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Zugewinnausgleich: Zeitpunkt für die Bewertung des Anfangsvermögens

AG Ludwigsburg, Az.: 8 F 1467/13

Beschluss vom 14.02.2014

Der Antrag der Antragstellerin vom 08.10.2013 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Zugewinnausgleich: Zeitpunkt für die Bewertung des Anfangsvermögens
Symbolfoto: Victoria 1/Bigstock

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 113 Abs. 1 FamFG, § 114 ZPO.

1. Die Antragstellerin begehrt im Wege des selbständigen Beweisverfahrens zum einen die Überprüfung des Wertes der Immobilie des Antragsgegners.

Der Antragsgegner hatte in seiner Auskunft zum Endvermögen entsprechend der Wertermittlung durch die VR-Bank A-M vom 22.02.2013 einen Wert angegeben, den die Antragstellerin anzweifelt, da der Antragsgegner bei Erwerb der Eigentumswohnung im Jahr 2002 hierfür einen höheren Preis bezahlt hatte.

2. Zum anderen möchte die Antragstellerin den wirtschaftlichen bzw. realisierbaren Wert ihrer eigenen Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt 28.02.2002 sowie bei Eheschließung der Beteiligten im März 1998 durch einen Sachverständigen feststellen lassen.

Die Antragstellerin hatte bei Eheschließung unstreitig rund 68.000,00 € Schulden. Im Februar 2002 wurde im Rahmen des von der Antragstellerin eingeleiteten Insolvenzverfahrens ein Schuldenbereinigungsplan erstellt, der gemäß Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 28.04.2003 als angenommen galt. Mit einer Regulierungsquote von 6,03 % führte die Antragstellerin letztlich ihre Verbindlichkeiten zurück. Sie ist deshalb der Ansicht, die bei Eheschließung bestehenden Verbindlichkeiten seien bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung mit 0,00 € zu bewerten und nicht mit dem Nominalwert.

3. a)

Dazu ist festzustellen, dass es sich hierbei um die Beantwortung einer Rechtsfrage handelt, die grundsätzlich nicht durch ein Sachverständigengutachten zu klären ist. Nur wenn diese Fragestellung im Sinne der Argumentation der Antragstellerin zu bejahen wäre, könnte zur Ermittlung des tatsächlichen Wertes der Schulden ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben werden.

§ 1374 Abs. 3 BGB wurde durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts zum 01.09.2009 in das BGB eingefügt. Seither sind Verbindlichkeiten über die Höhe des Aktivvermögens hinaus bei der Ermittlung des Anfangsvermögens abzuziehen. Dieses kann damit auch mit einem Negativsaldo in die Zugewinnausgleichsbilanz eingestellt werden.

Dabei sind bei der Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen Geldforderungen und Verbindlichkeiten regelmäßig mit ihrem Nennwert einzustellen. Es entspricht allerdings allgemeiner Meinung, dass bei Forderungen im Endvermögen, deren Bestand oder Beitreibbarkeit zweifelhaft ist, ein Abschlag gerechtfertigt sein kann, da uneinbringliche Forderungen wirtschaftlich wertlos sind. Dem entsprechend wird in der Tat in der Literatur zum Teil diskutiert, dass eine derartige Betrachtung auch hinsichtlich des Anfangsvermögens angezeigt sei. Denn wenn ein Ehegatte bei Eheschließung mittels Verbraucherinsolvenzverfahren einen Schuldenerlass oder eine wesentliche Verringerung der Schulden erreiche oder die Forderungen, die gegen ihn bestehen, kurz nach Eheschließung verjähren, sei zu überlegen, ob dies für die Beurteilung des Zugewinns des Betroffenen ebenfalls begünstigend sein könne.

b)

Allerdings ist bei all dem zu beachten, dass nach §§ 1374 Abs. 1, 1375 Abs. 1, 1376 Abs. 1 BGB das Stichtagsprinzip gilt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Anfangsvermögens ist der Eintritt des Güterstands, vorliegend also die Eheschließung der Beteiligten im März 1998.

Mit der Fixierung der Vermögenswerte zum Bewertungsstichtag sind nach der Systematik des Zugewinnausgleichs Wertkorrekturen grundsätzlich ausgeschlossen. Abweichungen können daher nur in engen Grenzen erfolgen, also z. B. wenn bei Eingehung der Ehe schon ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragt oder eröffnet war oder wenn ein solches oder die Verjährung der Forderung zu diesem Zeitpunkt unmittelbar bevor stand.

Nachdem die Antragstellerin das Insolvenzverfahren jedoch nur mit Hilfe des Antragsgegners einleiten konnte und der Schuldenbereinigungsplan aus dem Jahr 2002 erst im April 2003 als angenommen galt, also über 5 Jahre nach der Eheschließung und gut 7 Jahre vor der Trennung der Beteiligten im Sommer 2010, kann bei den vorliegenden Gegebenheiten insoweit ein zeitlicher Zusammenhang mit der Eheschließung und damit ein noch feststellbarer Bezug zum Stichtagsprinzip nicht angenommen werden, so dass eine anderweitige Bewertung der bei Eheschließung bestehenden Verbindlichkeiten der Antragstellerin nicht in Betracht kommt und deshalb auch kein Sachverständigengutachten einzuholen ist.

4. Wenn aber das Anfangsvermögen der Antragstellerin nicht mit 0,00 € zu bewerten ist, sondern die Verbindlichkeiten von rund 68.000,00 € (indexiert knapp 83.000,00 €) im Anfangsvermögen der Antragstellerin zu berücksichtigen sind, ergibt sich zwar nach der Berechnung der Antragstellerin, also auch unter Berücksichtigung eines höheren Immobilienwertes als vom Antragsgegner angegeben, rechnerisch gleichwohl noch ein Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin, allerdings in geringerer Höhe. Es kann demnach nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass ein Gutachten über die Bewertung der Immobilie tatsächlich geeignet ist, einen möglichen Rechtsstreit zwischen den Beteiligten zu vermeiden, so dass ein rechtliches Interesse der Antragstellerin i. S. v. § 485 Abs. 2 ZPO insoweit nicht angenommen werden kann.

Maßgebend für die Entscheidung, ob ein Ausgleichsanspruch der Antragstellerin besteht, ist primär die Bewertung der Verbindlichkeiten der Antragstellerin im Anfangsvermögen. Da es sich dabei aber um eine Rechtsfrage handelt, ist nach alledem festzustellen, dass ein selbständiges Beweisverfahren vorliegend nicht in Betracht kommen kann, so dass der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abzulehnen ist.

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