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Umgangsrecht einer Großmutter mit Enkelkind

OLG Celle – Az.: 10 UF 118/11 – Beschluss vom 12.08.2011

1. Der Antragstellerin wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) versagt.

2. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Hannover vom 7. April 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 3.000 €.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 3. und 4. sind die – nicht verheirateten und in jeweils eigenen Haushalten lebenden – Eltern der am … 2009 geborenen K., die die elterliche Sorge aufgrund einer Sorgerechtserklärung gemeinsam ausüben. Die Antragstellerin ist die Mutter der Beteiligten zu 3. und die Großmutter von K., die im vorliegenden Verfahren – erstinstanzlich noch gemeinsam mit ihrem jetzigen Ehegatten, der jedoch selbst mit K. nicht verwandt ist – die gerichtliche Regelung eines von beiden Kindeseltern nachdrücklich abgelehnten Umganges mit K. begehrt; Kontakte zwischen K. und den (Stief-) Großeltern hatte es im Rahmen von deren Besuchen im Haushalt der Kindesmutter zunächst bis März 2010 gegeben, sind danach aber aufgrund massiver Streitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten (einschließlich des am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligten Stiefgroßvaters) gänzlich abgebrochen. Die erheblichen Spannungen zwischen den Großeltern und insbesondere der Kindesmutter zeigen bereits auch deutliche Auswirkungen auf die Umgangskontakte zwischen den (Stief-) Großeltern und älteren Kindern (allein) der Kindesmutter, die nicht in deren Haushalt leben.

Das Amtsgericht hat unter Einbeziehung des Jugendamtes und nach einem umfassenden Anhörungstermin – zu dem nach der ausdrücklichen Angabe der Antragsteller in der Antragsschrift, die Beteiligte zu 3. sei alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge für K., der Kindesvater nicht ausdrücklich geladen worden war – mit Beschluß vom 7. April 2011, auf den auch hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, den Antrag der Großmutter und ihres Ehemannes zurückgewiesen und den Umgang zwischen K. und den Antragstellern bis zum 31. Dezember 2012 ausgeschlossen.

Gegen diesen, ihr am 12. April 2011 zugestellten Beschluß richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und innerhalb der gemäß § 65 Abs. 2 FamFG dafür gesetzten Frist begründete Beschwerde der Großmutter, die eine Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens, hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens erstrebt und für das Verfahren um „Prozeßkostenhilfe“ nachsucht.

II.

Umgangsrecht einer Großmutter mit Enkelkind
Symbolfoto: Von Olesia Bilkei/Shutterstock.com

Der Antragstellerin kann die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) nicht bewilligt werden, weil ihre Rechtsverfolgung – wie sogleich unter III. aufzuzeigen – keine hinreichende Erfolgsaussicht aufweist; insofern kommt es nicht einmal mehr entscheidend darauf an, daß sie auch das Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür nicht dargetan hat – in der von ihr vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlen jegliche Angaben zu ihrem Ehemann, dem gegenüber ein grundsätzlich vorrangiger Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuß in Betracht kommt, sowie Angaben zu „sonstigen Vermögenswerten“.

III.

Die zulässige Beschwerde kann in der Sache keinen Erfolg haben.

1. Dabei kann der Senat in der Sache unmittelbar entscheiden, da auf der Grundlage des amtsgerichtlichen Verfahrens auch aus Sicht des Senates keine weiteren Ermittlungen geboten sind und von einer Wiederholung der erstinstanzlich erfolgten und gut dokumentierten Verfahrenshandlungen kein entscheidungserheblicher weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten ist (§ 68 Abs. 3 FamFG).

2. Mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat ausdrücklich beitritt, hat das Amtsgericht im angefochtenen Beschluß festgestellt, daß auf absehbare Zeit ein Umgang der Antragstellerin mit K. dem Kindeswohl nicht entspricht. Dies wird auch durch das – vorrangig auf eine Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung des Verfahrens gerichtete – Beschwerdevorbringen in keiner Weise substantiiert in Frage gestellt. Auf der Grundlage dieser zutreffenden amtsgerichtlichen Feststellungen ist im Streitfall auch eine Notwendigkeit der zusätzlichen Einholung eines Sachverständigengutachtens weder ersichtlich, noch von der Beschwerde dargelegt.

3. Zu Unrecht geht die Antragstellerin im übrigen davon aus, daß erstinstanzlich wesentliche zwingende Verfahrensvorschriften verletzt seien und insofern eine Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache erfolgen müsse. Ohne Erfolg weist die Antragstellerin insoweit – obwohl bereits erstinstanzlich anwaltlich vertreten, bemerkenswerterweise erstmals in der Beschwerdeinstanz – darauf hin, das Amtsgericht habe für K. keinen Verfahrensbeistand bestellt und den Kindesvater nicht persönlich angehört.

a. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß es im vorliegenden Verfahren keiner Bestellung eines Verfahrensbeistands bedurfte.

Nach § 158 Abs. 1 FamFG ist dem minderjährigen Kind in seine Person betreffenden Kindschaftssachen ein Verfahrensbeistand zu bestellen, „soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist“. Dabei hat der Gesetzgeber in § 158 Abs. 2 FamFG Fallgruppen beschrieben, in denen die Bestellung „in der Regel“ erforderlich ist.

aa. § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG beschreibt als einen Regelfall für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes Verfahren, in denen „der Ausschluß oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt“; dem liegt die Annahme zugrunde, ein solcher Ausschluß käme allein bei einer Kindeswohlgefährdung in Betracht, so daß die zugrundeliegenden Fälle regelmäßig von einem schweren Grundkonflikt zwischen Kind und Umgangsberechtigten geprägt sind (vgl. Bumiller/Harders10 FamFG § 158 Rz.. 11; Schulte-Bunert/Weinreich2 – Tschichoflos, FamFG § 158 Rz. 12).

Weder nach dem Wortlaut noch nach dem wesentlichen Sinn der Regelung ist § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG in Verfahren einschlägig, die ein Umgangsrecht im Sinne von § 1685 Abs. 1 BGB betreffen.

Während Eltern nach § 1684 Abs. 1 BGB unmittelbar ein Umgangsrecht zusteht, haben andere Bezugspersonen gemäß § 1685 Abs. 1 BGB ein solches gerade nur dann, wenn ein Umgang dem Wohl des Kindes dient. Insofern wird im Umgangsverfahren gemäß § 1685 BGB bereits nicht – wie jedoch in § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG beschrieben – der Ausschluß oder eine wesentliche Beschränkung eines bestehenden Umgangsrechtes geprüft, sondern vielmehr, ob überhaupt ein solches Umgangsrecht besteht.

Insofern handelt es sich auch um einen wesentlich anderen Ansatz der gerichtlichen Prüfung: während beim Umgangsrecht der Eltern – nach § 1684 BGB – gerichtlich grundsätzlich nur die konkrete Ausgestaltung des Umganges zu regeln ist und lediglich unter der engsten Voraussetzung einer sonst konkret drohenden Kindeswohlgefährdung ausnahmsweise ein – zudem regelmäßig zu befristender – Umgangsausschluß in Betracht kommt, ist Voraussetzung für die gerichtliche Anordnung eines Umganges mit anderen Bezugspersonen, daß positiv die Kindeswohldienlichkeit festgestellt wird; im letzteren Fall ist es daher auch nicht erforderlich, förmlich einen ausdrücklichen Umgangsausschluß auszusprechen – vielmehr kommt insofern durchaus auch eine bloße Zurückweisung des Umgangsantrages in Betracht. Eine – für die Prüfung eines Ausschlusses des Umgangsrechtes eines Elternteiles zumindest als in Betracht kommend erforderliche – Kindeswohlgefährdung und damit ein schwerer Grundkonflikt zwischen Kind und Umgangsberechtigten spielt in derartigen Verfahren regelmäßig keine Rolle.

Auch die Literatur bezieht – soweit ersichtlich – § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG allein auf Umgangsverfahren gemäß § 1684 BGB (so – wenn auch ohne weitere Auseinandersetzung – jedenfalls die ausschließliche Angabe bei Schulte-Bunert/Weinreich2- Tschichoflos, FamFG § 158 Rz. 12; Prütting/Helms–Stöper, FamFG § 158 Rz. 13; Keidel16-Engelhardt, FamFG § 158 Rz. 18; Zöller28–Philippi, FamFG § 158 Rz. 6).

bb. Somit ist in Verfahren der vorliegenden Art die Bestellung eines Verfahrensbeistandes allein nach der Grundregel des § 158 Abs. 1 FamFG zu prüfen, also ob eine solche zur Wahrnehmung der Kindesinteressen erforderlich ist.

Im Streitfall, in dem unstreitig ein schweres und verfestigtes Zerwürfnis zwischen den Kindeseltern und den (Stief-) Großeltern vorliegt und die Eltern zum Schutz ihrer gut zwei Jahre alten Tochter gut nachvollziehbar Umgangskontakte mit der Großmutter strikt ablehnen, ist ein derartiges Erfordernis weder ersichtlich, noch etwa von der Beschwerdeführerin dargelegt.

b. Nachdem der Kindesvater vom Amtsgericht in Gestalt eines bereits zu Beginn des Verfahrens zum Verfahrensgegenstand eingereichten persönlichen Schreibens, durch die Teilnahme seiner Verfahrensbevollmächtigten im Anhörungstermin sowie den weiteren Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten in mehrfacher Hinsicht angehört worden war, bedurfte es im Streitfall auch nicht zwingend auch noch seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht.

Die Anhörung der Eltern in die Person des Kindes betreffenden Kindschaftssachen gemäß § 160 FamFG sichert sowohl die Sachaufklärung als auch die Wahrung des rechtlichen Gehörs der Eltern. Beiden Gesichtspunkten ist im Streitfall offenkundig hinreichend entsprochen worden, ohne daß er der zusätzlichen – angesichts der Ausgestaltung als „Soll“-Vorschrift in § 160 Abs. 1 Satz 1 FamFG in eng begrenztem Umfang auch verzichtbaren (vgl. insofern Schulte-Bunert/Weinreich2–Ziegler, FamFG § 160 Rz. 4) – persönlichen Anhörung vorliegend noch bedurft hätte. Nach der erfolgten persönlichen Anhörung der Kindesmutter, die im Zentrum der heftigen Auseinandersetzungen mit der Antragstellerin steht und die K. in ihrem Haushalt betreut, stand bereits fest, daß auf absehbare Zeit ein Umgang mit der Großmutter nicht dem Kindeswohle dienen kann. Der Kindesvater hatte bereits von Anfang an gut nachvollziehbar und substantiiert dargetan, aus eigenem Erleben der Konfliktsituation Umgangskontakte zwischen K. und der Antragstellerin ebenfalls abzulehnen und hat dies über seine Verfahrensbevollmächtigte auf Nachfrage noch einmal ausdrücklich bekräftigt. In dieser gänzlich eindeutigen Ausgangslage war sowohl dem Kindesvater rechtliches Gehör gewährt als auch ausgeschlossen, daß eine zusätzliche persönliche Anhörung des Kindesvaters für die verfahrensgegenständliche Frage eines Umganges zwischen K. und ihrer Großmutter noch irgendwelche entscheidungserhebliche Erkenntnisse erbringen konnte (vgl. zu diesem Kriterium etwa Schulte-Bunert/ Weinreich2–Ziegler, FamFG § 160 Rz. 11); allein letzteres schließt – selbst wenn man in der unterlassenen nochmaligen persönlichen Anhörung entgegen dem Vorgesagten einen Verfahrensfehler sehen wollte – aus, deswegen die amtsgerichtliche Entscheidung aufheben und das Verfahren zurückverweisen zu müssen (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich2–Ziegler, FamFG § 160 Rz. 12 m.w.N.).

5. Die verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 84 FamFG, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

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