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Zustimmung gemeinsame steuerliche Veranlagung für Trennungsjahr

AG Köln – Az.: 301 F 107/21 – Beschluss vom 06.09.2021

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Veranlagungsjahr 0000 gegenüber dem Finanzamt Köln zur Steuernummer 000/000/0000 zu erteilen

2. Die Antragsgegnerin wird darüber hinaus verpflichtet, an den Antragsteller vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.501,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2021 zu zahlen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

4. Der Verfahrenswert wird auf 28.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten vorliegend um die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 0000.

Die Beteiligten haben im Jahre 2005 die Ehe miteinander geschlossen. Aus der Ehe sind die Kinder I., geboren am 00.00.0000, und E., geboren am 00.00.0000, hervorgegangen. Die Beteiligten leben seit April 0000 voneinander getrennt. Der Antragsteller ist Ende April 0000 aus dem ehelichen Haus ausgezogen. Die Kinder leben im Haushalt der Antragsgegnerin. Das Scheidungsverfahren ist unter dem Aktenzeichen 301 F 74/20 anhängig. Unter dem Aktenzeichen AG Köln, 301 F 53/20 ist ein Verfahren betreffend den Trennungsunterhalt anhängig.

Der Antragsgegner bekleidet eine hohe Stellung als Deutschlandchef eines internationalen Konzerns. Er verfügt neben seinen Einkünften aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit über Einkünfte aus Beteiligungen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. Die Antragstellerin ist teilschichtig als Stewardess bei der A. beschäftigt.

Während des ehelichen Zusammenlebens hat der Antragsteller seine Einkünfte nach Steuerklasse III, die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V. versteuert.

Zustimmung gemeinsame steuerliche Veranlagung für Trennungsjahr
(Symbolfoto: Inside Creative House/Shutterstock.com)

Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 04.03.2021 auf, den Antrag auf getrennte Veranlagung zurückzuziehen und dem Antrag auf gemeinsame Veranlagung zuzustimmen. Die Antragsgegnerin teilte mit anwaltlichem Schreiben vom 15.03.2021 mit, dass sie die getrennte Veranlagung zur Wahrung eigener wirtschaftlicher Interessen habe treffen müssen, nachdem der Antragsteller aus der gemeinsamen Veranlagung der Jahre 2000 bis 2000 eine Steuererstattung von rund 20.000,- Euro erhalten habe und ihr davon keinen Cent zukommen ließ. Außerdem sei der Antragsteller gemäß beigefügter E-Mail über die Einzelveranlagung informiert worden und habe dieser nicht widersprochen. Mit Schriftsatz vom 22.03.2021 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin unter Fristsetzung bis zum 07.04.2021 nochmals auf, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen. Mit Schriftsatz vom 14.04.2021 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 0000 unter der Prämisse zustimme, dass ihr sämtliche Anlagen und Bögen der Steuererklärung 0000 zur Sichtung und Prüfung übersandt werden. Ferner wies sie darauf hin, dass sich der Antragsteller verpflichtet hatte, die Antragsgegnerin von allen finanziellen Nachteilen im Zusammenhang mit der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für 0000 freizustellen.

Der Antragsteller ist der Ansicht, die Antragsgegnerin sei verpflichtet, ihre Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Veranlagungsjahr 0000 zu erteilen. Soweit die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14.04.2021 nunmehr – verspätet – ihre Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung angeblich erkläre, sei diese Zustimmung an Bedingungen geknüpft, auf welcher er nicht eingehen müsse. Die Antragsgegnerin habe im Rahmen aller Unterhaltsverfahren immer eine Berechnung aufgrund der gewählten Steuerklasse III und V vorgenommen. Im Zuge der Aufforderung zur Beibringung von Unterlagen zur Erstellung der Steuererklärung 0000 durch seinen Steuerberater habe sich herausgestellt, dass die Antragsgegnerin bereits im vorigen Jahr eine getrennte Veranlagung durchgeführt hatte und ihr entsprechende Beträge sogar erstattet wurden. Für den Fall, dass die gemeinsame steuerliche Veranlagung nicht mehr durchgeführt werden könne, habe die Antragsgegnerin Schadenersatz zu leisten. Der Schaden, der ihm durch die Vorgehensweise entstanden sei, belaufe sich auf ca. 27.400,- Euro.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Veranlagungsjahr 0000 gegenüber dem Finanzamt Köln zur Steuernummer 000/000/0000 zu erteilen;

2. hilfsweise für den Fall, dass die gemeinsame steuerliche Veranlagung nicht durchführbar ist, wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller jeglichen Steuerschaden zu ersetzen, der durch die getrennte Veranlagung entsteht;

3. die Antragsgegnerin kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verpflichten, an den Antragsteller 1.501,19 Euro nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der Antragsteller könne die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung verlangen, wenn ihr die Vordrucke zur steuerlichen Veranlagung ausgefüllt und unterschrieben mit dazugehörigen Belegen vorgelegt werden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers seien undurchsichtig. Auch die Haltung des Antragstellers im Rahmen der Auskunftsstufe betreffend den Trennungsunterhalt veranlasse sie zu der Annahme, dass die Einkommensverhältnisse bewusst vertuscht werden sollen. Sie werde der Zusammenveranlagung nicht zustimmen, sofern ihr die Steuererklärung zur Unterschrift nicht lückenlos und vollständig vorgelegt werde. Im Übrigen sei die Geltendmachung der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung rechtsmissbräuchlich, da der Antragsteller bislang jegliche Vorteile der gemeinsamen Veranlagung für sich in Anspruch genommen habe. Nicht einmal in den Fällen, in denen die Steuererstattung in erheblichem Umfang auf die berufsbedingten Aufwendungen sowie außergewöhnlichen Belastungen der Antragsgegnerin zurückzuführen gewesen sei, sei eine Beteiligung an den Erstattungsbeträgen erfolgt. Insoweit beruft sich die Antragsgegnerin auf Verwirkung. Zudem habe die Antragsgegnerin den Antragsteller rechtzeitig über die von ihr durchgeführte Einzelveranlagung informiert. Der Antragsteller habe dies zur Kenntnis genommen, ohne eine gemeinsame Veranlagung verlangt bzw. die Einzelveranlagung beanstandet zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Anträge des Antragstellers sind begründet.

Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 0000 gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen gemeinsam füreinander die Verantwortung. Dabei ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch das erkennende Gericht folgt, aus dem Wesen der Ehe grundsätzlich für beide Ehegatten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (BGH FamRZ 2012, 257 ff. m.w.N.). Dementsprechend haben die Beteiligten während des ehelichen Zusammenlebens eindeutig eine Regelung dahingehend bestimmt, dass der Antragsteller aufgrund seines deutlichen höheren Einkommens in der Lohnsteuerklasse 3 und die Antragsgegnerin in der Lohnsteuerklasse 5 eingestuft wird. Diese Verpflichtung besteht auch nach erfolgter Trennung (BGH, FamRZ 2002, 2024 ff.). Vorliegend haben sich die Beteiligten erst im April 0000 getrennt, weshalb eine gemeinsame steuerliche Zusammenveranlagung gemäß § 26 EstG zweifelsohne möglich ist.

Die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 0000 ist der Antragsgegnerin auch weder unzumutbar noch ist ein Anspruch des Antragstellers auf gemeinsame steuerliche Veranlagung verwirkt. Auch kann die Antragsgegnerin nicht verlangen, dass der Antragsteller auf die von ihr an die Erteilung der Zustimmung geknüpften Bedingungen eingeht.

Durch die bloße Mitunterzeichnung der Steuererklärung übernimmt die Antragsgegnerin nicht die Verantwortung für die Angaben des Antragstellers, so dass die Antragsgegnerin unter diesem Gesichtspunkt nicht ihre Zustimmung verweigern kann (vgl. BFH, NJW 2002, 2495). Darüber hinaus kann die Antragsgegnerin beim Finanzamt einen Antrag gemäß § 268 AO auf eine Beschränkung der Haftung stellen, wodurch die steuerliche gesamtschuldnerische Haftung nach § 44 AO vermieden wird (vgl. BGH, FamRZ 2005, 182 ff; OLG Stuttgart, FamRZ 2018, 1493 ff.). Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung, die Erteilung der Zustimmung von der Vorlage sämtlicher Unterlagen für die Steuererklärung abhängig zu machen. Der Streit um die Pflicht zur Erteilung der Auskunft über das Einkommen des Antragsgegners und der Vorlage entsprechender Belege ist bereits Gegenstand des Verfahrens AG Köln, Az: 301 F 53/20 und besteht aufgrund der vorstehenden Ausführungen keine Veranlassung, diesen im Rahmen der Pflicht zur Erteilung der Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung fortzuführen. Hinzukommt, dass der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt hat, diese von etwaigen steuerlichen Nachteilen aus der gemeinsamen Veranlagung freizustellen. Eine weitergehende Freistellungserklärung ist nicht geschuldet. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen der Verwirkung nicht vor. Sofern die Antragsgegnerin dies damit begründet, der Antragsteller habe bislang jegliche Vorteile der gemeinsamen Veranlagung für sich in Anspruch genommen so verkennt sie, dass jedenfalls der ehelichen Lebensgemeinschaft die Auffassung zugrunde liegt, mit dem Einkommen der Ehegatten gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Dies gilt jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Trennung (vgl. auch OLG Stuttgart, FamRZ 2018, 1493 ff.). Da die Antragsgegnerin auch nur in Teilzeit bei der A. beschäftigt war ist zudem weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es aufgrund der Tätigkeit der Antragsgegnerin zu bedeutenden Steuererstattungen gekommen ist. Darüber hinaus legt die Antragsgegnerin ihren Unterhaltsberechnungen selbst die Steuerklassen 3 und 5 zugrunde. Sofern sie in der außergerichtlichen Korrespondenz der Beteiligten über die Steuererklärungen der gemeinsamen Kinder beiläufig erwähnte, dass sie sich allein veranlagen lassen habe, bedeutet das Schweigen des Antragstellers weder eine Zustimmung zu einer getrennten Veranlagung noch einen Verzicht auf die gemeinsame steuerliche Veranlagung. Ob der Antragsteller diese Mitteilung überhaupt zur Kenntnis genommen hat, ist vor diesem Hintergrund rechtlich unerheblich. Die gemeinsame steuerliche Veranlagung ist auch noch möglich, da jedenfalls für den Antragsteller bislang noch kein bestandskräftiger Steuerbescheid für das Jahr 0000 vorliegt.

Die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten stehen dem Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zu, §§ 286, 291 BGB. nach §§ 1353, 280, 249 BGB zu. Verzug trat ein nach Ablauf der in dem anwaltlichen Schreiben vom 04.03.2021 gesetzten Frist.

Die Zinsforderung ist gemäß §§ 288, 291 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

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