OLG Koblenz – Az.: 13 UF 617/18 – Beschluss vom 12.06.2019
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lahnstein vom 10.10.2018 wird dieser in Ziff. 1 und 2 seines Tenors teilweise abgeändert und insoweit insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.398,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.01.2018 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin wird darüber hinaus verpflichtet, an den Antragsteller vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.01.2018 zu zahlen.
Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Antragsteller zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller mit Ausnahme der Mehrkosten der Beweisaufnahme, welche der Antragsteller zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4 tragen.
III. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.881,52 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind seit 17.06.2016 getrennt lebende Eheleute. Sie streiten über einen vom Antragsteller im Zusammenhang mit der steuerlichen Veranlagung für die Jahre 2014 und 2015 geltend gemachten Gesamtschuldnerausgleich bzw. Schadenersatz nebst Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Während des Zusammenlebens hatten die Ehegatten vereinbarungsgemäß den Antragsteller aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V versteuern lassen. Mit Bescheid vom 27.12.2017 wurde der Antragsteller für den Veranlagungszeitraum 2015 auf eine Nachzahlung von 2.796,12 € in Anspruch genommen (Bl. 9 d.A.). Für das Jahr 2014 war zuvor am 06.02.2017 ein Zusammenveranlagungsbescheid ergangen. Dieser endete unter Anrechnung einer bereits getilgten Nachforderung über insgesamt 182,96 € mit einer verbleibenden Forderung von 0,00 € (Bl. 14 d.A.).
Der Antragsteller hat vor dem Familiengericht die Auffassung vertreten, er sei für den Veranlagungszeitraum 2014 zu einer Nachzahlung von 966,85 € verpflichtet worden. Hiervon wie auch von der den Veranlagungszeitraum 2015 betreffenden Nachzahlung schulde die Antragsgegnerin ihm als Gesamtschuldnerin der Steuerschuld und ungeachtet dessen auch im Wege des Schadenersatzes hälftigen Ausgleich. Er sei den festgesetzten Zahlungsverpflichtungen nachgekommen. Da die Antragsgegnerin sich einer gemeinsamen Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 entgegen ihrer als Ehegattin nach § 1353 Abs. 1 BGB bestehenden Verpflichtung widersetzt und durch ihre Einzelveranlagung Steuererstattungen erhalten habe, sei es zu den vorgenannten Nachzahlungsverpflichtungen gekommen. Frau S. vom Lohnsteuerhilfeverein könne bestätigen, dass die Antragsgegnerin sich auf mehrfache Bitte geweigert habe, die gemeinsamen Einkommensteuerklärungen für 2014 und 2015 zu unterschreiben.
Die Antragsgegnerin hat das erstinstanzliche Vorbringen des Antragstellers als widersprüchlich und u.a. aufgrund einer familienrechtlichen Überlagerung sowie fehlender Darlegung einerseits einer Aufforderung zur gemeinsamen Veranlagung als auch andererseits der fiktiven Steuerlast bei getrennter Veranlagung als unschlüssig angesehen sowie bestritten. Insbesondere habe sie sich einer Zusammenveranlagung nicht widersetzt. Im Jahr 2014 sei eine solche zudem erfolgt. Für das Folgejahr habe die Antragsgegnerin aufgrund der bestehenden Abgabefristen eine Aufforderung vom Finanzamt erhalten, ihre Steuererklärung einzureichen. Daraufhin habe sie ihre Unterlagen bei dem gemeinsamen Lohnsteuerhilfeverein abgegeben und dort erfahren, dass der Antragsteller seine Steuererklärung bereits 14 Tage zuvor abgegeben habe. Hätte der Antragsteller hingegen ihr oder dem Lohnsteuerhilfeverein gegenüber erklärt, dass er die gemeinsame Veranlagung wünsche, wäre die Antragsgegnerin dem nachgekommen.
Das Familiengericht hat den Antrag abgewiesen.
Für den Veranlagungszeitraum 2014 scheitere ein Schadenersatzanspruch bereits daran, dass tatsächlich eine gemeinsame Veranlagung erfolgt sei. Ein Befreiungsanspruch aus Gesamtschuld bestehe nicht, da § 426 Abs. 1 BGB lediglich einen Anspruch auf Leistung an den Gläubiger vermittle. Die Wandlung in einen Anspruch auf Ausgleich des Geleisteten setze eine Befriedigung des Gläubigers voraus. Hierfür sei der Antragsteller beweisfällig geblieben; der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte Beweisantritt habe gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt zu bleiben. Gleiches gelte für einen etwaigen Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB. Dessen ungeachtet sei die Aufteilung der Steuerschuld zwischen den Ehegatten nicht hälftig, sondern gemäß § 270 AO im Verhältnis der Steuerbeträge bei einer fiktiven getrennten Veranlagung vorzunehmen. Hierzu fehle entsprechender Vortrag.
Für den Veranlagungszeitraum 2015 scheitere ein Gesamtschuldnerausgleich bereits an der erfolgten getrennten Veranlagung, womit die Steuerschuld keine Gesamtschuld darstelle. Für einen etwaigen Schadenersatzanspruch trage der Antragsteller weder vor, die Antragsgegnerin auf Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung in Anspruch genommen zu haben, noch dass diese sich ihm gegenüber hierzu verweigert habe. Gerade das etwaige Bestehen von Leistungsverweigerungsrechten in Bezug auf den Ausgleich etwaiger steuerlicher Mehrbelastungen begründe keine ungefragte Obliegenheit zur Zustimmung. Darüber hinaus habe der Antragsteller insoweit ebenfalls seinen Schaden nicht schlüssig dargetan; dieser könne sich allenfalls zufällig auf die Hälfte des Nachzahlungsbetrags belaufen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit welcher dieser weiterhin hälftigen Ausgleich der von ihm für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 geltend gemachten Nachforderungen nebst Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt.
Der Antragsteller legt mit seinem Rechtsmittel erneut dar, zu welchen Nachforderungen seitens des Finanzamtes es gekommen sei, sowie dass er diese beglichen habe. Die mit erstinstanzlichen Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen (Bl. 60 ff. d.A.) seien infolge eines erst in der mündlichen Verhandlung erteilten richterlichen Hinweises nicht verspätet. Auch sei die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, der mehrfach von ihr erbetenen gemeinsamen Einkommensteuerveranlagung für 2014 und 2015 zuzustimmen. Dies habe sie trotz wiederholter Bitten von Frau S. vom Lohnsteuerhilfeverein im Oktober 2017 und in der ersten Novemberhälfte 2017 abgelehnt, so dass keine gemeinsame Veranlagung habe erfolgen können. Wäre eine solche erfolgt, hätte die Antragsgegnerin keine Steuererstattung erhalten und dem Antragsteller wäre keine Nachforderung auferlegt worden. Da die Antragsgegnerin grundlos die getrennte Veranlagung beantragt habe, sei sie dem Antragsteller gegenüber gemäß § 1353 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig. Bei gemeinsamer Veranlagung hätte sich ausweislich der mit Schriftsatz vom 24.01.2019 vorgelegten Berechnungen des Lohnsteuerhilfevereins für 2014 ein Erstattungsbetrag von 98,72 € ergeben und für 2015 wäre es lediglich zu einer Nachzahlung von 296,93 € gekommen (Bl. 149 f. d.A.).
Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und erachtet auch das Beschwerdevorbringen nicht als durchgreifend. Sie weist erneut auf widersprüchlichen Vortrag des Antragstellers hin, wonach einmal von einer gemeinsamen Veranlagung mit einer Ausgleichspflicht aus Gesamtschuld und ein anderes Mal von einer getrennten Veranlagung mit Schadenersatzverlangen die Rede sei. Tatsache sei, dass für 2014 gemeinsam veranlagt worden sei und es keine Steuernachzahlung wie behauptet gebe. Für das Jahr 2015 habe die Antragsgegnerin auf Aufforderung des Finanzamtes, und zwar nur des Finanzamtes, auf Basis einer gemeinsamen Veranlagung ihre Unterlagen eingereicht. Somit gebe es für dieses Jahr ebenfalls eine gemeinsame Erklärung. Einen Steuerbescheid habe die Antragsgegnerin hingegen nicht gesehen. Wäre eine getrennte Veranlagung für 2015 durchgeführt worden, hätte der Antragsteller vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin ihre Unterlagen zur gemeinsamen Veranlagung eingereicht gehabt habe, Einspruch einlegen müssen. Ungeachtet dessen fehle es auch an einem Schaden, nachdem der Antragsteller sich darauf berufen habe, dass der Antragsgegnerin infolge seiner hohen Steuerbelastungen ab einem bestimmten Zeitpunkt kein Trennungsunterhalt zustehe. Auch im nachehelichen Unterhaltsverfahren mache der Antragsteller eine entsprechende einkommensmindernde Zahlungspflicht geltend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin S. Wegen deren Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20.05.2019 (Bl. 227 ff. d.A.) verwiesen. Beide Seiten haben sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme geäußert. Diesbezüglich wird auf Bl. 233 ff., 240 ff. d.A. Bezug genommen.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff., 117 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat nur zum Teil in der Sache Erfolg.
Dem Antragsteller steht lediglich Ersatz der hier zu einem Teil geltend gemachten Steuernachzahlung für den Veranlagungszeitraum 2015 zu. Für das Vorjahr ergibt sich hingegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin.
1.
Für den Veranlagungszeitraum 2014 ist das Vorbringen bereits unschlüssig.
Entgegen den Angaben des Antragstellers wurde ausweislich des vorgelegen Steuerbescheids vom 06.02.2017 eine gemeinsame Veranlagung durchgeführt. Nach dieser ergab sich auch keine Steuernachzahlung (Bl. 14 d.A.). Hierauf hatte die Antragsgegnerin wiederholt hingewiesen.
Aus dem eingereichten Steuerbescheid ist lediglich ersichtlich, dass ursprünglich eine Nachforderung über 182,96 € bestand (Bl. 14 d.A.). Wie diese beglichen wurde – durch Zahlung oder Verrechnung seitens des Finanzamtes, legt der Antragsteller nicht ansatzweise dar. Er behauptet vielmehr, aufgrund des Steuerbescheids vom 06.02.2017 966,85 € gezahlt zu haben und dies infolge getrennter Veranlagung. Letzteres ist indes unzutreffend; hierauf hatte ebenfalls der Senat nochmals hingewiesen (Bl. 136 d.A.). Auch einen konkreten Zahlungsplan legt der Antragsteller lediglich für den Veranlagungszeitraum 2015 vor (Bl. 60 ff., 218 ff. d.A.).
Wenn der Antragsteller nunmehr unter Vorlage einer Berechnung des Lohnsteuerhilfevereins meint, für den Veranlagungszeitraum 2014 hätte sich ein Guthaben von 98,72 € ergeben müssen (Bl. 149 d.A.), hätte er rechtzeitig Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen müssen. Vergleicht man diesen mit der vorgenannten Berechnung des Lohnsteuerhilfevereins, ergibt sich, dass lediglich die Höhe des zu versteuernden Einkommens etwas differiert. Dies hat aber nichts mit der Veranlagungsart (getrennt oder gemeinsam) zu tun, sondern damit, dass das Finanzamt von einem etwas höheren Gesamtbetrag der Einkünfte und von etwas geringeren steuerlich absetzbaren Ausgaben ausgeht.
Selbst dann jedoch, wenn man die aus dem Steuerbescheid vom 06.02.2017 ersichtliche ursprüngliche Nachforderung von 182,96 € (Bl. 14 d.A.) zugrunde legt, hat der Antragsteller einen Ausgleichsanspruch nicht ausreichend dargetan. Denn dieser beträgt nicht die Hälfte, sondern bemisst sich nach dem jeweiligen quotenmäßigen Anteil eines jeden Ehegatten hieran. Dieser wird wiederum grundsätzlich nach der Steuerlast im Falle einer fiktiven Einzelveranlagung ermittelt. Eine solche Berechnung hat der Antragsteller trotz wiederholten Hinweises von Gericht und Gegenseite nicht vorgenommen.
2.
Im Veranlagungszeitraum 2015 hat ausweislich des Steuerbescheids vom 27.12.2017 tatsächlich eine getrennte Veranlagung des Antragstellers stattgefunden (Bl. 9 d.A.). Folglich vermag die Nachzahlungsforderung zwar keine Gesamtschuld beider Eheleute zu begründen. Allerdings steht dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin ein Ersatzanspruch gemäß §§ 1353 Abs. 1, 280 Abs. 1, 254 BGB zu, weil diese die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung rechtswidrig und schuldhaft verweigert hat.
a)
Ehegatten können dann die Zusammenveranlagung wählen, wenn sie beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 oder 2 oder des § 1a EStG sind und nicht dauernd getrennt leben und diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ist das der Fall, so werden Ehegatten zusammen veranlagt, wenn beide diese Veranlagungsart wählen und die zur Ausübung der Wahl erforderliche Erklärung abgeben (§ 26 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG).
Wie der Antragsteller zu Recht geltend macht, ergibt sich aus dem Wesen der Ehe für beide Ehegatten die – aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB abzuleitende – Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehegatte ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert, der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird (vgl. BGH FamRZ 2005, 182 m.w.Nw. und BGH FamRZ 2007, 1229).
b)
Die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung gemäß der vorgenannten gesetzlichen Regelung haben für das Jahr 2015 für die Beteiligten unstreitig vorgelegen.
Entgegen der Ansicht des Familiengerichts hätte die Antragsgegnerin ihre Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung hier auch nicht von einer Zusage des Antragstellers zu einem Nachteilsausgleich abhängig machen können. Denn während schützenswerte einkommensteuerliche Nachteile für die Antragsgegnerin im Falle einer gemeinsamen Veranlagung vorliegend nicht bestehen, obliegt es ihr, darüber hinausgehende andere Nachteile im Einzelfall substantiiert darzulegen (vgl. OLG Koblenz [7. ZivS.] FamRZ 2015, 260). Dies hat die Antragsgegnerin nicht getan.
aa)
Allerdings dürfte die gemeinsame Veranlagung für die Antragsgegnerin auf den ersten Blick durchaus nachteilig gegenüber einer Einzelveranlagung sein. Denn nachdem bei ihr im Jahr 2015 der Steuerabzug vom Lohn nach Lohnsteuerklasse V erfolgt war, erhält die Antragsgegnerin bei einer Einzelveranlagung eine nicht unbedeutende Steuererstattung. Diese steht ihr vorliegend jedoch im Verhältnis der Ehegatten zueinander rechtlich gesehen nicht (uneingeschränkt) zu.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher sich auch der Senat anschließt, kann ein Ehegatte grundsätzlich nicht wegen des Scheiterns der Ehe den Mehrbetrag, den er zuvor wegen der Besteuerung seines Einkommens nach der Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung geleistet hat, von dem anderen Ehegatten ersetzt verlangen. Das gilt jedenfalls bis zur Trennung. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehegatten gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Es bedarf deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich die Antragsgegnerin die Rückforderung ihrer steuerlichen Mehrleistung durch Wahl der Steuerklasse V für den Fall der Trennung hätte vorbehalten wollen (vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 mit Verweis auf BGH FamRZ 2002, 1024 sowie auch die im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21.05.2019 zitierte Entscheidung BGH NJW 2010, 1879 unter Tz. 17).
Ohne eine solche – hier nicht ersichtliche – Vereinbarung hat für Zeiten vor der am 17.06.2016 erfolgten Trennung keine Korrektur der von der Antragsgegnerin getragenen steuerlichen Belastung zu erfolgen. Deshalb konnte sie ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung für Zeiten des ehelichen Zusammenlebens auch nicht von einem Ausgleich ihrer im Falle der gemeinsamen Veranlagung bestehen bleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig machen (vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 und auch OLG Koblenz [7. ZivS.] FamRZ 2018, 1493; a.A. noch: OLG Hamm FamRZ 1990, 291).
bb)
Soweit die Antragsgegnerin nunmehr mit Schriftsatz vom 21.05.2019 darauf abstellt, dass die Beteiligten bereits von Juni bis Dezember 2015 getrennt gelebt hätten und der Antragsteller in dieser Zeit seiner Trennungsunterhaltszahlungspflicht nicht nachgekommen sei, handelt es sich um neues, nicht nachgelassenes Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung.
Ausweislich des unstreitigen Tatbestands der amtsgerichtlichen Entscheidung haben sich die Ehegatten erst ein Jahr später im Juni 2016 getrennt. Zwar hatte die Antragsgegnerin mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 31.08.2018 vorgetragen, der Antragsteller habe in einem anderen Verfahren eine frühere Trennung behauptet. Dem ist sie jedoch mit dem Vorbringen entgegengetreten, wonach die Beteiligten im Jahr 2015 jedenfalls noch nicht räumlich voneinander getrennt gelebt hätten und es ein dauerhaftes Getrenntleben im Jahr 2015 noch nicht gegeben habe (Bl. 49 d.A.). Folglich hatte die Antragsgegnerin eine Trennung bereits zu einem früheren Zeitpunkt in erster Instanz nicht substantiiert dargetan, weshalb das Familiengericht gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 138 Abs. 1 bis 3 ZPO zutreffend den konkreten Vortrag des Antragstellers zum Trennungszeitpunkt (Bl. 2 d.A.) als unstreitig zugrunde gelegt hat.
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 156 ZPO ist nicht angezeigt. Selbst falls man weiteren konkreten Vortrag der Antragsgegnerin in erster Instanz infolge fehlender Schlüssigkeit der antragstellerseits geltend gemachten Ansprüche noch nicht hätte als erforderlich angesehen, bestand hierzu spätestens nach Erlass des Beweisbeschlusses des Senats vom 17.04.2019 und folglich noch rechtzeitig vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 20.05.2019 Anlass. Dies ist nicht geschehen, weshalb das Vorbringen jetzt gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist.
c)
Nach übereinstimmender Erklärung liegt für beide Beteiligte für den Veranlagungszeitraum 2015 ein bestandskräftiger Steuerbescheid (Einzelveranlagung) vor, so dass eine gemeinsame Veranlagung der Eheleute nicht mehr möglich ist. Hierdurch ist dem Antragsteller ein Schaden in Höhe von 2.499,19 € entstanden.
Mit Schriftsatz vom 24.01.2019 hat der Antragsteller substantiiert durch die beigefügte Berechnung des Lohnsteuerhilfevereins (Bl. 150 d.A.) dargetan, dass es im Falle einer gemeinsamen Veranlagung lediglich zu einer Nachforderung in Höhe von 296,93 € gekommen wäre. Nachdem die Einzelveranlagung des Antragstellers hingegen zu einer Nachzahlung von 2.796,12 € (Bl. 9 d.A.) geführt hat, ergibt sich hieraus eine Mehrforderung über 2.499,19 €. Dem ist die Antragsgegnerin nicht ausreichend entgegengetreten. Die Nachzahlung hat der Antragsteller zwischenzeitlich auch – jetzt durch Nachweise belegt (Bl. 216 d.A.) – beglichen.
d)
Die vorstehend beschriebene Mehrforderung (2.499,19 €) hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller dem Grunde nach als Schaden zu ersetzen. Denn wie bereits ausgeführt, bestand für die Antragsgegnerin hier die Verpflichtung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung.
Sodann weist die Antragsgegnerin zwar zutreffend darauf hin, dass sie vom Antragsteller nie zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung für das Jahr 2015 aufgefordert wurde. Auch die Zeugin S. hat entgegen der Behauptung des Antragstellers keine solche Aufforderung an die Antragsgegnerin weitergegeben.
Allerdings steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass es infolge bereits erfolgter endgültiger Verweigerung der Antragsgegnerin von Seiten des Antragstellers hier ausnahmsweise keiner gesonderten Aufforderung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung bedurfte, § 242 BGB bzw. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB analog.
Die Zeugin S. hat ausgesagt, die Antragsgegnerin Ende 2017 für den Veranlagungszeitraum 2015 angeschrieben und um eine Terminvereinbarung gebeten zu haben, weil der Antragsteller bereits vom Finanzamt aufgefordert worden war, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Trotz Hinweises durch die Zeugin auf dann mögliche zivilrechtliche Ansprüche des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin wünschte diese eine Einzelveranlagung und gab unmissverständlich zu erkennen, dass der Antragsteller gegen sie zivilrechtlich vorgehen müsse („Dann soll er dies tun.“, Bl. 228 d.A.). An dieser Entscheidung hielt die Antragsgegnerin nach den Bekundungen der Zeugin im Rahmen des mit ihr vereinbarten Besprechungstermins am 06.12.2017 fest, obgleich ihr von der Zeugin die unterschiedlichen Berechnungsergebnisse einer Zusammen- und einer Einzelveranlagung aufgezeigt wurden.
Erst daraufhin wurde der Antragsteller seinerseits einzeln veranlagt. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin war es also nach den Angaben der Zeugin nicht so, dass die Steuererklärung (Einzelveranlagung) des Antragstellers bereits abgegeben war, als die Zeugin sich mit der Antragsgegnerin in Verbindung setzte bzw. traf (Bl. 228 d.A.).
Der Annahme einer die explizite Aufforderung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung nicht erfordernden ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Antragsgegnerin steht weder entgegen, dass ihr von der Zeugin der konkrete Steuernachzahlungsbetrag des Antragstellers im Falle einer Einzelveranlagung nicht bekannt gegeben wurde, noch dass eine Ablehnung der Zusammenveranlagung nicht unmittelbar gegenüber dem Antragsteller erfolgt war. Denn der Antragsgegnerin war aufgrund der Aufklärung durch die Zeugin bekannt, dass zivilrechtliche Ersatzansprüche des Antragstellers drohten. Ebenso wusste sie, dass sich der Antragsteller ebenfalls von der Zeugin beraten lässt und diese folglich dem Antragsteller die Verweigerung der Antragsgegnerin sowie die Bekundung, dass der Antragsteller dann zivilrechtlich vorgehen solle („Dann soll er dies tun.“, Bl. 228 d.A.), weitergibt.
Einem außergerichtlichen Verlangen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen, war somit von vornherein aus Sicht des Antragstellers kein Erfolg zu bescheinigen. Es hätte sich als bloße Förmelei dargestellt. Hierzu war der Antragsteller nicht verpflichtet.
Der Senat hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Die Zeugin konnte sich anhand ihrer Unterlagen noch sehr gut an den Vorgang erinnern und hat umfassend sowie widerspruchsfrei ausgesagt. Auch die Beteiligten wenden gegen eine entsprechende Würdigung der Zeugenaussage nichts ein.
e)
Da der Antragsteller die Nachforderung von 2.796,12 € mittlerweile erfüllt hat, kann er auch Schadenersatzzahlung an sich verlangen.
Eine – bestrittene – unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Nachzahlungspflicht hat die Antragsgegnerin nicht unter Beweis gestellt. Auch aus der beigezogenen Akte des Trennungsunterhaltsverfahrens Amtsgericht Lahnstein, 50 F 413/16, ergibt sich dies nicht. Soweit der Antragsteller sich im laufenden Verfahren zum nachehelichen Unterhalt (Amtsgericht Lahnstein, 50 F 46/18 UE) auf eine Einkommensminderung infolge für die Jahre 2014 und 2015 zu zahlender Steuernachzahlungen beruft, ist es grundsätzlich zulässig, dies dort zu tun, obwohl er im vorliegenden Verfahren hinsichtlich eben dieser behaupteten Nachzahlungen Ersatz von der Antragsgegnerin verlangt. Lediglich eine Berücksichtigung der Nachzahlungen in beiden Verfahren scheidet aus. So lange die Nachzahlungen jedoch noch nicht durch abschließende gerichtliche Entscheidung oder Vergleich in einem der beiden Verfahren „verbraucht“ sind, kann der Antragsteller diese in beide Verfahren einführen, auch wenn eine doppelte Berücksichtigung nicht in Betracht kommt. Hierauf hatte der Senat im Beschluss vom 17.04.2019 hingewiesen (Bl. 194 f. d.A.).
f)
Dahinstehen kann schließlich, ob und ggfls. in welcher Höhe dem Antragsteller nach § 254 BGB ein anspruchsminderndes Mitverschulden zuzurechnen ist.
aa)
Allerdings hätte der Antragsteller die gemeinsame Veranlagung der Eheleute noch durchsetzen können, solange ihm gegenüber noch kein bestandskräftiger Steuerbescheid ergangen war.
Nach der alten Rechtslage war anerkannt, dass die Ehegatten ihre Wahl der Veranlagungsart nach § 26 EStG jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt – und zum Teil sogar darüber hinaus – ändern können, bis zu welchem der letzte Einzelveranlagungsbescheid gegenüber einem Ehegatten bestandkräftig geworden ist (vgl. BGH FamRZ 2010, 269, Tz. 12).
Durch das Steuervereinfachungsgesetz vom 01.11.2011 hat sich die Rechtslage geändert und die Wahlmöglichkeiten wurden eingeschränkt. Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 4 EStG kann die Wahl der Veranlagungsart neben vorliegend nicht eingreifenden besonderen Fällen (Nr. 1 bis 3) innerhalb eines Veranlagungszeitraums nur noch bis zum „Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids“ geändert werden.
In diesem Zusammenhang war in der Folgezeit ungeklärt, ob damit im Falle einer Einzelveranlagung die Unanfechtbarkeit des gegen den ersten einzeln veranlagenden Ehegatten ergangenen Steuerbescheids oder jene des später gegen den zweiten Ehegatten ergangenen Steuerbescheids gemeint ist (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2018, 1493 und Engels Steuerrecht für die familienrechtliche Praxis 3. Aufl. 2017 S. 39 f. Rn. 156 f.). Während die Gesetzesmaterialien hierzu keine Feststellungen ermöglichen (vgl. Engels aaO.) und sich eine gesicherte finanzgerichtliche Rechtsprechung ebenfalls noch nicht herausgebildet hatte, hatte der Senat sich für eine Auslegung entschieden, wonach es auf die zeitlich zuletzt eintretende Bestandskraft ankommt (vgl. Senat FamRZ 2016, 2013). Auf diese – in der finanzgerichtlichen Literatur durchaus als kritisch angesehene (vgl. Engels aaO.) – Auslegung haben sich nunmehr auch die Steuerbehörden auf Bund-Länder-Ebene verständigt (vgl. DStR 2018, 304).
bb)
Aufgrund der folglich bis kürzlich bestehenden erheblichen Rechtsunsicherheit wäre die Durchsetzung der gemeinsamen Veranlagung hier somit für den Antragsteller nur mit einem erheblichen prozessualen Aufwand und auch mit nicht unbedeutenden Kostenrisiken verbunden gewesen.
Zunächst hätte der Antragsteller gegen seinen Einzelveranlagungsbescheid Einspruch einlegen und die Aussetzung des Verfahrens beantragen müssen. Sodann hätte er die Antragsgegnerin zivilrechtlich zur Zustimmung in Anspruch zu nehmen gehabt. Anschließend wäre das Einspruchsverfahren wieder aufzunehmen gewesen. Wie das Finanzamt angesichts der oben dargestellten, durch das Steuervereinfachungsgesetz vom 01.11.2011 geschaffenen längere Zeit unsicheren Rechtslage letztlich entschieden hätte, war nicht ansatzweise abzusehen. Unter Umständen wäre ein Gerichtsverfahren bis vor den Bundesfinanzhof zur Durchsetzung einer gemeinsamen Besteuerung der Beteiligten erforderlich gewesen.
cc)
Angesichts der vorstehend aufgezeigten rechtlichen Unsicherheiten und erheblichen Kostenrisiken für den Antragsteller wäre sein etwaiges Mitverschulden wegen eines Verstoßes gegen die Schadensminderungsobliegenheit hier letztlich mit deutlich unter 50% anzusetzen.
Nachdem der Antragsteller von der sich infolge der Einzelveranlagung ergebenden Mehrforderung über 2.499,19 € lediglich 1.398,06 € ersetzt verlangt, ist somit keine weitere Kürzung dieses Zahlbetrags vorzunehmen.
3.
Die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten stehen dem Antragsteller nach §§ 1353 Abs. 1, 280 Abs. 1, 249 BGB zu. Dies gilt allerdings nur in dem Umfang, in welchem Anwaltskosten auf das Schadenersatzverlangen für den Veranlagungszeitraum 2015 entfallen. Dies sind bei einem Verfahrenswert von 1.398,06 € lediglich 201,71 €.
Nachdem die Antragsgegnerin die dem Antragsteller zuerkannte Forderung von 1.398,06 € trotz Zahlungsaufforderung bis zum 25.01.2018 nicht beglichen hat, besteht zugunsten des Antragstellers hierauf gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB eine Verzinsungspflicht ab dem Folgetag. Das gilt unabhängig davon, ob er zu diesem Zeitpunkt die für den Veranlagungszeitraum 2015 festgesetzte Nachzahlung bereits in Höhe von 1.398,06 € geleistet hatte. Denn aufgrund der mit dem Finanzamt getroffenen Stundungsvereinbarung hatte der Antragsteller auf noch nicht erbrachte Nachzahlungen seinerseits Zinsen in Höhe von 6% p.a. und damit über dem Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB liegende Zinsen zu leisten (Bl. 63 d.A.).
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 FamFG, 92, 96, 97 Abs. 2 ZPO.
Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde obsiegt, beruht dies auf einer erst nunmehr aufgrund einer Beweisaufnahme zugänglichen Konkretisierung und Substantiierung seines Vortrags zum Haftungsgrund in der Beschwerdeinstanz. Die Beweisaufnahme als solche hätte indes auch in erster Instanz stattfinden müssen, falls der Antragsteller bereits damals für den Veranlagungszeitraum 2015 schlüssig vorgetragen sowie den Geschehensablauf so konkret dargetan gehabt hätte, dass sein Zeugenbeweisangebot nicht mehr auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen wäre.
5.
Mangels Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war auch die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.