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Auskunftspflicht über illoyale Vermögensminderungen

In der juristischen Praxis stellt sich häufig die Frage nach der Auskunftspflicht eines Ehepartners gegenüber dem anderen, insbesondere wenn es um Vermögenswerte und deren Verwendung während der Ehezeit geht. Ein zentrales Thema dabei sind die sogenannten illoyalen Vermögensminderungen, bei denen ein Ehepartner Vermögenswerte verringert, um den anderen zu benachteiligen. Dies kann beispielsweise durch unentgeltliche Zuwendungen oder durch das Verschwenden von Vermögen geschehen. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, den Umfang und die Grenzen dieser Auskunftspflicht zu bestimmen und zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein Ehepartner Auskunft über solche Handlungen erteilen muss. Dabei spielen sowohl das Endvermögen als auch die Handlungen während der Ehezeit eine entscheidende Rolle.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 001 F 59/18  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht hat entschieden, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner Auskunft über bestimmte finanzielle Handlungen während ihrer Ehezeit geben muss, insbesondere in Bezug auf unentgeltliche Zuwendungen und mögliche Vermögensverschwendungen.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Auskunftspflicht über illoyale Vermögensminderungen: Das Gericht hat die Antragstellerin verpflichtet, dem Antragsgegner Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen und Vermögensverschwendungen im Zeitraum vom 15.11.1975 bis 14.3.2018 zu geben.
  2. Verdacht des Antragsgegners: Der Antragsgegner vermutet, dass die Antragstellerin einen Geldbetrag von 187.500 €, den sie während der Ehe erhalten hat, verschwendet hat.
  3. Ursprüngliche Anträge des Antragsgegners: Der Antragsgegner wollte spezifische Informationen über den Verbleib eines bestimmten Geldbetrags und unentgeltliche Zuwendungen von einem bestimmten Konto.
  4. Gerichtliche Hinweise: Das Gericht wies darauf hin, dass einige der ursprünglichen Anträge des Antragsgegners über die übliche Auskunftspflicht hinausgingen.
  5. Überarbeitete Anträge: Nach den Hinweisen des Gerichts reichte der Antragsgegner überarbeitete Anträge ein, die allgemeinere Auskünfte forderten.
  6. Rechtsgrundlage: Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz Nr. 2 BGB kann der Antragsgegner von seiner Ehefrau Auskunft über das Vermögen verlangen, wenn es für die Berechnung des Endvermögens relevant ist.
  7. Erforderliche Verdachtsmomente: Der Antragsgegner muss konkrete Tatsachen vorbringen, die den Verdacht von benachteiligenden Handlungen begründen.
  8. Einschränkung der Auskunft: Die Auskunftsanträge waren auf den Zeitraum der Ehe beschränkt, da nicht klar war, wie sich Handlungen vor oder nach diesem Zeitraum auf das Vermögen ausgewirkt haben könnten.

Der Fall im Detail

Die Beteiligten des vorliegenden Falles sind seit längerer Zeit verheiratet, leben jedoch in Trennung. Der Antragsgegner vermutet, dass die Antragstellerin einen während ihrer Ehe erhaltenen Geldbetrag von 187.500 € verschwendet hat, insbesondere durch unentgeltliche Zuwendungen an ihren gemeinsamen Sohn. Daher fordert er Auskunft über den Verbleib dieses Geldes. In seiner Antragsschrift vom 7.10.2019 verlangte er spezifische Informationen über ein Konto mit einem Guthaben von 163.964,63 € und mögliche unentgeltliche Zuwendungen von einem Girokonto in einem bestimmten Zeitraum.

Grenzen der Auskunftspflicht

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Auskunftspflicht und den Grenzen dieser Pflicht. Der Antragsgegner stützt seine Forderung auf den Verdacht illoyaler Vermögensminderungen, also Handlungen, die das gemeinsame Vermögen der Eheleute verringern, um den anderen Ehepartner zu benachteiligen. Hierbei geht es insbesondere um unentgeltliche Zuwendungen und die mögliche Verschwendung von Vermögen. Die Herausforderung besteht darin, den Umfang der Auskunftspflicht zu bestimmen und festzustellen, ob der Antragsgegner einen ausreichenden Verdacht für seine Forderungen vorgebracht hat.

Überarbeitete Anträge und Gerichtshinweise

Das Gericht wies darauf hin, dass die ursprünglich geforderte Auskunft über den „Verbleib des Geldbetrages“ über die übliche Auskunftspflicht hinausgeht. Daraufhin reichte der Antragsgegner eine überarbeitete Antragsschrift ein, in der er allgemeinere Auskünfte über unentgeltliche Zuwendungen, Vermögensverschwendung und Handlungen, die den Antragsgegner benachteiligen könnten, forderte.

Gerichtsentscheidung und Begründung

Das Gericht entschied, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen, Vermögensverschwendung und Handlungen, die den Antragsgegner benachteiligen könnten, im Zeitraum vom 15.11.1975 bis 14.3.2018 erteilen muss. Andere Auskunftsanträge wurden abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Antragsgegner gemäß § 1379 Abs. 1 Satz Nr. 2 BGB von seiner Ehefrau Auskunft über das Vermögen verlangen kann, wenn es für die Berechnung des Endvermögens relevant ist. Dies schließt auch illoyale Vermögensminderungen ein. Allerdings muss der Antragsgegner konkrete Tatsachen vorbringen, die den Verdacht von benachteiligenden Handlungen begründen.

Fazit und Bedeutung des Urteils

Die Entscheidung des Gerichts zeigt, dass die Auskunftspflicht in Fällen von illoyalen Vermögensminderungen greift, wenn der auskunftsberechtigte Ehepartner konkrete Verdachtsmomente vorbringen kann. Es ist jedoch wichtig, den Umfang der Auskunftspflicht korrekt zu bestimmen und sicherzustellen, dass die geforderte Auskunft nicht über das hinausgeht, was für die Berechnung des Endvermögens erforderlich ist.

Das Fazit des Urteils ist, dass die Auskunftspflicht in Eheangelegenheiten ein wichtiges Instrument ist, um sicherzustellen, dass beide Parteien über das gemeinsame Vermögen informiert sind. Es ist jedoch wichtig, dass die Forderungen nach Auskunft begründet und im Rahmen des Gesetzes liegen. In diesem Fall hat das Gericht eine ausgewogene Entscheidung getroffen, die die Rechte beider Parteien berücksichtigt.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet eine illoyale Vermögensminderungen?

Eine illoyale Vermögensminderung bezieht sich auf Handlungen, bei denen ein Ehepartner sein Vermögen absichtlich oder fahrlässig verringert oder verschwendet, um den anderen Ehepartner zu benachteiligen. Dies ist insbesondere im Kontext des Zugewinnausgleichs relevant, einer gesetzlichen Regelung, die das Endvermögen eines Ehepartners um bestimmte Beträge erhöht, wenn dieser Vermögen verschwendet hat oder Handlungen mit der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehepartner zu benachteiligen.

Es gibt drei Hauptkategorien von illoyalen Vermögensminderungen gemäß § 1375 II BGB: unentgeltliche Zuwendungen, die keine Anstandsschenkungen sind; Verschwendung; und Vermögensminderung mit Benachteiligungsabsicht. Verschwendung wird dabei als zielloses und unnützes Ausgeben von Geld in einem Maße verstanden, das in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehepartners steht.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede Vermögensminderung als illoyal angesehen wird. Beispielsweise reicht ein großzügiger Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse nicht aus, um als Verschwendung zu gelten. Darüber hinaus muss der Ehepartner, der sein Vermögen gemindert hat, darlegen und beweisen, dass die Vermögensminderung nicht illoyal war. Wenn dieser Beweis nicht gelingt, wird die Vermögensminderung dem Endvermögen hinzugerechnet und unterliegt damit dem Zugewinnausgleich.


Das vorliegende Urteil

AG Kulmbach-  Az.: 001 F 59/18 – Teilbeschluss vom 21.10.2019

1. Die Antragstellerin wird verpflichtet, dem Antragsgegner Auskunft zu erteilen,

a) ob und welche unentgeltlichen Zuwendungen sie im Zeitraum vom 15.11.1975 bis 14.3.2018 vorgenommen hat,

b) ob und inwieweit sie im Zeitraum vom 15.11.1975 bis 14.3.2018 Vermögen verschwendet hat,

c) ob und wenn ja, welche Handlungen sie im Zeitraum vom 15.11.1975 bis 14.3.2018 in der Absicht vorgenommen hat, den Antragsgegner zu benachteiligen.

2. Im Übrigen werden die Auskunftsanträge aus den Antragsschriften vom 7.10.2019 und 21.10.2019 abgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe

I.

Die Beteiligten sind seit verheiratete und seit in Trennung lebende Eheleute. Der Antragsgegner nimmt die Antragstellerin im Wege der Stufenklage auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Da er den Verdacht hegt, dass die Antragstellerin einen ihr während bestehender Ehe überlassenen Geldbetrag von 187.500 € verschwendet und insbesondere für unentgeltliche Leistungen an den gemeinsamen Sohn genutzt hat, begehrt er insbesondere Auskunft über den Verbleib des Geldes.

Er beantragt in der Antragsschrift vom 7.10.2019,

1. die Antragstellerin zu verpflichten, dem Antragsgegner Auskunft über den Verbleib des am 17.4.2008 vorhandenen Guthabens in Höhe von 163.964,63 € auf dem Konto zu erteilen.

2. die Antragstellerin zu verpflichten, dem Antragsgegner Auskunft zu erteilen, in welcher Höhe im Zeitraum vom 14.3.2008 bis 10.12.2015 unentgeltliche Zuwendungen vom Girokonto Nr. an Herrn erfolgt sind.

Nachdem das Gericht darauf hinwies, dass die begehrte Auskunft zum „Verbleib des Geldbetrages“ auf eine nach der obergerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht bestehende Rechnungslegungspflicht hinausläuft, reichte der Antragsgegner eine zusätzliche Antragsschrift vom 21.10.2019 zur Akte.

Danach beantragt er:

Die Antragstellerin wird verpflichtet, dem Antragsgegner Auskunft zu erteilen,

a) welche unentgeltlichen Zuwendungen sie nach dem Tag der Eheschließung vorgenommen hat,

b) ob und inwieweit sie Vermögen verschwendet hat,

c) ob und wenn ja, welche Handlungen sie in der Absicht vorgenommen hat, den Antragsgegner zu benachteiligen.

Die Antragstellerin beantragt, alle Auskunftsanträge abzuweisen.

II.

1. Die Auskunftsanträge sind in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, da der Antragsgegner gem. § 1379 Abs. 1 Satz Nr. 2 BGB von seiner Ehefrau Auskunft über das Vermögen verlangen kann, „soweit“ es für die Berechnung des Endvermögens maßgeblich ist, d.h. insbesondere auch für sog. illoyale Vermögensminderungen gem. § 1375 Abs. 2 BGB.

Zur Auskunftspflicht für sog. illoyale Vermögensminderungen ist zwar noch zusätzlich erforderlich, dass der Auskunftsberechtigte konkrete Tatsachen vorträgt, aus denen sich der Verdacht von benachteiligenden Handlungen ergibt. Dies ist jedoch erfolgt, da der Antragsgegner mehrfach erklärt hat, die Antragsgegnerin habe Schulden des gemeinsamen Sohnes bezahlt, ohne dass die Antragstellerin dies konkret in Abrede gestellt oder eine Gegenleistung benannt hat.

2. Die begehrte Auskunft zu illoyalen Vermögensminderungen war gegenüber den Anträgen auf die Ehezeit zu begrenzen, da für Zeiträume davor und danach nicht ersichtlich ist, wie sich etwaige Handlungen auf das Anfangs- oder Endvermögen ausgewirkt haben könnten.

3. Die Auskunftsanträge im Schriftsatz vom 7.10.2019 waren abzuweisen.

Hinsichtlich des dortigen Antrags Nummer 1 ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, da § 1379 BGB nur zur Auskunft berechtigt, soweit sie für die Berechnung des Endvermögens erforderlich ist. Die mit einer Auskunft zum „Verbleib“ des Geldbetrages eingehende Rechenschaftspflicht geht hingegen über die zur Berechnung des Endvermögens benötigten Umstände hinaus, sofern dadurch andere Handlungen als illoyale Vermögensminderungen verbeauskunftet werden müssten. Auch eine allgemeine Auskunftspficht aus § 1353 BGB und aus einem etwaigen Vermögensverwaltungsvertrag besteht nicht (vgl. den erstinstanzlichen Teilbeschluss des Amtsgerichts Kulmbach im Parallelverfahren 1 F 206/19).

Der Antrag Nummer 2 ist bereits vom allgemeineren Antrag Nr. a) aus dem Schriftsatz vom 21.10.2019 umfasst.

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