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Enkelkind – Voraussetzungen des Umgangsrechts der Großeltern

Großeltern kämpfen um Umgangsrecht mit Enkelkindern

In einem komplizierten juristischen Fall haben die Großeltern mütterlicherseits um ihr Umgangsrecht mit ihren beiden Enkelkindern gekämpft. Die Enkelkinder leben seit der Trennung ihrer Eltern im Jahr 2019 bei dem Antragsgegner, dem Kindesvater. Dieser wurde die elterliche Sorge für die Kinder übertragen, da die Kindesmutter wegen psychischer Probleme und Drogenkonsum nicht erziehungsfähig war. Seit Anfang 2021 verweigert der Antragsgegner den Antragstellern, den Großeltern, den Umgang mit den Kindern.

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Vorwürfe gegen den Kindesvater

Die Großeltern hegen erhebliche Vorbehalte gegenüber dem Kindesvater und werfen ihm aggressives Verhalten und mögliche Kindeswohlgefährdungen vor. Sie haben bereits mehrmals beim Jugendamt interveniert und halten die Erziehungsmethoden des Kindesvaters für menschenunwürdig. Im aktuellen Verfahren beantragen sie ein Umgangsrecht mit den betroffenen Kindern alle drei Wochen von Freitag bis Sonntag sowie eine Woche Umgang in den Sommer- und Herbstferien. Der Antragsgegner, also der Kindesvater, hat die Zurückweisung des Antrages gefordert.

Entscheidung des Amtsgerichts

Das zuständige Amtsgericht Oranienburg hat den Antrag der Großeltern auf Umgang zurückgewiesen und entschieden, dass die Umgangskontakte der Großeltern mit den Kindern nicht kindeswohlförderlich seien. Die Großeltern haben daraufhin Beschwerde eingelegt und werfen dem Amtsgericht vor, gegen seine Amtsermittlungspflicht verstoßen zu haben, indem es kein lösungsorientiertes familienpsychologisches Gutachten eingeholt hat.

Argumente der Großeltern in der Beschwerde

Die Großeltern argumentieren, dass ihre Enkelkinder gefestigte Bindungen zu ihnen hätten und die Umgangskontakte daher zum Wohl der Kinder beitragen würden. Zudem habe sich der Enkelsohn bei seiner Anhörung für die Kontakte ausgesprochen. Ein Loyalitätskonflikt der Kinder sei ihrer Meinung nach bei Wiederaufnahme des Umgangs nicht zu erwarten, da erhebliche Spannungen zwischen dem Antragsgegner und den Antragstellern bereits zu Zeiten bestanden hätten, in denen der Umgang stattgefunden habe.

Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Beschwerde der Antragsteller, also der Großeltern, jedoch zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens müssen von den Antragstellern getragen werden. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Somit bleibt es dabei, dass die Großeltern kein Umgangsrecht mit ihren Enkelkindern erhalten.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 9 UF 188/21 – Beschluss vom 17.12.2021

1. Die Beschwerde der Antragsteller vom 18.10.2021, gerichtet gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg (Aktz. 32 F 29/21) vom 16.09.2021, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.

3. Der Beschwerdewert beträgt 4.000 €.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind die Großeltern mütterlicherseits der minderjährigen betroffenen Kinder (B), geboren am ….2015, und (A), geboren am ….2012. Die betroffenen Kinder leben seit der Trennung ihrer Eltern (Juli 2019) bei dem Antragsgegner. Diesem wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 14.08.2019 (Aktz. 36 F 205/19) im Wege einstweiliger Anordnung die elterliche Sorge für die betroffenen Kinder übertragen, da die Kindesmutter wegen psychischer Probleme und Drogenkonsum nicht erziehungsfähig war. Seitdem hatten die Antragsteller regelmäßigen Kontakt zu ihren Enkeln an jedem zweiten bzw. in 2020 an jedem dritten Wochenende. Seit Anfang 2021 verweigert der Antragsgegner den Antragstellern den Umgang.

Enkelkind - Voraussetzungen des Umgangsrechts der Großeltern
(Symbolfoto: stockbroker/123RF.COM)

Die Antragsteller hegen erhebliche Vorbehalte gegenüber dem Antragsgegner als einen pflichtbewussten Vater. Sie haben bereits während der stattgefunden Umgänge mehrfach beim Jugendamt wegen vermeintlicher Kindeswohlgefährdungen seitens des Kindesvaters vorgesprochen, letztmalig am 03.01.2021 (vgl. das Schreiben Bl. 154 ff.). Sie werfen dem Kindesvater aggressives Verhalten mit daraus folgendem auffälligen Verhalten seitens der Kinder vor. Die von ihnen behaupteten Erziehungshandlungen des Antragsgegners lehnen sie als menschenunwürdig ab.

Mit dem vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller ein Umgangsrecht mit den betroffenen Kindern alle drei Wochen von Freitag bis Sonntag sowie eine Woche Umgang in den Sommer- und Herbstferien. Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrages begehrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (dort unter I.) Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Oranienburg den Antrag zurückgewiesen und dabei festgestellt, dass die Umgangskontakte der Antragsteller mit den Kindern nicht kindeswohlförderlich seien; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (dort unter II.) Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, mit denen sie weiterhin ihr Umgangsrecht in Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verfolgen. Dafür vertreten sie die Ansicht, das Amtsgericht habe gegen seine Amtsermittlungspflicht verstoßen, indem es kein zur weiteren Aufklärung dienendes lösungsorientiertes familienpsychologisches Gutachtens eingeholt habe. Zudem seien gefestigte Bindungen der Enkel mit Ihnen vorhanden, zumal sich der Enkelsohn bei seiner Anhörung für die Kontakte ausgesprochen habe. Ein durch das Amtsgericht zugrunde gelegter starker Loyalitätskonflikt der Kinder sei bei Wiederaufnahme des Umgangs nicht zu erwarten, da die erheblichen Spannungen zwischen dem Antragsgegner und den Antragstellern bereits zu Zeiten, in denen der Umgang stattgefunden habe, bestanden hätten.

Der Kindesvater tritt in Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens der Gewährung von Umgang weiterhin entgegen und begehrt insoweit die Zurückweisung der Beschwerde.

Mit Beschluss vom 25.11.2021 ist die Beschwerde dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Verfahrensbeistand und Jugendamt haben innerhalb der Beschwerde schriftlich Stellung genommen.

II.

Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Der Senat schließt sich dabei vollumfänglich den Ausführungen des Amtsgerichtes in der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass eine Kindeswohldienlichkeit für einen Umgang der betroffenen Kinder mit den Antragstellern derzeit nicht festgestellt werden kann, an.

1.

Gemäß § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit ihrem Enkelkind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Es muss daher positiv festgestellt werden, dass die Gewährung des Umgangs dem Kindeswohl förderlich ist (BGH FamRZ 2017, 1668). Anders als im Falle der Kindeseltern, denen im Grundsatz stets ein Umgangsrecht gemäß § 1684 Abs. 1 BGB mit ihrem Kind zusteht, bestehen Umgangsrechte der Großeltern nur unter einschränkenden Voraussetzungen. Es muss feststehen, dass der Umgang für die Entwicklung des Kindes und sein Wohl unter Berücksichtigung der gesamten Lebenssituation des Kindes, aller seelischen, körperlichen und erzieherischen Aspekte sowie seiner vorhandenen Bindungen an den Umgang verlangende Personen dienlich ist (Brandenburgisches OLG v. 08.06.2020 – 13 UF 182/19, juris).

Der Umgang der Großeltern mit dem Kind dient regelmäßig nicht seinem Wohl, wenn die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete (BGH FamRZ 2017, 1668; OLG Saarbrücken NZFam 2017, 671; Brandenburgisches OLG FamRZ 2016, 1092). Der Erziehungsvorrang ist von Verfassungswegen den Eltern zugewiesen. Missachten die Großeltern diesen, lässt dies ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 1 BGB als nicht kindeswohldienlich erscheinen. Das Umgangsrecht der Großeltern nach § 1685 BGB hängt daher davon ab, dass die Großeltern den grundsätzlichen Erziehungsvorrang des sorgeberechtigten Elternteils akzeptieren (Senat JAmt 2011, 419). Bereits wenn zu befürchten ist, dass die Großeltern diesen Erziehungsvorrang missachten, lässt dies ihren Umgang mit dem Kind ebenfalls als nicht kindeswohldienlich erscheinen (BGH FamRZ 2017, 1668; OLG Frankfurt NZFam 2021, 748).

2.

Unter Beachtung der vorangestellten Ausführungen kann nicht festgestellt werden, dass ein Umgangsrecht hier gemäß § 1685 BGB anzuordnen ist.

a.

Es ist unstreitig, dass die Antragsteller den Antragsgegner in seiner Rolle als Vater deutlich ablehnen bis hin herabwürdigen; erhebliche Spannungen sind auch durch die Antragsteller ausdrücklich eingeräumt worden. Bereits aus diesem Grunde kommt ein großelterliches Umgangsrecht nach derzeitigem Stand nicht in Betracht.

Dies gilt erst recht – obgleich es hierauf nicht einmal entscheidend ankommt –, weil die Spannungen mindestens auch dem Verhalten der Antragsteller anzulasten sind. Diese haben trotz der seitens des Antragsgegners ursprünglich gewährten Umgänge mehrmals beim Jugendamt wegen Kindeswohlgefährdungen vorgesprochen, was unstreitig ist. Der Inhalt ihrer letzten Gefährdungsanzeige (Bl. 154 ff.) lässt deutlich eine herabwürdigende Einstellung der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner erkennen: Sie werfen ihm kindesunangemessenes Verhalten bis hin zu menschenunwürdiger Erziehungsmethoden vor, ohne dass dies bislang von neutraler Seite verifiziert werden konnte; ferner werfen sie dem Antragsgegner Manipulationen der Kinder bzw. seines Umfeldes vor und behaupten, dass die betroffenen Kinder Liebe allein von den Antragstellern erhalten würden. Letztendlich stellen die Antragsteller dabei auch die derzeitige Rechtslage – alleiniges Sorgerecht des Antragsgegners, Entzug der elterlichen Sorge zulasten ihrer Tochter – in Frage, wenn sie äußern, dass sie keine angeblich von der Kindesmutter ausgehende Gefahr für die Kinder sehen (wohl aber eine solche vom Antragsgegner).

b.

Es ist im Übrigen auch nicht zu erwarten, dass die Antragsteller das alleinige väterliche Sorgerecht und seinen daraus folgenden Erziehungsvorrang überhaupt respektieren würden. Denn dass der Antragsgegner derzeitig Kontakten der betroffenen Kinder mit der Kindesmutter erheblich distanziert gegenüber steht, ist den Antragstellern bekannt. Weihnachten 2021 ist diese dem Antragsgegner zustehende Entscheidungskompetenz aber jedenfalls dergestalt auf kaltem Wege durch die Antragsteller außer Kraft gesetzt worden, als sie ihrer Tochter – mag diese auch unangemeldet erschienen sein – ohne weiteres den längeren Kontakt zu den betroffenen Kindern trotz des bekanntermaßen entgegenstehenden Willens des Antragsgegners ermöglicht haben. Solchen Kontakten steht auch im Übrigen die Familienhilfe erheblich kritisch gegenüber. In keiner Weise lassen aber die Antragsteller erkennen, dass sie das hierbei notwendige Verständnis für das schwierige Verhältnis zwischen den Kindeseltern oder eben auch die bestehende Rechtslage akzeptieren.

Demgemäß haben sich auch Verfahrensbeistand und Jugendamt ausdrücklich gegen die Gewährung großelterlichen Umgangs nach derzeitigem Stand ausgesprochen. Aus den entsprechenden Berichten geht das deutlich angespannte Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner ebenso hervor. Letztendlich wird dies auch durch die Anhörung der betroffenen Kinder bestätigt (Bl. 88 d.A.).

c.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Enkelsohn sich bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht für ein Wiedersehen mit den Antragstellern ausgesprochen hat. Dabei kann auch angesichts der Anhörung von …. festgestellt werden, dass durchaus tragfähige Bindungen des betroffenen Kindes zu den Großeltern bestehen.

Zwar ist auch bei der Entscheidung nach § 1685 BGB im Grundsatz der kindliche Wille zu berücksichtigen. Vorliegend kann dem aber schon deshalb nicht gefolgt werden, weil ein derart gravierendes und den Antragstellern (mit)anzulastendes Spannungsverhältnis zwischen den hier Beteiligten besteht, dass ein Loyalitätskonflikt bei den Kindern bereits jetzt deutlich erkennbar ist. Insbesondere ist auch (B) das sehr gespannte Verhältnis der Beteiligten bekannt; die betroffene Tochter hat dagegen den Kontakt zu den Antragstellern sogar abgelehnt. Allein der Umstand, dass der Umgang in der Vergangenheit trotz der Spannungen stattfand, kann eine Kindeswohldienlichkeit, die für zukünftige Kontakte positiv feststehen muss, nicht rechtfertigen.

Die seitens der Antragsteller im Rahmen der Beschwerdebegründung in Erwägung gezogenen begleiteten Umgänge scheiden hier schon deshalb aus, weil es nicht um eine Kindeswohlgefährdung seitens der Antragsteller für den hier nach 1685 BGB infrage stehenden Umgang geht. Ebenso wenig kommt die Einholung eines Gutachtens angesichts dessen, dass die erheblichen Spannungen zwischen den Beteiligten hier unstreitig und streitentscheidend sind, in Betracht. Die Ausführungen zu einem Amtsermittlungsverstoß verkennen die hier gegebene Sach- und Rechtslage.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 84 FamFG, 40, 45 FamGKG.

Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Von einer erneuten Durchführung der mündlichen Verhandlung war abzusehen, da die Beteiligten erstinstanzlich ordnungsgemäß angehört wurden und neue Erkenntnis von einer Wiederholung nicht zu erwarten sind, weshalb gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG schriftlich zu entscheiden war. Eines vorherigen Hinweises darauf bedarf es nicht (BGH FamRZ 2017, 1668).

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