Erwachsenenadoption trotz vorheriger Beziehung? OLG Zweibrücken entscheidet
Die Frage der Erwachsenenadoption ist ein komplexes juristisches Thema, das in vielen Fällen zu kontroversen Entscheidungen führt. Im vorliegenden Fall hat das OLG Zweibrücken über einen Adoptionsantrag entschieden, bei dem die Beteiligten zuvor eine geschlechtliche Beziehung geführt hatten. Das Hauptproblem dieses Falles lag in der Frage, ob trotz einer solchen Beziehung ein Eltern-Kind-Verhältnis angenommen werden kann.
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Übersicht
Hintergrund des Falles
Das Amtsgericht Pirmasens hatte den Adoptionsantrag eines Mannes und einer Frau abgelehnt, da sie zuvor eine sexuelle Beziehung geführt hatten. Diese Beziehung dauerte laut Angaben des leiblichen Sohnes des Annehmenden etwa 10 Jahre. Die Beteiligten widersprachen dieser Darstellung nicht eindeutig. Das Gericht war der Ansicht, dass ihre Beziehung nicht in ein Vater-Tochter-Verhältnis übergegangen sei. Zudem gab es Hinweise darauf, dass die Beteiligten durch die Adoption die Erb- und Pflichtteilsfolge zu Lasten des leiblichen Sohnes ändern wollten.
Argumente des Annehmenden
Der Annehmende legte Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ein. Er argumentierte, dass er die Anzunehmende seit 1999 kenne und ihre Beziehung, die auch sexuelle Kontakte beinhaltete, nur 6 Monate dauerte. Selbst sein Sohn habe ihre Beziehung nur als „Partnerschaft“ bezeichnet. Er betonte, dass sich ihre Beziehung in eine von Respekt und gegenseitiger Achtung geprägte Beziehung gewandelt habe, die einem Vater-Tochter-Verhältnis entspreche.
Entscheidung des OLG Zweibrücken
Das OLG Zweibrücken stellte fest, dass die Beschwerde zulässig sei. Es wies jedoch darauf hin, dass das Familiengericht den Adoptionsantrag zu Recht abgelehnt habe. Laut § 1767 Abs. 1 BGB kann eine Erwachsenenadoption nur dann erfolgen, wenn sie sittlich gerechtfertigt ist, insbesondere wenn bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Das Gericht betonte, dass sexuelle Beziehungen nicht Bestandteil eines Eltern-Kind-Verhältnisses sind. Selbst wenn sich eine sexuelle Beziehung in eine freundschaftliche Beziehung gewandelt hat, schließt dies ein Eltern-Kind-Verhältnis aus. Das Gericht stellte auch fest, dass die Anzunehmende ihre Unterstützungsleistungen auf Grundlage eines „450-Euro-Vertrages“ erbrachte, was in einem Vater-Tochter-Verhältnis untypisch sei.
Schlussbemerkungen
Das OLG Zweibrücken entschied, dass der Annehmende die Kosten des Verfahrens zu tragen hat und setzte den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € fest. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Dieser Fall unterstreicht die Komplexität und Sensibilität des Themas Erwachsenenadoption und die Notwendigkeit, die wahren Motive und die Natur der Beziehung zwischen den Beteiligten sorgfältig zu prüfen.
Das vorliegende Urteil
OLG Zweibrücken – Az.: 2 UF 18/20 – Beschluss vom 11.03.2020
Gründe
1. Die Beschwerde des Annehmenden gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Pirmasens vom 1. Februar 2019 wird zurückgewiesen.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Pirmasens hat den Adoptionsantrag des Annehmenden und der Anzunehmenden mit Beschluss vom 1. Februar 2019 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, der Annahme eines Eltern-Kind-Verhältnisses stehe entgegen, dass die Beteiligten zunächst eine (auch) sexuelle Beziehung geführt hätten, die nach Angaben des leiblichen Sohnes des Annehmenden circa 10 Jahren gedauert habe. Dieser Darstellung seien die Beteiligten nicht eindeutig entgegengetreten. Dass sich ihre Beziehung in ein Vater-Tochter-Verhältnis gewandelt haben könnte, sei nicht anzunehmen. Darüber hinaus seien deutliche Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sich die Beteiligten nicht nur von familienbezogenen Motiven leiten lassen wollten, sondern die Veränderung der Erb- und Pflichtteilsfolge zu Lasten des leiblichen Sohnes des Annehmenden bezweckten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Annehmenden, der das erstinstanzliche Ziel der Erwachsenenadoption weiterverfolgt.
Er trägt vor, er sei mit der Anzunehmenden seit dem Jahr 1999 bekannt. Eine lose Beziehung, die auch sexuelle Kontakte beinhaltete, habe nur über einen Zeitraum von 6 Monaten bestanden. Selbst der Sohn des Annehmenden habe die Beziehung nur als „Partnerschaft“ bezeichnet. Das Erstgericht habe diese Darstellung unzulässigerweise mit einer sexuellen Beziehung gleichgesetzt. Richtigerweise habe sich das Verhältnis – auch aufgrund des großen Altersunterschiedes – in eine auf Respekt und gegenseitige Achtung fußende Beziehung gewandelt, wie sie einer Beziehung von Vater und Tochter im guten Sinne entspreche.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 58 ff FamFG). Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeschrift des Rechtsanwaltes … vom 14. Februar 2019 nicht erkennen lässt, wer Beschwerdeführer ist. Durch Vorlage der Vollmacht des Annehmenden mit Schriftsatz vom 28. Februar 2019, die am 1. März 2019 (und damit innerhalb der Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG) eingegangen ist, ist hinreichend klargestellt, dass das Rechtsmittel für den Annehmenden durchgeführt werden soll.
In der Sache hat die Beschwerde allerdings keinen Erfolg. Das Familiengericht hat den Adoptionsantrag der Beteiligten zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt, da die Voraussetzungen für eine Erwachsenenadoption nicht vorliegen. Gem. § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere gegeben, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Dass der Annehmende und die Anzunehmende zumindest zeitweise eine geschlechtliche Beziehung führten, begründet ein Annahmehindernis. Sexuelle Beziehungen sind nämlich gerade nicht Inhalt eines Eltern-Kind-Verhältnisses (vgl. Münchener Kommentar, 8. Auflage, § 1767 Rn. 50). Auch wenn sich ein auch sexuelles Verhältnis in ein freundschaftliches Verhältnis gewandelt hat, schließt dies das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses aus. Dies gilt auch dann, wenn – wie hier – umfangreiche freundschaftliche Unterstützungshandlungen erbracht wurden (Oberlandesgericht München, Beschluss vom 16. November 2005 – 31 Wx 82/05).
Nach alledem kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Beteiligten geschlechtlichen Beziehungen – wie in der Beschwerdeschrift vorgebracht – nur wenige Monate führten. Auch eine Partnerschaft, bei der die anfänglich vorhandene „sexuelle Seite“ in den Hintergrund rückte (so die eigene Darstellung der Beteiligten, vgl. Bl. 44 d.A.), steht der Annahme eines Eltern-Kind-Verhältnisses entgegen. Ein partnerschaftliches (zumindest zeitweise sexuelles) Verhältnis ist gegenüber einem Eltern-Kind-Verhältnis wesensverschieden.
Auch soweit das Familiengericht in Zweifel zog, ob bei der Stellung des Adoptionsantrages familienbezogene Motive vorherrschend waren, teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichtes und nimmt hierauf Bezug. Hinzu kommt, dass die Anzunehmende die beschriebenen Unterstützungsleistungen, die als Ausdruck der Verbundenheit angeführt werden, entgeltlich auf Grundlage eines „450-Euro-Vertrages“ (vgl. Bl. 20 d.A.) erbringt. Diese Handhabung ist im Verhältnis zwischen Vater und Tochter überaus untypisch. Das Wesen eines Eltern-Kind-Verhältnisses besteht gerade darin, dass die wechselseitige Unterstützung nicht synallagmatisch, mithin um der Gegenleistung willen, erfolgt, sondern alleine aufgrund der familiären Verbundenheit.
2. Der Annehmende hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt, § 42 Abs. 2 und Abs. 3 FamGKG.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, § 70 Abs. 2 FamFG.