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Zugewinnausgleich – Lottogewinn als Zugewinn

AG Mönchengladbach – Az.: 39 F 232/10 – Beschluss vom 29.06.2011

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin EUR 242.250,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.

Gründe

I.

Die Beteiligten waren miteinander verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 20.10.2009 unter dem Aktenzeichen 39 F 250/08 geschieden. Das Urteil ist seit dem 03.12.2009 rechtskräftig.

Die Antragstellerin hatte den Antragsgegner bereits mit Schreiben vom 10.02.2009 vergeblich aufgefordert, Auskunft über sein Endvermögen zum Stichtag 31.01.2009 zu erteilen.

Der Ehescheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 31.01.2009 zugestellt.

Beide Beteiligten hatten kein Anfangsvermögen im Sinne von § 1374 Abs. 1 BGB.

Der Antragsgegner hatte am 05.11.2008 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Zeugin C. K., einen Lottogewinn von insgesamt EUR 965.333,10 erzielt. Dies hat die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG mit Schreiben vom 11.03.2011 (Bl. 78 d.A.) bestätigt.

In dem Endvermögen des Antragsgegners zum Stichtag, dem 31.01.2009, befand sich das Eigentum an einem PKW Ford Focus, den der Antragsgegner im November 2008 für EUR 18.415,00 erworben hatte. Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Anteil des Antragsgegners an dem vorerwähnten Lottogewinn seinem Endvermögen hinzuzurechnen ist. Der Antragsgegner hat weiter das Bestehen einer Darlehensverpflichtung von EUR 12.500,00 gegenüber der Zeugin K vorgetragen und einen Darlehensvertrag vom 01.11.2008 (Bl. 34 d.A.) zur Akte gereicht. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und in welcher Höhe eine Darlehensrückzahlungsverpflichtung am Stichtag tatsächlich bestand.

Die Antragstellerin verfügte zum Stichtag über ein Geldvermögen auf ihrem Konto bei der W-bank in Höhe von EUR 720,97 (Bl. 46 d.A.). Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Endvermögen der Antragstellerin noch ein Betrag von rund EUR 5.000,00 hinzuzurechnen ist, der aus einer Erbschaft herrührte und auf den Namen ihres Enkelkindes angelegt war.

Die Antragstellerin behauptet, der Betrag aus der Erbschaft in Höhe von EUR 5.000,00 auf dem Konto ihres Enkelkindes falle nicht in ihr Vermögen. Es handele sich um einen Betrag, der zweckgebunden für die Grabpflege des Erblassers zu verwenden sei. Die Antragstellerin bestreitet das Bestehen eines Darlehens des Antragsgegners bei der Zeugin K zum Stichtag.

Sie ist der Ansicht, der Anteil des Antragsgegners an dem Lottogewinn ist zu seinem Endvermögen zu rechnen.

Die Antragstellerin hat zunächst beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie EUR 450.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2009 zu zahlen.

Nachdem sich in dem Verfahren herausgestellt hat, dass der Antragsgegner nicht allein, sondern gemeinsam mit der Zeugin K den Betrag von EUR 965.333,10 im Lotto gewonnen hat, hat sie den Rechtsstreit in Höhe von 207.750,00 für erledigt erklärt und beantragt nunmehr,

den Antragsgegner zu verpflichten, an sie EUR 242.250,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2009 zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er behauptet, zum Stichtag eine Darlehensschuld bei der Zeugin K von EUR 12.500,00 gehabt zu haben. Er ist der Ansicht, sein Anteil an dem Lottogewinn falle nicht in sein Endvermögen. § 1374 Abs. 2 BGB sei darauf sinngemäß anzuwenden. Weiter beruft sich der Antragsgegner auf Verwirkung gemäß § 1381 BGB wegen grober Unbilligkeit. Schließlich ist der Antragsgegner der Ansicht, dass dem Endvermögen der Antragstellerin der Betrag von EUR 5.000,00 auf dem Konto des Enkelkindes hinzuzurechnen sei.

Das Gericht hat am 25.05.2011 durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gelangten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 12.01.2011 (Bl. 56 f. d.A.) und vom 25.05.2011 (Bl. 90 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Dem Antrag war – soweit die Antragstellerin ihn nicht für erledigt erklärt hat – in vollem Umfang stattzugeben. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Zahlung von EUR 242.250,00 gemäß § 1378 Abs. 1 BGB.

Die Beteiligten sind rechtskräftig geschieden Eheleute.

Der Zugewinn des Antragsgegners übersteigt den Zugewinn der Antragstellerin zumindest um EUR 492.945,58.

Der Zugewinn des Antragsgegners im Sinne von § 1373 BGB betrug EUR 498.666,55. Der Antragsteller hatte kein Anfangsvermögen. Sein Endvermögen betrug EUR 498.666,55. Dieses setzte sich aus seinem Anteil an dem Lottogewinn in Höhe von EUR 482.666,55 und dem Eigentum an dem PKW Ford Focus im Wert von geschätzten EUR 16.000,00 zusammen.

Das Gericht schätzt den Wert des PKW Ford Focus zum 31.01.2009 auf EUR 16.000,00. Denn der Antragsgegner hatte diesen im November 2008 zu einem Kaufpreis von EUR 18.415,00 erworben. Das Gericht hält einen Wertverlust von EUR 2.415,00 in der Zeit von November 2008 bis zum 31.01.2009 für realistisch.

Zugewinnausgleich - Lottogewinn als Zugewinn
Symbolfoto: /Shutterstock.com

Von dem Lottogewinn in Höhe von insgesamt EUR 965.333,10 ist dem Vermögen des Antragsgegners der hälftige Betrag von EUR 482.666,55 zugeflossen. Denn der Antragsgegner hatte den Lottogewinn in einer aus zwei Personen bestehenden Spielgemeinschaft gemeinsam mit der Zeugin K erzielt. Der Gewinn wurde zwischen den beiden hälftig geteilt. Der Lottogewinn ist dem Endvermögen des Antragsgegners auch zuzurechnen. Entgegen der von dem Antragsgegner vertretenen Ansicht ist § 1374 Abs. 2 BGB nicht anzuwenden. § 1374 Abs. 2 BGB ist auf Lottogewinne zunächst nicht unmittelbar anwendbar. Denn ein Lottogewinn fällt nicht unter die in § 1374 Abs. 2 BGB aufgezählten Tatbestände. § 1374 Abs. 2 BGB ist jedoch auch – nach wie vor – nicht analog auf Lottogewinne anzuwenden. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 22.12.1976 [BGH FamRZ 77,124] entschieden. Das Gericht folgt dieser Rechtsprechung. Die Vorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB ist eng auszulegen. Zum einen folgt dies bereits daraus, dass § 1374 Abs. 2 BGB eine enumerative Aufzählung und keine Auffangklausel enthält. Es fehlt insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke. Zum anderen würde ansonsten eine – vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollte – Ausweitung auf weitere Erwerbstatbestände drohen, die ein Ehepartner ohne die Mitwirkung des anderen Ehepartners erzielt. Dies würde jedoch dem Grundgedanken des Zugewinnausgleichs zuwider laufen, dass grundsätzlich der Vermögenszuwachs, den die Ehepartner während der Ehe erzielt haben, zwischen ihnen ausgeglichen werden soll. Entgegen der von dem Antragsgegner vertretenen Ansicht ergibt sich auch aus den zwischenzeitlich – seit der vorgenannten Entscheidung des BGH – erfolgten Gesetzesänderungen keine andere Auslegung. Aus der Einführung der Auskunftspflicht über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt in § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB lässt sich nämlich gerade nicht folgern, dass der Gesetzgeber einen Ausgleich nur desjenigen Vermögenszuwachses wollte, der bis zum Trennungszeitpunkt erzielt wird. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, so hätte er als Stichtag für das Endvermögen in § 1375 Abs. 1 BGB den Trennungszeitpunkt und nicht den Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes wählen können. Da der Gesetzgeber dies nicht getan hat, ist für die Berechnung des Zugewinns weiterhin der Zeitraum bis zur Beendigung des Güterstandes maßgeblich.

Der Antragsgegner kann die Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung auch nicht nach § 1381 BGB verweigern. Der Ausgleich des Zugewinns erscheint nicht grob unbillig. Allein die Tatsache, dass die Beteiligten bereits seit mehr als acht Jahren voneinander getrennt lebten und keinerlei Beziehungen miteinander hatten, führt nicht zur Annahme einer groben Unbilligkeit. Die Beteiligten waren noch verheiratet. Der Antragsgegner hätte die Ehescheidung bereits früher beantragen können, hat dies jedoch unterlassen.

Das Endvermögen des Antragstellers ist auch nicht um einen Betrag von EUR 12.500,00 zu reduzieren. Der Antragsgegner vermochte nicht zu beweisen, dass sein Endvermögen durch eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Zeugin K in Höhe von EUR 12.500,00 belastet war. Die Zeugin K hat in ihrer Vernehmung zwar angegeben, sie habe dem Antragsgegner Geld für ein Auto geliehen habe. Das Gericht folgt der Aussage jedoch nicht. Die Zeugin war unglaubwürdig. Ihre Aussage ist unglaubhaft. Sie ist in sich widersprüchlich und widerspricht auch dem Sachvortrag des Antragsgegners. Nachdem die Zeugin zunächst erklärt hatte, das Darlehen im Jahr 2009 gegeben zu haben, erklärte sie dann, dass es doch im Jahr 2008 gewesen sei. Sie erklärte, dass das Darlehen im September 2008 gegeben worden sei. Der zur Akte gereichte Darlehensvertrag (Bl. 34 d.A.) datierte allerdings vom 01.11.2008. Es ist bereits wenig plausibel, dass nach der Aussage der Zeugin das Darlehen, das sie dem Antragsgegner nur vier Tage vor dem Lottogewinn gegeben haben will, nicht nach dem Lottogewinn, sondern monatlich zurückgezahlt worden sei. Gänzlich unglaubhaft wird diese Aussage dann, als die Zeugin angibt, nicht zu wissen, welche monatlichen Raten vereinbart worden seien. Der Antragsgegner habe monatlich so viel zurückgezahlt, wie er konnte. Dies widerspricht auch der Klausel in dem Darlehensvertrag, dass das Darlehen erst ab dem 01.10.2010 zurückgezahlt werden sollte. Nach dem Lottogewinn, von dem auf den Antragsgegner rund EUR 480.000,00 entfielen, hätte er mühelos das Darlehen von EUR 12.500,00 zurückzahlen können. Dass der Antragsgegner das Darlehen in monatlichen Raten, deren vereinbarte Höhe die Zeugin nicht kannte, je nach aktueller Zahlungsfähigkeit, zurückgezahlt haben soll, ist unglaubhaft. Es ist weiter nicht nachvollziehbar, wie die Zeugin dann wissen will, dass das Darlehen nun jedenfalls in voller Höhe zurückgezahlt sein soll. Dies widerspricht zudem dem Vortrag des Antragsgegners in dem Schriftsatz vom 28.10.2010, wonach der Antragsgegner den Betrag von EUR 12.500,00 noch in voller Höhe schuldet. Auch die diesbezügliche Behauptung der Zeugin, der Restbetrag sei wohl Ende des Jahres 2010 in einer Summe zurückgezahlt worden, überzeugt das Gericht nicht. Die Zeugin vermochte weder die Höhe der Restzahlung, noch das Datum oder etwaige Umstände näher zu benennen. Die Zeugin wirkte unglaubwürdig. Sie verstrickte sich in Widersprüchen. Sie konnte – auch auf Nachfrage – keine Details angeben. Das Gericht kann auch nicht ausschließen, dass die Zeugin ein gewisses eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Sie ist die aktuelle Lebensgefährtin des Antragsgegners.

Der Zugewinn des Antragsgegners entspricht seinem Endvermögen von EUR 498.666,55, da der Antragsgegner kein Anfangsvermögen hatte.

Der Zugewinn der Antragstellerin beläuft sich auf höchstens EUR 5.720,97. Die Antragstellerin hatte kein Anfangsvermögen. Ihr Endvermögen besteht aus dem Guthaben auf ihrem Konto bei der Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, ob dem Endvermögen der Antragstellerin von EUR 720,97 noch ein Betrag von EUR 5.000,00 auf dem Sparkonto ihres Enkelkindes hinzuzurechnen war. Denn selbst bei einem Endvermögen von dann EUR 5.720,97 wäre der geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch von EUR 242.250,00 gegeben. Der Zugewinn des Antragsgegners überstiege den Zugewinn der Antragstellerin um EUR 498.666,55 – 5.720,97 = EUR 492.945,58. Der Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte des Überschusses beliefe sich danach auf EUR 246.472,79. Dieser Betrag überschreitet den in diesem Verfahren geltend gemachten Betrag.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB. Der Antragsgegner war mit der Zahlung seit Rechtskraft der Scheidung in Verzug. Denn mit der Rechtskraft der Scheidung ist der Zugewinnausgleichsanspruch gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB fällig geworden. Die Antragstellerin hatte den Antragsgegner bereits zuvor mehrfach zur Auskunfterteilung aufgefordert und damit ihren Zugewinnausgleichsanspruch geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 81, 83 Abs. 2 FamFG. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten gegeneinander aufzugeben. Denn die Antragstellerin hat mit ihrem zuletzt noch gestellten Antrag auf Zahlung von EUR 242.250,00 in voller Höhe obsiegt. Soweit die Antragstellerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat, waren ihr die Kosten aufzuerlegen. Ihre Erledigungserklärung ist als teilweise Antragsrücknahme zu werten. Eine Erledigung lag nicht vor. Denn es gab kein erledigendes Ereignis. Der Antrag war nicht von vornherein in Höhe von EUR 450.000,00 begründet und hat nicht dann durch ein nach Rechtshängigkeit eintretendes Ereignis in Höhe von EUR 207.750,00 erledigt. Es war vielmehr so, dass der Anspruch von vornherein nur in Höhe von allenfalls EUR 246.472,79 gegeben war. Dass die Antragstellerin – zu Unrecht – davon ausgegangen ist, dass der Antragsgegner den Lottogewinn allein gemacht hatte, kann dem Antragsgegner nicht angelastet werden. Er hat zwar den Lottogewinn zunächst verschwiegen, jedoch hat er nicht behauptet, den Gewinn allein gemacht zu haben.

Verfahrenswert (bis zum 01.12.2010): EUR 450.000,00;

(ab dem 02.12.2010): EUR 242.250,00.

 

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