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Haustiere als Haushaltsgegenstände – Tragung Tierhaltungskosten

OLG Bamberg – Az.: 7 UF 61/18 – Beschluss vom 14.09.2018

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Würzburg vom 9.2.2018 in Tenorziffer 1. dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, an die Antragstellerin 57,25 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.10.2017 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Würzburg vom 9.2.2018 wird in Tenorziffer 2. aufgehoben. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin 96 % und der Antragsgegner 4 %.

4. Der Verfahrenswert wird auf 1.325,92 Euro festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird im sich aus Ziffer II. 3. der Gründe ergebenden Umfang zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner, von dem sie seit 1.8.2015 getrennt lebt, Aufwendungsersatz in Höhe der Hälfte der Kosten der Haltung für die im Miteigentum der Beteiligten stehenden Tiere, einen Hund und fünf Koi-Fische, geltend.

Diese Tiere waren nach dem Auszug des Antragsgegners aus der Ehewohnung bei der Antragstellerin verblieben.

Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, bei den Tieren handele es sich um Haushaltsgegenstände, so dass derjenige, der sie im Besitz habe, für die Kosten der Haltung einzustehen habe. Der Hund sei auf Wunsch der Antragstellerin und der gemeinsamen Töchter im ehelichen Anwesen verblieben. Er habe sich lediglich bereit erklärt, den Hund, sollte Not am Mann sein, zu übernehmen und zu versorgen und habe sich ab dem Trennungszeitpunkt zur Hälfte an ihm vorgelegten Tierarztrechnungen beteiligt.

Die Antragstellerin trägt vor, sie habe sich gezwungen gesehen, Hund und Fische zu behalten, weil der Antragsgegner weggezogen sei, ohne diese mitzunehmen. Der Hund sei auch deshalb in der Ehewohnung verblieben, weil der Antragsgegner sich eine Mietwohnung gemietet habe, die die Hundehaltung erschwere. Der Antragsgegner habe sich bereit erklärt, den Hund bei Engpässen zu übernehmen. Er habe eine Zustimmung zum Verkauf der Fische verweigert.

Mit Schriftsatz vom 25.01.2018 macht die Antragstellerin unter anderem Tierarztkosten für den Hund in Höhe von 55,03 Euro und 45 Euro geltend.

Der Antragsgegner behauptet, von einem Verkauf der Fische sei von Seiten der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen. Hinsichtlich der mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 25.01.2018 geltend gemachten Tierarztkosten bestreitet er deren Notwendigkeit.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 9.2.2018 den Antrag abgewiesen und die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, die Regelungen des § 1361 a BGB überlagerten die Ausgleichsregelung des § 748 BGB:

Nach der Trennung seien die Tiere bei der Antragstellerin verblieben, zu deren Pflege und Erhaltung sie als unmittelbare Besitzerin verpflichtet gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 9.3.2018, eingegangen bei den Justizbehörden Würzburg am 12.3.2018 hat die Antragstellerin gegen den ihr am 19.2.2018 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt und diese nach Bewilligung der Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 19.5.2018 mit Schriftsatz vom 25.4.2018, eingegangen bei der gemeinsamen Eingangsstelle der Justizbehörden in Bamberg am 27.4.2018, begründet:

Sie macht im Wesentlichen geltend, in § 1361 a BGB seien die Kosten, die einem Ehegatten aufgrund des aufgedrängten Besitzes von Haushaltsgegenständen entstünden, nicht geregelt.

Im Hinblick auf die ehelichen Lebensverhältnisse sei es unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes angemessen, wenn sich der Antragsgegner mit mindestens 50 % an den Unterhaltungskosten der Tiere beteilige. Im Übrigen habe die Antragstellerin dem Antragsgegner mit whatsapp-Nachricht vom 13.05.2017 mitgeteilt, dass er es sei, der die Fische behalten wolle und er daher Futter und Fadenalgenmittel besorgen solle.

Der Antragsgegner verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung und trägt vor, der Hund sei auf Wunsch der Antragstellerin und der gemeinsamen Töchter im ehelichen Anwesen verblieben. Er habe den Verkauf der Fische nicht verhindert.

Auf den amtsgerichtlichen Beschluss vom 9.2.2018 und die hiergegen eingelegte Beschwerde wird ebenso wie auf die Beschwerdebegründung und die Beschwerdeerwiderung sowie auf den Protokollvermerk vom 11.09.2018 zur Ergänzung Bezug genommen.

II.

Haustiere als Haushaltsgegenstände – Tragung Tierhaltungskosten
(Symbolfoto: Von DiMedia/Shutterstock.com)

Die gemäß § 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg:

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens steht der Antragstellerin lediglich der aus Tenorziffer 1. ersichtliche Anspruch auf Aufwendungsersatz zu:

1. Obwohl die verfahrensgegenständlichen Haustiere im Miteigentum der Beteiligten stehen, stehen der Antragstellerin dennoch im Grundsatz nicht die von ihr gegenüber dem Antragsgegner geltend gemachten hälftigen Aufwendungsersatzansprüche aus §§ 683, 670 BGB bzw. § 748 BGB zu.

Denn bei den verfahrensgegenständlichen Tieren handelt es sich um Haushaltsgegenstände im Sinne von § 1361 a BGB (vgl. OLG Nürnberg, NZFam 2017, 158 ff.).

Gemäß § 1361 a Abs. 2 BGB werden Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören, zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt.

Der Senat ist nach den vorliegenden Gesamtumständen davon überzeugt, dass die Beteiligten sich – jedenfalls konkludent – dahingehend geeinigt haben, dass Hund und Fische der Antragstellerin im Rahmen der Verteilung der Hausratsgegenstände zugewiesen und nicht aufgedrängt wurden:

Denn die Antragstellerin hat die Tiere seit der Trennung der Parteien ab 1.8.2015 beherbergt und dem Antragsgegner gegenüber nicht hinreichend eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie der Überlassung der Tiere im Rahmen der Verteilung der Haushaltsgegenstände widerspricht. Auch hat sie den Antragsgegner nicht zur Übernahme der Tiere aufgefordert, was angesichts der gerichtsbekannt hochstreitigen Trennung der Beteiligten erforderlich gewesen wäre, wäre sie mit der Überlassung der Tiere als Haushaltsgegenstände nicht (mehr) einverstanden gewesen und hätte sie eine anderweitige Verteilung der Haushaltsgegenstände gewünscht.

Ein derartiger Widerspruch liegt auch hinsichtlich der Überlassung der Kois als Haushaltsgegenstand nicht vor:

Denn dem Schreiben der Antragstellerin vom 13.05.2017 lässt sich lediglich entnehmen, dass das Futter und das Algenmittel für die Koifische zu diesem Zeitpunkt leer waren und dass nach Auffassung der Antragstellerin der Antragsgegner die Fische behalten möchte.

Dem Schreiben lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Antragstellerin für die Zukunft die Überlassung der Fische als Haushaltsgegenstände nicht mehr akzeptiert.

Für ihren Vortrag, sie habe den Antragsgegner zur Zustimmung zum Verkauf der Fische aufgefordert, ist die Antragstellerin beweisfällig geblieben.

Für die Zeit der Überlassung der Tiere hat die Antragstellerin aber die Kosten für deren Pflege und Erhaltung – vorbehaltlich einer anderslautenden Vereinbarung der Beteiligten – zu tragen (vgl. Fachanwalt Familienrecht/Klein, 10. Aufl., 8. Kap. Rdnr. 145). Die Nutzung eines Haushaltsgegenstandes bei Getrenntleben kann nämlich allenfalls die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Nutzungsvergütung gem. § 1361 a Abs. 3 Satz 2 BGB zur Folge haben, schließt aber – unabhängig von den Einkommensverhältnissen der Beteiligten – im Gegenschluss einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 670 BGB bzw. 748 BGB aus.

2. Insoweit der Antragsgegner eingeräumt hat, sich ab der Trennung der Beteiligten an den vorgelegten Tierarztrechnungen beteiligt zu haben, geht der Senat von einer konkludenten Vereinbarung der Beteiligten hinsichtlich der hälftigen Teilung notwendiger Tierarztkosten aus. Der Antragsgegner ist daher verpflichtet, die Tierarztkosten für Impfung und Entwurmung des Hundes vom 17.11.2015 sowie für die Hexenschussbehandlung des Hundes vom 14.09.2016 in Höhe von 64,50 Euro bzw. 50 Euro, jeweils hälftig zu tragen.

Hinsichtlich der mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 25.01.2018 geltend gemachten Tierarztkosten bestreitet der Antragsgegner deren Notwendigkeit.

Die Antragstellerin ist insoweit beweisfällig geblieben.

Von weitergehenden Kostenübernahmevereinbarungen der Beteiligten konnte sich der Senat nicht überzeugen: Sie werden vom Antragsgegner bestritten. Diesbezüglich ergeben sich keine Anhaltspunkte aus den von der Antragstellerin vorgelegten Mails, die die Betreuung des Hundes, die Zahlung für Futter- und Algenmittel für die Kois sowie deren Pflege in der urlaubsbedingten Abwesenheit der Antragstellerin thematisieren.

Der Zinsausspruch fußt auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

3. Die Verfahrenswertfestsetzung beruht auf §§ 40, 42 Abs. 1 FamGKG.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 113 FamFG, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO: Insoweit die Beteiligten jeweils unterliegen, sind ihnen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Insoweit die – soweit erkennbar noch nicht höchstrichterlich entschiedene – Rechtsfrage aufgeworfen ist, ob die Nutzung eines Haushaltsgegenstandes bei Getrenntleben grundsätzlich die Pflicht zur Tragung der Kosten zur Pflege und Erhaltung des Haushaltsgegenstandes zur Folge hat, wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, §§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG.

 

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