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Überprüfung des ehevertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs

Nach 27 Jahren und dem Tod ihres Ex-Mannes erstritt eine Frau vor dem Oberlandesgericht München erfolgreich ihren Versorgungsausgleich. Der ursprünglich gültige Ehevertrag wurde aufgrund der damaligen Schwangerschaft der Frau und der einseitigen Lastenverteilung als sittenwidrig eingestuft. Nun erhält die Frau nachträglich einen beträchtlichen Teil der Rentenansprüche ihres verstorbenen Ex-Mannes zugesprochen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberlandesgericht München widmete sich der Frage, ob ein Versorgungsausgleich trotz eines notariellen Ausschlusses in einem Ehevertrag durchgeführt werden kann.
  • Im Zusammenhang steht der Ausschluss des Versorgungsausgleichs im Ehevertrag kurz vor der Eheschließung. Dabei war die Antragstellerin schwanger und in einer schwachen Verhandlungsposition.
  • Die komplexe Schwierigkeit lag darin, ob der Ausschluss aufgrund eines veränderten rechtlichen Verständnisses zur Sittenwidrigkeit von Eheverträgen hinfällig ist.
  • Das Gericht hob die vorige Entscheidung des Amtsgerichts auf und entschied, dass ein Versorgungsausgleich durchzuführen ist.
  • Grund für die Entscheidung war die fehlende materielle Rechtskraft der früheren Feststellung, dass kein Versorgungsausgleich stattfindet, sowie die Sittenwidrigkeit des Ehevertrags aufgrund einseitiger Lastenverteilung.
  • Außerdem kann der Einwand der Verwirkung nicht aufrechterhalten werden, da der Maßstab für eine Verwirkung strenger ist als der allgemeine Grundsatz.
  • Die Durchführung des Versorgungsausgleichs sollte das Anrecht der Antragstellerin sowie des verstorbenen Ex-Ehemanns in der Rentenversicherung berücksichtigen. Dies soll sicherstellen, dass kein Erbteil zu einer günstigeren Stellung führt als der reguläre Versorgungsausgleich.
  • Diese Entscheidung stärkt die Position von Personen, die unter ähnlichen Bedingungen Eheverträge geschlossen haben und zeigt ihre rechtlichen Möglichkeiten zur Anfechtung solcher Verträge.

Ehevertrag: Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs und seine Folgen im Scheidungsfall

Eheverträge sind ein wichtiges Instrument, um die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Ehe zu gestalten und sich vor unerwarteten finanziellen Belastungen zu schützen. Insbesondere der ehevertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs spielt hierbei eine zentrale Rolle. Dieser Ausschluss kann Einfluss auf die Vermögensaufteilung und die Altersvorsorge der Ehepartner haben, insbesondere im Falle einer Scheidung. Eine sorgfältige Notarielle Beurkundung sowie individuelle Absprachen sind entscheidend, um langfristige Planungen und den Vermögensschutz zu gewährleisten.

Der Versorgungsausgleich regelt, wie während der Ehe erworbene Rentenansprüche im Trennungsfall auf die Ehepartner aufgeteilt werden. Ein bewusster Ausschluss dieses Ausgleichs bedarf einer rechtlichen Prüfung, um Folgen wie Ansprüche im Alter und Ehegattenunterhalt zu klären. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Thematik vertieft und aufzeigt, welche rechtlichen Aspekte hierbei zu beachten sind.

Der Fall vor Gericht


Späte Abrechnung: Sittenwidriger Ehevertrag nach 27 Jahren erfolgreich angefochten

In einem wegweisenden Fall hat das Oberlandesgericht München einer Frau nachträglich den Versorgungsausgleich zugesprochen, der ihr 1994 durch einen Ehevertrag verwehrt worden war.

Sittenwidriger Ehevertrag und Versorgungsausgleich
Das OLG München entschied, dass ein sittenwidriger Ehevertrag nachträglich den Versorgungsausgleich für eine Frau zuließ, die während der Ehe vorwiegend für die Kinderbetreuung verantwortlich war. (Symbolfoto: Flux gen.)

Die geschiedene Ehefrau hatte kurz vor der Eheschließung im Jahr 1982 – damals schwanger mit dem zweiten gemeinsamen Kind – einen Ehevertrag unterschrieben, der Gütertrennung vorsah und sowohl den Versorgungsausgleich als auch nachehelichen Unterhalt ausschloss.

Mütterliche Fürsorge ohne finanzielle Absicherung

Während der elfjährigen Ehe widmete sich die Frau hauptsächlich der Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder und ging nur einer geringfügigen Beschäftigung nach. Nach der Scheidung im Jahr 1994 wurde aufgrund des Ehevertrags kein Versorgungsausgleich durchgeführt. Das Familiengericht prüfte damals lediglich, ob der Scheidungsantrag innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss gestellt wurde – was nicht der Fall war.

Erfolgreiche Klage gegen die Erbin

Nach dem Tod ihres Ex-Mannes machte die Frau den Versorgungsausgleich gegenüber dessen Witwe und Alleinerbin geltend. Das OLG München gab ihr Recht: Der Ehevertrag sei sittenwidrig, da er in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreife und die Lasten der Ehe einseitig verteile. Die unterlegene Verhandlungsposition der schwangeren Frau beim Vertragsschluss bestätige die Sittenwidrigkeit.

Rechtliche Neubewertung ermöglicht späten Ausgleich

Das Gericht stellte klar, dass die frühere Entscheidung von 1994 gegen einen Versorgungsausgleich nicht rechtskräftig war, da sie nur eine formale Feststellung ohne materielle Prüfung darstellte. Der lange Zeitraum bis zur jetzigen Geltendmachung stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die Härtefallregelung des Versorgungsausgleichsgesetzes verdränge die allgemeinen Grundsätze zur Verwirkung.

Substanzielle Ausgleichszahlungen angeordnet

Das OLG ordnete einen internen Ausgleich der Rentenansprüche an. Zu Lasten des verstorbenen Ex-Ehemanns werden der Frau 3,9026 Entgeltpunkte bei der Deutschen Rentenversicherung gutgeschrieben, während sie selbst 0,9835 Entgeltpunkte abgeben muss. Das Gericht berücksichtigte dabei die deutlich längere Ehedauer der Antragstellerin (11 Jahre) im Vergleich zur späteren Ehe des Mannes (1 Jahr) sowie die Tatsache, dass sie wegen der Kinderbetreuung kaum eigene Rentenansprüche aufbauen konnte.


Die Schlüsselerkenntnisse


Ein sittenwidriger Ehevertrag kann auch noch nach Jahrzehnten erfolgreich angefochten werden, wenn die unterlegene Vertragsposition (hier: Schwangerschaft) ausgenutzt wurde und keine angemessene Kompensation erfolgte. Der bloße Zeitablauf führt nicht zur Verwirkung des Anspruchs auf Versorgungsausgleich. Eine frühere gerichtliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist nicht bindend, wenn damals keine umfassende inhaltliche Prüfung des Ehevertrags stattfand.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Ehevertrag unter Druck unterschrieben haben, der Ihnen wichtige Ansprüche wie den Versorgungsausgleich nimmt, können Sie auch Jahre später noch dagegen vorgehen. Dies gilt besonders, wenn Sie zum Zeitpunkt der Unterschrift in einer schwachen Position waren, etwa durch Schwangerschaft, und sich hauptsächlich um Kinder und Haushalt gekümmert haben. Auch wenn bei Ihrer Scheidung kein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde, können Sie diesen unter Umständen noch nachträglich einfordern – selbst wenn Ihr Ex-Partner inzwischen verstorben ist. Die Gerichte berücksichtigen dabei Ihre gesamte Lebenssituation und die Frage, ob der Verzicht auf Versorgungsausgleich für Sie besonders ungerecht war.


Benötigen Sie Hilfe?

Rechtliche Entscheidungen aus der Vergangenheit belasten Sie noch heute? Als erfahrene Experten im Familienrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Ansprüche auch Jahre später durchzusetzen. Gerade bei Eheverträgen, die unter schwierigen Umständen geschlossen wurden, lohnt sich eine individuelle rechtliche Prüfung – denn Ihre persönliche Situation verdient eine faire und gerechte Lösung. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann ist ein Ehevertrag sittenwidrig?

Ein Ehevertrag ist nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn er einen Ehegatten einseitig und unangemessen benachteiligt. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich dabei aus der Gesamtschau aller vertraglichen Regelungen.

Objektive Kriterien

Die objektive Sittenwidrigkeit zeigt sich durch das Zusammenwirken mehrerer belastender Regelungen. Wenn ein Ehevertrag gleichzeitig den Versorgungsausgleich ausschließt, den Unterhalt stark einschränkt und Gütertrennung vereinbart, kann dies auf eine verwerfliche Gesinnung hindeuten.

Subjektive Voraussetzungen

Für die Sittenwidrigkeit muss zusätzlich eine gestörte Vertragsparität vorliegen. Diese kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben:

  • Eine Zwangslage eines Ehepartners
  • Soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit
  • Intellektuelle Unterlegenheit
  • Sprachliche Barrieren bei ausländischen Ehepartnern

Besonders kritische Regelungen

Bestimmte Vereinbarungen führen besonders häufig zur Sittenwidrigkeit:

Der vollständige Ausschluss des Betreuungsunterhalts ist regelmäßig sittenwidrig, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kinder geplant waren oder bereits existierten. Auch der uneingeschränkte Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann zur Sittenwidrigkeit führen, wenn ein Ehepartner während der Ehe keine eigenen Versorgungsanwartschaften aufbauen kann.

Die Folge der Sittenwidrigkeit ist die vollständige Nichtigkeit des Ehevertrags. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Regelungen zu Unterhalt, Versorgungsausgleich und Zugewinn.


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Welche Rechte habe ich beim Versorgungsausgleich nach der Scheidung?

Der Versorgungsausgleich gewährt Ihnen einen gesetzlichen Anspruch auf die Hälfte aller während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften Ihres Ehepartners. Dies gilt für die Zeit vom Beginn des Heiratsmonats bis zum Ende des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags.

Grundlegende Ansprüche

Sie haben das Recht auf Teilhabe an sämtlichen Versorgungsanwartschaften, die während der Ehe entstanden sind. Dies umfasst gesetzliche Rentenversicherung, Beamtenversorgung, berufsständische Versorgungswerke und betriebliche Altersvorsorge. Die Teilung erfolgt dabei nach dem Prinzip der internen Teilung – Sie erhalten ein eigenes Rentenkonto mit der Hälfte der Anwartschaften.

Besondere Schutzrechte

Wenn Sie wegen Kinderbetreuung weniger oder gar nicht gearbeitet haben, genießen Sie besonderen Schutz. Ein kompensationsloser Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist in diesem Fall nichtig. Das Familiengericht prüft von Amts wegen, ob Ihre Altersversorgung durch den Versorgungsausgleich angemessen gesichert ist.

Gestaltungsrechte

Sie können den Versorgungsausgleich aktiv mitgestalten:

  • Bei Ehen unter drei Jahren findet der Versorgungsausgleich nur auf Antrag statt
  • Sie können die Auskünfte der Versorgungsträger überprüfen und dazu Stellung nehmen
  • Bei ungewöhnlich langer Trennungszeit können Sie beantragen, den Ausgleich auf den Zeitraum bis zur Trennung zu beschränken

Die Durchführung des Versorgungsausgleichs erfolgt automatisch durch das Familiengericht. Sie erhalten nach Abschluss eine eigene Rentenanwartschaft, die unabhängig von Ihrem Ex-Partner ist und mit Renteneintritt ausgezahlt wird.


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Was passiert mit dem Versorgungsausgleich nach dem Tod des Ex-Partners?

Der Tod eines Ex-Partners kann unterschiedliche Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich haben, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt der Todesfall eintritt.

Tod vor rechtskräftiger Scheidung

Verstirbt ein Ehepartner vor der rechtskräftigen Scheidung, findet kein Versorgungsausgleich statt. Das Verfahren wird in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Tod nach Scheidung, aber vor Rechtskraft des Versorgungsausgleichs

Wenn der ausgleichsberechtigte Ex-Partner nach der Scheidung, aber vor der rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich verstirbt, erlischt der Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs. Die Erben haben keinen Anspruch auf einen Wertausgleich.

Tod nach rechtskräftigem Versorgungsausgleich

Verstirbt der ausgleichsberechtigte Ex-Partner nach rechtskräftigem Versorgungsausgleich, können Sie als ausgleichspflichtiger Ex-Partner unter bestimmten Voraussetzungen eine Anpassung des Versorgungsausgleichs beantragen:

  • Wenn der Ex-Partner vor Erreichen des Rentenalters verstorben ist
  • Wenn der Ex-Partner die Versorgung nicht länger als 36 Monate bezogen hat

Antragstellung und Fristen

Die Anpassung des Versorgungsausgleichs erfolgt nicht automatisch. Sie müssen einen Antrag bei Ihrem Versorgungsträger stellen. Der Antrag ist formlos möglich, sollte aber Ihre Versicherungsnummer und die des verstorbenen Ex-Partners enthalten.

Bei einer erfolgreichen Anpassung erhalten Sie Ihre durch den Versorgungsausgleich abgegebenen Ansprüche ab dem Monat der Antragstellung zurück. Eine rückwirkende Erstattung ist nicht möglich.


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Wie lange kann ich Ansprüche aus dem Versorgungsausgleich geltend machen?

Der Versorgungsausgleich wird grundsätzlich von Amts wegen im Rahmen des Scheidungsverfahrens durchgeführt. Eine spezielle Verjährungsfrist existiert daher nicht, da das Familiengericht den Versorgungsausgleich automatisch mit der Scheidung regelt.

Besondere Konstellationen

Bei Ehen mit einer Dauer von maximal drei Jahren wird der Versorgungsausgleich nur auf ausdrücklichen Antrag eines Ehegatten durchgeführt. In diesem Fall muss der Antrag vor Rechtskraft der Scheidung gestellt werden.

Nachträgliche Änderungen

Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich können zu jedem Zeitpunkt getroffen werden – sowohl vor der Ehe als auch während der Ehe und selbst noch während des laufenden Scheidungsverfahrens. Diese Vereinbarungen müssen allerdings notariell beurkundet werden.

Verwirkung von Ansprüchen

Eine Verwirkung des Versorgungsausgleichs kann in Härtefällen eintreten. Dies ist beispielsweise möglich, wenn zwischen Trennung und Scheidungsantrag mehrere Jahre liegen oder wenn ein Ehegatte seine Unterhaltspflichten während des Zusammenlebens gröblich verletzt hat.

Überprüfung bestehender Vereinbarungen

Die gerichtliche Überprüfung eines vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs ist auch noch nach Jahren möglich. Das Gericht prüft dabei, ob die Vereinbarung zu einer einseitigen, unangemessenen Benachteiligung führt. Bei festgestellter Sittenwidrigkeit kann die Vereinbarung für nichtig erklärt werden.


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Welche Bedeutung hat die Situation zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses?

Die Situation zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist für die Wirksamkeit eines Ehevertrags von entscheidender Bedeutung. Das Gericht prüft bei der Wirksamkeitskontrolle ausschließlich die Umstände, die bei Vertragsschluss vorlagen.

Verhandlungsposition der Ehepartner

Eine ungleiche Verhandlungsposition kann zur Sittenwidrigkeit des Vertrags führen. Besonders kritisch wird eine Schwangerschaft der Ehefrau zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gesehen, da diese eine typische Situation der Unterlegenheit darstellt.

Wirtschaftliche und soziale Faktoren

Bedeutsam sind auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Partner sowie der geplante Zuschnitt der Ehe. Eine zu große finanzielle Abhängigkeit vom Partner kann problematisch sein. Auch erhebliche Unterschiede im Bildungsgrad oder mangelnde Sprachkenntnisse können die Wirksamkeit des Vertrags gefährden.

Freiwilligkeit der Vereinbarung

Der Vertrag muss in einer Situation geschlossen werden, in der beide Partner frei entscheiden können. Wenn ein Partner den Vertrag nur unterschreibt, weil er sonst aus Deutschland ausgewiesen würde oder weil der andere mit Konsequenzen droht, ist der Vertrag sittenwidrig.

Bedeutung für spätere Entwicklungen

Spätere Entwicklungen nach Vertragsschluss werden bei der Wirksamkeitskontrolle nicht berücksichtigt. Diese können jedoch im Rahmen einer späteren Ausübungskontrolle relevant werden, wenn sich die Lebensumstände deutlich anders entwickelt haben als bei Vertragsschluss geplant.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich ist ein Verfahren, das im Fall einer Scheidung festlegt, wie die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ehepartnern aufgeteilt werden. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass beide Partner im Alter abgesichert sind, selbst wenn einer von ihnen nicht oder nur wenig gearbeitet hat. Das zugrundeliegende Gesetz ist das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG). Ein Beispiel wäre, wenn ein Ehepartner während der Ehe Vollzeit berufstätig war und der andere sich um die Kinder gekümmert hat; der Versorgungsausgleich sorgt dafür, dass die Rentenansprüche fair geteilt werden. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs in einem Ehevertrag bedarf einer genauen Überprüfung, da er wesentliche finanzielle Auswirkungen auf beide Parteien haben kann.


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Sittenwidrigkeit

Sittenwidrigkeit bedeutet im rechtlichen Kontext, dass ein Vertrag oder eine Klausel im Vertrag gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dies ist im § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert. Ein sittenwidriger Vertrag ist nichtig und hat keine Rechtswirkung. In dem gegebenen Fall wurde der Ehevertrag als sittenwidrig angesehen, weil er die schwangere Frau in eine unterlegene Verhandlungsposition brachte und die Lasten der Ehe einseitig verteilte. Ein Beispiel für Sittenwidrigkeit wäre ein Vertrag, der eine Partei in unzumutbarer Weise benachteiligt, zum Beispiel, indem grundlegende Ansprüche wie der Versorgungsausgleich ungerechtfertigt ausgeschlossen werden.


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Gütertrennung

Gütertrennung ist ein Begriff aus dem Ehevertragsrecht und beschreibt einen Zustand, bei dem die Vermögensverhältnisse der Ehepartner während der Ehe strikt getrennt bleiben. Bei einer Scheidung findet demnach kein Zugewinnausgleich statt. Die gesetzliche Grundlage für die Gütertrennung findet sich in § 1414 BGB. Im besprochenen Fall wurde diese Regelung vereinbart, was bedeutet, dass jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen behält. Eine Gütertrennung kann für Paare sinnvoll sein, die beide über erhebliche Vermögenswerte verfügen und diese unabhängig voneinander verwalten möchten.


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Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts

Der Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts bezieht sich auf die wesentlichen Regelungen, die bei einer Scheidung in Betracht gezogen werden müssen, wie Unterhalt, Vermögensaufteilung und eben auch der Versorgungsausgleich. Diese Bereiche sind essentiell, um nach der Trennung eine faire und gerechte Aufteilung der ehelichen Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall griff der angefochtene Ehevertrag in diesen Kernbereich ein, indem er zentrale Ansprüche wie den Versorgungsausgleich ausschloss. Ohne angemessene Absicherung in diesen Bereichen kann ein Vertrag als sittenwidrig und damit unwirksam beurteilt werden.


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Notarielle Beurkundung

Die notarielle Beurkundung ist ein formelles Verfahren zur Beglaubigung eines Dokuments durch einen Notar. Dieser Vorgang soll den Parteien Klarheit über den Inhalt und die Rechtsfolgen des Vertrags verschaffen. Im Kontext eines Ehevertrags erhöht die notarielle Beurkundung die Rechtssicherheit, da der Notar die Verpflichtungen und Risiken ausführlich erläutert. Auch wenn ein Ehevertrag notariell beglaubigt ist, kann er dennoch für sittenwidrig erklärt werden, wenn er etwa eine unverhältnismäßige Benachteiligung darstellt, wie im geschilderten Fall bezüglich des Versorgungsausgleichs.


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Verwirkung

Verwirkung beschreibt im juristischen Sinne den Verlust eines bestehenden Anspruchs, der durch das Zeitmoment und das Umstandsmoment begründet wird. Wenn ein Anspruch über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wird und der Berechtigte so handelt, dass der Verpflichtete darauf vertrauen darf, dass der Anspruch nicht mehr gilt, kann Verwirkung eintreten. In dem besprochenen Fall wurde eine Ausnahme gemacht, da die Härtefallregelung des Versorgungsausgleichsgesetzes über die allgemeinen Verwirkungsprinzipien hinweg entschied. Ein typisches Beispiel für Verwirkung wäre, wenn jemand über Jahre hinweg Unterhaltsansprüche nicht geltend macht und der Unterhaltspflichtige sein Verhalten darauf einstellt.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1408 BGB: Dieser Paragraph regelt die Möglichkeiten des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs im Rahmen von Eheverträgen. Er stellt klar, dass ein Ausschluss nur wirksam sein kann, wenn er notariell beurkundet und die Ehegatten über die Konsequenzen aufgeklärt sind. Im vorliegenden Fall haben die Parteien in ihrem Ehevertrag den Versorgungsausgleich vollständig ausgeschlossen, was in der späteren Scheidungsentscheidung als rechtsgültig anerkannt wurde.
  • § 27 VersAusglG: Diese Vorschrift beschreibt die Härtefallregelung im Versorgungsausgleich und berücksichtigt, dass unter bestimmten Umständen auch nach einem Ausschluss weiterhin Ansprüche geltend gemacht werden können. Die Entscheidung des OLG verdeutlicht, dass trotz des früheren Ausschlusses unter strengen Voraussetzungen ein Versorgungsausgleich doch durchführbar sein kann, was für die Antragstellerin von Bedeutung ist, da sie die Möglichkeit sucht, ihre Ansprüche durchzusetzen.
  • § 53d S. 1 FGG: Dieser Paragraph behandelt die Verfahrensvorschriften für Familiensachen und stellt fest, dass bestimmte Entscheidungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nicht immer einer Sachentscheidung bedürfen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch festgestellt, dass die Entscheidung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs materiell rechtskräftig ist, was Einfluss auf die aktuellen Ansprüche der Antragstellerin hat.
  • § 242 BGB: Dieser Paragraph regelt die Grundsätze von Treu und Glauben im deutschen Zivilrecht und kann bei der Auslegung von Eheverträgen sowie der damit verbundenen Ansprüche herangezogen werden. Der OLG München hat klargestellt, dass die Anwendung der Härtefallregelung strenger ist als die Verwirkung nach § 242 BGB, wodurch das Gericht den Schutz der schwächeren Partei, hier die Antragstellerin, stärkt.
  • BGH-Urteil vom 22.10.2008: Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs befasst sich mit der materiellen Rechtskraft von Entscheidungen über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs und stellt klar, dass auch durch nachträglich geänderte Rechtsprechung die Wirksamkeit dieser Ausschlüsse nicht automatisch in Frage gestellt werden kann. Dies ist für den vorliegenden Fall entscheidend, da die Antragstellerin sich gegen die materielle Rechtskraft des früheren Urteils wendet und versucht, ihren Anspruch auf den Versorgungsausgleich geltend zu machen.

Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 2 UF 356/21 – Beschluss vom 26.09.2023


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