AG Dippoldiswalde – Az.: 7 F 232/21 – Beschluss vom 24.03.2022
1. Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 06.12.2021 wird abgeändert und die an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, Rechtsanwalt S., aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt auf 1.252,48 EUR.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Erinnerungsführer als Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers im familiengerichtlichen Umgangsrechtsverfahren wendet sich gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 06.12.2021 und begehrt die Zahlung der Einigungsgebühr gemäß VV Nr. 1003 RVG aufgrund folgender Verfahrenslage:
Im Ergebnis des gerichtlichen Verhandlungstermins vom 09.09.2021 erörterten beide Kindeseltern die Absicht, dem Vorschlag der Vertreterin des Jugendamts entsprechend sich zunächst zum Jugendamt zu begeben mit dem Ziel, eingesteuert gemeinsame Elternberatung in Anspruch zu nehmen, um möglichst schnell begleitete Anbahnungstermine für weitere Umgänge des Antragstellers mit dem Kind zu erhalten. Sodann erklärten die Kindeseltern das Verfahren gegenüber dem Gericht übereinstimmend für erledigt. Das Gericht hat nach kurzer Erörterung mit nachfolgendem Beschluss die Erledigung des Verfahrens festgestellt.
Der Erinnerungsführer meint, dass hierdurch eine Einigungsgebühr anfällt.
II.
Die Erinnerung ist begründet.
Gemäß VV Nr. 1003, 1000 RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den
1. der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird oder
2. die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt wird.
Die Gebühr entsteht nicht, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt.
Der Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (BGH, Beschluss vom 17. September 2008, Az. IV ZB 11/08, wie vom Erinnerungsführer zitiert, m.w. Hinw.). Dabei kommt es nicht auf den Inhalt der Einigung an, namentlich ob mit der Einigung auch materiell eine konkrete Regelung getroffen wurde, insbesondere einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, oder ob lediglich unverbindliche Absichtserklärungen abgegeben wurden. Es kommt allein darauf an, ob mit der Einigung der gerichtliche Streit über das Rechtsverhältnis erledigt wurde.
Für das familiengerichtliche Umgangsverfahren gilt überdies die Besonderheit, dass es sich um ein Amtsverfahren i.S.v. § 24 FamFG handelt, welches nicht durch autonomen Akt der Beteiligten, auch nicht durch Antragsrücknahme oder Erledigungserklärung, sondern nur durch gerichtlichen Beschluss beendet werden kann (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20.03.2015, Az. 10 WF 1/15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.02.2011, Az. 4 UF 13/11). So bedarf selbst eine verfahrenerledigende Vereinbarung der Kindeseltern der familiengerichtlichen Billigung gemäß § 156 Abs. 2 FamFG, welche durch rechtsmittelfähigen Beschluss zu erfolgen hat (BGH, Beschluss vom 10.07.2019, Az. XII ZB 507/18). Gleichwohl entspricht es herrschender Meinung, dass trotz dieses Erfordernisses auch Einigungen in derartigen Amtsverfahren die Einigungsgebühr gemäß VV Nr. 1003 RVG anfallen lassen.
Auch die in der Sitzung am 09.09.2021 erzielte Einigung zwischen den Kindeseltern begründet demnach die Einigungsgebühr. Für die Einigungsgebühr war nicht erforderlich, dass die Kindeseltern sich auf eine konkrete Umgangsregelung verständigten. Es reichte aus, dass sie sich einig waren, dass eine konkrete Umgangsregelung zum damaligen Zeitpunkt untunlich war und dass sie mit Hilfe von Jugendamt und Beratungsstelle weitere Umgänge herbeiführen wollten. Der gerichtshängige Streit über das Umgangsverhältnis war damit beseitigt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 RVG.