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Versorgungsausgleich: BGH Urteil zum Todesfall des Ex-Partners – Keine automatische Rententeilung bei Scheidung

Was, wenn der Ex-Partner stirbt und damit auch der Grund für Ihre Rentenabtretung entfällt? Herr M. glaubte fest daran, seine geschmälerte Rente zurückzubekommen, als seine Ex-Partnerin verstarb. Doch der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil nun entschieden und die Hoffnungen vieler Geschiedener auf eine „Renten-Rückholung“ zunichtegemacht.

Übersicht

Ein geschiedener Ehepartner reicht einen Abänderungsantrag ein, um die ursprünglich bei der Scheidung vorgenommene Rententeilung rückgängig zu machen.
Der BGH präzisiert die Regeln zum Versorgungsausgleich nach dem Todesfall eines Ex-Partners. | Symbolbild: KI generiertes Bild

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • BGH-Urteil: Der Tod eines geschiedenen Ex-Partners hebt den Versorgungsausgleich nicht automatisch auf.
  • Höhere Rentenpunkte aus einer Erwerbsminderungsrente des Verstorbenen werden für eine Abänderung des Versorgungsausgleichs nur berücksichtigt, wenn eine Hinterbliebenenrente binnen 24 Monaten nach dessen Tod gezahlt wird.
  • Ohne anspruchsberechtigte Hinterbliebene entfällt der „Besitzschutz“ dieser höheren Rentenpunkte für die Bewertung im Abänderungsverfahren.
  • Dies führt in der Regel dazu, dass die gesetzlichen Wesentlichkeitsgrenzen (§ 225 FamFG) für eine Abänderung nicht erreicht werden.
  • Anträge auf Rückgängigmachung sind daher ohne anknüpfende Hinterbliebenenrente oft erfolglos.
  • Die Abänderung ist die Ausnahme; eine genaue Prüfung und anwaltlicher Rat sind vor Antragstellung unerlässlich.

BGH-Urteil zum Versorgungsausgleich: Todesfall des Ex-Partners kippt nicht automatisch Rententeilung

Herr M. war seit vielen Jahren geschieden. Die Scheidung im Jahr 2002 brachte, wie üblich, auch die Regelung des sogenannten Versorgungsausgleichs mit sich – ein Verfahren, das die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche beider Partner fair aufteilen soll. In seinem Fall bedeutete dies, dass von seinen Anrechten aus der Ärzteversorgung ein Teil auf das Rentenkonto seiner Ex-Frau bei der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen wurde, um ihre geringeren Ansprüche aufzustocken. Dann, im Jahr 2008, verstarb seine ehemalige Ehefrau. Sie hinterließ keine Kinder oder andere Personen, die Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente gehabt hätten.

Viele Jahre später, im August 2021, dachte Herr M. über die Situation nach. Seine Ex-Frau war tot, niemand profitierte mehr von dem Rentenanteil, den er damals an sie abgetreten hatte. Er empfand es als ungerecht, dass seine eigene Rente dadurch weiterhin geschmälert wurde. Er stellte daher beim Familiengericht einen Antrag auf Abänderung des ursprünglichen Versorgungsausgleichs. Sein Ziel: eine „Totalrevision“, also die komplette Rückgängigmachung der damaligen Entscheidung, sodass seine Rente wieder in voller Höhe ihm zugutekäme. Die zentrale juristische Frage, die sich nun stellte: Kann der Tod eines Ex-Partners und der damit verbundene Wegfall seines Rentenanspruchs dazu führen, dass ein einmal festgelegter Versorgungsausgleich komplett neu aufgerollt wird? Und wie sind die Rentenansprüche der Verstorbenen für eine solche Neubewertung überhaupt noch zu berücksichtigen?

Von Hoffnung zu Enttäuschung: Herr M.s Kampf durch die Instanzen

Herr M.s Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs landete zunächst beim Amtsgericht Uelzen. Die dortigen Familienrichter prüften seinen Fall und kamen zu dem Schluss: Eine Abänderung kommt nicht infrage. Sie lehnten seinen Antrag am 1. Juni 2023 ab. Für die Bewertung des Rentenanspruchs seiner verstorbenen Ex-Frau legten sie eine fiktive Altersrente zugrunde, nicht die tatsächlich von ihr vor ihrem Tod bezogene Erwerbsminderungsrente. Das bedeutete für Herrn M., dass die Voraussetzungen für eine wesentliche Änderung, die eine Abänderung rechtfertigen würde, nicht erfüllt waren.

Doch Herr M. gab nicht auf. Er legte Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ein. Sein Fall wurde nun vom Oberlandesgericht (OLG) Celle verhandelt. Und hier wendete sich das Blatt – zumindest vorläufig. Das OLG Celle sah die Sache anders als die erste Instanz. Es entschied am 29. Oktober 2024, dass der Versorgungsausgleich tatsächlich abgeändert werden müsse. Die Richter in Celle argumentierten, dass für die Bewertung des Anrechts der verstorbenen Ehefrau deren höhere, sogenannte besitzgeschützte persönliche Entgeltpunkte aus ihrer Erwerbsminderungsrente heranzuziehen seien. Mit dieser Berechnungsmethode kam das OLG zu dem Ergebnis, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Wertgrenzen für eine Abänderung überschritten seien. Die Konsequenz: Der Versorgungsausgleich sollte mit Wirkung ab dem 1. September 2021 nicht mehr stattfinden. Für Herrn M. ein großer Erfolg, bedeutete dies doch potenziell eine höhere eigene Rente.

Gegen diesen Beschluss des OLG Celle legte jedoch die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund), als beteiligter Versorgungsträger, Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Die DRV Bund hat ein ureigenes Interesse daran, dass die Regeln des Versorgungsausgleichs einheitlich und korrekt angewendet werden, da dies erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Rentenkassen haben kann. So landete der Fall von Herrn M. schließlich vor dem höchsten deutschen Zivilgericht.

Der juristische Kern: Was ist ein Versorgungsausgleich und wann ist er änderbar?

Um die Entscheidung des BGH und ihre Bedeutung für Menschen wie Herrn M. zu verstehen, müssen wir uns zunächst zwei juristische Konzepte genauer ansehen: den Versorgungsausgleich selbst und die Bedingungen für seine nachträgliche Änderung.

Der Versorgungsausgleich: Fairness bei der Rente nach der Scheidung

Stellen Sie sich vor, ein Ehepaar hat eine gemeinsame Haushaltskasse, in die beide einzahlen und aus der gemeinsame Anschaffungen getätigt werden. Bei einer Trennung muss überlegt werden, wie das gemeinsame Vermögen fair aufgeteilt wird. Ähnlich funktioniert der Versorgungsausgleich, nur dass es hier um die während der Ehe erworbenen Ansprüche auf Altersversorgung geht.

Das können Anwartschaften aus der gesetzlichen Rente, Beamtenversorgung, betrieblichen Altersversorgung oder privaten Rentenversicherungen sein. Das Gesetz, genauer das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG), sieht vor, dass diese „Rentenschätze“ bei einer Scheidung grundsätzlich hälftig geteilt werden. Der Gedanke dahinter ist, dass beide Ehepartner – auch derjenige, der vielleicht wegen Kindererziehung oder Haushaltsführung weniger eigene Rentenpunkte sammeln konnte – gleichermaßen an dem in der Ehe aufgebauten Versorgungsvermögen teilhaben sollen. Im Fall von Herrn M. wurde der Ausgleich 2002 so durchgeführt, dass Rentenpunkte von seinem Konto bei der Ärzteversorgung auf das Konto seiner Frau bei der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen wurden.

Die „Wesentlichkeitsgrenze“: Nicht jede kleine Änderung zählt

Ein einmal gerichtlich geregelter Versorgungsausgleich ist nicht in Stein gemeißelt. Das Leben geht weiter, und es können sich Umstände ergeben, die eine Anpassung der ursprünglichen Entscheidung erforderlich machen. Genau hierfür gibt es den § 51 VersAusglG. Diese Vorschrift erlaubt eine Abänderung, wenn sich der Wert eines auszugleichenden Anrechts wesentlich geändert hat. Doch was bedeutet „wesentlich“? Das regelt § 225 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Eine Änderung ist nur dann wesentlich, wenn zwei Hürden übersprungen werden:

  1. Die relative Wesentlichkeitsgrenze: Die Wertänderung muss mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts des betreffenden Anrechts betragen.
  2. Die absolute Wesentlichkeitsgrenze: Bei Rentenbeträgen muss die Änderung zusätzlich mindestens 1 % der am Ende der Ehezeit geltenden monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) übersteigen. Diese Bezugsgröße ist ein jährlich neu festgelegter Wert, der in der Sozialversicherung eine Rolle spielt.

Das ist vergleichbar mit einem langfristigen Liefervertrag für ein Produkt. Wenn sich der Marktpreis des Produkts nur um wenige Cent ändert, wird man den Vertrag nicht gleich neu verhandeln. Ändert sich der Preis aber erheblich, kann eine Anpassung fair und notwendig sein. Genau diese Funktion haben die Wesentlichkeitsgrenzen im Versorgungsausgleich: Sie sollen verhindern, dass Gerichte wegen jeder Kleinigkeit angerufen werden und sorgen für Rechtsfrieden. Für Herrn M. bedeutete das: Er musste nachweisen, dass sich der Wert des Rentenanspruchs seiner verstorbenen Ex-Frau so stark verändert hatte, dass diese Grenzen überschritten wurden.

Der Bundesgerichtshof zieht die Notbremse: Die 24-Monats-Frist als K.o.-Kriterium

Der Bundesgerichtshof musste nun also klären, ob das OLG Celle die Rentenansprüche der verstorbenen Ex-Frau von Herrn M. korrekt bewertet hatte und ob die Voraussetzungen für eine Abänderung tatsächlich vorlagen. Die Richter in Karlsruhe kamen zu einem anderen Ergebnis als das OLG und stellten die ursprüngliche Entscheidung des Amtsgerichts wieder her. Der Antrag von Herrn M. wurde also endgültig abgewiesen. Doch warum?

Der Knackpunkt: „Besitzschutz“ für Rentenpunkte – Was ist das und wann gilt er?

Im Mittelpunkt der juristischen Argumentation stand der Begriff der „besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkte“. Das klingt kompliziert, lässt sich aber erklären. Persönliche Entgeltpunkte sind die Basis für die Berechnung der gesetzlichen Rente. Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht, wie die Ex-Frau von Herrn M., bekommt dafür ebenfalls Entgeltpunkte gutgeschrieben. Manchmal sind diese Punkte bei einer Erwerbsminderungsrente höher als die Punkte, die man bis dahin für eine spätere normale Altersrente angespart hätte, zum Beispiel durch Zurechnungszeiten.

Der „Besitzschutz“ nach § 88 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) soll sicherstellen, dass diese einmal erreichten (höheren) Entgeltpunkte nicht einfach wieder verloren gehen, wenn man später eine andere Rente (z.B. Altersrente) oder nach einer Unterbrechung erneut eine Rente bezieht. Es ist wie ein einmal erreichter Status, beispielsweise bei einem Treueprogramm: Man hat einen Vorteil erlangt, der unter bestimmten Bedingungen erhalten bleibt.

Das OLG Celle hatte argumentiert, dass die höheren Entgeltpunkte aus der Erwerbsminderungsrente der verstorbenen Frau für die Neuberechnung des Versorgungsausgleichs herangezogen werden müssten, weil sie „besitzgeschützt“ waren. Der BGH sah das jedoch anders.

Die Logik des BGH: Keine Hinterbliebenenrente, kein fortwirkender Besitzschutz

Der BGH stellte klar: Der Besitzschutz für die persönlichen Entgeltpunkte einer Erwerbsminderungsrente ist an bestimmte Bedingungen geknüpft. Relevant ist hier insbesondere § 88 Abs. 2 SGB VI. Diese Vorschrift besagt sinngemäß: Hat ein Versicherter (wie die Ex-Frau von Herrn M.) eine Rente bezogen und beginnt spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente eine Hinterbliebenenrente (also eine Witwen-, Witwer- oder Waisenrente), dann werden für diese Hinterbliebenenrente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des Verstorbenen zugrunde gelegt.

Genau hier lag der Hase im Pfeffer: Die Ex-Frau von Herrn M. war am 28. Oktober 2008 verstorben. Ihre Erwerbsminderungsrente endete damit mit Ablauf des Monats Oktober 2008 (gemäß § 100 Abs. 3 SGB VI). Sie hinterließ aber keine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen. Das bedeutet, es gab niemanden, für den innerhalb der entscheidenden 24-Monats-Frist eine Hinterbliebenenrente begonnen hätte, die auf den Anrechten der Verstorbenen basierte.

Der BGH argumentierte: Da keine Hinterbliebenenrente gezahlt wurde, gab es auch keinen Anknüpfungspunkt, um den Besitzschutz der höheren Entgeltpunkte aus der Erwerbsminderungsrente über den Tod der Frau hinaus aufrechtzuerhalten. Stellen Sie sich das vor wie eine hochwertige Eintrittskarte für eine Veranstaltungsserie. Solange Sie selbst hingehen, ist sie wertvoll. Wenn Sie sie an einen bestimmten berechtigten Nachfolger weitergeben können und dieser sie innerhalb einer Frist nutzt, behält sie ihren Wert. Gibt es aber keinen solchen Nachfolger oder wird die Frist verpasst, verfällt der besondere Wert.

Für Herrn M. und andere Betroffene bedeutet diese spezielle Feststellung des Gerichts, dass die bloße Tatsache, dass der Verstorbene eine Erwerbsminderungsrente mit besitzgeschützten Punkten bezogen hat, nicht automatisch heißt, dass diese Punkte für eine Abänderung des Versorgungsausgleichs herangezogen werden. Entscheidend ist, ob das Gesetz einen Weiterbestand dieses Schutzes vorsieht – und das tut es in Fällen wie dem von Herrn M. eben nicht.

Der BGH grenzte seine Entscheidung auch von einem früheren Beschluss (vom 23. August 2023 – XII ZB 202/22) ab. In jenem Fall wurde nach dem Tod des Versicherten eine Hinterbliebenenrente gezahlt. Dort war es folgerichtig, die besitzgeschützten Punkte für die Bewertung heranzuziehen. Im Fall von Herrn M. lag die Sache aber anders.

Die Folge: Die Wesentlichkeitsgrenze wurde nicht erreicht

Die Konsequenz dieser juristischen Bewertung war für Herrn M. ernüchternd. Wenn die höheren, besitzgeschützten Entgeltpunkte seiner verstorbenen Ex-Frau nicht berücksichtigt werden durften, musste ihr Rentenanspruch für die Abänderungsprüfung niedriger angesetzt werden – nämlich auf Basis einer fiktiven Altersrente ohne diesen besonderen Schutz.

Und mit diesem niedrigeren Wert war die Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Versorgungsausgleich nicht mehr „wesentlich“ im Sinne des § 225 Abs. 3 FamFG. Die erforderliche Schwelle von 5 % relativer und 1 % absoluter Wertänderung wurde nicht überschritten. Es war, als ob Herr M. zwar eine Veränderung nachweisen konnte, diese aber zu gering war, um eine Vertragsanpassung zu rechtfertigen – so wie wenn der Preis für ein bestelltes Produkt nur minimal steigt, was noch keine Vertragsneuverhandlung auslöst.

Der BGH stellte daher fest, dass der Abänderungsantrag unbegründet ist, weil bei einer Anrechtsbewertung ohne den Besitzschutz an bisherigen persönlichen Entgeltpunkten der verstorbenen Ehefrau die absolute Wertgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG nicht erreicht wird. Das war das endgültige Aus für Herrn M.s Hoffnung, den Versorgungsausgleich rückgängig zu machen. Die Kosten des gesamten Verfahrens musste er ebenfalls tragen.

Was dieses BGH-Urteil für Sie bedeutet: Klare Linien beim Versorgungsausgleich nach Todesfall

Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen XII ZB 576/24) ist nicht nur für Herrn M. von Bedeutung, sondern gibt allen geschiedenen Personen, deren Ex-Partner verstorben ist, wichtige Orientierung. Sie schafft mehr Klarheit in einer komplexen Rechtsmaterie.

Die Kernbotschaften des Urteils für Betroffene

Die wichtigste Erkenntnis ist: Der Tod eines ausgleichsberechtigten Ex-Partners führt nicht automatisch dazu, dass der Versorgungsausgleich gekippt oder geändert wird. Es kommt auf die Details an, insbesondere auf die Bewertung des weggefallenen Rentenanspruchs und darauf, ob die strengen Wesentlichkeitsgrenzen überschritten werden.

Der BGH hat mit dieser Entscheidung präzisiert, dass der besondere Schutz höherer Entgeltpunkte aus einer Erwerbsminderungsrente (§ 88 SGB VI) nach dem Tod des Berechtigten in der Regel nur dann für die Bewertung im Rahmen eines Abänderungsverfahrens herangezogen werden kann, wenn innerhalb von 24 Monaten nach dem Tod eine Hinterbliebenenrente für berechtigte Angehörige (z.B. Witwe/r, Waisen) zu zahlen ist. Fehlen solche Hinterbliebenen, entfällt dieser besondere Schutz für die Bewertung im Abänderungsverfahren.

Praktische Überlegungen und wann anwaltlicher Rat unerlässlich ist

Wenn Sie geschieden sind und Ihr Ex-Partner verstirbt, sollten Sie nicht vorschnell davon ausgehen, dass Sie nun einen Teil Ihrer Rente „zurückbekommen“. Die Hürden für eine Abänderung des Versorgungsausgleichs sind hoch. Bevor Sie einen Antrag stellen, ist es unerlässlich, die Situation genau zu prüfen. Dazu gehört insbesondere die Klärung, ob der Verstorbene anspruchsberechtigte Hinterbliebene hatte, für die innerhalb von 24 Monaten nach seinem Tod eine Hinterbliebenenrente aus seinen Anrechten gezahlt wird oder wurde. Dies kann ein entscheidender Faktor sein.

Sie sollten auch bedenken, dass ein solches Abänderungsverfahren komplex ist und Kosten verursachen kann, die Sie im Falle einer Antragsablehnung selbst tragen müssen, wie Herr M. erfahren musste. Die genaue Berechnung der Wertänderung und die Prüfung der Wesentlichkeitsgrenzen erfordern Spezialwissen. Daher ist es in jedem Fall ratsam, sich vorab von einem auf Familienrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dieser kann Ihre individuelle Situation prüfen und die Erfolgsaussichten eines Antrags realistisch einschätzen. Bringen Sie zu einem solchen Gespräch unbedingt die ursprüngliche Scheidungs- und Versorgungsausgleichsentscheidung mit.

Es ist auch wichtig, sich bewusst zu machen, dass der Versorgungsausgleich ein Instrument der Fairness ist, das die während der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Werte auch im Alter sichern soll. Auch wenn es sich manchmal ungerecht anfühlen mag, wenn ein Teil der eigenen Rente an einen Ex-Partner geht, der dann verstirbt, hat der Gesetzgeber klare Regeln für eine mögliche Korrektur geschaffen, die nicht leichtfertig umgangen werden können. Dies dient auch der Rechtssicherheit und Planbarkeit für die Versorgungsträger.

Typische Situationen, in denen dieses Urteil für Sie relevant werden könnte, sind:

  • Ihr geschiedener Ehepartner, der aus dem Versorgungsausgleich von Ihnen Rentenpunkte erhalten hat, verstirbt.
  • Der verstorbene Ex-Partner hat vor seinem Tod eine Erwerbsminderungsrente bezogen.
  • Es gibt keine Kinder oder einen neuen Ehepartner des Verstorbenen, die Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente hätten.
  • Sie überlegen, ob Sie einen Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs stellen sollen, weil Sie die fortlaufende Kürzung Ihrer Rente als ungerecht empfinden.
  • Ein Versorgungsträger, wie die Deutsche Rentenversicherung, zweifelt an der Grundlage für eine von Ihnen beantragte Abänderung.

In all diesen Fällen hilft die klare Linie des BGH, die Rechtslage besser einzuschätzen.

Rechtssicherheit gestärkt: Die Grenzen der Abänderbarkeit

Das Urteil des BGH mag für Herrn M. eine Enttäuschung sein, doch es trägt zur Rechtssicherheit bei. Es stellt klar, unter welchen engen Voraussetzungen ein einmal rechtskräftig geregelter Versorgungsausgleich nach dem Tod eines Beteiligten noch geändert werden kann. Der Grundsatz ist: Eine Abänderung ist die Ausnahme, nicht die Regel.

Die Richter haben deutlich gemacht, dass das Sozialrecht (hier das SGB VI mit seinen Regeln zum Besitzschutz von Entgeltpunkten) und das Familienverfahrensrecht (mit den Regeln zur Abänderung und den Wesentlichkeitsgrenzen) Hand in Hand gehen. Nur wenn beide Regelwerke eine Abänderung stützen, kann sie erfolgen. Die 24-Monats-Frist aus § 88 Abs. 2 SGB VI wirkt hier wie ein Filter: Gibt es innerhalb dieser Zeit keine anknüpfende Hinterbliebenenrente, ist der Weg zur Berücksichtigung der höheren besitzgeschützten Punkte in der Regel versperrt. Das ist vergleichbar mit einer Garantiefrist für ein Produkt: Ist die Frist abgelaufen und sind bestimmte Bedingungen nicht erfüllt, erlöschen auch besondere Ansprüche.

Diese Entscheidung betont die Bedeutung der gesetzlich festgelegten Wesentlichkeitsgrenzen. Sie sind kein bloßes Rechenexempel, sondern ein wichtiger Schutzmechanismus gegen eine Flut von Abänderungsanträgen bei geringfügigen Änderungen. Sie dienen dem Rechtsfrieden und der Stabilität von gerichtlichen Entscheidungen. Für Betroffene bedeutet dies, dass eine sorgfältige Prüfung und realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten unerlässlich sind, bevor man den Weg einer Abänderungsklage beschreitet. Der Fall von Herrn M. zeigt eindrücklich, dass der Wunsch nach Gerechtigkeit allein nicht ausreicht, um eine jahrzehntealte Entscheidung zu kippen. Die juristischen Hürden sind bewusst hoch angesetzt.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Versorgungsausgleich nach dem Tod des Ex-Partners

Nachfolgend beantworten wir die häufigsten Fragen zu unserem Artikel über das BGH-Urteil zum Versorgungsausgleich und dessen Auswirkungen für Sie.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Mein Ex-Partner, der durch den Versorgungsausgleich Rentenpunkte von mir erhalten hat, ist verstorben. Bedeutet dieses BGH-Urteil nun, dass ich meine volle Rente definitiv nicht zurückbekomme?

Nein, das Urteil bedeutet nicht, dass Sie Ihre Rente definitiv nicht zurückbekommen, aber es unterstreicht, dass dies nicht automatisch geschieht und die Hürden hoch sind. Der Tod Ihres Ex-Partners allein führt nicht zur Rücknahme des Versorgungsausgleichs. Es muss immer eine sogenannte „wesentliche Änderung“ der Berechnungsgrundlagen vorliegen, und die dafür geltenden Wertgrenzen (die „Wesentlichkeitsgrenze“) müssen überschritten sein. Das BGH-Urteil hat präzisiert, wie der Rentenanspruch des Verstorbenen in bestimmten Fällen zu bewerten ist, was die Erreichung dieser Wesentlichkeitsgrenze erschweren kann. Eine individuelle Prüfung durch einen Fachanwalt ist daher unerlässlich, um Ihre spezifische Situation zu bewerten.


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Im Artikel ist von „besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkten“ die Rede. Können Sie noch einmal erklären, warum diese im Fall von Herrn M. und für die Entscheidung des BGH so wichtig waren?

„Besitzgeschützte persönliche Entgeltpunkte“ sind im Grunde ein Schutzmechanismus, der sicherstellt, dass einmal erreichte, oft höhere Rentenpunkte (zum Beispiel aus einer Erwerbsminderungsrente, wie bei Herrn M.s Ex-Frau) nicht einfach wieder verloren gehen, wenn später eine andere Rente bezogen wird. Im Fall von Herrn M. hatte das Oberlandesgericht (OLG) Celle diese höheren, besitzgeschützten Punkte seiner verstorbenen Ex-Frau für die Neuberechnung herangezogen. Dadurch wurde die „Wesentlichkeitsgrenze“ überschritten, was eine Änderung des Versorgungsausgleichs zugunsten von Herrn M. bedeutet hätte. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah das jedoch anders: Er entschied, dass dieser besondere Schutz der Punkte im konkreten Fall nicht mehr galt, weil nach dem Tod der Ex-Frau niemand innerhalb einer 24-Monats-Frist eine Hinterbliebenenrente aus ihren Anrechten bezog. Ohne diese höheren Punkte wurde die Wesentlichkeitsgrenze nicht erreicht, und der Versorgungsausgleich konnte nicht geändert werden.


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Was genau ist die „24-Monats-Frist“ und warum war sie in diesem BGH-Urteil so entscheidend?

Die „24-Monats-Frist“ stammt aus dem Sozialgesetzbuch (§ 88 Abs. 2 SGB VI) und ist für den sogenannten „Besitzschutz“ von Rentenpunkten relevant, insbesondere nach dem Tod. Sie besagt vereinfacht: Wenn ein Versicherter (wie die Ex-Frau von Herrn M.) eine Rente bezogen hat und verstirbt, dann bleiben die für diese Rente geltenden (möglicherweise höheren) persönlichen Entgeltpunkte nur dann für eine nachfolgende Hinterbliebenenrente (Witwen-, Witwer- oder Waisenrente) maßgeblich, wenn diese Hinterbliebenenrente spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Ende der Rente des Verstorbenen beginnt. Im Fall von Herrn M. gab es keine anspruchsberechtigten Hinterbliebenen, für die eine solche Rente innerhalb dieser Frist begonnen hätte. Deshalb, so der BGH, konnte der besondere Schutz der höheren Entgeltpunkte aus der Erwerbsminderungsrente seiner Ex-Frau nicht für die Neubewertung des Versorgungsausgleichs herangezogen werden. Das Fehlen eines Anknüpfungspunktes innerhalb dieser Frist war somit das K.o.-Kriterium für Herrn M.s Antrag.


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Ich bin geschieden und mein Ex-Partner ist kürzlich verstorben. Welche praktischen Schritte sollte ich angesichts dieses Urteils nun bedenken?

Zunächst ist es wichtig, nicht vorschnell davon auszugehen, dass Sie automatisch einen Teil Ihrer Rente zurückerhalten oder der Versorgungsausgleich geändert wird. Dieses BGH-Urteil bestätigt, dass die Hürden dafür hoch sind. Klären Sie, ob Ihr verstorbener Ex-Partner anspruchsberechtigte Hinterbliebene (z.B. Kinder oder einen neuen Ehepartner) hatte, für die innerhalb von 24 Monaten nach seinem Tod eine Hinterbliebenenrente aus seinen Anrechten gezahlt wird oder wurde. Dies ist ein wichtiger Aspekt für die Bewertung seiner Rentenansprüche. Holen Sie sich unbedingt Rat bei einem auf Familienrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Legen Sie ihm die ursprüngliche Scheidungs- und Versorgungsausgleichsentscheidung vor. Der Anwalt kann Ihre individuelle Situation prüfen, die Erfolgsaussichten eines möglichen Antrags auf Abänderung realistisch einschätzen und Sie über mögliche Kosten aufklären.


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Das Oberlandesgericht Celle hatte Herrn M. ja zunächst Recht gegeben. Warum hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung aufgehoben und anders entschieden?

Der Unterschied in den Entscheidungen lag im Wesentlichen in der Bewertung des Rentenanspruchs der verstorbenen Ex-Frau von Herrn M. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle war der Ansicht, dass die höheren, sogenannten „besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkte“ aus ihrer früheren Erwerbsminderungsrente für die Neuberechnung des Versorgungsausgleichs herangezogen werden müssten. Mit dieser höheren Bewertung wurde die für eine Abänderung notwendige „Wesentlichkeitsgrenze“ überschritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah dies jedoch anders. Er stellte klar, dass dieser besondere Schutz der Punkte nur dann über den Tod hinaus relevant ist, wenn innerhalb einer 24-Monats-Frist eine Hinterbliebenenrente aus den Anrechten der Verstorbenen gezahlt wird. Da dies bei Herrn M.s Ex-Frau nicht der Fall war (sie hinterließ keine anspruchsberechtigten Hinterbliebenen), durften die höheren Punkte laut BGH nicht berücksichtigt werden. Mit der niedrigeren Bewertung wurde die Wesentlichkeitsgrenze dann nicht erreicht, und der Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs musste abgewiesen werden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Rentenschicksal nach dem Tod: BGH zieht enge Grenzen für die Rentenkorrektur

Das Urteil des Bundesgerichtshofs unterstreicht: Der Versorgungsausgleich ist eine grundlegende Entscheidung, die auch nach dem Tod eines Ex-Partners nicht ohne Weiteres revidiert wird. Die bloße Tatsache, dass der Verstorbene von den übertragenen Rentenansprüchen nicht mehr profitiert, reicht für eine Rückabwicklung nicht aus. Entscheidend sind strenge juristische Kriterien, insbesondere ob binnen 24 Monaten Hinterbliebenenleistungen aus den Anrechten des Verstorbenen fließen.

Für Geschiedene bedeutet dies eine wichtige Klarstellung: Die Hoffnung, geteilte Rentenansprüche nach dem Versterben des Ex-Partners unkompliziert zurückzuerhalten, erfüllt sich nur in eng definierten Ausnahmefällen. Die Hürden für eine Abänderung bleiben hoch, und die spezifischen Regelungen zum Fortbestand eines „Besitzschutzes“ für Rentenpunkte, geknüpft an die Existenz von Hinterbliebenenansprüchen, sind dabei oft ausschlaggebend.

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