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Sittenwidrigkeit Ehevertrag bei Alleinverdienerehe bei Ausschluss Versorgungsausgleich

OLG Celle – Az.: 17 UF 172/20 – Beschluss vom 09.03.2021

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Soltau vom 6. Juli 2020 in Ziffern II. bis V. aufgehoben.

1. Der Auskunftsantrag der Antragsgegnerin in der Folgesache Güterrecht (Ziffer VI. 1. aus der Beschwerdebegründungsschrift vom 22. Oktober 2020) wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller wird in der Folgesache Unterhalt verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft über die Höhe seiner Einkünfte wie folgt zu erteilen:

(1) aus nichtselbständiger Tätigkeit durch Vorlage einer systematischen Zusammenstellung sämtlicher Brutto- und Nettoeinkünfte einschließlich der Nebeneinkünfte in der Zeit vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2019 und der Lohnabrechnungen für den gesamten Zeitraum;

(2) über sämtliche Renteneinkünfte ebenfalls in der Zeit vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 und diese Auskünfte durch Rentenbescheide und die Abrechnungen des betrieblichen Rentenversicherungsträgers für den gleichen Zeitraum zu belegen;

(3) über sämtliche Einkünfte aus selbständiger und unternehmerischer Tätigkeit für die Jahre 2017 bis 2019 durch Vorlage einer systematischen Zusammenstellung (nach Jahren und Einkommensarten systematisch geordnetes Verzeichnis) der Einnahmen und Ausgaben, der Einkommenssteuererklärungen und der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2017 bis 2019 sowie Vorlage sämtlicher vollständiger Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnung von sämtlichen Unternehmen, an denen der Antragsteller beteiligt ist, sowie etwaige Einnahmen-/Überschussrechnungen für die genannten Jahre; die Auskunft hat jeweils geordnet nach Jahren sämtliche Privatentnahmen und private Einlagen zu enthalten sowie sämtliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und die wertbildenden Faktoren des Wertes des mietfreien Wohnens;

(4) der Antragsteller wird weiter verpflichtet, die Gewinnverwendungsbeschlüsse und die Ausschüttungsbescheinigungen sämtlicher Gesellschaften, an denen er beteiligt ist, für die Jahre 2017 bis 2019 vorzulegen;

(5) der Antragsteller wird verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen, welche Ausgaben er innerhalb der letzten drei Jahre, also in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2019 für vermögensbildende Anlagen getätigt hat und diese zu belegen.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht zurückverwiesen.

II. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 7.700.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1952 geborene Antragsteller und die 1957 geborene Antragsgegnerin haben am 5. Dezember 1986 die Ehe miteinander geschlossen. Aus der Ehe sind vier inzwischen volljährige und wirtschaftlich selbständige Kinder hervorgegangen, der am … Januar 1989 geborene A., der am … Februar 1990 geborene F., die am … März 1992 geborene S. und die am … November 1994 geborene A.. Die Beteiligten leben jedenfalls seit Januar 2017 getrennt, der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 2. Februar 2017 zugestellt.

Am 3. November 1986 schlossen die Beteiligten vor dem Notar S., dem der Antragsteller aufgrund vorheriger Beurkundungstätigkeit für den väterlichen Betrieb von Person bekannt war, zur Urkunden-Nr. …/1986 einen Ehe-, Erbverzichts- und Erbvertrag. Darin wurde unter Punkt A) der gesetzliche Güterstand ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart. Unter Punkt B) schlossen die Beteiligten den Versorgungsausgleich aus. Punkt C) lautet: „Sofern die [Antragsgegnerin] nach einer Ehescheidung einen Unterhaltsanspruch gegen den [Antragsteller] hat, wird dieser Anspruch der Höhe nach unter Anrechnung aller sonstigen Nettoeinkünfte der [Antragsgegnerin] von den Vertragspartnern auf monatlich DM 2.500 (…) begrenzt und verzichtet die [Antragsgegnerin] hiermit unwiderruflich, und zwar auch für den Fall des Notbedarfs, auf die Fortzahlung des Unterhalts durch den [Antragsteller] a) bei kinderlos gebliebener Ehe über den Zeitraum eines Jahres hinaus und, b) sofern Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, über den Zeitraum von drei Jahren hinaus, jeweils gerechnet vom Tage der Rechtskraft der Ehescheidung an“. Unter Punkt D) verzichtete die Antragsgegnerin für den Fall des Todes des Antragstellers sowohl auf ihr gesetzliches Erbrecht als auch auf ihr Pflichtteilsrecht, unter Punkt E) nahm der Antragsgegner die unter C) und D) ausgesprochenen Verzichtserklärungen der Antragstellerin an. Unter Punkt F) vermachte der Antragsteller der Antragsgegnerin für den Fall, dass seine Ehe mit dieser im Falle seines Todes noch Bestand habe, den ihm gehörenden Hausrat. Punkt G) enthält folgende salvatorische Klausel: „Sollte eine dieser Vereinbarungen unwirksam sein oder werden, so sollen die übrigen Vereinbarungen dennoch wirksam bleiben“.

Hintergrund des Ehevertrages war, dass dem Vater des Antragstellers im Raum S. Autohäuser in zweiter Generation gehörten und diese auf den seit 1979 bei seinem Vater als angestellten Verkaufsleiter beschäftigten Antragsteller übergehen sollten. Der Vater des Antragstellers machte den Abschluss des Ehevertrages zur Voraussetzung für den Unternehmensübergang. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages betrug das Jahresgehalt des Antragstellers rund 90.000 DM brutto; ferner war der Antragsteller in geringem Umfang (rund 150.000 DM) als stiller Gesellschafter an dem Unternehmen beteiligt. 1992 wurden ihm dann 51 % der W. Automobilhandelsgesellschaft mbH übertragen und im Jahr 1998 weitere 49 %. Ferner wurden dem Antragsteller auch Immobilien von den Eltern übertragen. Zum Ende der Ehezeit war der Antragsteller alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der W. Automobilhandelsgesellschaft mbH (VW-Vertrieb) und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Autohaus W. mbH (Audi-Vertrieb). Ferner erzielte er Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung über die B.- & D. GmbH & Co.KG und die I.- & V. GmbH & Co.KG. Das monatliche Gesamteinkommen lag jedenfalls nicht unter 20.000 € netto. Inzwischen hat der Antragsteller seine berufliche Tätigkeit als Geschäftsführer nach einem im Februar 2019 erlittenen Schlaganfall reduziert und bezieht – neben der hieraus erzielten Vergütung i.H.v. noch 5.700 €/Monat brutto – gesetzliche Altersrente in Höhe von 862,51 €; eine Übergabe der Autohäuser an den ältesten Sohn der Beteiligten ist geplant.

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages hatte der Antragsteller lediglich Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Seit 1992 verfügt er auch über eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Pensionszusage der W. Automobil-Handelsgesellschaft, die eine monatliche Rente in Höhe von 4.000 € ab Vollendung des 68. Lebensjahres vorsieht. Der Ehezeitanteil des sich in der Leistungsphase befindlichen Anrechts bei der DRV Bund beträgt 13,30 Entgeltpunkte, was einer Monatsrente von 405,01 € entspricht.

Die Antragsgegnerin machte im April 1983 ihr Staatsexamen in Humanmedizin, promovierte im Mai 1983 und erhielt ebenfalls im Mai 1983 ihre Approbation. Seit dem 1. Juni 1983 arbeitete sie als Assistenzärztin im Bereich Kinderchirurgie in einem Krankenhaus in Karlsruhe bei einem Gehalt von rund 6.000 DM.

Die Beteiligten führten seit 1975 eine (Fern-)Beziehung. Nach der Verlobung im Juli 1984 kündigte die Antragsgegnerin die Stelle in K. zum 30. September 1984 und zog zum Antragsteller nach S.. Dort bewarb sie sich erfolglos an allen umliegenden Krankenhäusern und meldete sich im November 1984 arbeitssuchend. Sie erhielt sodann Arbeitslosengeld in Höhe von 840 DM/Woche. In der Folge fand sie lediglich Praxisvertretungen. 1985 fassten die Beteiligten den Entschluss, dass sich die Antragsgegnerin im HNO-Bereich fortbilden sollte. Vom 1. Februar bis zum 31. Juli 1986 war sie als Weiterbildungsassistentin in einer HNO-Praxis tätig, vom 1. August 1986 bis zum 31. Juli 1987 – von vornherein befristet – im Rahmen einer selbständigen Vollzeit-Tätigkeit als Weiterbildungsassistentin in einer anderen Praxis. Ihre Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit und aus Gutachtenerstellung betrugen 1986 31.450 DM, unter Abzug der Ausgaben verblieb ein Überschuss von 20.208,12 DM; 1987 erzielte sie Einnahmen in Höhe von 27.650 DM und einen Überschuss von 16.015,24 DM; 1988 Einnahmen in Höhe von 21.252 DM und einen Überschuss von 6.709,25 DM. Daneben besuchte die Antragsgegnerin kontinuierlich HNO-Fortbildungen, Kurse und Praktika; dies auch wieder seit dem Jahr 2005.

Nach der Geburt der Kinder betreute die Antragsgegnerin diese und kümmerte sich um den Haushalt sowie um die mit dem Betrieb einhergehenden sozialen Verpflichtungen. Seit 1991 wurde sie hierbei durch eine Kinderfrau an drei Nachmittagen pro Woche unterstützt, 1995 kam ein Au Pair hinzu; ferner gab es eine Haushaltshilfe. Drei der vier Kinder wiesen eine Hörminderung auf und waren aufgrund dieser und wegen ihrer vorzeitigen Geburt entwicklungsverzögert, was u.a. eine jahrelange Behandlung am Zentrum für Kindesentwicklung sowie Logopädie und Hörgeräteanpassungen erforderlich machte. Beginnend ab 2005 lebten die Kinder jeweils ein Jahr in einem Internat in England.

Die Antragsgegnerin verfügt über Zinseinkünfte aus einem der Autohaus W. GmbH gewährten, mit rund 270.000 € valutierenden Darlehen in Höhe von monatlich rund 1.400 €. Hinzu kommen – geringe – Kapitalerträge aus Sparbüchern sowie Pachteinkünfte. Ferner ist sie aktuell teilzeitbeschäftigt in einer privatärztlich geführten Praxis mit einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 1.750 €. Ohne die Eheschließung hätte die Antragsgegnerin eine medizinische Karriere aufgebaut.

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages verfügte die Antragstellerin über ein Anrecht bei der B. Versorgungsanstalt …. Der Antragsteller zahlte dort in der Folgezeit den jährlichen Mindestbeitrag ein, so dass sich das Anrecht Anfang 2015 auf einen monatlichen Rentenbetrag von rund 700 € belief; der Ehezeitanteil beträgt 611,67 €. Ferner hatte die Antragsgegnerin ein Anrecht bei der gesetzlichen Rentenversicherung, der Ehezeitanteil beträgt 9,996 Entgeltpunkte, was einer Monatsrente von 304,38 € entspricht.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Ehevertrages.

Die Antragsgegnerin hält den Ehevertrag für sittenwidrig.

Sie behauptet, der Notar habe lediglich die Wünsche des Antragstellers, nicht aber die ihren ermittelt; sie habe vorab keinen Entwurf vom Notar erhalten, im Termin kein Leseexemplar und nach dem Termin auch keine beglaubigte Abschrift. Sie sei über den Inhalt nicht informiert gewesen; der Antragsteller habe ihr vielmehr (nur) gesagt, sie sei hinreichend abgesichert.

Ihre berufliche Situation sei im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung mangels konkreter Möglichkeit der Fortsetzung der Facharztausbildung vollständig unsicher gewesen, sie sei vom Antragsteller sozial und wirtschaftlich vollständig abhängig gewesen bzw. der Antragsteller habe seine „zukünftige wirtschaftliche Überlegenheit“ ausgenutzt. Aus der von ihr gegenüber dem Antragsteller „tief empfundenen Liebe“ habe sich dessen Dominanz bzw. eine Zwangslage zu ihren Lasten ergeben. Die Beteiligten hätten viele gemeinsame Kinder gewollt, eine Haushaltsführungsehe sei geplant gewesen.

Sie habe die Kinder durch sämtliche Krisen hinweg ohne Beteiligung des Antragstellers betreut. Ferner habe sie dem Antragsteller in sämtlichen betrieblichen Belangen als Gesprächspartnerin ständig zur Verfügung gestanden und habe diverse betriebliche Aufgaben übernommen, so sei sie z.B. für die Dekoration im Unternehmen zuständig gewesen.

Hätte sie durchgängig vollschichtig als Fachärztin gearbeitet, läge ihre Altersversorgung beim Versorgungswerk bei rund 3.840 €/Monat.

Sie habe – soweit unstreitig – aufgrund ihrer vielfältigen Belastungen im familiären und beruflichen Umfeld 2014 einen völligen psychischen Zusammenbruch mit einer Burnout-Depression erlitten und sei suizidal gewesen. Trotz intensiver und noch andauernder psychotherapeutischer Behandlung sei sie nach wie vor aufgrund der Folgen dieses Zusammenbruchs nicht mehr voll erwerbsfähig.

Die Antragsgegnerin hat zum Zugewinnausgleich erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 11. Januar 2018 (Bl 29 ff. UAGÜ), konkretisiert durch Schriftsatz vom 4. Juni 2020 (Bl. 126 f. UAGÜ), im Wege des Stufenantrags beantragt, den Antragsteller zur Auskunft (nebst Belegvorlage) über sein Anfangs- und sein Endvermögen sowie das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung einschließlich erhaltener bzw. gemachter Zuwendungen, zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs nebst Zinsen zu verpflichten. Für den genauen Wortlaut des Antrags wird auf die genannten Schriftsätze verwiesen.

Zum nachehelichen Unterhalt hat die Antragsgegnerin erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 9. Januar 2018 (Bl. 4 ff. UAUE), ergänzt durch Schriftsatz vom 31. Januar 2018 (Bl. 7 UAUE) im Wege des Stufenantrags zunächst beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, Auskunft zu erteilen über sein Vermögen am 1. Mai 2017 sowie über sämtliche Einnahmen und Aufwendungen aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2017 und die Auskunft zu belegen durch Vorlage der Einkommenssteuererklärungen, Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Einkommenssteuerbescheiden für 2015 bis 2017, an Eides statt zu versichern, dass die Auskunft richtig und vollständig ist, sowie ab Rechtskraft der Scheidung eine monatlich im Voraus fällige Unterhaltsrente zu zahlen. Für den genauen Wortlaut des Antrags wird auf die genannten Schriftsätze verwiesen.

Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge in den Folgesachen Unterhalt und Zugewinnausgleich abzuweisen.

Er hält den Ehevertrag für wirksam und hat vorgetragen, die Antragsgegnerin sei durch die Ehe und die Kinderbetreuung nicht an einer vollschichtigen Tätigkeit gehindert gewesen; der Verzicht hierauf sei vielmehr ihre eigene Entscheidung gewesen. Sie sei für sein Unternehmen nur sporadisch tätig geworden und habe keine verantwortliche Tätigkeit ausgeübt.

Die Antragsgegnerin sei zu einer vollschichtigen Tätigkeit auch weiterhin in der Lage, was sich daran zeige, dass sie 14 Tage in Deutschland vollschichtig arbeite, um sodann mit dem Pkw nach England zu fahren und sich für 14 Tage dort aufzuhalten.

Hätte die Antragsgegnerin durchgängig vollschichtig als Ärztin gearbeitet, läge ihre von der B. Versorgungsanstalt … zu erwartende Rente bei rund 2.240 €.

Das Amtsgericht hat den Ehevertrag für wirksam gehalten und demnach durch Verbundbeschluss vom 6. Juli 2020 die Ehe der Beteiligten geschieden (Ziff. I), festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet (Ziff. II), sowie die Anträge im Zugewinnausgleichsverbundverfahren vom 11. Januar 2018 (Ziff. III) sowie im Nachehelichenunterhaltsverbundverfahren vom 9. Januar 2018 (Ziff. IV) abgewiesen und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben (Ziff. V).

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin im Wege der Beschwerde, mit der sie sich weiterhin auf die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages beruft und hilfsweise geltend macht, dass eine Anpassung im Rahmen der Ausübungskontrolle stattfinden müsse.

Die Antragstellerin ist dabei der Ansicht, die begehrten Auskünfte zum Zugewinn seien auch dann zu erteilen, falls die Vereinbarung der Gütertrennung wirksam sei. Denn vorliegend sei von einer Funktionsäquivalenz zwischen Versorgungsausgleich und Zugewinn auszugehen, da der (durchzuführende) Versorgungsausgleich nicht bewirken werde, dass die auf Seiten der Antragsgegnerin entstandenen ehebedingten Nachteile in der Altersversorgung vollständig ausgeglichen würden.

Sie beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Soltau in den Ziffern II., II. und IV. wie folgt abzuändern:

Ziff. II.:

Der Versorgungsausgleich wird durchgeführt.

Ziff. III.:

1. Dem Antragsteller wird aufgegeben, Auskunft über sein Anfangs- und Endvermögen wie folgt zu erteilen:

(1) Der Antragsteller wird verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft über den Bestand seines Anfangsvermögens zum 5. Dezember 1986 sowie sämtliche dem Anfangsvermögen hinzuzurechnende Zuwendungen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB durch Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses, das geordnet sämtliche Aktiva und Passiva enthält, zu erteilen und die Angaben in dem Verzeichnis zu belegen.

(2) Der Antragsteller wird verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 26. Januar 2017 (Tag der Zustellung des Ehescheidungsantrags) durch Vorlage eines geschlossenen Verzeichnisses, das sämtliche Aktiva und Passiva geordnet zum Stichtag enthält, zu erteilen und die Angaben im Vermögensverzeichnis zu belegen.

2. Der Antragsgegner wird für den Fall, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde, verpflichtet, die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskunft eidesstattlich zu versichern.

3. Dem Antragsteller wird aufgegeben, in nach Auskunftserteilung zu beziffernder Höhe einen Zugewinnausgleich an die Antragsgegnerin zu zahlen.

4. Für den Fall, dass der Senat das Auskunftsbegehren für begründet halten sollte, wird die angefochtene Entscheidung zu Ziff. III. aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Soltau zurückverwiesen.

Ziff. IV.:

1. Der Antragsteller wird verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft über die Höhe seiner Einkünfte wie folgt zu erteilen:

(1) aus nichtselbständiger Tätigkeit durch Vorlage einer systematischen Zusammenstellung sämtlicher Brutto- und Nettoeinkünfte einschließlich der Nebeneinkünfte in der Zeit vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2019 und der Lohnabrechnungen für den gesamten Zeitraum;

(5) über sämtliche Renteneinkünfte ebenfalls in der Zeit vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 und diese Auskünfte durch Rentenbescheide und die Abrechnungen des betrieblichen Rentenversicherungsträgers für den gleichen Zeitraum zu belegen;

(6) über sämtliche Einkünfte aus selbständiger und unternehmerischer Tätigkeit für die Jahre 2017 bis 2019 durch Vorlage einer systematischen Zusammenstellung (nach Jahren und Einkommensarten systematisch geordnetes Verzeichnis) der Einnahmen und Ausgaben, der Einkommenssteuererklärungen und der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2017 bis 2019 sowie Vorlage sämtlicher vollständiger Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnung von sämtlichen Unternehmen, an denen der Antragsteller beteiligt ist, sowie etwaige Einnahmen-/Überschussrechnungen für die genannten Jahre; die Auskunft hat jeweils geordnet nach Jahren sämtliche Privatentnahmen und private Einlagen zu enthalten sowie sämtliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und die wertbildenden Faktoren des Wertes des mietfreien Wohnens;

(7) der Antragsteller wird weiter verpflichtet, die Gewinnverwendungsbeschlüsse und die Ausschüttungsbescheinigungen sämtlicher Gesellschaften, an denen er beteiligt ist, für die Jahre 2017 bis 2019 vorzulegen;

(8) der Antragsteller wird verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen, welche Ausgaben er innerhalb der letzten drei Jahre, also in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2019 für vermögensbildende Anlagen getätigt hat und diese zu belegen.

2. Der Antragsteller wird verpflichtet, für den Fall, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde, die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides Statt zu versichern.

3. Dem Antragsteller wird aufgegeben, in nach Auskunftserteilung zu beziffernder Höhe Unterhalt an die Antraggegnerin ab Rechtskraft der Ehescheidung monatlich im Voraus zu zahlen.

4. Für den Fall, dass der Senat das Auskunftsbegehren für begründet hält, wird die angefochtene Entscheidung zu Ziff. IV. aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Soltau zurückverwiesen.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die beiden Beteiligen haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache teilweise Erfolg.

Da der in Ziffer B) des Ehevertrags vom 3. November 1986 vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs und die in Ziffer C) enthaltene Unterhaltsbeschränkung der Antragsgegnerin wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sind, sind Ziffer II. und Ziffer IV. des amtsgerichtlichen Tenors aufzuheben. Der Antragsteller ist im Verbundverfahren Unterhalt auf der ersten Stufe zur Auskunft zu verpflichten; der Versorgungsausgleich ist zugleich mit der Endentscheidung im Verbundverfahren Unterhalt nach Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht zu regeln. Um den Verbund der Folgesachen zu wahren, ist auch die vom Amtsgericht erfolgte vollständige Abweisung des Antrags im Zugewinnausgleichsverfahren in Ziffer III. des Tenors aufzuheben. Da jedoch die güterrechtliche Vereinbarung in Ziffer A) des Ehevertrags vom 3. November 1986 wirksam ist und auch der Gesichtspunkt der Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich vorliegend keinen güterrechtlichen Ausgleich erfordert, ist der im Zugewinnausgleichsverbundverfahren gestellte Auskunftsantrag der Antragsgegnerin abzuweisen und die Sache nur im Übrigen an das Amtsgericht zurückzuverweisen, dem sodann die Endentscheidung über den Zugewinnausgleich im Verbund mit dem Versorgungsausgleich und der Endentscheidung über den Unterhalt obliegt.

Im Einzelnen:

1. Der Ehevertrag ist sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB, soweit der Versorgungsausgleich ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt beschränkt wurden. Die Vereinbarung der Gütertrennung hält hingegen für sich genommen einer Inhalts- und Ausübungskontrolle stand und scheitert zudem nicht an einer Gesamtunwirksamkeit des Ehevertrages; ein güterrechtlicher Ausgleich ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Funktionsäquivalenz von Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich geboten.

Die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich unterliegen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Diese darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen wird. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten – unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten wiegen dabei umso schwerer und die Belange des anderen Ehegatten bedürfen umso genauerer Prüfung, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 27. Mai 2020 – XII ZB 447/17, BeckRS 2020, 15779 Rn. 18 ff. mwN). Sind die einzelnen Regelungen des Ehevertrages für sich genommen wirksam, so kann sich die Sittenwidrigkeit auch aus einer Gesamtwürdigung des Vertrages ergeben, wenn das Zusammenwirken aller ehevertraglichen Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt und der andere Ehegatte insofern die unterlegene Verhandlungsposition dieses Ehegatten ausgenutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, NJW 2013, 380 Rn. 22 ff. mwN).

A) Ausschluss des Versorgungsausgleichs

Der hier vereinbarte Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs stellt sich nach den dargelegten Maßstäben als sittenwidrig dar.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Versorgungsausgleich dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zugeordnet und steht als vorweggenommener Altersunterhalt einer vertraglichen Gestaltung nur begrenzt offen. So ist ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 138 Abs. 1 BGB schon für sich genommen unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des bereits beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität unvereinbar erscheint (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2020 – XII ZB 447/17, aaO Rn. 23 mwN).

b) Sittenwidrig ist ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere dann, wenn ein Ehegatte infolge des Verzichts im Alter und bei Erwerbsminderung auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen ist (vgl. MünchKommBGB/Weber, 8. Aufl., § 8 VersAusglG Rn. 18 mwN). Hiervon kann vorliegend angesichts der eigenen Versorgungsansprüche der Antragsgegnerin (Anfang 2015 rund 700 € bei der Versorgungsanstalt, nach dem Vortrag des Antragsteller im Schriftsatz vom 18. Februar 2020 inzwischen erhöht auf rund 1.320 €; sowie bei Ehezeitende rund 300 € in der DRV, welche sich infolge der aktuellen Berufstätigkeit zudem noch erhöht) in Kombination mit deren Zinseinkommen aus dem der Gesellschaft des Antragstellers gewährten Darlehen von monatlich rund 1.400 € jedoch nicht ausgegangen werden.

c) Eine Sittenwidrigkeit liegt auch dann nahe, wenn sich ein Ehegatte, wie schon bei Vertragsschluss geplant oder verwirklicht, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe – weitgehend – verzichtet hat. In diesem Verzicht liegt ein Nachteil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – XII ZB 303/3, NJW 2014, 1101 Rn. 20).

Letztere Fallgestaltung ist hier gegeben: Die Beteiligten gingen bereits beim Vertragsabschluss kurz vor Eheschließung ersichtlich davon aus, dass die Antragsgegnerin für die Betreuung der geplanten Kinder ihre Erwerbstätigkeit würde aufgeben oder zumindest wesentlich einschränken müssen.

aa) Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin ihre bestrittene Behauptung, sie hätten von Anfang an mindestens vier, besser noch sechs gemeinsame Kinder haben wollen, beweisen kann; es ist jedenfalls von einem konkreten Kinderwunsch der Beteiligten auszugehen. Abgesehen davon, dass bei kinderlosen Ehegatten im gebärfähigen Alter (vorliegend war die Antragsgegnerin bei Vertragsschluss und Eheschließung 29 und der Antragsteller 34 Jahre alt) die Annahme der Absicht, eine Familie zu gründen, bereits angesichts allgemeiner Lebenserfahrung naheliegt (OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 – 17 UF 28/18, NJW 2018, 3462 Rn. 56), zeigt auch die im Rahmen der Vereinbarung zum Unterhalt erfolgte Differenzierung danach, ob aus der Ehe „Kinder“ hervorgegangen sind, dass die Beteiligten einen konkreten und zeitnah umzusetzenden Kinderwunsch gehegt haben. Auch die Tatsache, dass aus der Ehe der Beteiligten vier Kinder hervorgegangenen sind, spricht indiziell für einen von Anfang an vorhandenen Kinderwunsch.

Dabei war auch vorhersehbar, dass die Antragsgegnerin für die Kinderbetreuung ihre Erwerbstätigkeit würde – zumindest zeitweise – aufgeben oder jedenfalls wesentlich einschränken müssen. Eine Aufteilung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit erschien angesichts der persönlichen Situation der Beteiligten fernliegend: Während der Antragsteller sich – ungeachtet zwischenzeitlicher Auseinandersetzungen mit seinem Vater, die diese Perspektive kurzfristig in Frage gestellt haben mögen – darauf vorbereitete, in dritter Generation die Autohäuser seiner Familie als Unternehmer zu übernehmen und fortzuführen, hatte die Antragsgegnerin ihre ärztliche Karriere 1984 zumindest vorübergehend ersichtlich unterbrochen, als sie zum Antragsteller nach S. zog und dafür ihre (unbefristete) Assistenzstelle in einem K. Krankenhaus aufgab, ohne eine vergleichbare Stelle in S. zu haben und in der Folge zu bekommen. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages hatte sie zwar (erneut) eine Facharztausbildung begonnen, jedoch keine konkrete Aussicht darauf, diese nach dem 31. Juli 1987 fortzusetzen. Insofern sprach der Zuschnitt der beiderseitigen Lebensverhältnisse dafür, dass der Antragsteller seine berufliche Tätigkeit fortsetzen und ggf. sogar ausbauen, die Antragstellerin ihre aber im Falle der Geburt von Kindern zumindest zunächst unterbrechen bzw. deutlich einschränken würde. Es kann dabei dahinstehen, ob bereits bei Vertragsschluss absehbar war, dass die Antragsgegnerin ihre berufliche Karriere auch dann nicht fortsetzen würde, als die Kinder größer waren bzw. sie bei der Betreuung Unterstützung durch Dritte erhielt. Es war jedenfalls nicht konkret geplant, dass die Antragsgegnerin zeitlich nur in dem Rahmen „aussetzen“ würde, der durch die damals geltende Rechtslage zur sog. Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die gesetzliche Rentenversicherung abgedeckt war. Insofern waren für die Antragsgegnerin Altersversorgungsnachteile durch die Kinderbetreuung vorhersehbar bzw. war sogar eine gewisse Tendenz zur Alleinverdienerehe vorgezeichnet (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 – XII ZB 20/17, NJW 2018, 1015 Rn. 15 mwN). Die weiteren Umstände (Kinderfrau „erst“ ab 1991, als der jüngste Sohn bereits zwei Jahre alt war, und dann „nur“ drei Nachmittage in der Woche; Au Pair „erst“ 1995, als alle vier Kinder bereits auf der Welt waren) sprechen ebenfalls dafür, dass ein „frühestmöglicher Wiedereinstieg“ in eine Vollzeittätigkeit durch die Antragsgegnerin nicht geplant war.

bb) Eine Kompensation auf diesen von Anfang an zumindest teilweise geplanten Verzicht auf den Erwerb von Versorgungsanrechten sieht der Ehevertrag der Beteiligten nicht vor. Soweit der Antragsteller während der Ehe die Mindestbeiträge in die Ärzteversorgung eingezahlt hat, war dies zum einen eine rein freiwillige Leistung, die er jederzeit hätte einstellen können, und vermochte zum anderen eine angemessene Altersversorgung nicht zu begründen; die sich aus dem Anrecht der Antragsgegnerin bei der Versorgungsanstalt für Ärzte Anfang 2015 (unter Einschluss der bereits vorher während der Berufstätigkeit der Antragsgegnerin abgeführten Beträge) ergebende Altersrente belief sich auf ungefähr 700 €, nach dem aktuellen Vortrag des Antragstellers besteht ein Anspruch auf Altersrente in Höhe von rund 1.320 €.

cc) In subjektiver Hinsicht bedarf es für die Feststellung, eine Regelung aus dem Kernbereich der Scheidungsfolgen sei nichtig, nicht der Ausnutzung der unterlegenen Verhandlungsposition eines Ehegatten. Insofern unterscheiden sich die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit einer einzelnen Bestimmung aus dem Kernbereich der Scheidungsfolgen von den Anforderungen, die an die Sittenwidrigkeit aufgrund eines insgesamt unausgewogenen Vertrags gestellt werden und bei denen außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände erforderlich sind, die für eine bewusst ausgenutzte unterlegene Verhandlungsposition sprechen (vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 – 17 UF 28/18, aaO Rn. 25; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 31. August 2020, 15 UF 100/19, n.v.). In die Beurteilung einzubeziehen sind aber die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke und ihre Beweggründe, die zur Vereinbarung der Klausel geführt haben. Ergeben sich weder aus dem Ehevertrag, noch aus dem Zuschnitt der Ehe oder den Lebensverhältnissen der Ehegatten Umstände, aufgrund derer die einseitige, den Kernbereich der Scheidungsfolgen betreffende Lastenverteilung subjektiv anerkennenswert und gerechtfertigt erscheinen kann, so ist die Regelung sittenwidrig.

Derartige rechtfertigende Elemente sind vorliegend nicht ersichtlich. Der den Anlass des Ehevertrages bildende Schutz des aus der Familie des Antragstellers stammenden Vermögens vor einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff der Antragsgegnerin im Scheidungsfall erforderte keinen Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Eine Kompensation für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich sah der Ehevertrag nicht vor; eine angemessene Kompensation wurde auch während der Ehezeit nicht geleistet, obwohl die Antragsgegnerin die vier gemeinsamen Kinder betreut und auf eine versorgungsbegründende Tätigkeit praktisch vollständig verzichtet hat. Die aus der Kinderbetreuung entstehenden Nachteile in der Altersversorgung hatte sie nach dem Vertrag allein zu tragen. Dies führt zur Sittenwidrigkeit der Klausel über den Versorgungsausgleich.

B) Unterhaltsbeschränkung

Die vorliegend in doppelter Hinsicht vereinbarte Beschränkung eines nach den gesetzlichen Bestimmungen gegebenen Unterhaltsanspruchs (zum einen in zeitlicher Hinsicht eine Befristung auf maximal drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung und zum anderen eine Begrenzung auf 2.500 DM unter Anrechnung jedweden Einkommens der Antragsgegnerin) erweist sich ebenfalls als sittenwidrig.

a) Zum Kernbereich der Scheidungsfolgen zählt (neben dem Alters- und Krankenvorsorgeunterhalt) insbesondere der Anspruch auf Unterhalt wegen Betreuung minderjähriger Kinder. Dieser ist am Kindeswohlinteresse ausgerichtet und daher der Dispositionsfreiheit der Ehegatten weitgehend entzogen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2017 – XII ZB 109/16, NZFam 2017, 408 Rn. 31), jedenfalls sofern – wie vorliegend – eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit nur eines Ehegatten infolge der Betreuung gemeinsamer Kinder absehbar ist.

Zwar wird durch den vorliegenden Ehevertrag der Betreuungsunterhalt nicht vollständig ausgeschlossen, sondern nur zum einen der Höhe nach begrenzt und zum anderen zeitlich befristet. Dennoch überschreitet die Vereinbarung nach Auffassung des Senats die Grenzen der Sittenwidrigkeit. Zum einen war die Befristung auf drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung angesichts der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht geltenden grundsätzlichen Beschränkung des § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB auf drei Jahre und in Anbetracht der in Bezug auf die Dauer des Betreuungsunterhalts damals eher großzügigen Rechtsprechung sehr kurz bemessen, zumal sie Zahl und Alter der Kinder im Einsatzzeitpunkt unberücksichtigt lässt. Zum anderen überstieg die Höhe des Unterhalts von 2.500 DM/Monat zwar die Grenze des Existenzminimums, war jedoch ersichtlich nicht geeignet, die ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin auszugleichen (vgl. zu diesem Kriterium BGH, Urteil vom 5. Juli 2006 – XII ZR 25/04, NJW 2006, 3142 Rn. 29 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 – 17 UF 28/18, aaO Rn. 23). Die Antragsgegnerin hatte bereits am Anfang ihrer Berufslaufbahn eine Stelle mit einem Monatsgehalt von rund 6.000 DM erhalten; dieses wäre im Verlauf einer ärztlichen Karriere nach allgemeiner Lebenserfahrung sicherlich noch gestiegen. Hinzu kommt, dass der Unterhaltsbetrag als Festbetrag vereinbart war; eine Indexierung war nicht vorgesehen. Allein eine Steigerung nach dem (allerdings erst) seit 1991 ausgewiesenen Verbraucherpreisindex würde mit dem Basisjahr 2015 heute einen Betrag von rund 2.070 € ergeben. Dieser Wertung als objektiv sittenwidrig steht nicht entgegen, dass der nach dem bei Vertragsschluss erzielten Einkommen des Antragstellers errechnete Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin betragsmäßig geringer gewesen wäre. Beide Beteiligte gingen ersichtlich davon aus, dass sich die Einkommensverhältnisse des Antragstellers durch die Realisierung der geplanten Betriebsübernahme deutlich verbessern würden; diese Erwartung hat sich in der Folgezeit unstreitig auch erfüllt.

Auch die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit liegen vor. Der Ehevertrag, dessen Zweck vorliegend eine derartige Begrenzung des Betreuungsunterhalts – der nur auf Grundlage der aktuellen Einkommensverhältnisse zu bemessen ist und daher eine Vermögensverwertung regelmäßig nicht zur Folge hat – nicht erforderte, enthält keinerlei Regelungen, die sich für die Ehefrau günstig auswirken und den Verzicht auf Betreuungsunterhalt ausgleichen können. Im Gegenteil: Die Unterhaltsansprüche des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin sind in keiner Form beschränkt. Damit ist mangels anerkennenswertem Motiv die vertragliche Unterhaltsregelung sittenwidrig, soweit der Betreuungsunterhalt des § 1570 BGB betroffen ist.

b) Es kann dahinstehen, ob auch die Begrenzung des zum Kernbereich der Scheidungsfolgen zählenden Alters- und Krankenunterhalt nach §§ 1571 f. BGB vorliegend sittenwidrig ist. Zwar war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehbar, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein Ehegatte wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte, was tendenziell gegen eine Sittenwidrigkeit spricht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2017 – XII ZB 109/16, aaO Rn. 32). Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang kein Grund ersichtlich, warum vorliegend lediglich die Ansprüche der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller, nicht jedoch diejenigen des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin einer Beschränkung unterliegen, zumal eine Kompensation für die Antragsgegnerin nicht erfolgt ist. Insofern spricht einiges dafür, dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Sittenwidrigkeit vorliegt.

c) Die Unwirksamkeit der Begrenzung des Betreuungsunterhalts führt vorliegend gemäß § 139 BGB zur Unwirksamkeit der Vertragsklausel zum nachehelichen Unterhalt insgesamt, auch wenn sich ein (ggf.) aktuell bestehender Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin nicht aus § 1570 BGB ergibt. Die Beteiligten haben ihre Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt als einheitliche Klausel gefasst, die nicht nach verschiedenen gesetzlichen Anspruchsgrundlagen differenziert. Eine geltungserhaltende Reduktion innerhalb einer einheitlichen Klausel ist in der von den Beteiligten vereinbarten salvatorischen Klausel nicht vorgesehen, so dass die aus der sittenwidrigen Begrenzung des Betreuungsunterhalts resultierende Teilunwirksamkeit der Unterhaltsvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB zu deren Gesamtnichtigkeit führt (vgl. Maurer in MünchKommBGB, aaO, § 1585c Rn. 100).

C) Zugewinnausgleich

Die von den Beteiligten getroffene vertragliche Vereinbarung der Gütertrennung gemäß §§ 1408, 1414 BGB ist hingegen sowohl isoliert betrachtet als auch in der Gesamtwürdigung des Vertrages wirksam und erweist sich auch nicht im Rahmen einer Ausübungskontrolle für korrekturbedürftig. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung angeführten Aspekts der Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich.

a) Die Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung und damit einer ausgeschlossenen Teilhabe am Vermögenszuwachs des jeweils anderen Ehegatten ist gesetzlich vorgesehen und begründet für sich genommen keinerlei Nachteile für einen der Ehegatten. Der Zugewinnausgleich zählt nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgen, so dass sein auch kompensationsloser Ausschluss grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2012 – XII ZR 48/11, aaO Rn. 17 ff.). Zwar nimmt die Antragsgegnerin aufgrund der vereinbarten Gütertrennung nicht am (nach ihrer Behauptung erheblichen) Vermögenszuwachs des Antragsgegners teil. Diese notwendige und beabsichtigte Folge der getroffenen Vereinbarung führt aber schon deshalb nicht zur Sittenwidrigkeit der entsprechenden Vereinbarung, weil ein Anspruch, notwendig am Vermögenszuwachs seines Ehegatten zu partizipieren, nicht besteht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 – 17 UF 28/18, aaO Rn. 29 ff.). Der Zugewinnausgleich findet seine innere Rechtfertigung in der gleichmäßigen Verteilung gemeinsam erworbenen Vermögens. Haben die Eheleute die grundsätzlich gleichwertige Erwerbs- und Familienarbeit so untereinander aufgeteilt, dass erworbenes Vermögen formal dem erwerbstätigen Gatten zugeordnet ist, so ermöglicht es der Anspruch auf Zugewinnausgleich, den anderen Ehegatten in angemessener Weise am arbeitsteilig erworbenen Vermögen teilhaben zu können. Empfinden die Eheleute diese gleichmäßige Teilhabe als unbillig und schließen den Zugewinnausgleich deshalb aus, so ist dies (auch soweit damit das zur Altersvorsorge dienende Vermögen einem Ausgleich entzogen wird) generell nicht zu beanstanden. Vorliegend erwarteten bei Vertragsschluss beide Beteiligte, dass der Antragsteller in dem ihm von seinem Vater zu überschreibenden Familienbetrieb ein erhebliches Einkommen bzw. Vermögen erwirtschaften würde. Es erscheint nicht sittenwidrig, die Antragsgegnerin von diesem Vermögenserwerb auszuschließen, der auch ohne die Ehe in gleicher Weise eingetreten wäre und dessen Eintritt die Eheleute ohne Rücksicht auf die Lebensgestaltung innerhalb der Ehe erwarteten.

b) Auch die erforderliche Gesamtbetrachtung des Vertrages führt vorliegend nicht zu einer Nichtigkeit des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs. Zwar erscheint der Ehe-, Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag im Ergebnis insgesamt und ausschließlich nachteilig für die Antragsgegnerin. Einen Ausgleich für allein die Antragsgegnerin treffenden Beschränkungen enthält der notarielle Vertrag nicht. Dies genügt aber nicht, um die Nichtigkeit des Vertrags zu begründen. Die gesetzlichen Scheidungsfolgen sind nicht in der Weise vorgegeben, dass die nachteilige Abweichung von einer gesetzlich vorgesehenen Berechtigung zwingend durch günstige Regelungen an anderer Stelle ausgeglichen werden müssten. Vor dem Hintergrund der bestehenden Vertragsfreiheit ist einer Vereinbarung, die einen der Ehegatten einseitig belastet und diesen benachteiligt, vielmehr nur dann die Wirksamkeit nach § 138 Abs. 1 BGB zu versagen, wenn der andere Teil dabei die Unterlegenheit des anderen bewusst ausgenutzt und so auch subjektiv verwerflich gehandelt hat. Es bedarf daher – da es sich verbietet, aufgrund der einseitigen Belastung ungleiche Verhandlungspositionen zu vermuten – neben einseitig belastender Regelungen im Vertrag selbst noch der Feststellung weiterer Umstände, die die Überlegenheit eines Ehegatten bei Vertragsschluss belegen können (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, NJW 2013, 380 Rn. 24).

Derartige Umstände hat die Antragsgegnerin hier nicht aufzuzeigen vermocht.

aa) Der (mutmaßlich beiderseitige) Wunsch der Ehegatten, die Ehe zu schließen, vermag ohne besondere Umstände, wie etwa einer Schwangerschaft oder der Betreuung bereits vorehelich innerhalb der Beziehung geborener Kinder, jedenfalls keine ungleiche Verhandlungsposition zu begründen (OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 – 17 UF 28/18, aaO Rn. 36). Es liegt in der Natur eines gesetzlich vorgesehenen Ehevertrags, dass dieser im Hinblick auf eine beabsichtigte Heirat abgeschlossen wird, so dass Eheschließung und Vertragsinhalt voneinander abhängen können. Dies begründet aber – angesichts der beiderseitigen Eheschließungs- und Vertragsfreiheit – gerade keine ungleiche Verhandlungsposition der Ehegatten; eine solche wird entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht dadurch begründet, dass bei Abschluss des Ehevertrages die Hochzeitsvorbereitungen bereits abgeschlossen waren.

bb) Eine ungleiche Verhandlungsposition folgt auch nicht aus einem unterschiedlichen Bildungs- und Erfahrungshorizont der Eheleute bei Vertragsschluss. Die Antragsgegnerin war 29 Jahre alt und promovierte sowie approbierte Ärztin mit Berufserfahrung. Es gibt überhaupt gar keine Anhaltspunkte dafür, dass sie – trotz behaupteten fehlenden juristischen Beistands – die Bedeutung und Tragweite der in Gegenwart eines Notars geschlossenen, zudem eher einfach gestalteten Regelungen nicht erfasst hätte. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die – zudem nicht unter Beweis gestellte – Behauptung der Antragsgegnerin, sie habe vor Unterzeichnung des Vertrags keinen Entwurf und bei der Beurkundung kein Leseexemplar erhalten und sei durch den Vertragsinhalt überrumpelt worden, sowie der unstreitige Vortrag, der Notar sei der „Hausnotar“ des Vaters des Antragstellers gewesen und hätte diesen von Person gekannt, nicht geeignet, eine ungleiche Verhandlungsposition zu begründen. Die Umstände unterscheiden sich hier auch auf Grundlage der Darstellung der Antragsgegnerin deutlich von den Umständen, die dem vom BGH durch Beschluss vom 15. März 2017 entschiedenen Fall zu Grunde lagen (vgl. BGH, NZFam 2017, 408). Dort musste die Ehefrau die Beurkundung mit einem Säugling bewältigen; zudem ließ der geschäftserfahrene Ehemann gleichzeitig gesellschaftsrechtliche Vorgänge, an denen die (nicht geschäftserfahrene) Ehefrau nicht beteiligt war, beurkunden.

cc) Auch eine relevante wirtschaftliche Unterlegenheit lag bei Vertragsabschluss nicht vor. Zwar mag die Fortsetzung der medizinischen Karriere der Antragsgegnerin im Raum S. zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ungewiss oder sogar unwahrscheinlich gewesen sein. Sie verfügte jedoch über ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin nebst Approbation und ein Jahr Berufserfahrung, so dass sie – wäre die Eheschließung an der Verweigerung der Unterzeichnung des Ehevertrages gescheitert – ohne größere Schwierigkeiten jedenfalls irgendwo in Deutschland eine neue Anstellung hätte finden können. Hinzu kommt, dass sie sich bei Vertragsunterzeichnung in einem – zwar befristeten, aber noch über ein halbes Jahr laufenden – Weiterbildungsassistenzverhältnis befand, welches ihr die Erzielung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ermöglichte.dd) Sind dementsprechend „nur“ die Regelungen zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs und zum nachehelichen Unterhalt nichtig, ergreift dies die anderen Vorschriften des Ehevertrags nicht. Dies folgt aus der vorliegend von den Beteiligten vereinbarten salvatorischen Klausel, die nur dann unbeachtlich ist, wenn der Vertrag insgesamt aufgrund der Ausnutzung einer unterlegenen Verhandlungsposition sittenwidrig erscheint (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. November 2012 – XII ZR 48/11, NJW 2013, 457 Rn. 31 mwN; OLG Celle, Beschluss vom 13. September 2018 – 17 UF 28/18, aaO Rn. 38). Dies ist aber hier – wie dargelegt – nicht der Fall.

c) Es besteht aus Sicht des Senats keine Veranlassung, von dem sich im Rahmen der Inhaltskontrolle ergebenden Ergebnis im Rahmen der Ausübungskontrolle abzuweichen.

Hält ein Ehevertrag der Wirksamkeitskontrolle stand und ist er auch nicht aus sonstigen Gründen sittenwidrig, hat eine richterliche Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu erfolgen. Dabei ist zu prüfen, inwieweit der begünstigte Ehegatte im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft seine ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich auf den vertraglichen Ausschluss von Scheidungsfolgen beruft, obwohl sich nunmehr in diesem Zeitpunkt infolge einer von den Vorstellungen der Ehepartner bei Abschluss der Vereinbarung abweichenden Entwicklung eine evident einseitige Lastenverteilung zulasten des anderen Ehegatten ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17, NJW 2018, 2871 Rn. 20 mwN). Eine derartige grundlegende Abweichung der tatsächlichen einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von den ursprünglich geplanten und dem Vertrag zugrunde gelegten Lebensverhältnissen ist vorliegend nicht gegeben. Die Antragsgegnerin kann sich an dieser Stelle entgegen ihrer Ansicht auch nicht hilfsweise darauf berufen, dass eine Doppelverdienerehe geplant gewesen sei. Eine Konstellation, in der das Hauptvorbringen des Anspruchstellers wegen Nichterweislichkeit nicht durchdringt und sich der Anspruchsteller deshalb ohne Verstoß gegen die Wahrheitspflicht das Verteidigungsvorbringen des in Anspruch Genommenen zu eigen machen darf (so in BGH, Urteil vom 25. Januar 1956 – V ZR 190/54, NJW 1956, 631), liegt nicht vor. Der Senat ist vielmehr – dem Vortrag der Antragsgegnerin folgend – davon ausgegangen, dass vorliegend absehbar war, dass die Antragsgegnerin ihre Berufstätigkeit für die Kinderbetreuung zurückstellen würde bzw. sogar eine Tendenz zur Alleinverdienerehe vorlag. Er hat lediglich hieraus nicht den von der Antragsgegnerin gewünschten Schluss auf eine umfassende Sittenwidrigkeit des Ehevertrages gezogen.

d) Letztlich führt auch die von der Antragsgegnerin angeführte sog. Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleichs vorliegend nicht zu einem (teilweisen) Hinübergreifen der Sittenwidrigkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs auf den Ausschluss des Zugewinnausgleichs (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17, aaO 22 ff.; ebenso Milzer in Johannsen/Henrich/Althammer, aaO, § 1413 BGB Rn. 64 ff.).

Hat einer der Ehegatten durch die Übernahme von Haushaltsführung und Kinderbetreuung Nachteile beim Aufbau einer eigenen Altersversorgung erlitten, wird diesem Umstand systemgerecht durch den Versorgungsausgleich Rechnung getragen. Führt der Versorgungsausgleich zu einer Halbteilung der von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte, besteht für ein Hinübergreifen der Vereinbarungen zum Güterrecht regelmäßig kein Anlass mehr, und zwar auch dann nicht, wenn die ehebedingten Versorgungsnachteile des haushaltsführenden Ehegatten durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig kompensiert werden konnten und der erwerbstätige Ehegatte in der Ehezeit zusätzlich zu seinen Versorgungsanrechten ein zur Altersversorgung geeignetes Privatvermögen aufgebaut hat (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – XII ZB 318/11, NJW 2015, 52 Rn. 29).

Soweit der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit mehrfach angedeutet hat, dass es in Fällen der so genannten Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich besondere Sachverhaltskonstellationen geben könnte, in denen ein „Hinübergreifen“ auf das andere vermögensbezogene Ausgleichssystem im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht gezogen werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17, aaO Rn. 24; vom 8. Oktober 2014 – XII ZB 318/11, aaO Rn. 30; vom 21. November 2012 – XII ZR 48/11, aaO Rn. 35 f.) betraf dies solche Fallkonstellationen, in denen ein haushaltsführender Ehegatte, der zugunsten der Familienarbeit auf die Ausübung einer versorgungsbegründenden Erwerbstätigkeit verzichtet hat, im Falle der Scheidung im Versorgungsausgleich keine Kompensation für seine Nachteile beim Aufbau von Versorgungsvermögen erlangt, weil der erwerbstätige Ehegatte aufgrund seiner individuellen Vorsorgestrategie keine nennenswerten Versorgungsanrechte erworben, sondern seine Altersvorsorge bei vereinbarter Gütertrennung auf die Bildung von Privatvermögen gerichtet hat. In solchen Fällen kann es im Einzelfall geboten erscheinen, dem haushaltsführenden Ehegatten zum Ausgleich für die entgangenen Versorgungsanrechte einen modifizierten Zugewinnausgleich zu gewähren, der einerseits durch den zum Aufbau der entgangenen Versorgungsanrechte erforderlichen Betrag und andererseits durch die gesetzliche Höhe des Ausgleichsanspruchs beschränkt ist.

Gemessen daran ergeben sich im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anknüpfungspunkte für eine Korrektur der zum Güterrecht getroffenen ehevertraglichen Vereinbarungen. Der Antragsteller verfügt ausweislich der Auskunft des Versorgungsträgers W. Automobil Handelsgesellschaft mbH vom 3. Januar 2019 über eine betriebliche Altersrente in Höhe von monatlich 4.000 € aus einer Pensionszusage vom 1. Juli 1992 mit Nachträgen, deren Ausgleichswert 1.320,81 €/Monat beträgt. Hierbei handelt es sich um ein nennenswertes Versorgungsanrecht, an dem die Antragsgegnerin – ebenso wie an dem ebenfalls zu teilenden Anrecht des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ausgleichswert von 6,6504 Entgeltpunkten bzw. einer Monatsrente von 202,50 € – partizipieren würde. Ein Fall, in dem der erwerbstätige Ehegatte seine Altersvorsorge allein auf die Bildung von Privatvermögen gerichtet hat, liegt demnach nicht vor.

2. Das vorliegende Verfahren stellt ein Verbundverfahren i.S.d. § 137 Abs. 1 FamFG dar. Allerdings ist der weder von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung noch vom Antragsteller im Wege der Anschlussbeschwerde angefochtene Scheidungsausspruch in Ziffer I. des amtsgerichtlichen Tenors gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 FamFG am 5. Dezember 2020 rechtskräftig geworden und deshalb aus dem Verbund ausgeschieden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2010 – XII ZB 136/09, FamRZ 2011, 31). Dies vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass der Verbund der angefochtenen Folgesachen im Beschwerdeverfahren fortbesteht (OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juli 2020 – 2 UF 241/19, juris; BGH, Urteil vom 26. Juni 2013 – XII ZR 133/11, NJW 2013, 2662 Rn. 16). Dies bedeutet vorliegend, dass über die Folgesachen Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und Unterhalt durch einheitlichen Beschluss zu entscheiden ist, § 142 Abs. 1 FamFG.

Da in der Folgesache Unterhalt die Zahlungsstufe noch nicht entscheidungsreif ist, ist der Senat an einer abschließenden diesbezüglichen Entscheidung gehindert. Insofern ist die amtsgerichtliche Entscheidung nur insoweit abändern, als über den Auskunftsantrag entschieden und die Sache im Übrigen einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO analog (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 – VIII ZB 168/05, NJW 2006, 2626 Rn. 14 f.; Beschlüsse vom 22. September 2008 – II ZR 257/07, NJW 2009, 431 Rn. 12; vom 19. November 2014 – XII ZB 522/14, NJW-RR 2015, 188 Rn. 19) an das Amtsgericht zurückverwiesen wird.

Um den Verbund zu wahren, kann auch bezüglich der Folgesache Zugewinnausgleich trotz der insoweit fehlenden Erfolgsaussicht die Beschwerde der Antragsgegnerin diese nicht umfassend zurückgewiesen werden. Vielmehr darf auch in dieser Folgesache vorliegend lediglich über den – zulässigerweise – geänderten Auskunftsantrag der Antragsgegnerin (abschlägig) entschieden werden; die endgültige Entscheidung über den geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruch im Verbund ist dem Amtsgericht vorbehalten.

Bezüglich der Folgesache Versorgungsausgleich ist zur Wahrung des Verbundes die Entscheidung des Amtsgerichts aufheben und die Sache auch insoweit an das Amtsgericht zurückverweisen.

Das Amtsgericht hat auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu befinden (Sternal in Keidel, FamFG, 30. Aufl., § 69 Rn. 39a).

3. Der Auskunfts- und Beleganspruch der Antragstellerin in der Folgesache Unterhalt ergibt sich aus §§ 1580, 1605 Abs. 1 BGB.

Der Anspruch erstreckt sich dabei auch auf die Ausgaben für vermögensbildenden Anlagen, da dies nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschlüsse vom 15. November 2017 – XII ZB 503/16, NJW 2018, 468; vom 25. September 2019 – XII ZB 25/19, NJW 2019, 3570) Auswirkungen auf die Bemessung des Unterhaltsanspruchs haben kann.

4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf einer Schätzung des Senats gemäß §§ 40 Abs. 1, 42 Abs. 1, 38, 33 Abs. 1 FamGKG.

Für den (nicht bezifferten) Zugewinnausgleichsanspruch hat der Senat zugrunde gelegt, dass die Antragsgegnerin selbst im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 2. Januar 2018 von einem Gesamtvermögen des Antragstellers in Höhe von mehr als 23 Mio € ausging. Nach Abzug des vom Antragsteller behaupteten Anfangsvermögens in Höhe von knapp 7,8 Mio € verbleibt eine Differenz von rund 15,2 Mio, die bei einem nach dem Vortrag der Antragsgegnerin von ihr erzielten Zugewinn von rund 160.000 € einen Ausgleichsanspruch von rund 7,5 Mio € ergibt.

Im Rahmen des (nicht bezifferten) Nachehelichenunterhalts ist nach § 51 Abs. 1 FamGKG der für die ersten zwölf Monate nach Scheidung begehrte Unterhalt maßgeblich. Da die Antragsgegnerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 10.865 € verlangt, ist im Rahmen einer Schätzung von einem Wert in Höhe von 130.380 € auszugehen.

Für den Versorgungsausgleich ist bei vier Anrechten nach § 50 Abs. 1 FamGKG ein Wert von 26.160 € anzusetzen.

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