Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Elternunterhalt: Gerichtsurteil klärt Selbstbehalt und Berechnungsmöglichkeiten
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab welchem Einkommen muss ich für meine Eltern Unterhalt zahlen?
- Wie wird der neue Selbstbehalt von 5.500 Euro berechnet?
- Was bedeutet das neue Urteil des OLG München für laufende Unterhaltsforderungen?
- Welche Kosten werden beim neuen Selbstbehalt nicht mehr zusätzlich berücksichtigt?
- Was gilt für die private Altersvorsorge beim neuen Selbstbehalt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Das Urteil befasst sich mit der Frage, welche Kinder zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet sind, insbesondere im Hinblick auf das Angehörigen-Entlastungsgesetz.
- Der Gesetzgeber hat beschlossen, nur noch finanziell starke Kinder zur Finanzierung des Elternunterhalts heranzuziehen.
- Das Gericht betrachtet die genannten Änderungen als relevant für die Festlegung des Selbstbehalts und der finanziellen Leistungsfähigkeit der Unterhaltspflichtigen.
- Der Selbstbehalt wurde unter Berücksichtigung der Lebensstandards auf etwa 5.000 bis 5.500 Euro festgelegt, was dem Nettoeinkommen eines Jahreseinkommens von 100.000 Euro entspricht.
- Das Urteil des Amtsgerichts, den Antrag des Sozialhilfeträgers gegen den unterhaltspflichtigen Antragsgegner abzulehnen, wurde bestätigt.
- Der Antragsgegner wurde nicht als leistungsfähig beurteilt, da sein Einkommen unter dem festgesetzten Selbstbehalt liegt.
- Das Gericht erkannte die geltend gemachten Altersvorsorgeaufwendungen und Sparraten des Antragsgegners nicht an.
- Die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wurde verneint, da der Anspruch fristgerecht geltend gemacht wurde.
- Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Berechnung des Selbstbehalts und die Verpflichtungen von Kindern beim Elternunterhalt.
- Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, da die Thematik grundsätzliche Bedeutung hat und keine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt.
Elternunterhalt: Gerichtsurteil klärt Selbstbehalt und Berechnungsmöglichkeiten
Die Frage des Elternunterhalts betrifft viele Familien und wirft häufig rechtliche und emotionale Herausforderungen auf. Unterhaltspflichten gegenüber Eltern können sich aus der finanziellen Belastung durch Pflegekosten oder den Lebenshaltungskosten ergeben. Zentrale Aspekte sind dabei der Selbstbehalt, der jedem Unterhaltspflichtigen zusteht, und die Berechnung des Unterhaltsanspruchs, der auch das Vermögen der Eltern berücksichtigt. Ein angemessener Selbstbehalt sichert, dass Pflichtige nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten, während gleichzeitig die Ansprüche auf Elternunterhalt gewahrt bleiben.
Im Rahmen der aktuellen sozialrechtlichen Aspekte und der rechtlichen Grundlagen des Unterhaltsrechts ist die Höhe des Selbstbehalts entscheidend. Hierbei spielen auch aktuelle Gerichtsurteile eine Rolle, die Klarheit über die Berechnung und mögliche Unterhaltserhöhungen schaffen. Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall betrachtet, der diese Fragen im Detail beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Neuer Selbstbehalt beim Elternunterhalt: 5.500 Euro monatlich nach OLG München
Das Oberlandesgericht München hat in einem wegweisenden Beschluss die Höhe des Selbstbehalts beim Elternunterhalt unter Berücksichtigung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes neu festgelegt.

Nach dem Urteil vom 6. März 2024 liegt der angemessene Selbstbehalt für unterhaltspflichtige Kinder bei 5.500 Euro monatlich.
Sozialhilfeträger scheitert mit Unterhaltsklage
Der Fall betraf einen Sohn, dessen psychisch kranke Mutter Sozialhilfeleistungen bezog. Der zuständige Sozialhilfeträger forderte für den Zeitraum August 2020 bis Dezember 2021 Elternunterhalt in Höhe von 8.517 Euro. Der Sohn erzielte in diesem Zeitraum ein monatliches Nettoeinkommen von rund 5.300 Euro.
Grundlegende Neuausrichtung des Elternunterhalts
Das Gericht führte aus, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, nur noch Kinder mit einem Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro zum Elternunterhalt heranzuziehen, sich auch auf die Bemessung des Selbstbehalts auswirken müsse. Der neue Selbstbehalt von 5.500 Euro entspreche dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen bei einem Bruttogehalt von 100.000 Euro.
Vereinfachte Berechnung ohne Zusatzprüfungen
Das OLG München entschied zudem, dass bei diesem erhöhten Selbstbehalt keine weiteren Faktoren wie Kreditraten, Wohnkosten oder Aufwendungen für Besuchsfahrten mehr berücksichtigt werden müssen. Eine Ausnahme bildet lediglich die private Altersvorsorge, da diese angesichts der „Schwäche des gesetzlichen Rentenversicherungssystems“ als notwendig erachtet wird.
Bindende Wirkung für die Rechtsprechung
Das Gericht stellte klar, dass die noch vor dem Angehörigen-Entlastungsgesetz erfolgte Festsetzung der Selbstbehaltssätze durch die Leitlinienkonferenz der Oberlandesgerichte keine Bindende Wirkung mehr hat. Die bisherigen Leitlinien der Oberlandesgerichte, die teilweise einen Selbstbehalt von 2.500 Euro vorsehen, seien nicht mehr maßgeblich.
Im konkreten Fall wurde die Beschwerde des Sozialhilfeträgers zurückgewiesen, da das Nettoeinkommen des Sohnes unter dem neu festgesetzten Selbstbehalt lag. Das OLG München hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, da zur Frage der Höhe des angemessenen Selbstbehalts nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz noch keine obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG München hat den Selbstbehalt beim Elternunterhalt deutlich auf 5.500 Euro monatlich angehoben. Dies bedeutet eine grundlegende Neuausrichtung der Rechtsprechung zum Elternunterhalt nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz. Nur wer über dieser Einkommensgrenze liegt, muss überhaupt Elternunterhalt zahlen – dabei werden zusätzliche Belastungen wie Miete oder Kreditraten nicht mehr berücksichtigt. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben, da sie erstmals konkrete Zahlen für den erhöhten Selbstbehalt nach dem neuen Gesetz festlegt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie weniger als 5.500 Euro netto im Monat verdienen, müssen Sie keinen Unterhalt für Ihre Eltern zahlen – auch dann nicht, wenn das Sozialamt Sie dazu auffordert. Bei der Berechnung zählt nur Ihr Nettoeinkommen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung. Ihre tatsächlichen Lebenshaltungskosten wie Miete oder Kredite spielen dabei keine Rolle mehr. Nur wenn Sie mehr als 5.500 Euro netto verdienen, können Sie zum Elternunterhalt herangezogen werden. Diese klare Grenze gibt Ihnen Rechtssicherheit und schützt Sie vor finanzieller Überforderung durch Unterhaltszahlungen.
Benötigen Sie Hilfe?
Wenn Sie vom Sozialamt eine Aufforderung zur Auskunft über Ihre Einkommensverhältnisse erhalten haben, stehen Sie vor wichtigen rechtlichen Entscheidungen. Wir analysieren Ihre individuelle Situation unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung zum erhöhten Selbstbehalt von 5.500 Euro und entwickeln mit Ihnen eine rechtssichere Strategie. Unsere erfahrenen Anwälte stehen Ihnen bei der korrekten Berechnung Ihrer Unterhaltspflicht zur Seite und wahren Ihre Interessen gegenüber den Behörden. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab welchem Einkommen muss ich für meine Eltern Unterhalt zahlen?
Sie müssen für Ihre Eltern erst dann Unterhalt zahlen, wenn Ihr jährliches Bruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Diese Grenze gilt seit dem 1. Januar 2020 durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz.
Berechnung des relevanten Einkommens
Bei der Prüfung wird ausschließlich Ihr eigenes Einkommen berücksichtigt. Selbst wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Ehepartner die 100.000-Euro-Grenze überschreiten, sind Sie nicht unterhaltspflichtig, solange Ihr individuelles Einkommen darunter bleibt. Bei Selbstständigen wird der Durchschnitt der letzten drei Jahre als Berechnungsgrundlage herangezogen.
Berücksichtigung des Selbstbehalts
Liegt Ihr Einkommen über der 100.000-Euro-Grenze, wird Ihnen ein monatlicher Selbstbehalt von mindestens 2.000 Euro zugestanden. Für Ihren Ehepartner werden zusätzlich 1.600 Euro angerechnet. Von dem darüber hinausgehenden Einkommen verbleibt etwa die Hälfte bei Ihnen.
Einkommensarten und Ausnahmen
Zum relevanten Einkommen zählen:
- Bruttolohn aus Beschäftigung
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- Kapitalerträge
- Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld
- Gratifikationen
Das Sozialamt prüft die Unterhaltspflicht nur bei konkreten Anhaltspunkten für ein Einkommen über der Grenze. Ihr vorhandenes Vermögen wie etwa eine selbstgenutzte Immobilie bleibt bei der Prüfung der Unterhaltspflicht unberücksichtigt.
Wie wird der neue Selbstbehalt von 5.500 Euro berechnet?
Das OLG München hat in seiner wegweisenden Entscheidung vom 06.03.2024 den Selbstbehalt beim Elternunterhalt auf 5.500 Euro festgelegt. Diese Berechnung basiert auf mehreren rechtlichen Grundlagen:
Grundlage der Berechnung
Der neue Selbstbehalt orientiert sich am durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen, das mit einem Gesamtbruttoeinkommen von 100.000 Euro erzielbar ist. Diese Berechnungsweise folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ehegattenunterhalt, wonach bei Einkommen bis zu dieser Höhe von einem vollständigen Verbrauch für den Lebensunterhalt ausgegangen wird.
Zusammensetzung des Selbstbehalts
Der Selbstbehalt von 5.500 Euro setzt sich aus dem Grundbedarf und verschiedenen weiteren Komponenten zusammen:
- Grundbedarf für den allgemeinen Lebensunterhalt
- Wohnkosten einschließlich Nebenkosten
- Vorsorgeaufwendungen
- Krankenversicherung und sonstige Versicherungen
Besonderheiten der Berechnung
Bei der Berechnung des neuen Selbstbehalts gilt:
- Eine Erhöhung um die Hälfte des den Selbstbehalt übersteigenden Einkommens findet nicht mehr statt
- Zusätzliche Altersvorsorgeaufwendungen können berücksichtigt werden, soweit deren Rahmen noch nicht ausgeschöpft ist
- Über die gesetzlichen Abzüge hinausgehende weitere Abzugsposten werden grundsätzlich nicht mehr akzeptiert
Wenn Sie verheiratet sind, erhöht sich der Selbstbehalt entsprechend um den Anteil für den Ehepartner. Der neue Selbstbehalt von 5.500 Euro gilt zunächst für Alleinstehende.
Was bedeutet das neue Urteil des OLG München für laufende Unterhaltsforderungen?
Das OLG München hat mit seinem Beschluss vom 6. März 2024 den Selbstbehalt für unterhaltspflichtige Kinder deutlich auf 5.500 Euro monatlich erhöht. Diese neue Rechtsprechung wirkt sich unmittelbar auf bestehende Unterhaltsforderungen aus.
Auswirkungen auf bestehende Zahlungsverpflichtungen
Wenn Sie bisher Elternunterhalt zahlen, können Sie eine Neuberechnung Ihrer Unterhaltspflicht verlangen. Der bisherige Selbstbehalt von 2.000 Euro für Alleinstehende und 3.600 Euro für Verheiratete ist durch die neue Rechtsprechung überholt.
Konkrete Berechnungsweise
Der neue Selbstbehalt wird nun pauschal angesetzt. Dabei müssen keine weiteren Abzüge wie Kreditraten, Wohnkosten oder Besuchsfahrten mehr nachgewiesen werden. Lediglich die private Altersvorsorge kann zusätzlich als Abzugsposten geltend gemacht werden.
Zeitliche Geltung
Die neue Berechnung gilt nicht nur für neue Fälle, sondern kann auch auf laufende Unterhaltszahlungen angewendet werden. Wenn Ihr monatliches Nettoeinkommen unter 5.500 Euro liegt, entfällt Ihre Unterhaltspflicht komplett. Bei Verheirateten kann sich der Selbstbehalt sogar auf bis zu 9.000 Euro monatlich erhöhen.
Welche Kosten werden beim neuen Selbstbehalt nicht mehr zusätzlich berücksichtigt?
Angesichts des deutlich erhöhten pauschalen Selbstbehalts von 5.500 Euro monatlich werden verschiedene früher übliche Kostenpositionen nicht mehr zusätzlich berücksichtigt.
Nicht mehr berücksichtigungsfähige Kosten
Bei der Berechnung des unterhaltsrechtlichen Einkommens werden folgende Positionen nicht mehr als zusätzliche Abzugsposten anerkannt:
- Kreditraten
- Wohnvorteile
- Tatsächliche Mietbelastungen
- Aufwendungen für Besuchsfahrten
- Hausrats- und Haftpflichtversicherungen
- Rundfunkgebühren
Begründung der Nichtberücksichtigung
Das OLG München argumentiert, dass es dem Unterhaltspflichtigen aufgrund des großzügigen Selbstbehalts zuzumuten ist, seinen Lebenszuschnitt auf das Niveau dieses Selbstbehalts einzustellen. Eine weitere Kontrolle der Verwendung des Eigenbedarfs ist nicht mehr erforderlich.
Ausnahme für die Altersvorsorge
Eine wichtige Ausnahme bildet die zusätzliche Altersvorsorge. Aufwendungen für Lebensversicherungen und andere Finanzprodukte zur Alterssicherung werden weiterhin als abzugsfähig anerkannt. Dies gilt insbesondere, da die gesetzliche Rentenversicherung oft nicht ausreicht und eine private Vorsorge notwendig ist.
Was gilt für die private Altersvorsorge beim neuen Selbstbehalt?
Die private Altersvorsorge wird beim Elternunterhalt als wichtiger Bestandteil des Selbstbehalts berücksichtigt. Für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte können Sie neben der gesetzlichen Rentenversicherung zusätzlich 5 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens für die private Altersvorsorge vom unterhaltsrelevanten Einkommen abziehen.
Bei nicht sozialversicherungspflichtigem Einkommen können Sie 25 Prozent dieser Einkünfte für die Altersvorsorge aufwenden. Selbstständige dürfen grundsätzlich bis zu 24 Prozent ihrer Bruttoeinkünfte des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge geltend machen.
Wichtige Voraussetzungen für die Anerkennung
Die Altersvorsorgeaufwendungen müssen tatsächlich erbracht werden. Ein fiktiver Abzug von nicht geleisteten Beiträgen ist nicht möglich. Die Form der Altersvorsorge ist dabei frei wählbar. Sie können die Vorsorge durch:
- Rentenversicherungen
- Sparguthaben
- Immobilien
- Wertpapiere oder Fonds
- Riester- oder Rürup-Verträge
aufbauen.
Besondere Regelungen
Bei Störungen in der Versorgungsbiografie, etwa durch Versorgungsausgleich nach einer Scheidung oder Lücken im Aufbau der Altersvorsorge, können im Einzelfall auch höhere Beträge für die Altersvorsorge anerkannt werden.
Die Kapitalerträge und Sparprämien aus der Altersvorsorge werden nicht als Einkommen beim Elternunterhalt berücksichtigt. Für den nicht unterhaltspflichtigen Ehegatten (Schwiegerkind) gelten keine Begrenzungen bei der Altersvorsorge, solange die Verwendung nicht objektiv unvernünftig erscheint.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Elternunterhalt
Elternunterhalt ist eine gesetzliche Pflicht, bei der erwachsene Kinder für den Unterhalt ihrer bedürftigen Eltern aufkommen müssen, wenn diese ihre Pflege- oder Lebenshaltungskosten nicht selbst tragen können. Diese Unterhaltspflicht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 1601 ff., geregelt. Ein Beispiel: Wenn eine Mutter in einem Pflegeheim lebt und ihre Rente sowie eventuell vorhandenes Vermögen nicht ausreichen, um die Pflegekosten zu decken, können die Kinder unter Umständen verpflichtet sein, finanziell einzuspringen. Die Höhe des Unterhalts hängt vom Einkommen und Vermögen der Kinder sowie von der Bedürftigkeit der Eltern ab.
Selbstbehalt
Der Selbstbehalt ist der Betrag des Einkommens, den unterhaltspflichtige Personen für sich selbst behalten dürfen, bevor sie Unterhalt zahlen müssen. Dieser Betrag soll sicherstellen, dass die unterhaltspflichtige Person nicht in finanzielle Bedrängnis gerät. Im Kontext des Elternunterhalts bezifferte das Oberlandesgericht München den Selbstbehalt aktuell bei 5.500 Euro monatlich. Relevant ist dabei das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das diesen Betrag beeinflusst. Beispielsweise könnte ein Sohn, der netto 5.300 Euro verdient, nach diesem Maßstab keinen Elternunterhalt zahlen müssen, da sein Einkommen unterhalb des Selbstbehalts liegt.
Sozialhilfeträger
Ein Sozialhilfeträger ist eine öffentliche Einrichtung, die Sozialhilfeleistungen an Bedürftige gewährt. Wenn jemand nicht genug Einkommen oder Vermögen hat, um Lebenshaltungskosten oder Pflegekosten zu decken, übernimmt der Sozialhilfeträger die Kosten zunächst. Er kann jedoch von unterhaltspflichtigen Angehörigen – wie im Fall des Elternunterhalts – einen Teil der gezahlten Leistungen zurückfordern. Eine beispielhafte Situation ist, wenn ein Sozialhilfeträger die Pflegekosten für eine Mutter übernimmt und anschließend versucht, diese Kosten von ihrem Sohn zurückzuerhalten, sofern dieser leistungsfähig ist.
Angehörigen-Entlastungsgesetz
Das Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde eingeführt, um die finanzielle Verantwortung von Kindern für ihre bedürftigen Eltern zu begrenzen. Es regelt, dass Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 Euro zum Elternunterhalt herangezogen werden können. Dieses Gesetz wirkt sich direkt auf die Berechnung des Selbstbehalts aus und entlastet Kinder mit geringeren Einkommen. Zum Beispiel: Wenn ein Sohn ein Jahresbruttoeinkommen von 95.000 Euro hat, wäre er durch dieses Gesetz von der Pflicht befreit, Elternunterhalt zu zahlen.
Rechtsbeschwerde
Eine Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel, das es ermöglicht, ein Urteil oder einen Beschluss einer niedrigeren Instanz durch ein höheres Gericht überprüfen zu lassen. Sie wird angewandt, um Fehler im rechtlichen Verfahren oder in der Gesetzesanwendung zu korrigieren. Im Kontext des Textes hat das Oberlandesgericht München die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, um eine endgültige Klärung zur Höhe des Selbstbehalts nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz zu erwirken. Dies bedeutet, dass die Entscheidung noch nicht endgültig ist und möglicherweise revidiert wird.
Jahresseinkommen über 100.000 Euro
Im Rahmen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes ist dieser Schwellenwert entscheidend. Nur Kinder mit einem Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro sind verpflichtet, Elternunterhalt zu leisten. Dies entlastet Kinder mit weniger Einkommen von der Verpflichtung, die Pflege- oder Lebenshaltungskosten ihrer Eltern zu tragen. Beispielsweise: Ein Sohn, der ein Jahreseinkommen von 105.000 Euro erzielt, könnte verpflichtet sein, einen Teil der Pflegekosten seiner Eltern zu übernehmen, während ein Sohn mit 95.000 Euro vom Unterhalt befreit wäre.
Bindende Wirkung
Bindende Wirkung bezieht sich auf die Verbindlichkeit einer Entscheidung oder Regelung, die von anderen Instanzen eingehalten werden muss. Im Text wird erklärt, dass die früheren Selbstbehaltssätze der Oberlandesgerichte durch die Entscheidung des OLG München ihre Bindungskraft verloren haben. Das bedeutet, dass die Gerichte sich nicht mehr zwingend an diese alten Leitlinien halten müssen. In der Praxis heißt das, dass der neue Selbstbehalt von 5.500 Euro anstelle der vorherigen Leitlinien angewendet wird.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1601 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Unterhaltspflicht von Verwandten, insbesondere zwischen Eltern und Kindern. Er beschreibt die grundsätzliche Verpflichtung, im Bedarfsfall für den Unterhalt des anderen zu sorgen. Im vorliegenden Fall ist dies relevant, da der Antragsteller als überörtlicher Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Elternunterhalt geltend macht, der auf den Regelungen des BGB basiert.
- § 94 Abs. 1 SGB XII (Sozialgesetzbuch): Nach diesem Absatz geht der Anspruch auf Elternunterhalt auf den Sozialhilfeträger über, wenn dieser Sozialhilfeleistungen für den Bedarf des Unterhaltspflichtigen erbracht hat. Dieser rechtliche Übergang ist entscheidend für den Antragsteller, da er durch die Auszahlung von Sozialhilfe an die Mutter des Antragsgegners selbst in eine Position des Unterhaltsanspruchs eintritt.
- Angehörigen-Entlastungsgesetz: Dieses Gesetz hat zum Ziel, die finanzielle Belastung von Kindern zu reduzieren, die für den Elternunterhalt aufkommen sollen. Es hat maßgeblichen Einfluss auf die Berechnung des Selbstbehalts, was im Fall des Antragstellers entscheidend ist, um zu bestimmen, ab wann ein Kind tatsächlich unterhaltsverpflichtet ist. Insbesondere wird hier die Frage aufgeworfen, welcher Betrag als Selbstbehalt zu berücksichtigen ist.
- Leitlinien zur Unterhaltsberechnung der Oberlandesgerichte: Diese Leitlinien geben Orientierung zur Bemessung des Selbstbehalts, der maßgeblich für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist. Im vorliegenden Fall wurde der Selbstbehalt auf 5.000 € festgelegt, was bedeutet, dass der Antragsgegner unter diesen Bedingungen keine Unterhaltspflicht hat, da sein Einkommen ohnehin unter diesem Betrag liegt.
- Rechtsmittel (Zulassung der Rechtsbeschwerde): Die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss zeigt, dass die Entscheidung rechtlich nicht abschließend ist und weitere rechtliche Prüfungen stattfinden können. Dies könnte für den Antragsteller von Bedeutung sein, da er trotz der Zurückweisung seiner ersten Beschwerde weiterhin über die Möglichkeit verfügt, das Urteil anzugreifen, um zu seinem Ziel zu gelangen, den Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt zu verpflichten.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 2 UF 1201/23 e – Beschluss vom 06.03.2024
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