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Trennungsunterhalt – Berücksichtigung von nach der Trennung eingegangenen Verbindlichkeiten

OLG Brandenburg, Az.: 13 UF 166/14, Beschluss vom 06.10.2016

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung seiner weitergehenden Beschwerde wird die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Eberswalde vom 11.06.2014 – 3 F 348/13 – und Neufassung der dortigen Entscheidung zu 1. und 2. verpflichtet,

1. an den Antragsteller laufenden Trennungsunterhalt zu zahlen, und zwar monatlich

  • 220,00 € ab Juni bis Dezember 2014,
  • 214,00 € ab Januar bis Mai 2015,
  • 466,67 € ab Juni bis Dezember 2015 und
  • 316,00 € ab Januar 2016;

2. an den Antragsteller für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis einschließlich 31.05.2014 rückständigen Trennungsunterhalt von 6.071 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.06.2014 zu zahlen.

II. Von den Kosten der Beschwerde haben der Antragsteller 46 % und die Antragsgegnerin 54% zu tragen.

III. Wert der Beschwerde: bis zu 13.000 €

Gründe

I.

Trennungsunterhalt - Berücksichtigung von nach der Trennung eingegangenen Verbindlichkeiten
Symbolfoto: Von sebra /Shutterstock.com

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin, seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau, eine Zahlung als Beteiligung an einer Steuererstattung sowie rückständigen und laufenden Trennungsunterhalt.

Die Beteiligten sind verheiratet, waren für die Jahre 2008 bis 20011 steuerlich gemeinsam veranlagt und leben seit Oktober 2012 getrennt. Gemäß Steuerbescheiden vom 26.11.2012 und 13.12.2012 überwies das Finanzamt im Jahre 2012 insgesamt 4.267,60 € als Steuererstattung für die genannten Veranlagungszeiträume auf das Konto der Antragsgegnerin.

Mit Schreiben vom 17.01.2013 ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin zur Auskunft auffordern, um seine Unterhaltsansprüche zu berechnen. Er hat für die Zeit von 01/2013 bis 07/2013 Trennungsunterhaltsrückstände von 1.421 € und ab 08/2013 einen laufenden Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 181 € für gegeben erachtet und zunächst insoweit gemäß Schriftsatz vom 14.11.2013 angetragen (vgl. 83, 127).

Die Antragsgegnerin hat weder einen Ausgleichsanspruch für Steuererstattungen noch Unterhaltsansprüche des Antragstellers für gegeben erachtet.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht den Anträgen aus dem Schriftsatz vom 14.11.2013 zum Unterhalt stattgegeben. Vorbringen des Antragstellers zu einer Antragserweiterung in einem – insoweit nicht nachgelassenen – Schriftsatz vom 16.05.2014 hat es als verspätet zurückgewiesen. Den weitergehenden Antrag auf anteilige Erstattung der Steuerrückzahlung hat es abgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Ausgleichsanspruch für die Steuererstattungen uneingeschränkt und seine Unterhaltsansprüche in erweitertem Umfang, wie zuletzt erstinstanzlich geltend gemacht, weiter.

Die Steuererstattungen seien im Verhältnis der Einkommen der Beteiligten zwischen diesen aufzuteilen. Sein Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 16.05.2014 zu Unterhaltsansprüchen habe das Amtsgericht zu Unrecht als verspätet behandelt und Bereinigungspositionen zu seinen Lasten übergangen.

Der Antragsteller beantragt, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 1.621,69 € nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz hieraus seit dem 04.04.2013 zu zahlen.

2. Die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn beginnend mit dem 01.06.2014 einen laufenden monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 466,64 € zu zahlen.

3. Die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis einschließlich 31.05.2014 rückständigen Trennungsunterhalt von 8.720,19 € nebst fünf Prozentpunkten hieraus seit dem 01.06.2014 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss im Umfang ihres erstinstanzlichen Obsiegens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (339, 343r), ohne mündliche Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG), von der weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten waren.

II.

Die nach §§ 58 ff, 117 FamFG statthafte und zulässige Beschwerde hat nur in Ansehung der Unterhaltsansprüche teilweise Erfolg.

1. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin Ansprüche auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB. Die Ehe der Beteiligten und deren Trennung ab Oktober 2012 sind unstreitig.

2013

Der Trennungsunterhaltsanspruch des Antragstellers beziffert sich ab Januar 2013 gerundet (vgl. Nr. 25 Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL) auf 313 €.

Antragsteller……….

Nach den zweitinstanzlich unangegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts belief sich das Nettogehalt des Antragstellers bis Juli 2013 auf monatlich 1.861,20 € (vgl. 246). Der vom Antragsteller geleistete Kindesunterhalt von 309 € monatlich, das Nettogehalt der Antragsgegnerin von 2.540,02 € und ihr Krankenkassenbeitrag von monatlich 235,30 € sind in der Beschwerdeinstanz ebenfalls nicht umstritten.

Steuererstattungen hat das Amtsgericht zu Recht als Einkommen der Antragsgegnerin für 2013 außer Acht gelassen. Nach 1.7 LL sind sie im Jahr des Zuflusses zu berücksichtigen. Zugeflossen sind sie der Antragsgegnerin nach dem Vorbringen des Antragstellers in 2012 (vgl. 164).

Ab Juni 2013 beziffert sich der Unterhaltsanspruch des Antragstellers auf 438 €.

…………..

Der Antragsteller kann ab diesem Monat weitere Zahlungen von 291,59 € einkommensmindernd berücksichtigen. Es handelt sich um Zins- und Tilgungsleistungen auf gemeinsame Darlehnsverbindlichkeiten aus Zeiten vor der Trennung zur Finanzierung eines im gemeinsamen Eigentum stehenden Grundstücks und insoweit um eine gemeinsame Vermögensbildung, die bis zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung beiden Beteiligten zu Gute kommt (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 1, Rn. 1090, 1091 m.w.N.). Die Leistung von insgesamt 2.041,16 € (vgl. 343), bei sieben Monaten monatsdurchschnittlich 291,59 €, auf Verbindlichkeiten der Beteiligten auf die Immobilienkredite ab Juni 2013 ist unstreitig.

Soweit der Antragsteller ab Mai 2013 monatlich 200 € als Rückzahlung auf ein Darlehn von seinen Eltern zur Finanzierung einer Küche berücksichtigt wissen will, dringt er hiermit nicht durch. Es handelt sich um eine Verbindlichkeit, die er nach Trennung eingegangen ist, und die sich die Antragsgegnerin nur dann entgegenhalten lassen muss, wenn die Schuld unterhaltsbezogen nicht leichtfertig oder mutwillig eingegangen wurde. An diese Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Neben der Notwendigkeit der Anschaffung muss auch die Finanzierung notwendig und dürfen deshalb insbesondere keine anderweitigen Mittel vorhanden sein (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, § 1 Rn. 1084 m.w.N.). Das lässt sich nicht feststellen, da der Antragsteller lediglich eine Finanzierung, nicht aber deren Notwendigkeit vorgetragen hat (vgl. 168).

Ab August 2013 beträgt das Nettoeinkommen des Antragstellers nach den unangegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts 1.854,20 € monatlich. Es ergibt sich bei im Übrigen gleichbleibendem Rechenweg ein Unterhaltsanspruch von nunmehr 441 €.

2014

Ab Januar 2014 beziffert sich der Unterhaltsanspruch des Antragstellers auf 545 €.

…………..

Zins und Tilgung auf die Immobilienkredite sind hier auch in Ansehung des Wohnvorteils des Antragstellers vollumfänglich berücksichtigungsfähig (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 1, Rn. 506, 507 m.w.N.).

Als Wohnwert sind dem Antragsteller 650 € zuzurechnen. Die Wohnfläche von 130 qm ist zwischen den Beteiligen nicht im Streit und ergibt sich im Übrigen aus den vom Antragsteller selbst eingereichten Grundrissen (vgl. K19, 174, 175). Die ortsangemessene Miete geben beide Beteiligten übereinstimmend mit 5 €/qm an (vgl. 89, 167). Dass die Gesamtfläche objektiv nutzbar ist, stellt der Antragsteller nicht in Abrede.

Soweit er geltend macht, für sich persönlich nur 84,47 qm zu nutzen, dringt er hiermit nicht durch. Nach Ablauf des Trennungsjahres ist der objektive Marktwert anzusetzen und dieser richtet sich nach der objektiv nutzbaren Fläche.

Ohne Erfolg bleibt der von ihm versuchte Abzug verbrauchsunabhängiger Kosten. Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten i.S. von § 556 Abs. 1 BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (vgl. BGH FamRZ 2009, 1300). Die genannten Kosten sind umlagefähig nach § 2 BetrKV und im Übrigen weder beziffert noch belegt.

2015

Ab Januar 2015 beziffert sich der Unterhaltsanspruch des Antragstellers auf 214 €.

………

Der Antragsteller hat in 2015 unwidersprochen insgesamt 6.100,49 € und damit monatsdurchschnittlich 508,37 € auf Verbindlichkeiten der Beteiligten auf die Immobilienkredite der Beteiligten geleistet (vgl. 376, 437, 438). Die Zahlung von insgesamt 145,50 € und damit monatsdurchschnittlich 12,13 € in 2015 auf Grundsteuern für das gemeinsame Grundstück ist ebenfalls unstreitig.

Ab Juni 2015 sind dem Antragsteller 466,67 € als Trennungsunterhalt zuzusprechen. Da er das Hausgrundstück ab diesen Monat unstreitig nicht mehr nutzt, beziffert sich sein Unterhaltsanspruch nach Wegfall seines Wohnvorteils auf 539 €.

…………….

Der Senat ist nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 308 ZPO an den klägerischen Antrag gebunden (vgl. 391). Der eheangemessene Selbstbehalt (21.4 LL) der Antragsgegnerin von 1.200 € für 2015 ist gewahrt.

2016

Ab Januar 2016 beziffert sich der Unterhaltsanspruch des Antragstellers auf 316 €.

………..

Zahlungen auf Immobilienkredite oder auf Grundsteuern hat der Antragsteller als Positionen einer unterhaltsrechtlichen Einkommensbereinigung in 2016 nicht geltend gemacht.

2. Die Rückstände sind nach §§ 1361, 1613 BGB auch für die Zeit vor Rechtshängigkeit forderbar und beziffern sich zur Verzinsung beansprucht nach dem Vorstehenden auf 6.071 €:

……..

3. In Ansehung des Ausgleichsanspruchs gegen die Antragsgegnerin wegen Steuerrückerstattungen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.

Ein Erstattungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin lässt sich nicht feststellen. Die Aufteilung einer nach der Trennung fällig gewordenen Steuerschuld und der sich hieraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsanspruch zusammen veranlagter Ehegatten richtet sich nach § 426 BGB und hat im dortigen Innenverhältnis grundsätzlich unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung der Ehegatten zu erfolgen. Die fiktiv getrennten Veranlagungen haben, um zu einem einkommensteuerkonformen Ergebnis zu führen, die konkrete steuerliche Situation des jeweiligen Ehegatten, insbesondere die abzugsfähigen Beträge und Tarifermäßigungen zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2006, 1178). Die sich auf der Grundlage fiktiv getrennter Veranlagungen ergebenden Steuerbelastungen des jeweiligen Ehegatten hat der Antragsteller nicht vorgebracht, ebenso wenig dessen jeweilige konkrete steuerliche Situation.

Auf das vom Antragsteller herangezogene Verhältnis der Einkommen, die die Eheleute in den Veranlagungszeiträumen erzielt haben, kommt es nach dem Urteil des BGH, auf das der Senat den Beschwerdeführer ausdrücklich hingewiesen hat (384), nicht an (vgl. BGH FamRZ 2006, 1178, Rn 20 ff m.w.N.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG. Die Wertfestsetzung für die Beschwerdeinstanz ergibt sich aus den §§ 55 Abs. 2, 33, 35, 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 FamGKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.

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