Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 10 UF 159/13 UF – Beschluss vom 21.02.2014
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 12. Juli 2013 abgeändert.
Die Großeltern väterlicherseits haben das Recht, mit dem Kind C… W… jedes Jahr in den Herbstferien des Landes Brandenburg eine Woche zusammen zu sein, und zwar vom 1. Samstag nach dem letzten Schultag, 10:00 Uhr, bis zum darauffolgenden Samstag, 18:00 Uhr.
Die Großeltern väterlicherseits holen das Kind zu Beginn des Umgangs von der Wohnung der Mutter ab und bringen es am Ende des Umgangs wieder dorthin zurück. Die Mutter hält das Kind zu Beginn des Umgangs zur Abholung bereit und nimmt es am Ende des Umgangs an ihrer Wohnung entgegen.
Bei einer Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Regelungen kann ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angeordnet werden. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen.
Die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz werden den Großeltern väterlicherseits und der Mutter je zur Hälfte auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Großeltern väterlicherseits begehren Ferienumgang mit ihrer Enkeltochter C….
C… Eltern leben voneinander getrennt. C… lebt bei ihrer Mutter. Der Umgang des Vaters ist durch Beschluss des Amtsgerichts vom 10.2.2012 (3 F 219/11) geregelt. Ein unter dem 25.10.2012 eingeleitetes Umgangsvermittlungsverfahren (3 F 269/12) erklärte der Vater mit Schriftsatz vom 8.2.2013 für erledigt.
Unter dem 30.7.2012 haben die Großeltern väterlicherseits den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin beantragt, dass sie mit ihrer Enkeltochter Umgang an jedem ersten Wochenende eines Monats sowie in den Herbstferien vom 6. bis zum 13.10.2012 haben. Durch Beschluss vom 20.8.2012 hat das Amtsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen, in der den Anträgen der Großeltern weitgehend Rechnung getragen worden ist. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat die Mutter nach Hinweis des Senats auf die fehlende Anfechtbarkeit nach § 57 FamFG zurückgenommen. Im Anschluss hat die Mutter unter Hinweis auf § 54 Abs. 2 FamFG eine erneute Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 9.1.2013 haben die weiteren Beteiligten erklärt, mit Unterstützung des Jugendamtes solle der Versuch einer einvernehmlichen Umgangsregelung unternommen werden. Hierauf hat das Amtsgericht noch in der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der einstweiligen Anordnung verkündet. Unter dem 17.4.2013 haben die Großeltern unter Hinweis darauf, dass die Vermittlung durch das Jugendamt nicht zu einer Lösung habe führen können, die Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens begehrt, dabei aber nicht ausdrücklich beantragt, dass eine einstweilige Anordnung zu erlassen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 21.6.2013 haben die weiteren Beteiligten eine gerichtlich gebilligte (Teil-) Vereinbarung dahin geschlossen, dass die Großeltern väterlicherseits im Anschluss an den Umgang des Vaters, wenn er auf ein Wochenende oder in ein Wochenende fällt, Umgang mit dem Kind an dem sich anschließenden Sonntag bis 17:00 Uhr haben.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 12.7.2013 hat das Amtsgericht den Großeltern väterlicherseits das Recht eingeräumt, mit C… Umgang für einen zusammenhängenden Urlaub in einer Woche in den Ferien des Landes Brandenburg zu haben. Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Mutter mit der Beschwerde. Sie trägt vor:
Mit Rücksicht darauf, dass auch sie und der Vater mit dem Kind Urlaub verbringen wollten und inzwischen auch die Großeltern mütterlicherseits ein Umgangsrecht geltend machten, stehe, wenn man dem Begehren der Großeltern väterlicherseits nachgebe, für eine individuelle Feriengestaltung C… mit anderen Kindern keine Zeit mehr zur Verfügung. Da C… im Sommer 2013 eingeschult worden sei, habe sich eine neue Situation ergeben, sodass es sinnvoll sei, den Umgang sowohl des Vaters als auch der Großeltern mütterlicherseits und väterlicherseits völlig neu zu gestalten. Auch sei zu berücksichtigen, dass sie inzwischen in das von ihrem bisherigen Wohnort Z… 8 bis 10 km entfernte Dorf R… umgezogen sei.
Die Mutter beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Großeltern väterlicherseits halten an dem Begehren, Ferienumgang mit dem Kind zu haben fest und begehren nunmehr eine konkrete Regelung dahin, dass dieser Umgang in der ersten Woche der Herbstferien des Landes Brandenburg stattfinde.
Unter dem 29.8.2013 haben die Großeltern mütterlicherseits ebenfalls ein gerichtliches Verfahren zur Regelung ihres Umgangs mit dem Kind eingeleitet. Durch Beschluss vom 18.12.2013 (3 F 237/13) hat das Amtsgericht mit Rücksicht auf das beim Senat anhängige Beschwerdeverfahren hinsichtlich des Umgangs mit den Großeltern väterlicherseits das dortige Verfahren ausgesetzt.
Die vom Senat bestellte Verfahrensbeiständin hat zum vorliegenden Verfahren Stellung genommen. Der Senat hat die Großeltern väterlicherseits und die Mutter sowie die Verfahrensbeiständin angehört. Insoweit wird auf den Anhörungsvermerk zum Senatstermin vom 28.1.2014 Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 58 FamFG zulässige Beschwerde der Mutter führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Die Mutter kann mit dem Begehren, einen Ferienumgang der Großeltern väterlicherseits mit dem Kind auszuschließen, nicht durchdringen. Der angefochtene Beschluss ist aber insoweit abzuändern, als es hinsichtlich dieses Ferienumgangs einer konkreten vollzugsfähigen Regelung bedarf. Eine Anhörung des Kindes im Beschwerdeverfahren war im Hinblick auf den ausführlichen Bericht der Verfahrensbeiständin entbehrlich.
1.
Gemäß § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Bei der danach notwendigen Kindeswohlprüfung ist § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB eine wichtige Auslegungsregel. Danach gehört zum Kindeswohl in der Regel der Umgang mit solchen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt (Peschel-Gutzeit, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici, NK-BGB, Bd. IV, 2. Aufl., § 1685 Rn. 12 unter Bezugnahme auf BT-Drs. 13/4899, S. 107). Insbesondere dann, wenn die Großeltern in der Vergangenheit bereits mehrfach mit dem Kind verreist sind, ermöglicht § 1685 Abs. 1 BGB auch eine Umgangsregelung während der Ferien (vgl. Senat, FamRZ 2008, 2303, 2304; siehe auch Hennemann, in: MünchKomm zum BGB, 6. Aufl., § 1685 Rn. 2).
Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Umgang der Großeltern väterlicherseits mit dem Kind C… schon mit Rücksicht auf die unbestrittenermaßen bestehenden Bindungen dem Kindeswohl dient. Dies gilt nicht nur für einen regelmäßigen Umgang einmal im Monat, wie ihn die Mutter mit den Großeltern väterlicherseits in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 21.6.2013 vereinbart hat. Vielmehr trifft dies auch auf einen Umgang während der Ferien zu. Dies hat die Mutter auch nicht in Abrede gestellt. Sie hat selbst vor dem Senat erklärt, dass C… die Großeltern väterlicherseits gern besuche und sie deshalb grundsätzlich auch einem Ferienumgang dieser Großeltern mit C… zustimme. In der Vergangenheit hat es bereits zweimal solche Urlaubsreisen der Großeltern väterlicherseits mit C… gegeben. Diese Reisen haben C… offensichtlich Freude gemacht und waren für sie bereichernd. Es spricht nichts dagegen, C… solche Erlebnisse auch in der Zukunft zu ermöglichen.
Soweit die Mutter bei ihrer Anhörung darauf hingewiesen hat, dass C… während der Schulferien auch gerne Veranstaltungen im Hort besuche, steht dies dem Ferienumgang der Großeltern für eine Woche im Jahr nicht entgegen. Zum einen wird es, auch wenn Mutter, Vater und Großeltern mütterlicherseits eventuell ebenfalls Reisen mit dem Kind während der Schulferien beabsichtigen sollten, voraussichtlich weiterhin für C… die Möglichkeit geben, einzelne Tage bzw. Wochen auch im Schulhort zu verbringen und an den dortigen Veranstaltungen teilzunehmen. Im Übrigen hat die Verfahrensbeiständin vor dem Senat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass C… als aufgewecktes Kind über Motivation gut erreicht werden kann, sodass man ihr nahe bringen kann, auf eine Woche im Hort zugunsten einer Ferienreise mit den Großeltern zu verzichten.
Auch die Belange der weiteren Umgangsberechtigten stehen dem Ferienumgang der Großeltern väterlicherseits für eine Woche im Jahr nicht entgegen. Denn auch insoweit stehen ausreichend weitere Ferienwochen zur Verfügung.
Letztlich äußert sich in der Beschwerde der Mutter auch weniger eine fehlende Akzeptanz mit einer Ferienumgangswoche ihrer Tochter mit den Großeltern väterlicherseits als vielmehr eine Unzufriedenheit damit, dass durch das bereits rechtskräftig erledigte Umgangsregelungsverfahren, das der Vater eingeleitet hat und die sich anschließenden Umgangsregelungsverfahren, die zunächst von den Großeltern väterlicherseits und sodann von den Großeltern mütterlicherseits eingeleitet worden sind, nur punktuelle Regelungen getroffen werden, nicht aber der Umgang des Kindes mit allen potentiell Umgangsberechtigten insgesamt und aufeinander abgestimmt geregelt wird. Insofern ist es nachvollziehbar, wenn die Mutter im Schriftsatz vom 11.9.2013 eine Neugestaltung des Umgangs aller Umgangsberechtigten insgesamt als sinnvoll bezeichnet hat. Die Verfahrensbeiständin hat dies in ihrer Stellungnahme vom 04.12.2013 aufgegriffen und empfohlen, die Schulferien zwischen den Eltern hälftig aufzuteilen und die Großeltern an dem Ferienumgang in der Weise teilhaben zu lassen, dass jeder Elternteil seinen Eltern von dem hälftigen Ferienanteil eine Woche überlässt. Der Vorteil dieser Regelung ist im Senatstermin vom 28.1.2014 ausführlich erörtert worden. Insoweit sind auch informatorisch Gespräche mit dem Vater und den Großeltern mütterlicherseits, die vorbereitend als Zeugen geladen worden waren, geführt worden. Letztlich konnte sich die Mutter zu einer Gesamtregelung, die nach einem Beitritt der Zeugen zu einem Vergleich gemäß § 156 Abs. 2 FamFG auch vollzugsfähig hätte ausgestaltet werden können, nicht verstehen.
Mithin kann nur über den Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens (vgl. BGH, NJW 2011, 2577 Rn. 11; Hahne/Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 10, § 69 Rn. 40) entschieden werden. Eine Ferienwoche, die C… mit ihren Großeltern väterlicherseits verbringt, ist ohne Zweifel kindeswohldienlich.
2.
Die angefochtene Entscheidung ist insoweit abzuändern, als der Umgang der Großeltern väterlicherseits mit dem Kind in den Ferien konkret zu regeln ist. Das Amtsgericht hat insoweit eine nicht vollzugsfähige Regelung getroffen.
Die Vollstreckung eines Umgangstitels nach § 89 Abs. 1 FamFG durch Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den betreuenden Elternteil setzt eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich (BGH, NJW-RR 2012, 324). Auch die zeitliche Lage eines Ferienumgangs ist konkret zu regeln (vgl. Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl., § 89 Rn. 4; Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf-/Gutjahr, 2. Aufl., § 2 Rn. 191).
Vorliegend spricht nichts dagegen, den Großeltern väterlicherseits die erste Woche in den Herbstferien, wie von ihnen begehrt, als Umgangswoche zuzusprechen. Hinsichtlich der Wahl dieser Ferienwoche hat die Mutter auch keine Bedenken geäußert. Stattfinden kann der Umgang somit in der ersten Woche der Herbstferien von Samstag zu Samstag. Da die Herbstferien offiziell meist – so jedenfalls im Jahr 2014 – erst am Montag beginnen, ist der erste Tag des Umgangs in der Weise zu bezeichnen, dass es sich um den Samstag nach dem letzten Schultag handelt.
Es kann dahinstehen, ob die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass der Ferienumgang der Großeltern väterlicherseits mit dem Kind vollzugsfähig geregelt wird, eine Verschlechterung der Rechtsposition der Mutter im Vergleich zur angefochtenen Entscheidung darstellt. Denn selbst wenn es so läge, wäre der Senat an einer entsprechenden Abänderung nicht gehindert. Im Umgangsregelungsverfahren gilt nämlich das Verschlechterungsverbot, das so genannte Verbot der reformatio in peius (siehe dazu allgemein Hahne/Munzig/ Gutjahr, a.a.O., § 69 Rn. 43 ff.), nicht (Senat, NJW-RR 2010, 301, 302; Beschluss vom 12.10.2009 – 10 UF 118/07, BeckRS 2009, 29289; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 08.11.2011 – 6 UF 140/11, BeckRS 2011, 26641; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.05.2009 – 3 UF 402/07, BeckRS 2013, 22833).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Schon mit Rücksicht auf die fehlende Vollzugsfähigkeit der Regelung des Amtsgerichts ist es nicht gerechtfertigt, der Mutter gemäß § 84 FamFG die Kosten des Beschwerdeverfahrens allein aufzuerlegen (vgl. auch Prütting/ Helms/Feskorn, FamFG, 3. Aufl., § 84 Rn. 2 f.).
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.