvorsorge-Riesterverträge bei der LBS abgeschlossen. Während die Ehefrau ihren Vertrag im Versorgungsausgleichsverfahren angab, verschwieg der Ehemann seinen vergleichbaren Vertrag. Beide Verträge wurden noch während des laufenden Scheidungsverfahrens im Rahmen der Hausfinanzierungsabwicklung gekündigt und ausgezahlt. Die Ehefrau forderte später Schadensersatz in Höhe von 7.982,88 Euro, da ihr durch das Verschweigen des Vertrags ein Ausgleichsanspruch entgangen sei.
Schadensersatzanspruch grundsätzlich möglich
Das Gericht stellte fest, dass ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB grundsätzlich in Betracht kommt, wenn ein Ehepartner im Versorgungsausgleichsverfahren ein Anrecht verschweigt. Dies begründet sich durch das während des Scheidungsverfahrens noch bestehende eheliche Schuldverhältnis. Der Ehemann hatte seine Pflicht zur Angabe des ausgleichspflichtigen Anrechts verletzt.
Eintritt der Verjährung
Der Anspruch war jedoch zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist begann nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres 2018, in dem der Versorgungsausgleich rechtskräftig wurde. Der Schaden trat mit der Rechtskraft der Entscheidung ein, da zu diesem Zeitpunkt feststand, dass die Ehefrau keine Anrechte aus dem LBS-Vertrag des Ehemanns übertragen bekommen würde.
Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände
Die Ehefrau kannte als ehemalige Buchhalterin des Ehemanns die Existenz des Vertrages. Sie war bei der Hausfinanzierung beteiligt und wusste von der Abwicklung während des laufenden Versorgungsausgleichsverfahrens. Das Gericht sah es als grob fahrlässig an, dass sie trotz dieser Kenntnisse den Vertrag des Ehemanns im Verfahren nicht thematisierte.
Kein späterer Schadenseintritt
Das Argument der Ehefrau, der Schaden sei erst durch die spätere Rückforderung der LBS entstanden, ließ das Gericht nicht gelten. Der maßgebliche Schaden lag in der Nichtübertragung des Vertrags des Ehemanns und war mit Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich eingetreten. Auch wirtschaftlich musste der Ehefrau bereits zu diesem Zeitpunkt klar sein, dass Komplikationen wegen der vorzeitigen Auszahlung ihres eigenen Vertrags entstehen würden.
Da der Antrag erst Ende 2022 beim Gericht einging, war die Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Das Gericht wies daher den Antrag auf Schadensersatz sowie den hilfsweise gestellten Antrag auf Auskunft zum Zugewinnausgleich ab.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass das Verschweigen von Versorgungsanrechten während des Scheidungsverfahrens zu Schadensersatzansprüchen führen kann, da während des Verfahrens noch ein gesetzliches Schuldverhältnis durch die Ehe besteht. Allerdings müssen solche Ansprüche innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich geltend gemacht werden. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung vollständiger und wahrheitsgemäßer Angaben im Scheidungsverfahren.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie sich in einem Scheidungsverfahren befinden, müssen Sie alle Ihre Versorgungsanrechte, einschließlich privater Altersvorsorgeverträge wie Riester-Renten, vollständig offenlegen. Verschweigen Sie oder Ihr Ex-Partner solche Anrechte, können Sie innerhalb von drei Jahren nach der rechtskräftigen Scheidung Schadensersatz fordern. Achten Sie besonders darauf, dass im Versorgungsausgleichsverfahren alle Ihre Ansprüche erfasst werden und dokumentieren Sie sorgfältig, wenn Sie Kenntnis von verschwiegenen Anrechten erhalten. Die dreijährige Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Entscheidung über den Versorgungsausgleich rechtskräftig wurde.
Versorgungsausgleich: Ihre Rechte bei verschwiegenen Rentenansprüchen
Das Urteil des Amtsgerichts Lübeck zeigt, wie wichtig die vollständige Offenlegung aller Versorgungsansprüche im Scheidungsverfahren ist. Gerade bei komplexen Vermögensverhältnissen und privaten Altersvorsorgeverträgen ist es ratsam, frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen. So stellen Sie sicher, dass Ihre Rechte im Versorgungsausgleich gewahrt bleiben und Sie keine finanziellen Nachteile durch verschwiegene Anrechte erleiden. Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Ansprüche im Scheidungsverfahren zu sichern und setzen uns für Ihre Interessen ein.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die rechtlichen Folgen, wenn Rentenansprüche im Versorgungsausgleich verschwiegen werden?
Grundsätzliche Rechtslage
Der Versorgungsausgleich wird von Amts wegen durch das Familiengericht durchgeführt. Beide Ehepartner sind dabei zur wahrheitsgemäßen Auskunft über ihre Rentenanwartschaften verpflichtet.
Rechtskraft der Entscheidung
Nach § 51 VersAusglG sind Entscheidungen des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich nachträglich nicht mehr abzuändern – auch dann nicht, wenn Anrechte nicht berücksichtigt, vergessen oder verschwiegen wurden. Diese strenge Regelung gilt seit dem 01.09.2009.
Korrekturmöglichkeiten
Wurde ein Anrecht verschwiegen, bestehen folgende Möglichkeiten:
- Innerhalb der Beschwerdefrist: Eine Korrektur ist möglich, wenn die einmonatige Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen ist.
- Nach Fristablauf: Ein nachträgliches Abänderungsverfahren ist ausgeschlossen. Auch ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch kommt nicht in Betracht.
Schadensersatzansprüche
Bei vorsätzlichem Verschweigen von Anrechten kann ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB bestehen. Die Höhe des Anspruchs orientiert sich am Halbteilungsgrundsatz gemäß § 1 VersAusglG. Ein Beispielfall zeigt die praktische Bedeutung: Bei einer verschwiegenen betrieblichen Altersvorsorge von 10.806,29 € brutto monatlich wurde Schadensersatz zugesprochen.
Besondere Fallkonstellationen
Bei Kündigung eines Rentenversicherungsvertrages während des Scheidungsverfahrens können die auszugleichenden Anrechte des anderen Ehepartners um die Höhe des Kapitalwerts der Versicherung gekürzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Kündigung treuwidrig erfolgte.
Wie lange können Schadensersatzansprüche bei verschwiegenen Rentenansprüchen geltend gemacht werden?
Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche bei verschwiegenen Rentenansprüchen im Versorgungsausgleich beträgt drei Jahre nach der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB.
Beginn der Verjährungsfrist
Der Fristbeginn richtet sich nach dem Zeitpunkt, zu dem Sie von dem verschwiegenen Anrecht Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen. Die Frist beginnt dabei mit dem Schluss des Jahres, in dem diese Kenntnis erlangt wurde.
Besonderheiten der Verjährung
Seit dem 15.12.2004 gilt das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften, das die Verjährung von Schadensersatzansprüchen neu regelt. Es kombiniert:
- Eine kenntnisabhängige (relative) Verjährungsfrist von drei Jahren
- Eine kenntnisunabhängige (absolute) Frist von 10 bzw. 30 Jahren
Durchsetzung des Anspruchs
Ein Schadensersatzanspruch ist nur dann durchsetzbar, wenn Sie nachweisen können, dass der andere Ehegatte das Anrecht vorsätzlich verschwiegen hat. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs entspricht dabei dem Betrag, der bei korrekter Durchführung des Versorgungsausgleichs hätte ausgeglichen werden müssen.
Wenn Sie erst nach der Scheidung von einem verschwiegenen Anrecht erfahren, können Sie den Versorgungsausgleich selbst nicht mehr korrigieren lassen. Eine nachträgliche Einbeziehung des Anrechts mit einem Abänderungsverfahren ist nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht mehr möglich.
Welche Nachweise sind für einen erfolgreichen Schadensersatzanspruch erforderlich?
Grundlegende Nachweispflichten
Bei einem Schadensersatzanspruch wegen verschwiegener Anrechte im Versorgungsausgleich müssen Sie als geschädigte Person die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen tragen. Ein erfolgreicher Anspruch erfordert den Nachweis eines Schuldverhältnisses zwischen den Ehepartnern zum Zeitpunkt der unvollständigen Auskunftserteilung.
Erforderliche Dokumente
Für die Durchsetzung Ihres Anspruchs benötigen Sie folgende zentrale Nachweise:
- Dokumentation der ursprünglichen Scheidung mit dem durchgeführten Versorgungsausgleich
- Belege über die verschwiegenen Anrechte, beispielsweise Bescheinigungen der Versorgungsträger
- Nachweis der Höhe der verschwiegenen Ansprüche, etwa durch Rentenbescheide oder Versorgungsauskünfte
- Dokumentation des entstandenen Schadens durch konkrete Berechnungen der entgangenen Versorgungsansprüche
Beweisführung der Pflichtverletzung
Der Nachweis der schuldhaften Pflichtverletzung ist besonders wichtig. Sie müssen belegen können, dass der andere Ehepartner:
Seine Auskunftspflicht verletzt hat, indem Anrechte verschwiegen oder unvollständig angegeben wurden. Die Pflichtverletzung kann sich auch aus der mangelnden Sorgfalt bei der Zusammenstellung der Versorgungsansprüche ergeben.
Schadensberechnung
Die Höhe des Schadens muss konkret nachgewiesen werden. Hierzu ist eine detaillierte Berechnung erforderlich, die aufzeigt:
- Welcher Versorgungsausgleich bei korrekter Auskunft durchgeführt worden wäre
- Welche konkreten Versorgungsansprüche Ihnen dadurch entgangen sind
- Die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem rechtmäßigen Versorgungsausgleich
Ab wann beginnt die Verjährungsfrist bei verschwiegenen Rentenansprüchen zu laufen?
Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt haben.
Besonderheit bei verschwiegenen Anrechten
Bei verschwiegenen oder übersehenen Anrechten im Versorgungsausgleich konnte der Schaden erstmals endgültig durch den Wegfall der Möglichkeit der Totalrevision gemäß § 10a VAHRG mit Wirkung zum 1.9.2009 eintreten.
Rolle der Kenntnis
Der Fristbeginn setzt zwei Elemente voraus:
- Sie müssen von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis haben
- Sie müssen die Person des Schuldners kennen
Grob fahrlässige Unkenntnis
Eine grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn Sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt haben und naheliegende Überlegungen nicht angestellt haben. Wenn Sie beispielsweise offensichtliche Informationen über Ihre Rentenansprüche ignorieren, kann dies als grob fahrlässig gewertet werden.
Maximale Verjährungsfrist
Unabhängig von Ihrer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis verjähren die Ansprüche spätestens in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Bei Ansprüchen, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, gilt eine verlängerte Frist von 30 Jahren.
Wie kann man verschwiegene Rentenansprüche nachträglich geltend machen?
Wenn im Scheidungsverfahren Rentenansprüche verschwiegen wurden, können Sie einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB geltend machen.
Voraussetzungen für den Schadensersatz
Ein Schadensersatzanspruch besteht, wenn der Ex-Partner während des Scheidungsverfahrens vorsätzlich oder fahrlässig Rentenansprüche verschwiegen hat. Die Höhe des Schadens entspricht dabei dem Betrag, der bei korrekter Durchführung des Versorgungsausgleichs zugestanden hätte.
Konkrete Vorgehensweise
- Dokumentation der verschwiegenen Ansprüche Sie müssen zunächst nachweisen, dass Rentenansprüche existieren, die im ursprünglichen Verfahren nicht berücksichtigt wurden. Fordern Sie dazu Auskünfte bei den entsprechenden Versorgungsträgern an.
- Schadensersatzklage einreichen Die Klage ist beim zuständigen Familiengericht einzureichen. Der Anspruch umfasst den Bruttobetrag der entgangenen Rentenansprüche. Eine nachträgliche Änderung des ursprünglichen Versorgungsausgleichs selbst ist nicht möglich.
Wichtige Fristen und Besonderheiten
Die Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch beginnt frühestens am 1.9.2009, da erst zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der Totalrevision nach § 10a VAHRG weggefallen ist.
Der Schadensersatz kann als monatliche Rentenzahlung oder als einmaliger Kapitalbetrag geltend gemacht werden. Die Höhe richtet sich nach dem Ausgleichswert, der dem ausgleichsberechtigten Partner entgangen ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Versorgungsausgleich
Ein gesetzlich geregeltes Verfahren bei der Scheidung, das die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche und Versorgungsanwartschaften zwischen den Ehepartnern gerecht aufteilt. Beide Partner müssen dabei ihre Rentenansprüche offenlegen, diese werden dann hälftig geteilt. Dies betrifft gesetzliche Renten, Betriebsrenten und private Altersvorsorge wie Riester-Renten. Geregelt ist dies im Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG). Beispiel: Hat der Ehemann während der Ehe höhere Rentenansprüche erworben als die Ehefrau, muss er die Hälfte der Differenz an sie abgeben.
Schadensersatzanspruch
Ein gesetzlicher Anspruch auf Ausgleich eines entstandenen Schadens nach § 280 BGB. Der Geschädigte kann vom Schädiger Ersatz des Schadens verlangen, wenn dieser eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt hat und dies zu einem Schaden führt. Der Schaden muss dabei in Geld messbar sein. Im Kontext des Versorgungsausgleichs entsteht ein solcher Anspruch, wenn ein Ehepartner Rentenansprüche verschweigt und dem anderen dadurch ein finanzieller Nachteil entsteht.
Verjährungsfrist
Der gesetzlich festgelegte Zeitraum, innerhalb dessen ein Anspruch geltend gemacht werden muss. Nach Ablauf dieser Frist kann der Schuldner die Leistung verweigern. Bei Schadensersatzansprüchen beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
Rechtskraft
Der Zeitpunkt, ab dem eine gerichtliche Entscheidung endgültig und nicht mehr mit regulären Rechtsmitteln anfechtbar ist. Die Rechtskraft ist im deutschen Prozessrecht von großer Bedeutung, da sie den Zeitpunkt markiert, ab dem eine Entscheidung verbindlich wird. Dies ist relevant für den Beginn von Fristen und die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen. Im Versorgungsausgleich beginnt mit der Rechtskraft die Verjährungsfrist für eventuelle Schadensersatzansprüche.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG): Das Versorgungsausgleichsgesetz regelt die Aufteilung der während der Ehe erworbenen Altersvorsorgeansprüche bei Scheidung. Ziel ist es, beiden Ehepartnern eine gleichwertige Altersversorgung zu sichern. Im vorliegenden Fall wurde ein kapitalgedecktes Anrecht im Versorgungsausgleichsverfahren nicht angegeben, was gemäß diesem Gesetz zu einem möglichen Schadensersatzanspruch führen kann.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 280 – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung: Dieser Paragraph verpflichtet eine Partei, Schadensersatz zu leisten, wenn sie eine vertragliche Pflicht verletzt und dadurch dem anderen eine Schädigung entsteht. Im vorliegenden Fall könnte das Verschweigen des Versorgungsausgleichsanspruchs als Pflichtverletzung gelten, wodurch die betroffene Partei Anspruch auf Schadensersatz haben könnte.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 242 – Grundsatz von Treu und Glauben: § 242 BGB verpflichtet die Vertragspartner, bei der Ausführung ihrer Pflichten in einer Weise zu handeln, die dem gegenseitigen Vertrauen entspricht. Das bewusste Verschweigen von Vermögenswerten im Scheidungsverfahren verstößt gegen diesen Grundsatz und kann zur Haftung auf Schadensersatz führen.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 195 – Regelmäßige Verjährungsfrist: Dieser Paragraph legt die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche auf drei Jahre fest. Im Kontext des vorliegenden Falls beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem die Entscheidung über den Versorgungsausgleich rechtskräftig wird, wodurch der Schadensersatzanspruch innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden muss.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 199 – Beginn der Verjährung: § 199 BGB bestimmt, wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Für den Schadensersatzanspruch im vorliegenden Fall beginnt die Verjährung spätestens mit dem Schluss des Jahres, in dem die rechtskräftige Entscheidung über den Versorgungsausgleich getroffen wird. Dies ist entscheidend für die rechtzeitige Geltendmachung der Ansprüche.
Das vorliegende Urteil
AG Lübeck – Az.: 120 F 11/23 – Beschluss vom 14.08.2023
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