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Sorgerechtsentziehung bei schwerwiegender Gefährdung des Kindeswohls

AG Krefeld – Az.: 67 F 176/08 – Beschluss vom 04.08.2022

1. Den Antragsgegnern wird die elterliche Sorge für ihre Kinder F, geb. am 00.00.0000 und F, geb. am 00.00.2000 entzogen und dem Jugendamt der Stadt Krefeld als Vormund übertragen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

Den Eltern ist die elterliche Sorge für ihre Kinder F und F gem. § 1666 BGB zu entziehen, da bei einem Verbleib der Kinder im elterlichen Haushalt eine schwerwiegende Kindeswohlgefährdung zu befürchten ist.

Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen, insbesondere der Anhörung der beiden Kinder, ist das Gericht davon überzeugt, dass die Eltern ihren Kindern gegenüber in der Vergangenheit mehrfach in erheblichem Umfang gewalttätig geworden sind.

Nach Beginn der Einschulung der Kinder haben die Eltern einen erheblichen Druck ausgeübt, der darin gipfelte, dass die Kinder bei schulischen Leistungen, die nicht den Vorstellungen der Eltern entsprachen, geschlagen worden, unter anderem mit einer Eisenstange unter die Fußsohle. Auch wurde F mehrfach von ihrem Vater in einer mit Wasser gefüllten Badewanne unter Wasser gedrückt, bis sie kaum noch atmen konnte.

Die Kinder haben sich den Mitarbeitern des Jugendamtes Krefeld insoweit anvertraut und dies im Rahmen ihrer Anhörung beim Dezernenten inhaltlich bestätigt. Insoweit kann Bezug genommen werden auf den Vermerk vom 00.00.0000, den der Dezernent bzgl. der Anhörung der Kinder aufgenommen hat, und in dem unter anderem wie folgt ausgeführt ist:

„Nach vorheriger Absprache mit den Mitarbeitern des Jugendamtes erfolgte am 00.00.0000 die Anhörung der Kinder auf dem Dienstzimmer des Dezernenten. Die Kinder wurden in Abwesenheit anderer Personen einzeln angehört.

Die 12-jährige F erklärte:

Sorgerechtsentziehung bei schwerwiegender Gefährdung des Kindeswohls
(Symbolfoto: Little Pig Studio/Shutterstock.com)

Mit Beginn der Einschulung haben meine Eltern einen erheblichen Druck bzgl. schulischer Leistungen ausgeübt. Sobald sie mit meinen gezeigten Leistungen nicht einverstanden waren, bekam ich erheblichen Ärger und wurde von ihnen -insbesondere meinem Vater mit Händen aber auch Gegenständen geschlagen. Meine Eltern wollten immer, dass dich die Beste in der Klasse bin. Dies war aber nur in der 4. Klasse der Fall, wo ich dann auch entsprechend durch meinen Vater belohnt worden bin.

Im Zeugnis der Klasse 5 2. Halbjahr hatte ich eine 4 in Deutsch. Darüber war meine Mutter so verärgert, dass sie meine Beide ausgepeitscht hat.

Mein Vater hat mich in den letzten Jahren mit einer Eisenstange, insbesondere auf die Fußsohlen, geschlagen. Anschließend musste ich meine Füße ins kalte Wasser halten, damit man die Folgen nicht mehr sehen konnte.

Den Ärger, den mein Bruder und ich zu Hause bekamen, setzt bereits dann ein, wenn wir Noten bekamen, die schlechter als „sehr gut“ waren.

Hier in der Wohngruppe geht es uns gut und wir fühlen uns in großem und ganzen wohl. Dies würde ich gerne auch meinen Eltern mitteilen. Unter den gegebenen Umständen möchte ich nicht nach Hause, da ich Angst vor weiteren Gewalttätigkeiten habe. Eine Rückkehr kann ich mir nur dann vorstellen, wenn meine Eltern, insbesondere mein Vater, sein falsches Verhalten einsieht und verspricht, nicht mehr gewalttätig zu werden.

Der 8-jährige F erklärte:

Auch ich fühle mich in der Wohngruppe wohl, auch wenn es hin und wieder Auseinandersetzungen mit anderen Kindern gibt.

Ich wurde seit Eintritt in die Schule -von meinem Vater insbesondere- ständig geschlagen, unter anderem auch mit Gegenständen wie eine Eisenstange, wenn ich nicht die besten Noten vorzeigen konnte. Ab einer „zwei“ gab es Ärger mit meinen Eltern. Solange mein Vater gewalttätig ist, möchte ich nicht wieder zurück nach Hause.“

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kinder inhaltlich die Wahrheit gesagt haben, so dass die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens nicht erforderlich ist.

Die Kinder haben auch gegenüber der Mutter im Beisein des Jugendamtes unabhängig voneinander diese inhaltlichen Aussagen getätigt. Eine inhaltliche Beeinflussung F durch seine ältere Schwester ist auszuschließen, da die Mitarbeiter des Jugendamtes gerade ausdrücklich hierauf geachtet haben, dass die Kinder sich über die Vorfälle nicht unterhalten konnten, bevor auch F diesbezüglich gefragt worden ist.

Es mag zwar zutreffen, dass insbesondere F über eine hohe Phantasie verfügt. Das Gericht hält es jedoch nicht zuletzt unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks für ausgeschlossen, dass F über einen so langen Zeitraum hinweg ihre Eltern zu unrecht belasten würde. Im Rahmen der Anhörung ragen bei ihr wie auch bereits zuvor eher Entlastungstendenzen zu vernehmen.

Die Tätlichkeiten wurden überwiegend durch den Vater ausgeübt. Die Mutter war in einem Fall direkt beteiligt, als sie nach dem 2. Halbjahreszeugnis der Klasse 5 die Beine von F auspeitschte. Im übrigen hatte sie von den Verfehlungen ihres Mannes aber Kenntnis, war zugegen und hat sie nicht verhindert, so dass eine andere rechtliche Beurteilung nicht vorgenommen werden kann.

Unter Berücksichtigung der festgestellten Sachverhalte sind die Eltern derzeit als absolut erziehungsunfähig anzusehen. Eine Rückführung der Kinder in den elterlichen Haushalt wäre mit einer erheblichen schwerwiegenden Gefährdung des Kindeswohls verbunden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 13a FGG.

Gegenstandswert: 3000,00 EUR

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