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Nachehelicher Unterhalt – einstweilige Anordnung

AG Kandel, Az.: 2 F 389/09, Beschluss vom 22.09.2010

1. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert wird auf 7.800,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien haben am … die Ehe geschlossen. Aus dieser Ehe ist die am … geborene Tochter … hervorgegangen, die nach der Trennung der Eheleute weiterhin bei der Antragstellerin wohnhaft ist.

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Amtsgerichts Kandel vom …, Az. 2 F…, geschieden, nachdem sich die Eheleute am 06.08.2007 getrennt hatten.

Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 10.11.2009 auf, Unterhalt für die Zeit ab Dezember 2009 in Höhe von 1.600,- € monatlich im Voraus an sie zu zahlen und für den Monat November 2009 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.013,- € bis spätestens 17.11.2009 zu entrichten. Der Antragsgegner lehnte mit e-Mail-Schreiben vom 16.11.2009 die Zahlungen ab.

Nachehelicher Unterhalt - einstweilige Anordnung
Symbolfoto: kb-photodesign/Bigstock

Der Antragsgegner ist seit dem 01.06.2007 bei der Firma … in … beschäftigt. Gemäß der Gehaltsabrechnung für Dezember 2008 erzielte er Gesamtbruttoeinkünfte in Höhe von 111.459,70 € bei Steuerbruttoeinkünften in Höhe von 113.652,92 € und einem Sozialversicherungsbruttoeinkommen in Höhe von 63.600,- €. Bei Steuerklasse I und einem Kinderfreibetrag von 0,5 zahlte er Lohnsteuer 34.528,39 €, an Solidaritätszuschlag 1.831,91 €, als Rentenversicherungsarbeitnehmeranteil 6.328,20 €, als … Arbeitslosenversicherungsarbeitnehmeranteil 1.049,40 €, für eine private Kranken- und Pflegeversicherung nach Abzug des Arbeitgeberzuschusses 3.526,20 €, insgesamt somit 47.264,10 €. Nach Abzug von dem Gesamtbruttoeinkommen von 111.459,70 € verbleibt somit ein Nettoeinkommen in Höhe von 64.195,60 €.

Der Antragsgegner erhält von seinem Arbeitgeber einen Firmenwagen der Marke BMW A1, den er auch privat nutzen darf.

Der Antragsgegner hat zur Finanzierung einer Küche ein Darlehen aufgenommen, welches er in monatlichen Raten in Höhe von 200,- € zurückführt. Der Antragsgegner hat zur Finanzierung des Ausgleiches des gemeinsamen Girokontos der Eheleute monatliche Aufwendungen in Höhe von 249,64 €. Der Antragsgegner hat für ein Darlehen, welches er aufgenommen hat, um Steuerverbindlichkeiten zu zahlen, monatliche Darlehensraten in Höhe von 326,70 € zu zahlen.

Der Antragsgegner erhielt im Jahr 2009 nach Abzug der vermögenswirksamen Leistungen und eines Betrages für die Pkw-Nutzung vom Arbeitgeber insgesamt 70.130,84 € ausgezahlt. Dies sind monatlich Nettoeinkünfte in Höhe von 5.844,24 €.

Der Antragsgegner zahlt für das Kind …, geboren am … einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 522,- €.

Die Antragstellerin ist seit dem 01.01.1987 bei der … beschäftigt, bis November 2008 in Teilzeit und seit Dezember 2008 in Vollzeit. Nach ihren eigenen Angaben erzielte sie im Jahr 2009 ein monatliches Nettodurchschnittseinkommen in Höhe von 2.301,56 €.

Die Antragstellerin trägt vor:

Auf die Frage, ob und in welchem Umfange sie ehebedingte Nachteile habe, komme es im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht an. Sie werde diesbezüglich im Hauptsacheverfahren noch vortragen. Allein aufgrund der langen Ehedauer und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur ehelichen Solidarität stehe ihr gegen den Antragsgegner jedenfalls für eine Übergangszeit ein Aufstockungsunterhaltsanspruch zu, selbst wenn sie keine ehebedingten Nachteile hätte. Die von dem Antragsgegner bedienten drei Darlehensforderungen seien bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen, da diese Positionen bereits beim Zugewinn berücksichtigt worden seien. Eine Berücksichtigung würde gegen den Grundsatz der Doppelverwertung verstoßen. Im Übrigen sei diese Frage ebenfalls erst im Hauptsacheverfahren zu prüfen.

Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, an sie nachehelichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 1.300,- € ab Dezember 2009 jeweils monatlich im Voraus nebst 5 % über dem Basiszinssatz gelegener Zinsen hieraus seit der jeweiligen Fälligkeit zu zahlen sowie für die Zeit ab dem 01.09.2010 einen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 800,-€ zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner trägt vor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei bereits nicht zulässig, da es an einem Regelungsbedürfnis fehle. Die Antragstellerin trage selbst ein eigenes durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.301,56 € vor. Weder werde vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass sie wegen fehlender Unterhaltszahlungen ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten könne oder Schulden anhäufen müsse. Im Übrigen sei ihm ein Pkw-Vorteil nicht zuzurechnen. Seine Verbindlichkeiten seien eheprägend und deshalb einkommensmindernd zu berücksichtigen. Des Weiteren seien Kosten für einen Parkplatz beim Arbeitgeber in Höhe von monatlich 100,- € sowie eine monatliche Prämie für eine Lebensversicherung in Höhe von 49,97 € als Altersvorsorge zu berücksichtigen.

Dem gegenüber seien die berufsbedingten Aufwendungen der Antragstellerin übersetzt. Parkhausgebühren seien nicht zu berücksichtigen. Der Sparvertrag der Antragstellerin sei nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist mangels Regelungsbedürfnisses zurückzuweisen.

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 246 FamFG ist wie bei § 620 ZPO alte Fassung, ein über das bloße Titulierungsinteresse hinaus gehendes besonderes Rechtschutzbedürfnis für eine rasche gerichtliche Entscheidung (Zöller – Lorenz, ZPO 28. Auflage, § 246 FamFG, Rn. 3; Dötsch in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2010, § 246 FamFG, Rn. 6; Bömelburg in: Prütting/Helms, FamFG § 246 Rn. 7 jeweils mit weiteren Nachweisen). Ein solches Regelungsbedürfnis fehlt, wenn der Unterhalt durch ausreichendes Einkommen des Berechtigten gesichert ist (OLG Zweibrücken Familienrechtszeitung 1981, S. 65; Dötsch in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2010, § 246 FamFG, Rn. 6; von Swietykowski-Trzaska, FPR 2010, 167, 168).

Die Auffassung der Antragstellerin, in der zuletzt genannten Fundstelle sei der eheangemessen Unterhalt gemeint, geht fehl. Würde der Unterhaltsberechtigte über ein eigenes Einkommen in Höhe des eheangemessenen Unterhalts verfügen, dann bestünde bereits wegen der fehlenden Bedürftigkeit kein Unterhaltsanspruch.

Im Übrigen übersieht die Antragstellerin, dass die Frage, ob ein Regelungsbedürfnis gegeben ist, von der umstrittenen Frage, ob durch eine einstweilige Anordnung die Zahlung des vollen eheangemessenen Unterhaltes ohne zeitliche Beschränkung angeordnet werden kann, zu trennen ist.

Vorliegend verdient die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag monatlich netto ca. 2.300,- €. Es ist nicht ersichtlich und vorgetragen, dass die Antragstellerin mit diesem Einkommen nicht in der Lage wäre, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Satz 1 und 2 Nr. 1 FamFG.

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