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Wohnungszuweisung bei Trennung an Alleineigentümer-Ehegatten

OLG Düsseldorf – Az.: II-6 UF 42/16 – Beschluss vom 24.06.2016

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 11.03.2016 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Remscheid vom 03.03.2016 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die im Erdgeschoss des Hauses in Remscheid gelegene Ehewohnung der Beteiligten, bestehend aus Wohnzimmer, Esszimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer, Ankleidezimmer, Küche, Diele und Bad sowie dem dazugehörigen Kellerraum, Hobbyraum, Werkraum und Hauswirtschaftsraum/Waschküche, wird der Antragstellerin für die Dauer der Trennung der Eheleute zur alleinigen Nutzung zugewiesen.

2. Der Antragsgegner erhält eine Räumungsfrist bis zum 01.08.2016.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

III. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.000 € festgesetzt.

IV. Die Antragstellerin erhält Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B.

V. Dem Antragsgegner wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin H. bewilligt. Es verbleibt bei der durch das Amtsgericht angeordneten Ratenzahlung.

Gründe

I.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es geboten, der Antragstellerin für die Zeit der Trennung gemäß § 1361b Abs. 1 BGB die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Der Begriff der unbilligen Härte ist gesetzlich nicht definiert und einzelfallbezogen auszufüllen. Aus den in der gesetzlichen Regelung hervorgehobenen Tatbeständen, die eine unbillige Härte begründen können – die Anwendung von Gewalt (§ 1361b Abs. 2 BGB) und die Beeinträchtigung des Kindeswohls (§ 1361b Abs. 1 S. 2 BGB) – ist zu folgern, dass eine Wohnungszuweisung besondere Umstände voraussetzt, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen, wie sie oft in der Auflösungsphase einer Ehe auftreten, hinausgehen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Ehegatten dessen Verbleiben in der Wohnung für den Ehegatten zu einer unerträglichen Belastung machen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.07.2015 – 18 UF 76/15 – juris Rn. 11; OLG Hamm, Beschl. v. 23.03.2015 – 4 UF 211/14 -, juris Rn. 43). Im Rahmen der gebotenen Gesamtwägung der Interessen beider Ehegatten unter Berücksichtigung der Belange der in der ehelichen Wohnung lebenden Kinder ist gemäß § 1361b Abs. 1 S. 3 BGB auch das Eigentum eines Ehegatten an der ehelichen Wohnung zu berücksichtigen. Das Eigentum des Ehegatten an der ehelichen Wohnung, der die Wohnungszuweisung begehrt, führt dabei in der Regel dazu, dass die an das Vorliegen einer unbilligen Härte zu stellenden Anforderungen herabzusetzen sind (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 20.01.1989 – 5 UF 433/88 – NJW-RR 1989, 1484, 1485; Erman/Kroll-Ludwigs, BGB, 14. Aufl. 2014, § 1361b Rn. 7; Staudinger/Voppel, BGB [2012], § 1361b Rn. 46).

Wohnungszuweisung bei Trennung an Alleineigentümer-Ehegatten
(Symbolfoto: ingae/Shutterstock.com)

Für eine Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin spricht zunächst das Verhalten des Antragsgegners während der durch eine Mutter-Kind-Kur bedingten Abwesenheit der Antragstellerin, das den Anlass für den Antrag der Antragstellerin gegeben hat. Demnach hat der Antragsgegner während der Abwesenheit der Antragstellerin das Schloss der Wohnungseingangstür ausgetauscht, ohne dies der Antragstellerin mitzuteilen. Darüber hinaus hat er während der Abwesenheit der Antragstellerin mehrere Steckdosenabdeckungen entfernt. Auch wenn sich dieses Geschehen Anfang Januar zugetragen hat und nicht erkennbar ist, dass der Antragsgegner seither in ähnlicher Weise Veränderungen an der Ehewohnung vorgenommen hat, ist dieses Geschehen weiterhin in die vorzunehmende Abwägung einzustellen. Zu berücksichtigen ist, dass der Antragsgegner sich bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren nicht von dem Geschehen distanziert hat und auch keine für den Senat nachvollziehbare Erklärung für das Entfernen der Steckdosenabdeckungen abgegeben hat. Den Angaben der Antragstellerin nach hat er ihr gegenüber erklärt, dass die von ihm entfernten bzw. gegen Altmaterial ausgetauschten Abdeckungen hätten gespült werden müssen. Selbst wenn aus der Sicht des Antragsgegners eine Reinigung der entfernten Abdeckungen veranlasst gewesen wäre, wäre von ihm zu erwarten gewesen, dass er dies zuvor mit der Antragstellerin bespricht. Es ist nachzuvollziehen, dass die Antragstellerin sich durch das Verhalten des Antragsgegners verunsichert fühlt und befürchtet, dass er während ihrer Abwesenheit gegebenenfalls erneut nicht abgesprochene Veränderungen an der Ehewohnung vornehmen wird.

Auch im Hinblick auf die Belange des gemeinsamen Sohnes der Beteiligten P., derentwegen der Senat dem Jugendamt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, erscheint eine Zuweisung der ehelichen Wohnung an die Antragstellerin geboten. Der Antragsgegner räumt selbst bereits in seiner Antragserwiderung vom 25.01.2016 ein, dass die Spannungen zwischen den Beteiligten D. nicht verborgen geblieben seien, obgleich D. zu diesem Zeitpunkt über die Trennung seiner Eltern noch gar nicht informiert war. Soweit der Kindesvater in dem genannten Schriftsatz die Einschätzung vertreten hat, dass hierin keine derart erhebliche Belastung liege, die eine unbillige Härte im Sinne des § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB begründen würde, ist zu berücksichtigen, dass nunmehr weitere fünf Monate vergangen sind. Gerade auch die Einschätzung der Therapeutin Frau B., die die Kindeseltern gemeinsam beraten hat, spricht dafür, dass sich die Belastung für D. in dieser Zeit weiter verschärft hat. Sie erklärt in ihrer Stellungnahme vom 18.05.2016, eine räumliche Trennung der Beteiligten sei erforderlich, um D. aus der Konflikt- und Streitzone herauszuhalten und für ihn Orientierung und Klärung zu schaffen.

Der Umstand, dass der Antragsgegner in Aussicht gestellt hat, freiwillig aus der ehelichen Wohnung auszuziehen, macht eine gerichtliche Entscheidung nicht entbehrlich. Obgleich der Antragsgegner im Rahmen des gemeinsam mit der Antragstellerin wahrgenommenen Beratungsgesprächs vom 18.03.2016 zusagte, eine eigene Wohnung nehmen zu wollen, hat er die eheliche Wohnung bislang nicht verlassen. In der von dem Antragsgegner signalisierten Bereitschaft liegt für sich betrachtet zwar kein Gesichtspunkt, auf den für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 1361b Abs. 1 BGB abzustellen wäre. Gleichwohl erscheint es sachgerecht, das Interesse des Antragsgegners an dem Verbleib in der ehelichen Wohnung im Hinblick auf seine Bereitschaft zum Auszug geringer zu gewichten als die bereits genannten Umstände, die für eine Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin sprechen.

Den Interessen des Antragsgegners ist allerdings dadurch Rechnung zu tragen, dass ihm eine angemessene Räumungsfrist eingeräumt wird. Im Hinblick auf seine bereits im März 2016 erklärte Bereitschaft (freiwillig) die Ehewohnung zu verlassen, erscheint die bis zum 01.08.2016 gewährte Frist ausreichend, da davon auszugehen ist, dass der Antragsgegner bereits ausreichend Gelegenheit hatte, eine neue Wohnung für sich zu finden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, der Verfahrenswert folgt aus §§ 40 Abs. 1, 48 Abs. 1 FamGKG.

Es besteht kein Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

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