Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Kindesunterhalt: OLG Oldenburg stärkt Auskunftsrecht des Enkels gegen Großeltern
- Hintergrund des Falls: Vater zahlt nur geringen Unterhalt
- Das Verfahren: Vom Auskunftsverlangen zur Klageabweisung
- Die Position der Großeltern
- Entscheidung des Amtsgerichts Nordhorn: Antrag abgewiesen
- Die Beschwerde beim OLG Oldenburg: Neuer Antrag und neue Fakten
- Die Entscheidung des OLG Oldenburg: Auskunftspflicht besteht
- Zurückverweisung an das Amtsgericht
- Bedeutung der Entscheidung für Betroffene
- Ausblick: Prüfung der Unterhaltspflicht steht noch aus
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann haften Großeltern überhaupt für den Unterhalt meiner Kinder?
- Was bedeutet „Auskunftsanspruch“ genau und welche Informationen können von den Großeltern verlangt werden?
- Wie gehe ich vor, um den Auskunftsanspruch gegen die Großeltern geltend zu machen?
- Welche Rolle spielt das Einkommen der Mutter/des Vaters bei der Unterhaltspflicht der Großeltern?
- Was kann ich tun, wenn die Großeltern die Auskunft verweigern oder falsche Angaben machen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 13 UF 85/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Oldenburg
- Datum: 16.12.2021
- Aktenzeichen: 13 UF 85/21
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren in einer Familiensache (Unterhalt)
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Unterhaltsrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragsteller: Der Enkel, der Unterhalt von seinen Großeltern fordert, da sein Vater nur einen geringen Teil des geschuldeten Unterhalts zahlt. Er lebt bei seiner Mutter.
- Antragsgegner: Die Großeltern väterlicherseits, die vom Enkel auf Auskunft und Unterhaltszahlung in Anspruch genommen werden. Sie waren der Ansicht, keine Auskunft erteilen zu müssen.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Enkel forderte von seinen Großeltern väterlicherseits Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie anschließend Unterhaltszahlung. Sein Vater zahlt trotz eines Gerichtsbeschlusses nur 30 € monatlich statt des festgelegten Mindestunterhalts. Das Amtsgericht Nordhorn hatte den Antrag des Enkels zunächst abgewiesen. Dagegen legte der Enkel Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg ein.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Großeltern verpflichtet sind, ihrem Enkel Auskunft über ihre finanzielle Situation zu geben, obwohl sie nur nachrangig für den Unterhalt haften (nach dem Vater). Die Großeltern und das Amtsgericht meinten, der Enkel habe nicht ausreichend dargelegt, dass der Vater als vorrangig Unterhaltspflichtiger ausfällt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das OLG Oldenburg änderte die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Großeltern müssen dem Enkel nun Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse für den Zeitraum April 2020 bis März 2021 erteilen (Einkünfte aus Rente, Arbeit, Kapitalvermögen sowie Grund- und Kapitalvermögen). Bezüglich der eigentlichen Unterhaltszahlung wurde die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Nordhorn zurückverwiesen.
- Folgen: Die Großeltern müssen die geforderten finanziellen Auskünfte erteilen. Auf Basis dieser Auskünfte wird das Amtsgericht Nordhorn neu über den Unterhaltsanspruch des Enkels entscheiden. Das Amtsgericht entscheidet auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Entscheidung des OLG ist sofort wirksam.
Der Fall vor Gericht
Streit um Kindesunterhalt: OLG Oldenburg stärkt Auskunftsrecht des Enkels gegen Großeltern

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einem aktuellen Beschluss die Rechte von Enkelkindern gestärkt, von ihren Großeltern Auskunft über deren finanzielle Verhältnisse zu verlangen, wenn der primär unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt. Das Gericht hob eine anderslautende Entscheidung des Amtsgerichts Nordhorn auf und verwies den Fall zur Entscheidung über die eigentliche Unterhaltszahlung zurück.
Hintergrund des Falls: Vater zahlt nur geringen Unterhalt
Im konkreten Fall ging es um einen minderjährigen Jungen, vertreten durch seine Mutter, der Unterhalt von seinen Großeltern väterlicherseits forderte. Für den Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater existierte bereits ein gerichtlicher Beschluss (Titel) über den Mindestunterhalt. Allerdings zahlte der Vater monatlich nur 30 Euro. Der Junge lebt bei seiner Mutter, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht.
Das Verfahren: Vom Auskunftsverlangen zur Klageabweisung
Der Enkel hatte seine Großeltern zunächst im Rahmen eines sogenannten Stufenantrags verklagt. In der ersten Stufe verlangte er Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse. In der zweiten Stufe sollte dann, basierend auf diesen Informationen, der konkrete Unterhaltsbetrag beziffert und eingeklagt werden. Ursprünglich wurden die Großeltern als Gesamtschuldner in Anspruch genommen, was bedeutet hätte, jeder hätte für die gesamte Summe haften können.
Die Position der Großeltern
Die Großeltern wehrten sich gegen die Forderung. Sie argumentierten, sie seien nicht zur Auskunft verpflichtet, da der Enkel nicht ausreichend dargelegt habe, warum die eigentlich zuständigen Eltern (die vorrangig haftenden Unterhaltspflichtigen) nicht für den Unterhalt aufkommen können. Ein Auskunftsanspruch bestehe nur, wenn eine tatsächliche Unterhaltspflicht der Großeltern überhaupt in Betracht komme.
Entscheidung des Amtsgerichts Nordhorn: Antrag abgewiesen
Das Amtsgericht Nordhorn folgte der Argumentation der Großeltern und wies sowohl den Antrag auf Auskunft als auch den (noch unbezifferten) Zahlungsantrag ab. Das Gericht bemängelte, die finanzielle Situation und die Bemühungen der Eltern seien nicht ausreichend dargelegt worden, um eine nachrangige Haftung der Großeltern begründen zu können.
Kritikpunkte des Amtsgerichts
Das Gericht führte an, dass bei der Mutter nicht klar sei, ob sie ihre Teilzeittätigkeit nicht ausweiten könne. Gegenüber nachrangig haftenden Großeltern bestehe für den betreuenden Elternteil grundsätzlich eine Gesteigerte Erwerbsobliegenheit, also die Pflicht, mehr zu arbeiten als vielleicht gegenüber dem anderen Elternteil. Beim Vater sei dessen Leistungsunfähigkeit nicht nachgewiesen. Weder sein Nettoeinkommen noch eventuell anzurechnendes fiktives Einkommen seien bekannt.
Auch sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass die Zwangsvollstreckung gegen den Vater „erheblich erschwert“ sei, was ebenfalls eine Haftung der Großeltern auslösen könnte. Der Hinweis auf „mühsame Vollstreckungsversuche“ reiche nicht aus.
Die Beschwerde beim OLG Oldenburg: Neuer Antrag und neue Fakten
Der Enkel legte gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde beim OLG Oldenburg ein. Er verfolgte sein Ziel weiter, änderte seinen Antrag jedoch dahingehend, die Großeltern nur noch als Teilschuldner in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet, jeder Großelternteil würde nur für einen Teil der Schuld haften. Während des Beschwerdeverfahrens begann der Vater zudem, ab September 2021 Unterhalt zu zahlen, wenn auch nicht in voller Höhe.
Die Entscheidung des OLG Oldenburg: Auskunftspflicht besteht
Das OLG Oldenburg kam zu einem anderen Ergebnis als das Amtsgericht. Es entschied, dass die Großeltern verpflichtet sind, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Das Gericht stellte klar, dass ein Auskunftsanspruch zwar entfällt, wenn eine Haftung der Großeltern von vornherein ausgeschlossen ist. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall.
Rechtliche Grundlage: Wann haften Großeltern?
Das Gericht verwies auf die gesetzliche Regelung der Ersatzhaftung von Verwandten. Nach § 1607 Absatz 1 BGB haften Großeltern nachrangig für den Unterhalt ihrer Enkel, wenn der eigentlich verpflichtete Elternteil wegen mangelnder Leistungsfähigkeit (§ 1603 BGB) ausfällt. Eine Leistungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Unterhaltspflichtige bei Zahlung des Unterhalts seinen eigenen notwendigen Lebensunterhalt (Selbstbehalt) gefährden würde.
Zudem greift die Ersatzhaftung nach § 1607 Absatz 2 BGB, wenn die Rechtsverfolgung gegen den an sich leistungsfähigen, aber zahlungsunwilligen Elternteil „ausgeschlossen oder erheblich erschwert“ ist.
Begründung des OLG: Ausreichende Anhaltspunkte für mögliche Haftung
Das OLG Oldenburg befand, dass die vom Amtsgericht geforderten strengen Nachweise für die Ausfallgründe (Leistungsunfähigkeit des Vaters, Erschwerung der Rechtsverfolgung, volle Erwerbsausschöpfung der Mutter) für den Auskunftsanspruch noch nicht erforderlich sind. Es genüge, dass eine Ersatzhaftung der Großeltern nach § 1607 BGB nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.
Der Umstand, dass der Vater trotz eines Titels nur einen Bruchteil des geschuldeten Unterhalts zahlt, und die Mutter nur teilzeitbeschäftigt ist, seien ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Großeltern vorliegen könnten. Ob sie tatsächlich gegeben sind, müsse erst nach erfolgter Auskunft im Rahmen der Prüfung des Zahlungsanspruchs (Leistungsstufe) geklärt werden.
Zurückverweisung an das Amtsgericht
Da die Großeltern nun zur Auskunft verpflichtet sind, hob das OLG Oldenburg den Beschluss des Amtsgerichts bezüglich des Auskunftsanspruchs auf und verpflichtete die Großeltern entsprechend. Die Entscheidung über den eigentlichen Zahlungsanspruch (Leistungsantrag) wurde zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Nordhorn zurückverwiesen. Das Amtsgericht muss nun, nach Vorlage der Auskünfte, prüfen, ob und in welcher Höhe die Großeltern tatsächlich Unterhalt zahlen müssen.
Bedeutung der Entscheidung für Betroffene
Was bedeutet das Urteil für Enkelkinder?
Diese Entscheidung erleichtert es minderjährigen Kindern, den ersten Schritt zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen gegen ihre Großeltern zu gehen. Sie müssen für das Auskunftsverlangen noch nicht lückenlos nachweisen, dass die Eltern absolut nicht zahlen können oder die Zwangsvollstreckung völlig aussichtslos ist. Es reicht, wenn plausible Gründe vorliegen, die eine Ersatzhaftung der Großeltern möglich erscheinen lassen.
Was bedeutet das Urteil für Großeltern?
Für Großeltern bedeutet der Beschluss, dass sie sich ihrer potenziellen finanziellen Verantwortung für ihre Enkel bewusster sein müssen, wenn ihr eigenes Kind den Unterhaltspflichten nicht nachkommt. Sie können nicht mehr so leicht die Auskunft über ihre Finanzen verweigern, indem sie auf bloße Lücken im Vortrag zur Situation der Eltern verweisen. Die Hürde für das Kind, zumindest Informationen zu erhalten, ist gesunken.
Was bedeutet das Urteil für Eltern?
Für den betreuenden Elternteil (hier die Mutter) unterstreicht das Urteil indirekt die Wichtigkeit, die eigene Erwerbstätigkeit im Rahmen des Zumutbaren auszuschöpfen und die Bemühungen zur Eintreibung des Unterhalts beim anderen Elternteil gut zu dokumentieren. Für den zahlungsunfähigen oder -unwilligen Elternteil (hier der Vater) macht es deutlich, dass seine Versäumnisse direkte finanzielle Konsequenzen für seine eigenen Eltern haben können.
Ausblick: Prüfung der Unterhaltspflicht steht noch aus
Das OLG Oldenburg hat lediglich über den Auskunftsanspruch entschieden. Ob die Großeltern im konkreten Fall tatsächlich Unterhalt zahlen müssen und in welcher Höhe, muss nun das Amtsgericht Nordhorn klären. Dabei werden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Großeltern, deren eigener Bedarf (Selbstbehalt) sowie die genaue Situation der Eltern eine entscheidende Rolle spielen. Die Entscheidung zeigt jedoch klar: Der Weg zur Inanspruchnahme von Großeltern beginnt mit dem Recht auf Information.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Großeltern für den Unterhalt eines minderjährigen Enkelkindes haften können, wenn die vorrangig verpflichteten Eltern nicht leistungsfähig sind oder die Rechtsverfolgung gegen sie erheblich erschwert ist. Ein Kind hat Anspruch auf Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Großeltern, wenn es für die Prüfung der Ersatzhaftung erforderlich ist. Die Leistungsunfähigkeit eines Elternteils wird angenommen, wenn diesem nach Zahlung des Unterhalts nicht einmal der notwendige Selbstbehalt verbleibt, wobei auch die realistische Möglichkeit einer Einkommenssteigerung zu berücksichtigen ist.
Benötigen Sie Hilfe?
Unterhaltsansprüche gegen Großeltern: Unterstützung bei schwierigen Familiensituationen
Wenn Eltern ihren Unterhaltspflichten nicht nachkommen, kann es für Kinder schwierig sein, ihren rechtmäßigen Unterhalt zu erhalten. In solchen Fällen haften Großeltern unter bestimmten Umständen nachrangig für den Unterhalt ihrer Enkel. Es ist jedoch oft unklar, ob diese Voraussetzungen vorliegen, da die finanziellen Verhältnisse der Großeltern nicht transparent sind.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und die benötigten Informationen zu erhalten. Wir beraten Sie sachkundig und individuell in Fragen des Unterhaltsrechts und helfen Ihnen, Ihre Ansprüche gegen Großeltern geltend zu machen. Durch unsere Erfahrung und Expertise können wir Ihnen dabei helfen, Ihre Interessen effektiv zu vertreten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann haften Großeltern überhaupt für den Unterhalt meiner Kinder?
Großeltern haften für den Unterhalt ihrer Enkelkinder grundsätzlich erst in zweiter Linie. Das bedeutet: Sie müssen nur dann Unterhalt zahlen, wenn die Eltern des Kindes dazu nicht in der Lage sind. Die Eltern stehen in der Unterhaltspflicht an erster Stelle. Man spricht hier von einer nachrangigen Haftung der Großeltern.
Wann gelten Eltern als nicht leistungsfähig?
Die entscheidende Voraussetzung für eine Unterhaltspflicht der Großeltern ist die Leistungsunfähigkeit der Eltern. Eltern gelten als nicht leistungsfähig, wenn sie auch bei größter Anstrengung nicht genug Einkommen erzielen können, um den Unterhalt für ihr Kind (oder ihre Kinder) und ihren eigenen notwendigen Lebensbedarf (den sogenannten Selbstbehalt) zu decken.
- Gründe für Leistungsunfähigkeit können zum Beispiel sein:
- Sehr geringes Einkommen (unterhalb des Selbstbehalts)
- Erwerbslosigkeit (trotz intensiver Bemühungen um Arbeit)
- Krankheit oder andere schwerwiegende Gründe, die eine Erwerbstätigkeit unmöglich machen.
Wichtig zu verstehen ist: Eine bloße Weigerung der Eltern, Unterhalt zu zahlen, obwohl sie dazu finanziell in der Lage wären (Zahlungsunwilligkeit), führt nicht automatisch dazu, dass die Großeltern haften müssen. Die tatsächliche Unfähigkeit zu zahlen ist entscheidend.
Was bedeutet „gesteigerte Erwerbsobliegenheit“ der Eltern?
Für Eltern minderjähriger Kinder gilt eine besondere Anstrengungspflicht, genug Geld für den Kindesunterhalt zu verdienen. Das nennt man gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Das bedeutet:
- Eltern müssen alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um eine Arbeit zu finden oder ein ausreichendes Einkommen zu erzielen.
- Sie müssen unter Umständen auch Tätigkeiten annehmen, die nicht ihrer Ausbildung entsprechen oder einen Umzug in Kauf nehmen.
- Erst wenn die Eltern trotz dieser gesteigerten Bemühungen nachweislich nicht genug verdienen können, um den Kindesunterhalt sicherzustellen, kommt eine Unterhaltspflicht der Großeltern überhaupt in Betracht.
Diese Regelungen zur nachrangigen Haftung der Großeltern sind auch der Grund, warum Enkelkinder unter bestimmten Umständen ein Recht haben können, Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Großeltern zu verlangen. Nur wenn die Eltern nachweislich nicht zahlen können, wird geprüft, ob die Großeltern finanziell in der Lage sind, einzuspringen.
Was bedeutet „Auskunftsanspruch“ genau und welche Informationen können von den Großeltern verlangt werden?
Der Begriff „Auskunftsanspruch“ bedeutet im Kern das Recht, bestimmte Informationen von einer anderen Person zu erhalten. Im Zusammenhang mit dem Unterhalt für Enkelkinder bedeutet dies: Wenn unter bestimmten Umständen Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkel aufkommen müssen (weil die Eltern dazu nicht in der Lage sind), haben die Enkel (oder die Person, die sie vertritt) das Recht, von den Großeltern Auskunft über deren finanzielle Verhältnisse zu verlangen.
Dieses Recht ist notwendig, um überhaupt erst berechnen zu können, ob und in welcher Höhe die Großeltern Unterhalt zahlen müssten. Ohne Kenntnis der finanziellen Situation der Großeltern wäre eine solche Berechnung nicht möglich.
Welche Informationen müssen Großeltern preisgeben?
Der Auskunftsanspruch ist streng auf die Informationen begrenzt, die für die Berechnung eines möglichen Unterhaltsanspruchs relevant sind. Es geht darum, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Großeltern festzustellen. Dazu gehören typischerweise:
- Nachweise über das Einkommen: Hierunter fallen alle Einkunftsarten. Das können zum Beispiel sein:
- Gehalts- oder Lohnabrechnungen der letzten 12 Monate.
- Rentenebescheide.
- Steuerbescheide.
- Nachweise über Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung oder Kapitalvermögen (z.B. Zinsen, Dividenden).
- Nachweise über sonstige Einkünfte (z.B. aus selbstständiger Tätigkeit).
- Angaben zum Vermögen: Auch das vorhandene Vermögen kann für die Unterhaltsberechnung relevant sein. Dazu zählen beispielsweise:
- Bankguthaben (Spar-, Girokonten).
- Wertpapiere (Aktien, Fonds).
- Immobilienbesitz.
- Wertvolle Gegenstände (wobei hier Freibeträge gelten, das sogenannte Schonvermögen, das nicht angetastet werden muss).
- Angaben zu Belastungen: Auch bestimmte finanzielle Verpflichtungen der Großeltern können wichtig sein, da sie ihre Leistungsfähigkeit mindern. Dazu gehören zum Beispiel:
- Angemessene Altersvorsorgeaufwendungen.
- Berücksichtigungswürdige Schulden.
- Eigene Unterhaltsverpflichtungen gegenüber anderen Personen.
Wichtig ist: Die Großeltern müssen keine Informationen preisgeben, die für die Unterhaltsberechnung nicht erforderlich sind. Private Ausgaben für Hobbys, Urlaube oder Details zur persönlichen Lebensführung gehören in der Regel nicht dazu.
In welcher Form müssen die Informationen bereitgestellt werden?
Die Auskunft muss geordnet und nachvollziehbar erteilt werden. Üblich ist eine systematische Auflistung der Einnahmen, Ausgaben und des Vermögens.
Zusätzlich zur reinen Auflistung können auch Belege gefordert werden, um die gemachten Angaben zu überprüfen. Das bedeutet, die Großeltern müssen auf Verlangen Kopien der relevanten Dokumente (wie Gehaltsabrechnungen, Steuerbescheide, Kontoauszüge etc.) vorlegen.
Der Auskunftsanspruch dient also dazu, eine transparente Grundlage für die Berechnung eines möglichen Unterhaltsanspruchs zu schaffen, beschränkt sich aber klar auf die dafür notwendigen finanziellen Fakten.
Wie gehe ich vor, um den Auskunftsanspruch gegen die Großeltern geltend zu machen?
Um einen Auskunftsanspruch wegen Unterhalt gegen die Großeltern durchzusetzen, gibt es einen typischen Ablauf, der meist außergerichtlich beginnt und bei Bedarf gerichtlich fortgesetzt wird.
Schritt 1: Das außergerichtliche Auskunftsverlangen
Zunächst sollten Sie die Großeltern schriftlich zur Auskunft auffordern. In diesem Schreiben sollten Sie klar benennen, welche Informationen Sie benötigen – in der Regel geht es um Auskünfte über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die zur Berechnung eines möglichen Unterhaltsanspruchs notwendig sind. Setzen Sie den Großeltern eine angemessene Frist zur Beantwortung. Dieser Schritt ist wichtig, da er oft eine Voraussetzung dafür ist, den Anspruch später erfolgreich gerichtlich geltend machen zu können. Bewahren Sie eine Kopie des Schreibens und einen Nachweis über den Zugang (z.B. Einschreiben mit Rückschein) auf.
Schritt 2: Wenn keine oder unvollständige Auskunft erteilt wird
Reagieren die Großeltern nicht fristgerecht oder erteilen sie nur unvollständige oder offensichtlich falsche Auskünfte, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Zuständig hierfür ist das Familiengericht. Sie müssten dort einen entsprechenden Antrag stellen lassen.
Häufig wird in solchen Fällen ein sogenannter Stufenantrag gestellt. Das bedeutet:
- Erste Stufe: Sie beantragen, dass das Gericht die Großeltern zur Erteilung der Auskunft verpflichtet.
- Zweite Stufe: Sobald die Auskünfte vorliegen (z.B. über Einkommen und Vermögen), können Sie auf dieser Grundlage den konkreten Unterhaltsbetrag berechnen und diesen ebenfalls gerichtlich geltend machen.
Dieses Vorgehen ist sinnvoll, da die Höhe des Unterhaltsanspruchs oft erst nach Erhalt der Auskünfte genau beziffert werden kann.
Das gerichtliche Verfahren
Für Verfahren vor dem Familiengericht, insbesondere in Unterhaltssachen, besteht Anwaltszwang. Das heißt, Sie können Anträge nicht selbst stellen, sondern müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Anwalt formuliert den Antrag, reicht ihn beim zuständigen Gericht ein und vertritt Ihre Interessen im Verfahren.
Das Gericht prüft dann den Antrag. Es wird den Großeltern die Möglichkeit geben, Stellung zu nehmen. Gegebenenfalls findet eine mündliche Verhandlung statt. Am Ende entscheidet das Gericht durch Beschluss, ob die Großeltern zur Auskunft verpflichtet sind.
Ein gerichtliches Verfahren ist mit Kosten verbunden. Dazu gehören Gerichtskosten und die Kosten für den eigenen Anwalt sowie gegebenenfalls für den Anwalt der Gegenseite. Wer die Kosten am Ende tragen muss, entscheidet das Gericht. Oft hängt dies davon ab, wer im Verfahren „gewinnt“ oder „verliert“.
Finanzielle Unterstützung: Verfahrenskostenhilfe
Sollten Sie die Kosten für das Gerichtsverfahren und den notwendigen Anwalt aufgrund Ihrer finanziellen Situation nicht selbst tragen können, besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe (VKH) zu beantragen.
Hierfür müssen Sie Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen (z.B. durch Einkommensnachweise und Belege über Ausgaben). Das Gericht prüft dann, ob Sie finanziell bedürftig sind und ob Ihr Antrag auf Auskunft hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Wird VKH bewilligt, übernimmt die Staatskasse die Gerichtskosten und die Kosten Ihres Anwalts – entweder vollständig oder als zinsloses Darlehen, das gegebenenfalls später in Raten zurückgezahlt werden muss. Der Antrag auf VKH wird üblicherweise zusammen mit dem Antrag auf Auskunft durch Ihren Anwalt beim Gericht eingereicht.
Welche Rolle spielt das Einkommen der Mutter/des Vaters bei der Unterhaltspflicht der Großeltern?
Das Einkommen der Eltern (Mutter und Vater) spielt eine entscheidende und vorrangige Rolle, bevor überhaupt geprüft wird, ob Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkelkinder aufkommen müssen. Das Gesetz sieht eine klare Rangfolge bei der Unterhaltspflicht vor.
Eltern sind zuerst dran (Vorrang der elterlichen Unterhaltspflicht)
Grundsätzlich sind immer zuerst die Eltern dazu verpflichtet, für den Unterhalt ihrer Kinder zu sorgen (§ 1601 BGB). Dies gilt für minderjährige und unter bestimmten Umständen auch für volljährige Kinder (z.B. in Ausbildung). Die Unterhaltspflicht der Großeltern ist nachrangig. Das bedeutet: Großeltern müssen nur dann Unterhalt zahlen, wenn die Eltern dazu nicht in der Lage sind.
Was heißt „leistungsfähig“? (Prüfung der elterlichen Leistungsfähigkeit)
Ob die Eltern zahlen können, hängt von ihrer Leistungsfähigkeit ab (§ 1603 Abs. 1 BGB). Dabei wird geprüft, ob das Einkommen und Vermögen der Eltern ausreicht, um den Kindesunterhalt zu decken, nachdem ihr eigener notwendiger Lebensbedarf (der sogenannte Selbstbehalt) gesichert ist.
- Hohes Einkommen der Eltern: Verfügen die Eltern über ausreichend Einkommen, um den Kindesunterhalt (mindestens den Mindestunterhalt) sicherzustellen, sind sie alleine unterhaltspflichtig. Die Großeltern müssen dann keinen Unterhalt zahlen. Das Einkommen der Großeltern spielt in diesem Fall keine Rolle.
- Niedriges Einkommen der Eltern: Reicht das Einkommen eines Elternteils oder beider Elternteile nicht aus, um den Unterhalt für das Kind zu zahlen, dann kann eine Unterhaltspflicht der Großeltern entstehen. Erst in diesem Fall wird das Einkommen der Großeltern relevant.
Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Eltern
Besonders bei der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern gilt für die Eltern eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 BGB). Das bedeutet: Die Eltern müssen alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um genug Geld für den Mindestunterhalt ihrer Kinder zu verdienen. Das kann bedeuten:
- Sie müssen sich intensiv um eine Arbeitsstelle bemühen.
- Sie müssen unter Umständen auch eine Arbeit annehmen, die nicht ihrer Ausbildung entspricht.
- Sie müssen möglicherweise auch eine Nebentätigkeit aufnehmen.
Nur wenn die Eltern trotz dieser gesteigerten Bemühungen nicht genug verdienen, um den Kindesunterhalt zu zahlen, gelten sie als nicht (voll) leistungsfähig.
Wann haften Großeltern? (Subsidiärhaftung)
Die Großeltern kommen also nur als „Ersatz“ in Betracht (Subsidiärhaftung):
- Es muss festgestellt werden, dass die Eltern nicht leistungsfähig sind, also auch unter Berücksichtigung ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht für den Kindesunterhalt aufkommen können.
- Erst dann wird geprüft, ob die Großeltern leistungsfähig sind. Auch Großeltern müssen nur zahlen, wenn ihr eigenes Einkommen über ihrem angemessenen Selbstbehalt liegt. Dieser Selbstbehalt ist für Großeltern in der Regel höher als der für Eltern.
Das Einkommen der Eltern ist somit die erste und wichtigste Hürde. Nur wenn diese Hürde (fehlende Leistungsfähigkeit der Eltern trotz gesteigerter Anstrengung) genommen ist, wird die finanzielle Situation der Großeltern für die Unterhaltsfrage überhaupt relevant. Der Auskunftsanspruch des Enkels gegenüber den Großeltern dient dazu, deren Leistungsfähigkeit prüfen zu können, falls die Eltern tatsächlich ausfallen.
Was kann ich tun, wenn die Großeltern die Auskunft verweigern oder falsche Angaben machen?
Wenn Großeltern, die zur Auskunft verpflichtet sind, diese verweigern oder bewusst falsche Angaben machen, gibt es rechtliche Möglichkeiten, um die erforderlichen Informationen zu erhalten.
Bei Verweigerung der Auskunft
Verweigern die Großeltern die Auskunft vollständig, obwohl ein Anspruch darauf besteht, kann dieser Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Das bedeutet konkret:
- Klage auf Auskunftserteilung: Es besteht die Möglichkeit, bei dem zuständigen Familiengericht eine Klage auf Erteilung der Auskunft einzureichen. Das Gericht prüft dann, ob der Anspruch auf Auskunft tatsächlich besteht.
- Gerichtliche Anordnung: Stellt das Gericht fest, dass die Großeltern zur Auskunft verpflichtet sind, wird es sie per Gerichtsbeschluss dazu verpflichten, die notwendigen Informationen herauszugeben.
- Durchsetzung der Anordnung: Weigern sich die Großeltern weiterhin, obwohl ein Gerichtsbeschluss vorliegt, kann das Gericht Zwangsmaßnahmen anordnen, um die Auskunft durchzusetzen. Dazu gehören in der Regel Zwangsgelder. Wenn auch das Zwangsgeld nicht zur Auskunftserteilung führt, kann das Gericht in letzter Konsequenz auch Zwangshaft anordnen.
Bei falschen Angaben
Machen die Großeltern zwar Angaben, diese sind aber nachweislich falsch oder unvollständig, gibt es ebenfalls rechtliche Schritte:
- Korrektur und Vervollständigung: Es kann zunächst versucht werden, die Großeltern zur Korrektur oder Vervollständigung ihrer Angaben aufzufordern.
- Eidesstattliche Versicherung: Bestehen weiterhin Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit, kann unter bestimmten Voraussetzungen gerichtlich beantragt werden, dass die Großeltern die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides statt versichern müssen. Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar.
- Gerichtliche Überprüfung und Zwangsmittel: Wenn nachgewiesen werden kann, dass die Großeltern bewusst falsche Angaben gemacht haben (auch ohne eidesstattliche Versicherung), kann dies ebenfalls Konsequenzen haben. Das Gericht kann sie zur ordnungsgemäßen Auskunftserteilung anhalten. Bei hartnäckiger Weigerung oder fortgesetzten Falschangaben können auch hier Zwangsgelder festgesetzt werden.
Es ist wichtig zu verstehen, dass das Gericht immer prüft, ob der Auskunftsanspruch dem Grunde nach besteht und ob die Weigerung oder die Falschangabe vorliegt, bevor Maßnahmen ergriffen werden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Titel
Ein Titel ist eine offizielle Urkunde (z. B. ein Gerichtsurteil, ein gerichtlicher Beschluss oder eine Jugendamtsurkunde), die einen bestimmten Anspruch rechtskräftig feststellt. Im Familienrecht ist das oft ein Beschluss über Unterhaltszahlungen. Mit einem Titel kann der Berechtigte seine Forderung zwangsweise durchsetzen (Zwangsvollstreckung), wenn der Verpflichtete nicht freiwillig zahlt. Im vorliegenden Fall gab es bereits einen Titel gegen den Vater über den Mindestunterhalt, dieser zahlte aber trotzdem nur einen geringen Betrag.
Beispiel: Sie haben vor Gericht Recht bekommen, dass Ihr Nachbar Ihnen 500 Euro schuldet. Das Urteil ist der Titel, mit dem Sie notfalls einen Gerichtsvollzieher beauftragen können, das Geld einzutreiben.
Stufenantrag
Ein Stufenantrag ist eine besondere Form der Klage, die in mehreren Schritten (Stufen) abläuft, meistens zwei. Sie wird genutzt, wenn der Kläger seinen endgültigen Anspruch (z. B. auf Zahlung von Unterhalt) noch nicht genau beziffern kann, weil ihm dafür notwendige Informationen fehlen. Typischerweise wird in der ersten Stufe Auskunft über bestimmte Umstände (hier: Einkommen und Vermögen der Großeltern) verlangt (§ 1605 BGB). Erst in der zweiten Stufe wird dann der konkrete Zahlungsanspruch geltend gemacht und beziffert, sobald die Auskünfte vorliegen. Im Fall forderte der Enkel von den Großeltern erst Auskunft (Stufe 1) und dann Unterhalt (Stufe 2).
Teilschuldner
Teilschuldner sind mehrere Personen, die eine Leistung schulden, aber jeder nur für einen bestimmten Teil (§ 420 BGB). Der Gläubiger (hier: der Enkel) kann von jedem Teilschuldner (hier: jedem Großelternteil) nur dessen jeweiligen Anteil fordern, nicht die gesamte Summe. Das Gegenteil ist der Gesamtschuldner (§ 421 BGB), bei dem jeder Einzelne für die gesamte Schuld haftet und der Gläubiger sich aussuchen kann, von wem er wie viel fordert (insgesamt aber nur einmal). Im Fall änderte der Enkel seinen Antrag dahingehend, die Großeltern nur noch als Teilschuldner in Anspruch zu nehmen, sodass jeder nur anteilig für den Unterhalt haften würde.
Beispiel: Drei Freunde mieten gemeinsam ein Auto für 90 Euro. Sind sie Teilschuldner, schuldet jeder dem Vermieter 30 Euro. Wären sie Gesamtschuldner, könnte der Vermieter von einem der Freunde die vollen 90 Euro verlangen (dieser müsste sich dann das Geld von den anderen zurückholen).
Gesteigerte Erwerbsobliegenheit
Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit ist eine besondere Pflicht im Unterhaltsrecht, die vor allem Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern trifft (§ 1603 Abs. 2 BGB). Sie bedeutet, dass der Elternteil sich in verstärktem Maße bemühen muss, eigenes Einkommen zu erzielen, um den Kindesunterhalt sicherzustellen; notfalls auch durch eine Tätigkeit unterhalb der eigenen Qualifikation oder durch Ausweitung der Arbeitszeit. Diese Pflicht kann auch gegenüber nachrangig haftenden Verwandten wie Großeltern bestehen, wie das Amtsgericht im Fall bezüglich der Mutter anführte. Es muss also geprüft werden, ob der betreuende Elternteil seine Arbeitskraft bestmöglich einsetzt, bevor andere Verwandte herangezogen werden können.
Beispiel: Eine Mutter arbeitet Teilzeit, obwohl ihr Kind ganztags betreut wird. Gegenüber dem unterhaltspflichtigen Vater mag das akzeptabel sein, aber wenn dieser ausfällt und die Großeltern zahlen sollen, könnte sie verpflichtet sein, Vollzeit zu arbeiten, um deren Belastung zu mindern.
Ersatzhaftung
Ersatzhaftung bedeutet, dass eine Person nur ersatzweise für eine Schuld haftet, nämlich dann, wenn der eigentlich dazu Verpflichtete ausfällt. Im Unterhaltsrecht haften nachrangige Verwandte (hier: die Großeltern) gemäß § 1607 BGB für den Unterhalt, wenn der vorrangig verpflichtete Verwandte (hier: der Vater) nicht zahlen kann (Leistungsunfähigkeit nach § 1603 BGB) oder die Durchsetzung des Anspruchs gegen ihn praktisch unmöglich oder stark erschwert ist. Ihre Haftung tritt also nur als „Ersatz“ ein, wenn der primär Zuständige seine Pflicht nicht erfüllt. Das OLG Oldenburg prüfte, ob eine solche Ersatzhaftung der Großeltern zumindest möglich erscheint, um ihren Auskunftsanspruch zu begründen.
Auskunftsanspruch
Der Auskunftsanspruch ist das gesetzlich verankerte Recht, von einer anderen Person Informationen zu verlangen, die zur Geltendmachung oder Berechnung eines eigenen Anspruchs benötigt werden. Im Unterhaltsrecht gibt es diesen Anspruch z. B. nach § 1605 BGB, damit der Unterhaltsberechtigte (hier: der Enkel) die Höhe des Unterhaltsanspruchs gegen den Verpflichteten (hier: die Großeltern im Rahmen ihrer Ersatzhaftung) ermitteln kann. Dieser Anspruch auf Auskunft über Einkommen und Vermögen besteht oft schon, bevor feststeht, ob und wie viel tatsächlich gezahlt werden muss. Das OLG Oldenburg entschied, dass der Enkel diesen Anspruch gegen die Großeltern hat, da deren mögliche Ersatzhaftung nicht von vornherein ausgeschlossen war und die Auskunft zur Prüfung dieser Haftung notwendig ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1603 Abs. 2 BGB (Nachrangige Haftung der Großeltern): Großeltern sind nur unterhaltspflichtig, wenn die Eltern des Kindes nicht leistungsfähig sind. Dies bedeutet, dass zuerst die Eltern für den Unterhalt aufkommen müssen, bevor die Großeltern in Anspruch genommen werden können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht betont die Nachrangigkeit des Großelternunterhalts und prüft, ob die Eltern, insbesondere der Vater, ausreichend leistungsfähig sind, bevor die Großeltern zur Auskunft verpflichtet werden.
- § 1603 Abs. 1 BGB (Grundsatz der Leistungsfähigkeit): Unterhaltspflichtig ist nur, wer dazu auch finanziell in der Lage ist. Niemand muss Unterhalt zahlen, wenn er dadurch seinen eigenen notwendigen Lebensunterhalt gefährden würde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht muss prüfen, ob die Großeltern überhaupt finanziell in der Lage sind, Unterhalt zu zahlen, ohne ihren eigenen Lebensstandard zu gefährden. Dies wird durch die geforderte Auskunft über ihre Einkommensverhältnisse ermittelt.
- § 1605 Abs. 1 BGB (Auskunftsanspruch im Unterhaltsrecht): Wer Unterhalt fordert, kann von dem mutmaßlich Unterhaltspflichtigen Auskunft über dessen Einkommen und Vermögen verlangen. Diese Auskunft dient dazu, den Unterhaltsanspruch zu berechnen und zu prüfen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bejaht den Auskunftsanspruch des Kindes gegenüber den Großeltern, um deren finanzielle Situation zu klären und so die Grundlage für einen möglichen Unterhaltsanspruch zu schaffen.
- § 1612 Abs. 1 BGB (Barunterhalt minderjähriger Kinder): Minderjährige Kinder haben grundsätzlich einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung, den sogenannten Barunterhalt, von ihren Eltern. Dieser Unterhalt soll den Lebensbedarf des Kindes decken. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Auch wenn es hier um Großeltern geht, leitet sich der Anspruch des Kindes indirekt von diesem grundlegenden Anspruch auf Elternunterhalt ab, da die Großeltern subsidiär einspringen sollen.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Elternteile, deren Kinder nicht den vollen Unterhalt vom anderen Elternteil erhalten zum Thema Unterhaltsanspruch gegen Großeltern
Zahlt der andere Elternteil den Kindesunterhalt nicht oder nur unvollständig? Reicht das Geld oft nicht für die Bedürfnisse des Kindes? Unter bestimmten Umständen können dann auch die Großeltern finanziell in die Pflicht genommen werden.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Auskunft von Großeltern auch bei Teilzahlung fordern
Sie können von den Großeltern Ihres Kindes Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen, auch wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht komplett zahlungsunfähig ist, sondern nur einen Teil des geschuldeten Unterhalts (z. B. deutlich weniger als den Mindestunterhalt) leistet. Die Pflicht zur Auskunft besteht bereits dann, wenn der vorrangig haftende Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht ausreichend nachkommt.
⚠️ ACHTUNG: Die Pflicht zur Auskunftserteilung bedeutet noch nicht automatisch, dass die Großeltern auch tatsächlich Unterhalt zahlen müssen. Dies hängt von deren eigener finanzieller Leistungsfähigkeit (nach Abzug ihres Selbstbehalts) ab.
Tipp 2: Erst informieren, dann Unterhaltsanspruch prüfen
Der Anspruch auf Auskunft über die Finanzen der Großeltern dient dazu, die Grundlage für einen möglichen Unterhaltsanspruch zu schaffen. Ohne diese Informationen können Sie oft nicht beurteilen, ob die Großeltern überhaupt finanziell in der Lage wären, Unterhalt zu zahlen. Erst nach Erhalt der Auskunft kann der eigentliche Unterhaltsanspruch beziffert und geltend gemacht werden.
Beispiel: Der Kindsvater zahlt laut Gerichtsbeschluss nur 30 € statt des vollen Mindestunterhalts. Sie können nun die Großeltern väterlicherseits auffordern, ihre Einkünfte und ihr Vermögen offenzulegen, um zu prüfen, ob diese für den fehlenden Unterhalt aufkommen müssen.
Tipp 3: Unzureichende Zahlung des Elternteils nachweisen
Um den Auskunftsanspruch (und später einen eventuellen Unterhaltsanspruch) gegen die Großeltern durchzusetzen, müssen Sie darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil seiner Zahlungspflicht nicht oder nur unzureichend nachkommt. Dokumentieren Sie die Höhe und Regelmäßigkeit der erhaltenen Unterhaltszahlungen.
Beispiel: Bewahren Sie Kontoauszüge und den Unterhaltstitel (z. B. Gerichtsbeschluss, Jugendamtsurkunde) auf, aus denen sich ergibt, welcher Betrag geschuldet ist und welcher Betrag tatsächlich gezahlt wurde.
Tipp 4: Umfang der Auskunftspflicht kennen
Die Großeltern müssen im Rahmen ihrer Auskunftspflicht in der Regel umfassend über ihre finanzielle Situation informieren. Dazu gehören Nachweise über sämtliche Einkünfte (z. B. aus Rente, Arbeit, Vermietung, Kapitalvermögen) sowie über vorhandenes Vermögen (z. B. Grundbesitz, Kontostände, Wertpapiere) für den relevanten Zeitraum.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Bedenken Sie, dass Großeltern nur nachrangig haften. Das bedeutet, sie müssen erst dann für den Kindesunterhalt einspringen, wenn der eigentlich verpflichtete Elternteil (Vater oder Mutter) nicht leistungsfähig ist. Zudem haben Großeltern einen höheren Selbstbehalt als Eltern, also einen größeren Betrag, der ihnen für den eigenen Lebensunterhalt verbleiben muss, bevor sie Unterhalt zahlen müssen. Die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Großeltern kann zudem die familiären Beziehungen belasten.
✅ Checkliste: Unterhalt von Großeltern fordern
- [Prüfen: Zahlt der andere Elternteil den geschuldeten Unterhalt nicht oder nur unzureichend?]
- [Dokumentieren: Haben Sie Nachweise über die unzureichenden Zahlungen (z. B. Kontoauszüge, Titel)?]
- [Prüfen (vorläufig): Gibt es Anhaltspunkte, dass die Großeltern leistungsfähig sein könnten?]
- [Handeln: Fordern Sie (ggf. mit anwaltlicher Hilfe) die Großeltern zur Auskunft über ihre Finanzen auf.]
- [Bewerten: Prüfen Sie nach Erhalt der Auskunft, ob ein Unterhaltsanspruch besteht und in welcher Höhe.]
Das vorliegende Urteil
OLG Oldenburg – Az.: 13 UF 85/21 – Beschluss vom 16.12.2021
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