Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Umgangsrecht für Großeltern: Rechte und Ansprüche für den Kontakt zu Enkeln
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Haben Großeltern ein gesetzlich garantiertes Recht auf Umgang mit ihren Enkelkindern?
- Welche Rolle spielt das Kindeswohl bei der gerichtlichen Entscheidung zum Umgangsrecht?
- Wie läuft ein gerichtliches Verfahren zum Umgangsrecht ab?
- Welche Umgangsregelungen sind üblich und wie werden sie festgelegt?
- Was können Großeltern tun, wenn die Eltern den Umgang verweigern?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 29.04.2024
- Aktenzeichen: 9 UF 204/23
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren zur Regelung des Umgangsrechts der Großeltern
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Umgangsrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragsteller (Großeltern): Mutter der Kindesmutter und deren Ehemann streben eine erweiterte Umgangsregelung mit den Enkelkindern an. Sie begründen dies mit ihrer bisherigen Rolle als wichtige Bezugspersonen im Leben der Kinder und den geäußerten Wünschen der Kinder nach mehr Kontakt.
- Antragsgegnerin (Mutter der Kinder): Die Mutter der Kinder wendet sich gegen eine erweiterte Umgangsregelung und strebt sogar die Einschränkung des Umgangsrechts der Großeltern an, da sie glaubt, dass dies nicht dem Kindeswohl dient. Sie hat die vorherigen regelmäßigen Besuche mit den Großeltern seit Ende 2022 unterbrochen.
- Vater der Kinder: Hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben, ist jedoch in einer regelmäßigen Umgangsregelung involviert, die alle 14 Tage stattfindet.
- Jugendamt und Verfahrensbeistand: Unterstützen die Ausgewogenheit des ursprünglichen Beschlusses des Amtsgerichts und sehen keinen Grund für eine abändernde Entscheidung.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Nach einer Unterbrechung der regelmäßigen Besuche der Kinder mit ihren Großeltern, die eine enge Bindung mit den Kindern haben, wurde gerichtlich ein Umgangsrecht der Großeltern eingerichtet. Gegen diese Entscheidung legten sowohl die Großeltern, die eine Ausweitung des Umgangsrechts wünschten, als auch die Mutter der Kinder, die eine Einschränkung des Umgangs begehrte, Beschwerde ein.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob das bestehende Umgangsrecht der Großeltern so erweitert werden sollte, dass es den von den Kindern geäußerten Wünschen entspricht, und ob eine solche Ausweitung dem Wohl der Kinder dient.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beschwerden sowohl der Antragsteller (Großeltern) als auch der Antragsgegnerin (Mutter) wurden zurückgewiesen. Die bestehende Umgangsregelung bleibt bestehen.
- Begründung: Das Gericht bestätigte die Ausgewogenheit der bestehenden Regelung und argumentierte, dass die Kinder nicht einem potenziell belastenden Wechsel an Betreuungspersonen ausgesetzt werden sollen. Auch die Wünsche und bisherige Bindung der Kinder an die Großeltern wurden berücksichtigt, jedoch sprach das Kindeswohl gegen eine Erweiterung der Umgänge.
- Folgen: Die bestehende Regelung bezüglich des Umgangs der Großeltern mit den Enkelkindern bleibt unverändert. Es werden keine zusätzlichen Umgangsrechte eingeräumt, und die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien aufgeteilt. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, sodass das Urteil endgültig ist.
Umgangsrecht für Großeltern: Rechte und Ansprüche für den Kontakt zu Enkeln
Die Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkindern ist eine besondere emotionale Verbindung, die für beide Seiten große Bedeutung hat. Während familiäre Bindungen traditionell selbstverständlich erscheinen, können Konflikte oder Trennungssituationen den Umgang und die Kontaktmöglichkeiten komplizieren. Das Familienrecht erkennt diese sensible Situation an und bietet Großeltern unter bestimmten Voraussetzungen ein Besuchsrecht und die Möglichkeit, Kontakt zu ihren Enkelkindern zu pflegen.
Das Umgangsrecht für Großeltern ist keine Selbstverständlichkeit, sondern basiert auf rechtlichen Grundlagen, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellen. Ob nach einer Scheidung, bei familiären Konflikten oder anderen herausfordernden Lebenssituationen können Großeltern unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf Kontakt und Betreuung ihrer Enkelkinder geltend machen. Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie Gerichte solche komplexen familiären Konstellationen bewerten.
Der Fall vor Gericht
Gericht sichert Großeltern Umgangsrecht mit Enkelkindern zu

Der jahrelange Kontakt eines neunjährigen Kindes und seiner sechseinhalbjährigen Schwester zu ihrer Großmutter mütterlicherseits und deren Ehemann kann weiterhin fortgesetzt werden. Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte in seinem Beschluss vom 29. April 2024 die Erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Bernau bei Berlin, die den Großeltern regelmäßige Übernachtungsbesuche und Ferienzeiten mit ihren Enkelkindern zusichert.
Bedeutsame Bezugspersonen im Leben der Kinder
Die Großeltern waren bis Dezember 2022 stark in den Alltag der Enkelkinder eingebunden und unternahmen auch mehrtägige Reisen mit ihnen. Nach der letzten persönlichen Begegnung am 21. Dezember 2022 unterband die Mutter jedoch jeglichen Kontakt. Die Kinder leben überwiegend bei ihrer geschiedenen Mutter und verbringen regelmäßig Zeit mit ihrem Vater, der ein 14-tägiges Umgangsrecht von Freitag bis Dienstag hat.
Kindeswohl steht im Mittelpunkt der Gerichtsentscheidung
Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf § 1685 BGB, wonach Großeltern und enge Bezugspersonen ein Umgangsrecht haben, wenn dies dem Kindeswohl dient. Die Richter betonten die gefestigte Beziehung zwischen den Kindern und ihren Großeltern. Beide Kinder äußerten vor dem Verfahrensbeistand und der Amtsrichterin eindeutig den Wunsch nach mehr gemeinsamer Zeit mit den Großeltern. Diese Äußerungen wurden als authentisch und als Ausdruck einer über Jahre gewachsenen, sehr gefestigten Großeltern-Enkelkinder-Beziehung bewertet.
Umfang der Besuchsregelung
Das Gericht legte einen Übernachtungsumgang in jeder ungeraden Kalenderwoche von Mittwoch nach der Schule bis Donnerstag zum Schulbeginn fest. Zusätzlich wurde den Großeltern in den Monaten Januar, April und September jeweils am ersten Betreuungswochenende der Mutter ein Umgang von Samstag 19 Uhr bis zum darauffolgenden Montag zu Schulbeginn zugesprochen. Ergänzend erhielten sie das Recht auf einen einwöchigen Ferienumgang in der ersten Woche der Sommerferien.
Ausgewogene Balance verschiedener Interessen
Die Richter betonten die Notwendigkeit, eine Balance zwischen den Bedürfnissen aller Beteiligten zu finden. Sie berücksichtigten dabei besonders, dass die Kinder durch die Trennung ihrer Eltern bereits mit einer ausgeweiteten Umgangsregelung konfrontiert sind. Das Gericht vermied bewusst einen „Umgangstourismus„ und betonte das kindliche Bedürfnis nach Ruhe und Freizeitkontakten zu Gleichaltrigen. Die bestehenden Konflikte zwischen den Erwachsenen wurden von den Richtern als nicht hinderlich für den Umgang eingestuft, da die Kinder davon weitgehend unbeeinträchtigt geblieben sind.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bestätigt das grundsätzliche Umgangsrecht von Großeltern und anderen engen Bezugspersonen mit den Enkelkindern, wenn dies dem Kindeswohl dient. Entscheidend ist dabei die bestehende Bindung zwischen den Kindern und den Großeltern, die sich aus einer regelmäßigen Präsenz im Alltag der Kinder entwickelt hat. Das Gericht wägt dabei sorgfältig zwischen den Interessen aller Beteiligten ab und strebt eine ausgewogene Lösung an, die sowohl die Bindungen erhält als auch die praktische Umsetzbarkeit berücksichtigt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Großeltern haben Sie einen rechtlichen Anspruch auf Umgang mit Ihren Enkelkindern, wenn Sie eine enge Bindung zu ihnen aufgebaut haben und der Umgang dem Kindeswohl dient. Dies gilt auch für nicht-biologische Großeltern wie neue Ehepartner, wenn sie als wichtige Bezugspersonen im Leben der Kinder etabliert sind. Das Gericht wird bei Konflikten eine konkrete Umgangsregelung festlegen, die regelmäßige Besuche, Übernachtungen und Ferienzeiten umfassen kann. Dabei orientiert sich die Regelung an der bisherigen Beziehungsintensität und berücksichtigt die praktische Vereinbarkeit mit dem Alltag der Kinder.
Benötigen Sie Hilfe?
Umgangsrecht mit Ihren Enkelkindern sichern
Das Urteil zeigt: Großeltern haben Rechte! Wenn Sie eine enge Bindung zu Ihren Enkelkindern haben, können auch Sie Ihr Umgangsrecht geltend machen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und eine für alle Seiten akzeptable Umgangsregelung zu finden. Dabei berücksichtigen wir Ihre individuellen Bedürfnisse und die Besonderheiten Ihres Falls, um das Wohl der Kinder zu gewährleisten.
Sprechen Sie mit uns – wir beraten Sie gerne und helfen Ihnen, den Kontakt zu Ihren Enkelkindern zu erhalten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Haben Großeltern ein gesetzlich garantiertes Recht auf Umgang mit ihren Enkelkindern?
Ja, Großeltern haben ein gesetzlich garantiertes Umgangsrecht mit ihren Enkelkindern. Dieses Recht ist in § 1685 Abs. 1 BGB verankert. Der Gesetzgeber hat dieses Recht seit der Kindschaftsrechtsreform 1998 ausdrücklich festgeschrieben.
Voraussetzungen für das Umgangsrecht
Das Umgangsrecht der Großeltern unterliegt allerdings einer wichtigen Einschränkung: Es gilt nur dann, wenn der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Anders als bei Eltern wird bei Großeltern nicht automatisch davon ausgegangen, dass der Kontakt dem Kindeswohl entspricht.
Ein Umgang mit den Großeltern dient dem Kindeswohl besonders dann, wenn:
- Eine enge Bindung zwischen Großeltern und Enkelkind besteht
- Die Großeltern bereits dauerhaft zum sozialen Umfeld des Kindes gehören
- Die bestehende Bindung die Entwicklung des Kindes fördert
Durchsetzung des Umgangsrechts
Wenn die Eltern den Umgang verweigern, können Großeltern ihr Recht beim zuständigen Familiengericht einklagen. Das Gericht prüft dann im Einzelfall, ob der Umgang dem Kindeswohl dient. Dabei müssen die Großeltern nachweisen, dass eine gewachsene Bindung zum Enkelkind besteht.
Aktuelle Rechtsentwicklung
Mit der geplanten Reform des Kindschaftsrechts 2024 wird das Umgangsrecht der Großeltern weiter gestärkt. Künftig sollen auch die Kinder selbst ein eigenes Recht auf Umgang mit ihren Großeltern erhalten. Diese Neuerung unterstreicht die wachsende Bedeutung der Großeltern-Enkel-Beziehung im deutschen Familienrecht.
Das Umgangsrecht kann jedoch eingeschränkt oder verweigert werden, wenn schwerwiegende Konflikte zwischen Eltern und Großeltern bestehen, die sich negativ auf das Kind auswirken könnten. Der Erziehungsvorrang der Eltern muss dabei stets beachtet werden.
Welche Rolle spielt das Kindeswohl bei der gerichtlichen Entscheidung zum Umgangsrecht?
Das Kindeswohl ist das zentrale und maßgebliche Kriterium bei allen gerichtlichen Entscheidungen zum Umgangsrecht der Großeltern. Anders als beim Umgangsrecht der Eltern besteht keine gesetzliche Vermutung, dass der Umgang mit den Großeltern automatisch dem Kindeswohl dient.
Nachweis der Kindeswohlförderlichkeit
Die Großeltern müssen positiv nachweisen, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Das Gericht prüft dabei folgende Aspekte:
- Eine bereits bestehende enge soziale Bindung zwischen Großeltern und Enkelkind
- Die dauerhafte Zugehörigkeit der Großeltern zum sozialen Umfeld des Kindes
- Den positiven Einfluss der bestehenden Bindung auf die Entwicklung des Kindes
Einschränkungen des Umgangsrechts
Das Familiengericht kann den Umgang einschränken oder ausschließen, wenn:
Schwerwiegende Konflikte zwischen Eltern und Großeltern bestehen, die das Kind in einen Loyalitätskonflikt bringen würden. Massive Spannungen zwischen den Beteiligten können bereits ein gewichtiges Indiz gegen ein Umgangsrecht sein.
Berücksichtigung des Kindeswillens
Mit zunehmendem Alter des Kindes gewinnt auch dessen Wille an Bedeutung. Wenn das Kind den Umgang mit den Großeltern aus eigenem Willen wünscht, wird dies von den Gerichten bei der Beurteilung des Kindeswohls positiv berücksichtigt. Ab dem 14. Lebensjahr muss das Kind vor einer gerichtlichen Entscheidung persönlich angehört werden.
Vorrang des Erziehungsrechts
Das Erziehungsrecht der Eltern hat grundsätzlich Vorrang vor dem Umgangsrecht der Großeltern. Die Großeltern müssen den Erziehungsvorrang der Eltern respektieren. Missachten sie diesen, kann dies zur Ablehnung oder Einschränkung des Umgangsrechts führen.
Wie läuft ein gerichtliches Verfahren zum Umgangsrecht ab?
Antragstellung und erste Schritte
Das Verfahren beginnt mit einem schriftlichen Antrag beim zuständigen Familiengericht am gewöhnlichen Aufenthalt des Enkelkindes. Als Großeltern müssen Sie in diesem Antrag konkret darlegen, warum der Umgang mit Ihrem Enkelkind dessen Wohl dient und eine enge Bindung besteht.
Nach Eingang des Antrags leitet das Gericht diesen an die Kindeseltern und das Jugendamt weiter. Die Eltern erhalten die Möglichkeit, innerhalb einer festgesetzten Frist schriftlich Stellung zu nehmen.
Gerichtstermin und Anhörungen
Das Familiengericht setzt in der Regel innerhalb eines Monats nach Verfahrensbeginn einen Erörterungstermin an. Bei diesem Termin müssen folgende Personen angehört werden:
- Das Kind (in einer separaten Kindesanhörung)
- Die Eltern
- Die Großeltern als Antragsteller
- Das Jugendamt
- Gegebenenfalls ein bestellter Verfahrensbeistand („Anwalt des Kindes“)
Entscheidungsfindung
Bei der Entscheidung berücksichtigt das Gericht verschiedene Faktoren:
- Das Alter des Kindes
- Die Entfernung zwischen den Wohnorten
- Die persönliche Entwicklung und Reife des Kindes
- Die praktischen Möglichkeiten zur Ausübung des Umgangsrechts
- Die Fähigkeit der Großeltern, das Kind aus möglichen Konflikten mit den Eltern herauszuhalten
Umsetzung der Entscheidung
Wird ein Umgangsrecht gewährt, legt das Gericht den konkreten Umfang des Umgangs fest. Üblich sind etwa 4-5 Stunden im Monat, eventuell ergänzt durch gelegentliche Wochenendbesuche. Bei Nichteinhaltung der gerichtlichen Umgangsregelung durch die Eltern kann das Gericht Ordnungsmittel wie Ordnungsgeld oder in schweren Fällen Ordnungshaft verhängen.
In besonderen Fällen kann das Gericht auch einen begleiteten Umgang anordnen, bei dem die Treffen unter Aufsicht einer neutralen Person stattfinden. Alternativ besteht die Möglichkeit einer Umgangspflegschaft, bei der eine vom Gericht bestellte Person die praktische Umsetzung der Umgangsregelung unterstützt.
Welche Umgangsregelungen sind üblich und wie werden sie festgelegt?
Die konkrete Ausgestaltung des Umgangs zwischen Großeltern und Enkelkindern wird individuell festgelegt, da es keine gesetzlich vorgeschriebenen Standardregelungen gibt. Die Häufigkeit und Dauer der Besuche orientiert sich an verschiedenen Faktoren:
Einflussfaktoren für die Umgangsregelung
Das Alter des Kindes, die schulische und freizeitliche Auslastung sowie die Entfernung der Wohnorte sind maßgebliche Kriterien für die Gestaltung des Umgangs. Bei einem gesunden Verhältnis zwischen Eltern und Großeltern werden die Regelungen meist einvernehmlich getroffen.
Formen des Umgangs
Der Umgang kann verschiedene Kontaktformen umfassen:
- Regelmäßige persönliche Besuche an festgelegten Tagen
- Telefonate oder Videoanrufe
- Briefwechsel und Austausch von Fotos
- Teilnahme an besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Feiertagen
Grenzen und Vorgaben
Großeltern müssen sich bei der Ausübung des Umgangsrechts an die Erziehungsvorgaben der Eltern halten. Sie dürfen beispielsweise nicht eigenständig über Schlafenszeiten oder Fernsehkonsum entscheiden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn elterliche Vorgaben das Kindeswohl gefährden würden.
Gerichtliche Festlegung
Wenn keine einvernehmliche Regelung möglich ist, kann das Familiengericht den Umgang festlegen. Dabei wird stets geprüft, ob der Umgang dem Kindeswohl dient. Ein Umgangsrecht wird nicht gewährt, wenn durch zerrüttete Beziehungen zwischen Eltern und Großeltern ein Loyalitätskonflikt für das Kind entstehen könnte.
Was können Großeltern tun, wenn die Eltern den Umgang verweigern?
Außergerichtliche Lösungswege
Wenn Eltern den Umgang mit den Enkelkindern verweigern, sollten Sie zunächst das direkte Gespräch mit den Eltern suchen. Dabei ist es wichtig, Verständnis für die elterliche Position zu zeigen und gemeinsam nach Kompromissen zu suchen.
Führt das Gespräch nicht zum Erfolg, bietet sich eine Familienmediation an. Ein neutraler Mediator kann dabei helfen, die Kommunikation zu verbessern und eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden. Das Jugendamt kann ebenfalls als Vermittler eingeschaltet werden und bei der Findung einer einvernehmlichen Lösung unterstützen.
Voraussetzungen für ein gerichtliches Vorgehen
Wenn Sie als Großeltern den Umgang gerichtlich durchsetzen möchten, müssen Sie nachweisen können, dass:
- Eine enge soziale Bindung zum Enkelkind besteht
- Sie bereits zum sozialen Umfeld des Kindes gehören oder gehört haben
- Die Bindung sich als vorteilhaft für die Entwicklung des Kindes erwiesen hat
Gerichtliche Durchsetzung
Wenn alle außergerichtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Sie beim zuständigen Familiengericht einen Antrag auf Umgangsrecht stellen. Das Gericht prüft dann, ob der Umgang dem Kindeswohl dient.
Wichtig: Das Gericht muss die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs positiv feststellen. Es gibt keine gesetzliche Vermutung dafür, dass der Umgang der Großeltern grundsätzlich dem Kindeswohl dient.
Für die gerichtliche Entscheidung sind folgende Faktoren maßgeblich:
- Das Alter des Kindes
- Die Entfernung zwischen den Wohnorten
- Die persönliche Entwicklung und Reife des Kindes
- Die praktischen Möglichkeiten zur Ausübung des Umgangsrechts
Ab dem 14. Lebensjahr wird das Kind vor einer gerichtlichen Entscheidung persönlich angehört. Auch jüngere Kinder werden angehört, wenn ihr Wille für die Entscheidung bedeutsam ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Umgangsrecht
Ein gesetzlich geregelter Anspruch auf persönlichen Kontakt zu einem Kind, der über § 1685 BGB auch Großeltern und anderen engen Bezugspersonen zusteht. Das Umgangsrecht muss dabei nachweislich dem Kindeswohl dienen und setzt eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind voraus. Im Unterschied zum Umgangsrecht der Eltern ist das Großeltern-Umgangsrecht kein automatisches Recht, sondern muss im Einzelfall geprüft werden. Ein Beispiel wäre der regelmäßige Besuch der Enkelkinder bei den Großeltern mit Übernachtung.
Kindeswohl
Der wichtigste Maßstab bei allen rechtlichen Entscheidungen, die Kinder betreffen, verankert in § 1697a BGB. Es umfasst das körperliche, geistige und seelische Wohlergehen des Kindes sowie seine gesunde Entwicklung. Bei der Beurteilung werden verschiedene Faktoren wie stabile Beziehungen, Bindungen, Betreuungskontinuität und der Kindeswille berücksichtigt. Die Gerichte müssen in jedem Einzelfall prüfen, ob eine Entscheidung dem Kindeswohl entspricht.
Verfahrensbeistand
Auch „Anwalt des Kindes“ genannt, wird vom Familiengericht bestellt (§ 158 FamFG). Der Verfahrensbeistand vertritt die Interessen minderjähriger Kinder in familiengerichtlichen Verfahren unabhängig und objektiv. Er spricht mit dem Kind, ermittelt dessen Wünsche und Bedürfnisse und bringt diese ins Verfahren ein. Dies ist besonders wichtig bei Konflikten zwischen Eltern oder anderen Familienmitgliedern, wo die Interessen des Kindes gewahrt werden müssen.
Umgangstourismus
Ein negativer Fachbegriff für übermäßige und belastende Besuchsregelungen, bei denen Kinder zu häufig zwischen verschiedenen Betreuungspersonen wechseln müssen. Dies kann zu Überforderung, Stress und Orientierungslosigkeit führen. Gerichte versuchen, einen solchen „Umgangstourismus“ zu vermeiden, indem sie ausgewogene Besuchsregelungen festlegen, die dem Kind genügend Ruhe und Stabilität ermöglichen.
Erstinstanzliche Entscheidung
Die erste gerichtliche Entscheidung in einem Rechtsstreit, hier durch das Amtsgericht getroffen. Sie kann durch Rechtsmittel (z.B. Beschwerde) bei einem höheren Gericht angefochten werden. Im Familienrecht erfolgt die erstinstanzliche Entscheidung typischerweise durch das Amtsgericht als Familiengericht (§ 23a GVG). Diese Entscheidung bildet die Grundlage für mögliche weitere Instanzen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1685 BGB: Dieser Paragraph regelt das Umgangsrecht der Großeltern mit ihren Enkelkindern. Er stellt sicher, dass Großeltern einen Anspruch auf Umgang haben, sofern dies dem Wohl der Kinder dient. Das Umgangsrecht umfasst regelmäßige Treffen sowie besondere Umgangszeiten während Ferien und Feiertagen.
Im vorliegenden Fall beantragen die Großeltern eine erweiterte Regelung des Umgangs mit ihren Enkelkindern, um die bestehenden Kontakte zu intensivieren und die familiäre Beziehung zu stärken. - § 1626 BGB: Dieser Paragraph beschreibt die Pflichten der Eltern zur gemeinsamen Sorge für das Kind. Er betont die Verantwortung der Eltern, das Wohl des Kindes zu fördern und zu schützen. Bei geteilten Sorgerechten sind beide Elternteile gemeinsam für die wesentlichen Angelegenheiten des Kindes verantwortlich.
Im aktuellen Fall führt die alleinig sorgeberechtigte Mutter die Entscheidung, den Umgang der Großeltern einzuschränken, basierend auf ihrer Einschätzung des Kindeswohls. - § 1624 Abs. 1 BGB: Das Kindeswohl ist das zentrale Kriterium bei allen Entscheidungen, die das Leben des Kindes betreffen. Es umfasst physische, psychische und emotionale Aspekte und dient als Leitprinzip für gerichtliche Entscheidungen im Familienrecht.
Das Gericht hat im vorliegenden Fall das Kindeswohl berücksichtigt, indem es die bestehenden Kontakte der Großeltern und die Stabilität des familiären Umfelds in seine Entscheidung einbezogen hat. - § 174 FamFG: Dieser Paragraph regelt die Stellung und Aufgaben des Verfahrensbeistands im familienrechtlichen Verfahren. Der Verfahrensbeistand soll die Interessen des Kindes gegenüber den Parteien und dem Gericht vertreten und sicherstellen, dass dessen Bedürfnisse angemessen berücksichtigt werden.
Im vorliegenden Verfahren hat der Verfahrensbeistand die Empfehlung des Amtsgerichts unterstützt, eine ausgewogene Umgangsregelung zu treffen, was die gerichtliche Entscheidung maßgeblich beeinflusste. - § 1631 BGB: Dieser Paragraph behandelt die elterliche Sorge und die Rechte der Eltern in Bezug auf das Kind. Er legt fest, dass Eltern verpflichtet sind, für das Wohl ihres Kindes zu sorgen und dieses zu fördern, einschließlich der Entscheidung über den Umgang mit anderen Familienmitgliedern.
Die Mutter hat die Umgänge der Großeltern als nicht kindeswohldienlich eingestuft, was ihre elterliche Verantwortung und Entscheidungsbefugnis gemäß § 1631 BGB widerspiegelt.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 9 UF 204/23 – Beschluss vom 29.04.2024
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