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Umgangsrecht des sozialen Vaters

Umgangsrecht für soziale Väter: OLG kippt erstinstanzlichen Beschluss

Im Urteil des OLG Frankfurt (Az.: 6 UF 224/23) vom 18.01.2024 wurde der angefochtene Beschluss vom 09. November 2023 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Familiengericht Bensheim zurückverwiesen. Das Gericht hat entschieden, dass das Verfahren aufgrund wesentlicher Verfahrensfehler, insbesondere die Nichtbeachtung der Anhörungsvorschriften, neu aufgerollt werden muss. Der Fall betrifft das Umgangsrecht eines sozialen Vaters mit dem Kind, wobei das Gericht die Bedeutung persönlicher Anhörungen und die Beachtung des Kindeswohls hervorhebt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 UF 224/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Frankfurt hebt den Beschluss des Amtsgerichts aufgrund von Verfahrensfehlern auf.
  • Die Anhörungsvorschriften nach §§ 159 ff. FamFG wurden nicht beachtet, insbesondere die persönliche Anhörung der Eltern und des Kindes.
  • Das Verfahren wird an das Amtsgericht Bensheim zur erneuten Behandlung zurückverwiesen.
  • Der Fall unterstreicht die Wichtigkeit des Umgangsrechts sozialer Väter und die Notwendigkeit, das Kindeswohl stets in den Fokus zu stellen.
  • Das Gericht betont die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Verfahrensführung und die Notwendigkeit, alle beteiligten Parteien angemessen zu hören.
  • Die Entscheidung zeigt auf, dass die Anhörung des Kindes essentiell für die Beurteilung des Kindeswohls ist.
  • Die Anordnung einer Umgangspflegschaft und deren Grenzen werden thematisiert.
  • Das Urteil verdeutlicht, dass das Wohl des Kindes und die Bindungen zu sozialen Elternteilen rechtlich sorgfältig zu bewerten sind.

Recht und Bindungen: Soziale Väter und das Umgangsrecht

Das Umgangsrecht spielt eine entscheidende Rolle für das Wohlergehen von Kindern. Doch was geschieht, wenn der soziale Vater, also ein Mann, der nicht der leibliche Vater ist, aber eine enge Bindung zum Kind pflegt, das Recht auf Umgang begehrt? In den letzten Jahren hat die Rechtsprechung die Bedeutung sozialer Beziehungen für die Entwicklung von Kindern erkannt und sozialen Vätern in bestimmten Fällen Umgangsrechte zugesprochen.

Die rechtliche Grundlage hierfür bilden § 1684 Abs. 1 BGB und § 1686a BGB, die das Umgangsrecht der Eltern mit dem Kind regeln. Allerdings müssen soziale Väter besondere Voraussetzungen erfüllen, um einen Anspruch auf Umgang geltend machen zu können. Entscheidend sind dabei die sozial-familiäre Beziehung zum Kind und die Absicht, dessen Wohl zu fördern. Die Rechtsprechung eröffnet damit neue Perspektiven für soziale Väter und betont die Bedeutung starker Bindungen für das Kindeswohl.

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Umgangsrecht neu verhandelt: Ein Fall von familiärer Bindung und rechtlichen Herausforderungen

In einem bemerkenswerten Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Az.: 6 UF 224/23, wurde ein früherer Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht Bensheim vom 09. November 2023 aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen.

Mehr als DNA: Soziale Väter und ihr Umgangsrecht
Bindung, die Recht wird: Umgangsrecht für soziale Väter (Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Im Zentrum der Auseinandersetzung stand das Umgangsrecht eines sozialen Vaters mit einem Kind, das er nicht biologisch gezeugt hatte, mit dem er aber seit dessen Geburt in einer familialen Beziehung gelebt hatte.

Die Konstellation: Familie, Trennung und die Rolle des sozialen Vaters

Die nicht miteinander verheirateten Eltern des fünfjährigen A hatten sich getrennt, nachdem sie gemeinsam mit dem Beteiligten zu 5., dem sozialen Vater des Kindes, in einem Haushalt gelebt hatten. Dieser hatte seit der Geburt des Kindes eine väterliche Rolle übernommen. Nach der Trennung verwehrte die Kindesmutter dem sozialen Vater jedoch den Umgang mit dem Kind, was zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte.

Rechtliche Fragen und die Rolle des Familiengerichts

Das rechtliche Problem in diesem Fall lag in der Bestimmung des Umgangsrechts für den sozialen Vater, der keine biologische Verbindung zum Kind hatte, aber eine wichtige Bezugsperson für das Kind war. Die Herausforderung bestand darin, das Wohl des Kindes zu wahren und gleichzeitig die Rechte der beteiligten Erwachsenen zu berücksichtigen. Das Familiengericht musste entscheiden, ob und wie der soziale Vater weiterhin eine Rolle im Leben des Kindes spielen sollte.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt und ihre Begründung

Das OLG Frankfurt hob den Beschluss des Amtsgerichts auf, da wesentliche Verfahrensfehler, insbesondere die Nichtbeachtung der Anhörungsvorschriften, festgestellt wurden. Das Gericht wies auf die Bedeutung der persönlichen Anhörung der Eltern und des Kindes hin, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Die Aufhebung und Rückverweisung des Falls zielte darauf ab, eine neue Bewertung unter vollständiger Beachtung aller relevanten Aspekte und unter Einbeziehung aller Beteiligten zu ermöglichen.

Fazit: Ein komplexer Fall mit weitreichenden Implikationen

Der Fall verdeutlicht die Komplexität familiärer Bindungen und die Schwierigkeiten, die entstehen können, wenn Beziehungen auseinanderbrechen. Er unterstreicht auch die Bedeutung eines sorgfältigen und umfassenden rechtlichen Verfahrens, um das Wohl des Kindes und die Rechte aller Beteiligten zu wahren. Die endgültige Entscheidung steht noch aus und wird maßgeblich davon abhängen, wie das Amtsgericht die neue Verhandlung unter Beachtung der vom OLG aufgezeigten Richtlinien führt.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was definiert einen sozialen Vater im Kontext des Umgangsrechts?

Im Kontext des Umgangsrechts wird ein sozialer Vater als eine Person definiert, die nicht der biologische oder rechtliche Vater eines Kindes ist, aber eine väterliche Beziehung zu dem Kind hat und eine sozial-familiäre Bindung aufgebaut hat. Dies kann beispielsweise ein Stiefvater, Pflegevater oder ein anderer Mann sein, der eine enge Beziehung zum Kind hat und in dessen Leben eine wichtige Rolle spielt.

Nach § 1685 Abs. 2 BGB haben enge Bezugspersonen des Kindes, die mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt haben und eine sozial-familiäre Beziehung aufgebaut haben, ein Recht zum Umgang mit dem Kind, sofern dies dem Kindeswohl dient. Es geht dabei um gewachsene Vertrauensbeziehungen, die in einer Familie bestehen, und nicht um jeden längeren Sozialkontakt. Die Übernahme tatsächlicher Verantwortung für das Kind durch die enge Bezugsperson ist eine Voraussetzung für das Umgangsrecht.

Ein sozialer Vater kann also Umgangsrecht beanspruchen, wenn er für das Kind tatsächliche Verantwortung getragen hat und dadurch eine sozial-familiäre Beziehung entstanden ist. Das entstandene Vertrauensverhältnis zu dem Kind muss noch bestehen, und der Umgang muss dem Kindeswohl dienen.

Wie werden Umgangsrechte zwischen biologischen und sozialen Elternteilen unterschieden?

Im Kontext des Umgangsrechts wird zwischen biologischen und sozialen Elternteilen unterschieden, indem die rechtlichen Rahmenbedingungen und das Kindeswohl berücksichtigt werden. Biologische Eltern sind diejenigen, von denen das Kind genetisch abstammt. Soziale Eltern hingegen sind Personen, die zwar nicht biologisch verwandt sind, aber eine enge Beziehung zum Kind haben und Verantwortung in dessen Erziehung und Alltag übernehmen. Dies kann beispielsweise ein Stiefvater oder ein Lebenspartner der Mutter sein.

Nach § 1685 BGB haben Personen, die mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und eine sozial-familiäre Beziehung aufgebaut haben, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, sofern dies dem Kindeswohl dient. Dieses Umgangsrecht gilt unabhängig davon, ob die Person der biologische oder rechtliche Elternteil ist. Es geht dabei um die gewachsenen Vertrauensbeziehungen innerhalb der Familie.

Für biologische Väter, die nicht gleichzeitig rechtliche Väter sind, wurde das Umgangsrecht durch § 1686a BGB gestärkt. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2013 haben auch sie unter bestimmten Voraussetzungen ein Umgangsrecht, wenn sie ein ernsthaftes Interesse am Kind zeigen und der Umgang dem Kindeswohl dient. Die rechtlichen Väter sind diejenigen, die entweder zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet waren, die Vaterschaft anerkannt haben oder deren Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Das Kindeswohl steht bei der Regelung des Umgangsrechts stets im Vordergrund. Es muss geprüft werden, ob der Umgang mit dem biologischen oder sozialen Vater dem Wohl des Kindes dient und ob die Vorteile eines solchen Umgangs die möglichen Nachteile überwiegen. Konflikte zwischen den Erwachsenen, die das Kindeswohl beeinträchtigen könnten, müssen dabei berücksichtigt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl biologische als auch soziale Väter unter bestimmten Umständen ein Umgangsrecht haben können. Entscheidend sind dabei das gezeigte Interesse am Kind, die tatsächliche Übernahme von Verantwortung und vor allem das Wohl des Kindes.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 1685 Abs. 2 BGB: Regelung des Umgangsrechts für enge Bezugspersonen, die nicht die leiblichen Eltern sind, aber eine wichtige Rolle im Leben des Kindes spielen. Im vorliegenden Fall wurde diese Vorschrift angewendet, um den Umgang des sozialen Vaters mit dem Kind zu regeln, mit dem Argument, dass er aufgrund der langjährigen gemeinsamen Haushaltsführung und der emotionalen Bindung zum Kind als eine solche Bezugsperson anzusehen ist.
  • § 159 ff. FamFG: Vorschriften über die Anhörung von Beteiligten in familiengerichtlichen Verfahren, insbesondere die Anhörung des Kindes und der Eltern. Das Gericht hat diese Vorschriften missachtet, indem es keine persönliche Anhörung des Kindes und des Kindesvaters durchführte, was zu einem wesentlichen Verfahrensfehler führte.
  • § 160 Abs. 1 FamFG: Erfordernis der persönlichen Anhörung der Eltern in Kindschaftssachen. Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift durch das Amtsgericht führte zur Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache.
  • § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG: Ermöglicht die Aufhebung eines gerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht bei wesentlichen Verfahrensfehlern. Im besprochenen Urteil wurde auf diese Vorschrift Bezug genommen, um die Entscheidung des Amtsgerichts aufzuheben und eine Neubewertung des Falls zu veranlassen.
  • § 1684 BGB: Regelt das Umgangsrecht der leiblichen Eltern mit ihrem Kind. Obwohl in diesem speziellen Fall das Umgangsrecht eines sozialen Vaters im Mittelpunkt steht, bildet § 1684 BGB die rechtliche Grundlage für die allgemeine Regelung des Umgangsrechts und dient als Vergleichsrahmen für die Beurteilung des Umgangsrechts von sozialen Elternteilen.
  • § 1685 Abs. 3 Satz 2, 1666 Abs. 1 BGB: Vorschriften, die die Möglichkeit der Anordnung einer Umgangspflegschaft unter bestimmten Voraussetzungen betreffen, insbesondere bei Gefährdung des Kindeswohls. Im vorliegenden Fall wurde eine Umgangspflegschaft angeordnet, um die Durchführung des Umgangsrechts zu überwachen und zu erleichtern, trotz der Bedenken hinsichtlich der Ausführung und der Notwendigkeit, basierend auf dem Wohl des Kindes.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 6 UF 224/23 – Beschluss vom 18.01.2024

Der angefochtene Beschluss vom 09. November 2023 wird einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht – Familiengericht – Bensheim zurückverwiesen.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 4. (im Folgenden Kindesvater) und 6. (im Folgenden Kindesmutter) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des derzeit 5jährigen A, für den sie aufgrund übereinstimmender Sorgeerklärungen vom 10. Oktober 2023 gemeinsam sorgeberechtigt sind.

Die Kindesmutter war schon während der Schwangerschaft mit dem Beteiligten zu 5. liiert. Seit As Geburt lebten sie in einem gemeinsamen Haushalt. Aus der Beziehung ist ein gemeinsames Kind, der am XX.XX.2023 geborene B, hervorgegangen. Am 21. August 2023 kam es schließlich zur Trennung. Der Beteiligte zu 5. hatte nach der Trennung lediglich noch am 22. August 2023 Umgang mit dem betroffenen Kind. Nach einem Umgangskontakt mit B am 24. August 2023 weigerte sich der Beteiligte zu 5., diesen an die Kindesmutter herauszugeben und erstattete eine Gefährdungsmeldung beim zuständigen Jugendamt. Nachdem das Jugendamt keine Gefährdung feststellen konnte, gab er B schließlich wieder an die Kindesmutter heraus. In den weiteren beim Amtsgericht Bensheim geführten Verfahren das gemeinsame Kind B betreffend, Az. … und … einigten sich die Kindesmutter und der Beteiligte zu 5. auf einen Umgang und die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Der Kindesvater ist inzwischen bei der Kindesmutter eingezogen.

Im vorliegenden Verfahren hat der Beteiligte zu 5. am 28. September 2023 beantragt, den Umgang zwischen ihm und A zu regeln. Zur Begründung führte er aus, dass er seit der Geburt mit dem betroffenen Kind und der Kindesmutter in einem Haushalt gelebt habe und deshalb faktischer Vater des Kindes sei. Seit der Trennung verwehre die Kindesmutter jeglichen Umgang. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz verwiesen.

Das Amtsgericht hat dem betroffenen Kind einen Verfahrensbeistand bestellt und Termin zur Erörterung für den 20. Oktober 2023 bestimmt und das persönliche Erscheinen der Kindeseltern, des Kindes und des Beteiligten zu 5. angeordnet.

Aus einem Vermerk der erstinstanzlich zuständigen Richterin vom 17. Oktober 2023 geht hervor, dass der Kindesvater mitgeteilt hat, am Termin vom 20. Oktober 2023 verhindert zu sein, jedoch Einverständnis damit bestehe, dass er schriftlich Stellung nehme. Zugleich teilte er mit, dass A krank sei. Auf den Vermerk wird verwiesen.

In seiner schriftlichen Stellungnahme führte der Kindesvater sodann u.a. aus, dass der Beteiligte zu 5. sechs Tage pro Woche arbeite, regelmäßig Alkohol konsumiere und aggressives Verhalten zeige. A sei nach dem einzigen Umgangstag extrem unruhig und ängstlich gewesen. Er sei As leiblicher Vater, lebe wieder mit der Kindesmutter zusammen und lehne jegliche Kontakte seines Kindes zu dem Beteiligten zu 5. ab. Auf das undatierte Schreiben wird verwiesen.

Das Jugendamt befürwortete in seinem Bericht vom 18. Oktober 2023 einen Umgang zwischen A und dem Beteiligten zu 5., da dieser seit der Geburt des Kindes die Rolle des sozialen Vaters übernommen habe. Im Einzelnen wird auf den Bericht verwiesen.

Der Verfahrensbeistand hat in seinem schriftlichen Bericht vom 19. Oktober 2023 empfohlen, den Umgang entsprechend des Antrags des Beteiligten zu 5. dahingehend zu regeln, dass dieser 14tägig von Freitag bis Montag und wöchentlich von Dienstag bis Mittwoch stattfindet. Er verwies darauf, dass die Kindeseltern ihm keinen Kontakt zu dem betroffenen Kind ermöglicht hätten und auch ein Austausch mit dem Kindergarten untersagt worden sei. Das Verhalten der Kindeseltern, die den Umgang zwischen A und dem Beteiligten zu 5. verweigerten, ziehe erhebliche Entwicklungsrisiken für A, der in einen Loyalitätskonflikt gedrängt werde nach sich. Im Interesse des Kindes sei eine Umgangspflegschaft einzurichten, um sicherzustellen, dass zukünftige Übergaben des Kindes konfliktfrei verliefen. Im Einzelnen wird auf den Bericht vom 19. Oktober 2023 verwiesen.

Mit Verfügung vom 20. Oktober 2023 hat das Amtsgericht den Termin zur Anhörung des Kindes wegen der Erkrankung am 20. Oktober 2023 nunmehr auf den 03. November 2023 bestimmt und den Kindeseltern aufgegeben, das Kind pünktlich zum Anhörungstermin zu bringen. Die Kindesmutter und den Beteiligten zu 5. hat das Amtsgericht am 20. Oktober 2023 angehört und die Sache mit den Beteiligten erörtert. Der Kindesvater nahm an diesem Termin nicht teil. Die Kindesmutter verwies darauf, dass A keinen Kontakt zum Beteiligten zu 5. haben solle. Dieser habe schon während der Beziehung manchmal zu viel getrunken, sie sei aber nicht davon ausgegangen, dass er ein Alkoholproblem habe. Er habe sich wie ein normaler Vater um A gekümmert und sei immer für ihn da gewesen. Die Kindeseltern wurden darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung, das Kind zum Anhörungstermin zu bringen, Zwangsmittel zur Folge haben kann. Zum Ergebnis der Anhörung und der Erörterung wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzungen vom 20. Oktober 2023 verwiesen.

Die Kindesmutter teilte mit Schreiben vom 02. November 2023 unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld mit, dass A an der Kindesanhörung nicht teilnehmen werde. Auf das Schreiben wird verwiesen.

Der Verfahrensbeistand regte daraufhin mit Bericht vom 06. November 2023 an, im Interesse des Kindes von dessen Anhörung abzusehen, um den Loyalitätskonflikt bei A nicht noch weiter zu verstärken und den Bindungsabbruch zu verfestigen. Auf den Bericht wird verwiesen.

Mit dem Kindesvater am 22. November 2023 zugestelltem Beschluss vom 09. November 2023 hat das Amtsgericht den Umgang des Beteiligten zu 5. mit dem Kind dahingehend geregelt, dass dieser in den ungeraden Kalenderwochen von Freitag 15:00 Uhr bis Montag 09:00 Uhr und im Übrigen immer dienstags von 15:00 Uhr bis mittwochs 09:00 Uhr stattfindet. Für die Übergaben am Freitag und am Dienstag um 15:00 Uhr hat das Amtsgericht eine Umgangspflegschaft angeordnet und der bestellten Umgangspflegerin die Festlegung der konkreteren Zeiten, Orte und Modalitäten des Umgangs, insbesondere ob und in welchem Umfang eine Begleitung erforderlich sei, auferlegt. Die Umgangspflegschaft hat das Amtsgericht zunächst bis zum 15. Januar 2024 befristet. Wegen der Einzelheiten der amtsgerichtlichen Regelung wird auf den Tenor der Entscheidung verwiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Umgangsregelung nach § 1685 Abs. 2 BGB vorlägen. Der Beteiligte zu 5. sei eine ähnlich wichtige Bezugsperson für das betroffene Kind wie die leiblichen Eltern, da er mit dem Kind über mehrere Jahre in häuslicher Gemeinschaft gelebt und A ihn von Beginn an als „Papa“ angesehen habe. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, die einer Förderlichkeit des Umgangs für die Entwicklung von A entgegenstünde. Für die vom Kindesvater beschriebene Alkohol- bzw. Aggressionsproblematik lägen auch aus Sicht des Verfahrensbeistandes und des Jugendamtes keine Anhaltspunkte vor. Verfahrensbeistand und Jugendamt würden einen Umgang zwischen dem Beteiligten zu 5. und dem Kind befürworten. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Umgang mit dem Beteiligten zu 5. bislang für die Entwicklung des Kindes zuträglich gewesen sei. Gegenläufige Anhaltspunkte seien nicht bekannt. Der Umgang des Beteiligten zu 5. mit A sei in dem gleichen Umfang anzuordnen, wie dies bei leiblichen Vätern oder Müttern der Fall wäre. Von der Kindesanhörung sei wegen des Vorliegens eines schwerwiegenden Grundes abzusehen. Die Gesichtspunkte der Belastung des Kindes würden die Vorteile dieser Form der Sachaufklärung überwiegen. Die ablehnende Haltung der Kindeseltern hinsichtlich der Umgänge und der gerichtlichen Anhörung könnte auf Seiten des Kindes zu einem Loyalitätskonflikt führen und daher eine Belastung für das Kind darstellen. Da die Eltern ihre Wohlverhaltenspflicht erheblich verletzen würden, sei die Anordnung einer Umgangspflegschaft nach §§ 1685 Abs. 3 Satz 2, 1666 Abs. 1 BGB notwendig. Aufgrund der ablehnenden Haltung der Kindeseltern gegenüber dem Beteiligten zu 5. seien Umgangskontakte bislang daran gescheitert, dass die Eltern eine Übergabe nicht zugelassen hätten. Der Bindungsabbruch des Kindes zum Beteiligten zu 5. habe ein solches Maß erreicht, dass sich hieraus eine Gefahr für die Entwicklung des Kindes ergeben könne. Im Einzelnen wird auf den Beschluss verwiesen.

Die Umgangspflegerin berichtete am 06. Dezember 2023, dass die Kindesmutter die angebotenen Gesprächstermine nicht wahrgenommen habe. Den Übergabetermin des Kindes vom 05. Dezember 2023 habe die Kindesmutter wegen Krankheit des Kindes abgesagt. Auf den Bericht wird verwiesen.

Der Kindesvater wendet sich mit seiner am 08. Dezember 2023 eingegangenen Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts. Er rügt, dass er am Verfahren in erster Instanz nicht beteiligt gewesen sei. Die Entscheidung sei ohne seine und ohne die Anhörung des betroffenen Kindes ergangen. Auf den Schriftsatz wird verwiesen.

Der Senat hat die Beteiligten durch Verfügung vom 29. Dezember 2023 darauf hingewiesen, dass er erwägt, auf einen zu stellenden Antrag hin, die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf die fehlende persönliche Anhörung des Kindes und des Kindesvaters aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Der Kindesvater hat daraufhin mit Schriftsatz vom 08. Januar 2024 die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Amtsgericht beantragt.

Der Verfahrensbeistand hat sich mit Bericht vom 07. Januar 2024 gegen eine Aufhebung der Entscheidung ausgesprochen, weil dies dem Kindeswohl widerspreche. Zur weiteren Begründung verwiest er auf seinen beigefügten Bericht vom 27. Dezember 2023. Danach sei der Kindesvater erstinstanzlich schriftlich angehört worden, weil er aufgrund seiner Selbständigkeit über mehrere Monate hinweg einen Anhörungstermin nicht habe wahrnehmen können. Auf eine Anhörung des Kindes sei auf seine Empfehlung hin verzichtet worden, um dieses nicht noch mehr zu belasten. Auf die Berichte wird verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt auf Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht, weil das vom Amtsgericht geführte Verfahren an mehreren wesentlichen Verfahrensfehlern leidet.

Das Amtsgericht hat vorliegend übersehen, dass für das Verfahren betreffend den Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen nach § 1685 BGB, also einer Kindschaftssache nach § 151 Nr. 2 FamFG, die Anhörungsvorschriften nach den §§ 159 ff. FamFG zwingend zu beachten sind. Das Familiengericht hat nach § 160 Abs. 1 FamFG die Eltern persönlich anzuhören (Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1685, Rn. 56; OLG Celle 12. August 2011 – 10 UF 118/11 -, juris Rn 19, ZKJ 2011, 431). Die Anhörung der Eltern dient dabei – ebenso wie die Anhörung des Kindes – nicht nur der Gewährung des von § 34 FamFG geforderten rechtlichen Gehörs, sondern auch der bestmöglichen Sachaufklärung (Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1684, Rn. 438). Das Gericht ist dabei grundsätzlich stets zur persönlichen Anhörung der Eltern verpflichtet und darf nur in besonders gelagerten und in der Endentscheidung zu begründenden Ausnahmefällen davon absehen (Hammer in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 160 FamFG, Rn. 7). Schwerwiegende Gründe im Sinne des § 160 Abs. 3 FamFG sind neben den Fällen des § 34 Abs. 2 FamFG ein nicht zu ermittelnder Aufenthalt eines Beteiligten oder dessen Unerreichbarkeit wegen eines zeitlich nicht absehbaren Auslandsaufenthalts (BeckOK FamFG/Schlünder, 48. Ed. 1.11.2023, FamFG § 160 Rn. 8).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass der Kindesvater vorliegend zwingend persönlich anzuhören gewesen wäre. Die persönliche Anhörung konnte zunächst nicht etwa deshalb unterbleiben, weil der Kindesvater vorgab, an der Wahrnehmung des Termins vom 20. Oktober 2023 verhindert zu sein. Eine etwaige Verhinderung für den Terminstag – bzw. wie der Verfahrensbeistand ausführt sogar auf unabsehbare Zeit – war vom Kindesvater nicht im Ansatz ausreichend dargetan, so dass das Ausbleiben im Termin schon nicht ausreichend entschuldigt im Sinne des § 34 Abs. 3 FamFG gewesen wäre. Gegebenenfalls wäre daher gegen den Kindesvater Ordnungsgeld gemäß § 33 Abs. 3 FamFG zu verhängen gewesen, zumindest aber wäre ein neuer Anhörungstermin zu bestimmen gewesen. Auf die persönliche Anhörung des Kindesvaters konnte nicht etwa deshalb verzichtet werden, weil dieser erstinstanzlich mit einer schriftlichen Anhörung einverstanden gewesen war und im weiteren Verfahrensgang schriftlich Stellung genommen hatte. Soweit das Oberlandesgericht Celle in einer Entscheidung vom 12. August 2011 (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 12. August 2011 – 10 UF 118/11 -, Rn. 18, juris) in einem Umgangsverfahren nach § 1685 BGB eine schriftliche Anhörung für ausreichend erachtete, ist der hier zu entscheidende Fall gänzlich anders gelagert. Dort hatte das Gericht von einer persönlichen Anhörung abgesehen, weil der Kindesvater in Gestalt eines bereits zu Beginn des Verfahrens zum Verfahrensgegenstand eingereichten persönlichen Schreibens, durch die Teilnahme seiner Verfahrensbevollmächtigten am Anhörungstermin sowie durch einen weiteren Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten in mehrfacher Hinsicht angehört worden war. Hier lag stattdessen weder eine umfassende schriftliche Stellungnahme des Kindesvaters vor, noch war er im Termin anwaltlich vertreten. Das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung ist ihm mit Verfügung vom 30. Oktober 2023 zwar formlos übersandt worden, ohne ihm nach dem Termin jedoch ausdrücklich die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen, bevor die Entscheidung am 09. November 2023 ergangen ist. Die seitens des Kindesvaters erhobenen Vorwürfe gegen den Beteiligten zu 4. und die angekündigte Ablehnung jeglicher Umgangskontakte erforderten zwingend sowohl zur Gewährung rechtlichen Gehörs als auch zur weiteren Sachaufklärung eine persönliche Anhörung des Kindesvaters. Denn jedenfalls die Gründe seiner Ablehnungshaltung wären näher aufzuklären gewesen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine zusätzliche persönliche Anhörung des Kindesvaters für die verfahrensgegenständliche Frage eines Umganges zwischen dem Beteiligten zu 4. und dem betroffenen Kind keine entscheidungserheblichen Erkenntnisse mehr erbracht hätte. Kein schwerwiegender Grund im Sinne des § 160 Abs. 3 FamFG kann schließlich darin gesehen werden, dass der Kindesvater das Angebot des Gerichts, schriftlich Stellung zu nehmen, aufgegriffen hat. Die Anhörung unterliegt als Element der Amtsermittlung nicht der Disposition der Eltern, so dass ein etwaiger Verzicht nicht ausschlaggebend sein kann (vgl. zu § 159 FamFG: Hammer in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 159 FamFG, Rn. 18).

Nach Maßgabe von § 159 FamFG war darüber hinaus auch die persönliche Anhörung des betroffenen Kindes erforderlich (Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1685, Rn. 56; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2009 – II-8 UF 177/09 -, juris). Gemäß § 159 Abs. 1 FamFG ist ein Kind dann persönlich anzuhören, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder wenn eine persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist. Betroffene Kinder sind nach Abs. 1 grundsätzlich in allen Kindschaftssachen persönlich anzuhören (Hammer in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 159 FamFG, Rn. 6). Die Belastung für das Kind kann nur im Ausnahmefall ein Grund sein, gemäß § 159 Abs. 2 FamFG von der Anhörung abzusehen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016 – XII ZB 419/15 -, BGHZ 211, 22-37, Rn. 47). Schwerwiegende Gründe, zu denen gegebenenfalls konkrete tatsächliche Feststellungen zu treffen und die in der Endentscheidung darzulegen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. August 2001 – 1 BvR 310/98 -, FamRZ 2002, 229), liegen vor, wenn das Kind durch die Anhörung psychisch geschädigt werden könnte oder in sonstiger Weise eine Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes zu besorgen ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Anhörung des Kindes zu einer erheblichen Beeinträchtigung seiner körperlichen oder seelischen Gesundheit führen könnte. Das Gericht hat eine mögliche Belastung des Kindes, welche die Anhörung auslösen könnte, gegen die Vorteile abzuwägen, die diese Form der Sachaufklärung bietet. Sollten die Gesichtspunkte der Belastung überwiegen, kann von der Anhörung abgesehen werden (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 – XII ZB 411/1 -, NZFam 2018, 1077, beck-online). Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, inwieweit es möglich ist, durch die Auskunft anderer Verfahrensbeteiligter, wie etwa des Verfahrensbeistands, des Umgangs- bzw. Ergänzungspflegers oder eines Mitarbeiters des Jugendamts, zu erfahren, ob der Umgang dem Kindeswohl entspricht (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 – XII ZB 411/1 -, NZFam 2018, 1077, beck-online).

Gemessen an diesen Grundsätzen konnte vorliegend nicht von der persönlichen Anhörung des betroffenen Kindes abgesehen werden. Davon ist das Amtsgericht zunächst auch selbst ausgegangen, als es Termin zur Anhörung des betroffenen Kindes bestimmt und den Kindeseltern wiederholt aufgegeben hat, das Kind zu einem Anhörungstermin zu bringen und dabei auch auf mögliche Zwangsmittel hingewiesen hat. Der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG hätte es geboten, dass sich Gericht vor seiner zu treffenden Entscheidung selbst ein Bild von dem betroffenen Kind macht, um festzustellen, ob ein Umgang des Kindes für seine Entwicklung und sein Wohl unter Berücksichtigung seiner gesamten Lebenssituation sowie seiner vorhandenen Bindungen an den Umgang verlangenden Beteiligten dienlich ist. Gemessen daran wäre die Anhörung notwendig gewesen, um etwaige Erkenntnisse zur Bindung des betroffenen Kindes zu dem Beteiligten zu 5. zu gewinnen und auch, um einen Loyalitätskonflikt des Kindes überhaupt ausreichend beurteilen zu können. Hierzu lagen nämlich auch sonst keine ausreichenden Erkenntnisse vor. Zwar haben Verfahrensbeistand und auch Jugendamt in ihren Berichten auf die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs hingewiesen, ohne jedoch selbst mit dem betroffenen Kind gesprochen zu haben. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass eine persönliche Anhörung für das betroffene Kind eine erhebliche Belastung begründen könnte. Der Senat verkennt bei seiner Entscheidung nicht, dass sich die Kindeseltern bislang der gerichtlichen Anhörung des betroffenen Kindes mit zweifelhaften Attesten widersetzt haben und insbesondere der Kindesvater bereits angekündigt hat, sich notfalls auch eine kinderpsychologische Bescheinigung zu besorgen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Eltern im Falle des zwangsweisen Erwirkens der Kindesanhörung derart auf A einwirken werden, dass das Kind hierdurch in einer mit seinem Wohl nicht zu vereinbarenden Weise psychisch belastet wird. Es liegen schließlich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anhörung durch das Gericht etwa deshalb zu einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Gesundheit des betroffenen Kindes führen könnte, weil diese erst durch Zwangsmittel ermöglicht werden muss.

Die fehlende Beachtung der Anhörungsvorschriften nach §§ 159 ff. FamFG stellt einen schweren Verfahrensmangel dar, so dass die angefochtene Entscheidung auf den Antrag des Kindesvaters hin nach § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen war (Staudinger/Dürbeck (2019) BGB § 1686 Rn. 21). Auch die weiteren Voraussetzungen liegen vor. Den erforderlichen Antrag hat der Kindesvater gestellt. Dass sich der Verfahrensbeistand gegen eine Zurückverweisung ausgesprochen hat, ist in Anbetracht der vorliegenden Verfahrensfehler nicht ausschlaggebend. Die Zurückverweisung an das Amtsgericht ist angezeigt, weil eine Entscheidung des Senats in der Sache selbst noch umfangreiche Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung erfordern würde, insbesondere einen Termin mit allen Beteiligten.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Das Amtsgericht wird den betroffenen Eltern nach § 159 FamFG erneut aufzugeben haben, das Kind zur Anhörung zu bringen. Sollten sich die sorgeberechtigten Eltern weiterhin weigern, so kann die Mitwirkung gemäß §§ 159, 35 FamFG durch die Anordnung eines Zwangsgelds bzw. von Zwangshaft erzwungen werden (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 17. Mai 2019 – 18 UF 32/19 -, Rn. 28, juris; OLG Celle, Beschluss vom 29. Juli 2019 – 21 WF 123/19 -, juris).

In der Sache selbst gibt die Entscheidung Anlass auf folgendes hinzuweisen: Enge Bezugspersonen können gemäß § 1685 Abs. 2 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben, wenn sie für dieses Kind die tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben und der Umgang dem Wohl des betroffenen Kindes dient. Es kann zwar davon ausgegangen werden, dass das erforderlich enge Bezugsverhältnis hier aufgrund des langjährigen Zusammenlebens des betroffenen Kindes mit dem Beteiligten zu 5. besteht, weil dieser eine elterngleiche Funktion wahrgenommen hat, die das Gesetz grundsätzlich als erhaltenswert ansieht (vgl. Staudinger/Dürbeck, aaO., § 1685 BGB, Rz. 16). Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass ein Umgang auch dem Wohl des Kindes entspricht. Vielmehr bestehen Umgangsbefugnisse nur dann, wenn die Kindeswohldienlichkeit positiv festgestellt werden kann. Die Ausgestaltung des konkreten Umgangs orientiert sich am Kindeswohl. Regelmäßig wird der Umgang nach § 1685 BGB anlässlich üblicher Tagesbesuche stattzufinden haben (vgl. zum Ganzen Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1685, Rn. 47). Besteht zu einer engen Bezugsperson iSd. Abs. 2 eine für das Kind elternähnliche Bindung und kommt es zu keiner Konkurrenz mit anderweitigen elterlichen Umgangsrechten nach § 1684 BGB, kann dies gegebenenfalls Anlass sein für eine an § 1684 BGB orientierte Umgangsregelung mit regelmäßigen Übernachtungen und Ferienumgang (Staudinger/Dürbeck, a.a.O.). Ob hier ein solcher Ausnahmefall für ein großzügiges Umgangsrecht vorliegt, dürfte nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage eher zu bezweifeln sein. Tatsächliche Erkenntnisse zur Ausgestaltung der Bindung zwischen dem Kind und dem Beteiligten zu 5. fehlen bislang. Die ablehnende Haltung der Kindeseltern und die von ihrer Seite erhobenen Vorwürfe gegen den Beteiligten zu 5. einerseits und die Geschehnisse um das weitere gemeinsame Kind B (Entziehung des Kindes, Gefährdungsmeldung, kindschaftsrechtliche Verfahren) andererseits legen zudem nahe, dass das Verhältnis zwischen den Kindeseltern und dem Beteiligten zu 5. durch erhebliche Spannungen belastet ist. Neben den seitens des Amtsgerichts angeführten Aspekten im Rahmen der Kindeswohlprüfung werden daher auch die Auswirkungen der Verweigerungshaltung der Kindeseltern auf das Kind zu berücksichtigen sein, nachdem diese Kindeseltern sich vehement gegen einen Umgang ausgesprochen haben. Gegenwärtig ist zudem nur schwer vorstellbar, wie die Beteiligten dem notwendigen Absprachebedarf in den alltäglichen Betreuungsfragen des Kindes in Anbetracht des angeordneten erweiterten Umgangs genügen könnten. Dabei wäre schließlich auch zu beachten, dass dem Beteiligten zu 5. (anders als einem auch nicht sorgeberechtigten Elternteil) keinerlei erzieherische Aufgaben zukommen und deshalb sorgerechtliche Fragen als Teil der Personensorge allein von den Sorgeberechtigten zu entscheiden wären (vgl. Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1685, Rn. 45). Auch dies spricht eher gegen ein solch großzügiges Umgangsrecht.

Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Umgangspflegschaft gemäß §§ 1685 Abs. 3 Satz 1, 1684 Abs. 3 Satz 3 – 5 BGB sieht der Senat derzeit als nicht erfüllt an. Die Möglichkeit der Anordnung einer Umgangspflegschaft ist durch § 1685 Abs. 3 Satz 2 BGB dahingehend eingeschränkt, dass diese nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des 1666 Abs. 1 BGB möglich ist. Es ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass sich aus dem weiteren Ausbleiben von Umgangskontakten des Kindes zum Beteiligten zu 4. eine Gefahr von einem solchen Ausmaß ergeben könnte, dass sich bei weiterer Entwicklung ohne Intervention eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen ließe (vgl. BVerfG 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 19. November 2014 – 1 BvR 1178/14 -, NJW 2015, 223, beck-online). Die Ausführungen in der familiengerichtlichen Entscheidung genügen hierzu nicht. Denn es liegen keine Tatsachen dafür vor, dass ein Kontaktverlust des betroffenen Kindes zu dem Beteiligten zu 5. das Kind tatsächlich in seiner weiteren Entwicklung konkret gefährden wird. Zwar sieht der Verfahrensbeistand in seinem Bericht vom 19. Oktober 2023 entsprechende Entwicklungsrisiken für das Kind. Das Vorliegen einer abstrakten Gefährdung reicht aber nicht aus. Einen Erfahrungssatz dafür, dass jeder Kontaktabbruch zu einer engen Bezugsperson eine Kindeswohlgefährdung darstellt, gibt es nicht (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10. April 2019 – 9 UF 231/18 -, Rn. 15, juris).

Lägen die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Umgangspflegschaft tatsächlich vor, so kann dem Umgangspfleger jedenfalls nicht die Entscheidung über die Art – unbegleitet oder begleitet – des Umgangs eingeräumt werden (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 6 UF 128/13 -, juris). Die Anordnung eines begleiteten Umgangs ist gemäß § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB eine eigenständige familiengerichtliche Maßnahme mit eigenen, strengeren Voraussetzungen. Es ist Sache des Familiengerichts, zu prüfen, ob diese vorliegen; keinesfalls kann diese Prüfung dem Umgangspfleger überantwortet werden (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 21. September 2012 – 17 UF 118/12 -, juris; OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 17. Mai 2013 – 4 UF 45/13 -, BeckRS 2013, 12053, beck-online). Der Umgangspfleger ist im Übrigen ausschließlich für die Durchführung einer bestehenden – gerichtlich angeordneten oder vereinbarten und nach § 156 Abs 2 FamFG familiengerichtlich gebilligten – Umgangsregelung zuständig. Er ist nicht befugt, den Umgang selbst zu bestimmen, zu regeln oder Nachholtermine zu bestimmen (Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1684, Rn. 127c, 127e).

Bei der Kostenentscheidung wird schließlich zu berücksichtigen sein, dass an dem Verfahren der Umgangsbegehrende, der Kindesvater und die Kindesmutter beteiligt sind, so dass die Kosten gegebenenfalls zwischen den Beteiligten aufzuteilen wären.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Amtsgericht im Rahmen seiner abschließenden erstinstanzlichen Entscheidung vorbehalten.

Der Beschwerdewert war nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG festzusetzen.

 

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