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Vaterschaftsanfechtung nach heimlich eingeholtem Vaterschaftsgutachten

OLG Celle, Az.: 15 UF 34/15, Beschluss vom 08.05.2015

Von der Durchführung eines Termins in der Beschwerdeinstanz wird abgesehen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Vaterschaftsanfechtung nach heimlich eingeholtem Vaterschaftsgutachten
Symbolfoto: Von Henrik Dolle /Shutterstock.com

Der Antragsteller und die Kindesmutter haben eine langjährige, inzwischen beendete nichteheliche Lebensgemeinschaft geführt. In dieser Zeit ist am … 2003 A. geboren worden, am …2005 folgte die Geburt des Bruders L.. Der Antragsteller hat die Vaterschaft zu A. am 17. März 2003 (Urkunden-Register-Nr. … Jugendamt der Stadt C.) anerkannt. Am 2. Juli 2012 haben der Antragsteller und die Kindesmutter eine gemeinsame Sorgeerklärung hinsichtlich dieses Kindes abgegeben (Urkunden-Register-Nr. … Jugendamt des Landkreises C.).

Mit seinem am 9. Dezember 2014 eingegangen, auf Anfechtung der anerkannten Vaterschaft gerichteten Antrag hat der Antragsteller vorgetragen, auf einer Familienfeier vor wenigen Wochen habe A. ihn unverblümt gefragt, warum sie so wenig Ähnlichkeit mit ihm habe. Daraufhin sei im Familienkreis eine rege Diskussion darüber entstanden, dass auch bei Betrachtung älterer Fotos des Kindes eine äußere Ähnlichkeit „nicht eindeutig feststellbar“ sei und auch „wesentliche Charakterzüge“ mit denen des Antragstellers nicht übereinstimmen. Gegenüber dem Jugendamt, das seit 2013 eine Unterhaltsbeistandschaft für A. führe, habe die Kindesmutter eingeräumt, in der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt zu haben. Vorgerichtlich hat die Kindesmutter gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit einer dort am 15. Oktober 2014 eingegangenen handschriftlichen Erklärung ihre Zustimmung zu einer Abstammungsuntersuchung für sich und das Kind erteilt.

Die Kindesmutter hat im Erörterungstermin am 21. Januar 2015 erklärt, sie habe in der gesetzlichen Empfängniszeit vom 17. April 2002 bis zum 14. August 2002 (§ 1600 d Abs. 3 S. 1 BGB) „keinerlei andere Verhältnisse“ gehabt und die behauptete Äußerung gegenüber niemandem gemacht. Das Amtsgericht hat daraufhin den Antrag abgewiesen, weil es an einem Anfechtungsgrund fehle.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er das Ergebnis eines von ihm veranlassten heimlichen Vaterschaftstestes vorlegt. Das dabei neben seinem eigenen untersuchte genetische Probematerial des Kindes habe er sich anlässlich eines gemeinsamen Besuchs mit A. bei ihren Großeltern, d.h. bei seinen Eltern am 10./11. August 2014 beschafft. Nach diesem Privatgutachten der D. T. GmbH vom 29. August 2014 ist der Antragsteller aufgrund der durchgeführten DNA-Analyse als biologischer Vater ausgeschlossen.

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Amtsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Antragsteller keinen Anfechtungsgrund (§ 1600 b Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB) dargetan hat.

Dazu war die Darlegung konkreter Umstände erforderlich, die bei objektiver Betrachtung geeignet wären, in Form eines begründeten Anfangsverdachts Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers zu wecken und die Möglichkeit einer anderweitigen Abstammung des Kindes zumindest als nicht ganz fernliegend erscheinen zu lassen (vgl. BGH FamRZ 1998, 955). Daran fehlt es.

Der Vortrag, er habe im August 2014 – mehr als 11 Jahre nach der Geburt des Kindes und der Vaterschaftsanerkennung sowie nach der erst am 2. Juli 2012 beurkundeten Sorgeerklärung – festgestellt, dass es an einer äußeren Ähnlichkeit fehlt, begründet wie vom Familienrichter zutreffend ausgeführt keinen Anfangsverdacht im vorgenannten Sinn. Das Vorhandensein bzw. das Fehlen phänologischer Merkmale reicht zur Begründung objektiv vernünftiger Abstammungszweifel nicht aus, weil bei jedem Zeugungsvorgang eine anders zusammengesetzte Hälfte des eigenen Erbguts weitergegeben wird, selbst ein übereinstimmend an mehrere Kinder weitergegebenes Merkmal morphologisch im Erscheinungsbild jedes Kindes sehr unterschiedlich – dominant oder rezessiv (latent) – erkennbar oder nicht erkennbar wird und die Eigenschaften der Kinder – auch phänologisch – vorwiegend auf einer Kombinationswirkung der weitergegebenen väterlichen und mütterlichen Erbanlagen beruhen (vgl. Hassenstein FamRZ 1988, 120, 121).

Einen Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit hat die Kindesmutter bestritten. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass diese Angabe unzutreffend ist, hat der Antragsteller in erster Instanz nicht vorgetragen.

Die jetzt mit der Beschwerde herangezogene, vom Antragsteller heimlich ohne Einwilligung der Mutter und damit des Kindes veranlasste DNA-Vaterschaftsanalyse ist rechtswidrig und darf im Abstammungsverfahren nicht verwertet werden. Sie kann deshalb auch keinen Anfangsverdacht nach § 1600 b Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB begründen (vgl. BGH NJW 2005, 497 und Senat NJW 2004, 449).

2. Bei dieser Sachlage kommt es für die Beschwerdeentscheidung nicht darauf an, dass die Kindesmutter aufgrund der bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge das Kind ebenso wie der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht wirksam allein vertreten konnte (§ 1629 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB) und es deshalb dem Vaterschaftsanfechtungsantrag wegen dieser Verfahrensvoraussetzung schon an der Zulässigkeit gefehlt hat. Denn die erstinstanzliche Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind hat dessen wirksame Vertretung nicht herbeiführen können, weil der Verfahrensbeistand kein gesetzlicher Vertreter des Kindes ist (§§ 174, 158 Abs. 4 S. 6 FamFG) ist. Da aber die Beschwerde wie oben ausgeführt bereits aus Sachgründen keinen Erfolg haben kann, hat der Senat von der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB) abgesehen.

III.

Danach verbleibt es bei der nach § 1592 Nr. 2 BGB bestehenden rechtlichen Vaterschaft des Antragstellers. Die Kindesmutter und der Antragsteller – der A. bislang als sozialer Vater vertraut gewesen ist und deshalb ihre Persönlichkeitsentwicklung wesentlich mitgeprägt hat – mögen im Interesse des Kindeswohls aufgrund ihrer fortbestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge und damit in gemeinsamer Verantwortung für das Kind unter Vermittlung des Jugendamts erwägen, die leibliche Abstammung einvernehmlich durch Einholung eines genetischen Abstammungsgutachtens zu klären. Kommt es dazu nicht, besteht für den Antragsteller die Möglichkeit, nach § 1598 a BGB die Zustimmung von Mutter und Kind in eine Abstammungsuntersuchung durch eine Entscheidung des Familiengerichts ersetzen zu lassen. Auch in einem solchen Verfahren wird für A. aufgrund der bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge ein Ergänzungspfleger zu bestellen sein.

Ergibt sich danach, dass das Mädchen nicht vom Antragsteller abstammt, kann dieser einen erneuten Vaterschaftsanfechtungsantrag stellen. Denn seine Kenntnis von diesem dann auf legale Weise zustande gekommenen Untersuchungsergebnis wird einen erst nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens hervorgetretenen Umstand darstellen, dem die Rechtskraft der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen steht (vgl. BGH NJW 2003, 585; 1998, 2976). Weil es bislang wie dargelegt an einem begründeten Anfangsverdacht fehlt, hat die Anfechtungsfrist noch nicht begonnen, § 1600b Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB.

IV.

Der Senat hat von der Durchführung eines Termins abgesehen, weil dieser bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Altern. 1 FamGKG.

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