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Abgrenzung Ehegattendarlehen zu ehebedingter Zuwendung

Ehegattendarlehen oder Zuwendung? Klärung eines rechtlichen Grenzfalls

Das Oberlandesgericht Bremen hat in seinem Beschluss entschieden, dass die Vereinbarung zwischen einem Ehepaar über die Finanzierung einer Immobilie als Darlehensvertrag und nicht als ehebedingte Zuwendung zu klassifizieren ist. Dieser Beschluss hebt die frühere Entscheidung des Amtsgerichts auf, und die Antragsgegnerin muss dem Antragsteller 362.500 Euro plus Zinsen zurückzahlen. Die Antragsgegnerin trägt den Großteil der Verfahrenskosten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 UF 57/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klassifizierung als Darlehensvertrag: Das Gericht identifiziert die Vereinbarung als Darlehensvertrag gemäß § 488 BGB, entgegen der Interpretation der Antragsgegnerin als güterrechtliche Vereinbarung.
  2. Ablehnung der ehebedingten Zuwendung: Der Darlehenscharakter der Vereinbarung steht im Vordergrund, und es wird keine ehebedingte Zuwendung angenommen.
  3. Kaufpreis und Maklerkosten als Darlehensinhalt: Der Darlehensbetrag bezieht sich nur auf den Kaufpreis der Immobilie und Maklerkosten, nicht auf die Renovierungskosten.
  4. Keine Verwirkung des Rückzahlungsanspruchs: Der Anspruch des Antragstellers auf Rückzahlung des Darlehens ist nicht verwirkt.
  5. Rückzahlungspflicht der Antragsgegnerin: Die Antragsgegnerin muss 362.500 Euro plus Zinsen an den Antragsteller zurückzahlen.
  6. Rollen der Parteien: Die Antragsgegnerin hatte die Rückzahlung bestritten und behauptet, dass es sich um eine Änderung des Ehevertrags handle, was das Gericht ablehnte.
  7. Keine Anwendung der Formvorschrift des § 311b BGB: Der Darlehensvertrag beinhaltet keine Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum.
  8. Kostenverteilung: Der Antragsteller trägt einen kleineren Teil, die Antragsgegnerin den größeren Teil der Verfahrenskosten.

Ehegattendarlehen vs. ehebedingte Zuwendung: Eine rechtliche Betrachtung

Ehegattendarlehen oder ehebedingten Zuwendung?
(Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

In der Welt des Familienrechts treten häufig Fragen zur Abgrenzung zwischen Ehegattendarlehen und ehebedingter Zuwendung auf. Diese Thematik berührt grundlegende Aspekte des Güterrechts und der finanziellen Verflechtungen innerhalb der Ehe. Im Kern geht es darum, ob Geld- oder Sachleistungen zwischen Ehepartnern als rückzahlbare Darlehen oder als nicht rückzahlbare Zuwendungen im Rahmen der ehelichen Lebensführung zu verstehen sind. Diese Unterscheidung kann weitreichende Konsequenzen für die finanziellen Ansprüche und Verpflichtungen der Ehepartner sowohl während der Ehe als auch bei einer eventuellen Trennung oder Scheidung haben. Wichtige Aspekte wie Darlehensrückzahlung, Eheverträge und der Zugewinnausgleich spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Die rechtliche Einordnung und Auslegung solcher Vereinbarungen ist oft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dabei werden nicht nur die vertraglichen Inhalte, sondern auch die Intentionen und das Verhalten der Ehepartner im Laufe der Ehe betrachtet. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Bremen bietet hierzu aufschlussreiche Einsichten. Tauchen Sie mit uns ein in die Details dieses spannenden Falles, der die Grenzen zwischen Darlehen und Zuwendung in der Ehe aufzeigt und wichtige Impulse für ähnliche Fälle in der juristischen Praxis bietet.

Der Streit ums Ehegattendarlehen: Ein juristisches Tauziehen

Das Oberlandesgericht Bremen hatte kürzlich in einem aufsehenerregenden Fall zu entscheiden, der die Abgrenzung zwischen Ehegattendarlehen und ehebedingter Zuwendung zum Thema hatte. Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Ehepaar, das sich 2006 das Jawort gab und seit 2020 getrennt lebt. Eine bedeutende Rolle spielte ein Ehevertrag von 2009, in dem sie für den Fall einer Scheidung den Zugewinnausgleich ausschlossen.

Der Kern des Konflikts: Darlehensvertrag vs. ehebedingte Zuwendung

Im Jahr 2011 erwarben die beiden eine Immobilie für 725.000 Euro, wobei sie jeweils zur Hälfte als Miteigentümer eingetragen wurden. In diesem Zusammenhang unterzeichneten sie auch eine Vereinbarung, die als Darlehensvertrag betitelt war. Laut diesem Vertrag erhielt die Antragsgegnerin von ihrem Ehemann, dem Antragsteller, die Hälfte des Kaufpreises sowie die Renovierungskosten als Darlehen. Interessanterweise wurde in der Vereinbarung festgelegt, dass das Darlehen entfällt, falls der Antragsteller im Falle einer rechtskräftigen Scheidung den hälftigen Anteil am Grundstück unentgeltlich zurückerhält.

Die juristische Auseinandersetzung und ihre Wendungen

Die Antragsgegnerin widersprach der Darstellung, dass es sich um ein Darlehen handelte. Ihrer Meinung nach stellte der Vertrag eine Abänderung des Ehevertrags dar und sei somit eine güterrechtliche Regelung, die aufgrund der Nichteinhaltung der Formvorschriften des § 1410 BGB nichtig sei. Sie argumentierte weiter, dass der Vertrag auch eine Verpflichtung zur Übertragung von Eigentumsrechten an einer Immobilie enthalte und daher aufgrund der Nichteinhaltung der Form des § 311b BGB ebenfalls nichtig sei.

Die Entscheidung des Gerichts: Ein differenzierter Blick auf die Sachlage

Das Gericht entschied jedoch anders. Es stellte fest, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag tatsächlich ein Darlehensvertrag im Sinne von § 488 Abs. 1 S. 1 BGB sei. Die Argumentation der Antragsgegnerin, es handle sich um eine güterrechtliche Vereinbarung oder um eine ehebezogene Zuwendung, fand beim Gericht keinen Anklang. Es wurde klargestellt, dass der Darlehensvertrag keine Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum beinhaltete und daher nicht den Formvorschriften des § 311b BGB unterlag. Zudem wurde festgestellt, dass die Darlehensvaluta der Antragsgegnerin in Form der Bezahlung des Kaufpreises für die Immobilie zur Verfügung gestellt worden war.

Das Gericht betonte, dass es sich bei den vom Antragsteller geltend gemachten Renovierungskosten um ehebezogene Zuwendungen handelte, für die kein Rückgewähranspruch bestand. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Rückzahlungsanspruch des Antragstellers nicht verwirkt war und dass die Darlehensforderung durch Kündigung des Antragstellers zum 15.10.2021 fällig gestellt wurde.

Insgesamt führte diese Entscheidung zu einer Verpflichtung der Antragsgegnerin, an den Antragsteller 362.500 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens wurden entsprechend aufgeteilt, wobei die Antragsgegnerin den größeren Teil zu tragen hatte.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen stellt einen wichtigen juristischen Meilenstein in der Abgrenzung zwischen Ehegattendarlehen und ehebedingter Zuwendung dar. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung und Auslegung vertraglicher Vereinbarungen zwischen Ehepartnern im Kontext von Immobilienerwerb und Finanzierungen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was unterscheidet ein Ehegattendarlehen von einer ehebedingten Zuwendung?

Erklärung Text…


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Bremen – Az.: 4 UF 57/22 – Beschluss vom 27.01.2023

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen vom 15.7.2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 362.500 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.10.2021 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller 23 %, die Antragsgegnerin trägt 77 %.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller 22 %, die Antragsgegnerin trägt 78 %.

IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 466.318,16 € festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Darlehensrückzahlung in Anspruch.

Die Beteiligten, die am […] 2006 die Ehe miteinander geschlossen haben, leben seit […] 2020 voneinander getrennt. [Von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird aus Gründen der Anonymisierung abgesehen – die Redaktion]. Am 31.3.2009 [von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird aus Gründen der Anonymisierung abgesehen – die Redaktion] vereinbarten die Beteiligten einen Ehevertrag (UR-Nr. […]) und schlossen dabei unter anderem für den Fall der Scheidung den Zugewinnausgleich aus.

Am 4.10.2011 erwarben die Beteiligten eine in […], belegene Immobilie zu einem Kaufpreis von 725.000 € zu jeweils hälftigem Miteigentum. Am 26.10.2011 unterzeichneten sie eine mit „Darlehensvertrag“ überschriebene Vereinbarung. In dieser Vereinbarung heißt es unter Ziff. 2:

„Die Mittel zum Erwerb und zur Renovierung des auf den Anteil der Darlehensnehmerin entfallenden Teils des Kaufpreises und der Renovierungskosten erhält die Darlehensnehmerin vom Darlehensgeber als Darlehen.“

In Ziff. 3 wird folgendes geregelt:

„Zum heutigen Tag beträgt die Darlehenssumme die Hälfte aus dem Kaufpreis in Höhe von EUR 725.000,– zzgl. EUR 10.000,– Maklercourtage = EUR 367.500,–

Für die Renovierungskosten und weitere mit dem Erwerb verbundenen Kosten wird die Darlehenssumme zu einem späteren Zeitpunkt aktualisiert.“

In Ziff. 4 heißt es:

„Das Darlehen wird ausgezahlt, indem der Darlehensgeber den Kaufpreis an den Verkäufer des o.g. Grundstücks vollständig auch für den Anteil der Darlehensnehmerin bezahlt und die Baukosten vollständig auch für den Anteil der Darlehensnehmerin übernimmt.“

Ziff. 5 sieht folgendes vor:

„Das Darlehen entfällt, wenn der Darlehensgeber im Falle einer rechtskräftigen Scheidung von der Darlehensnehmerin deren hälftigen Anteil an dem bezeichneten Grundstück unentgeltlich zurückerhält. In diesem Fall sind alle Tilgungsleistungen, welche die Darlehensnehmerin an den Darlehensgeber erbracht hat, von diesem zurückzuzahlen.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die Vertragsurkunde (Bl. 8 der Akte) verwiesen.

Der Antragsteller hat den Kaufpreis für das Grundstück an die Verkäufer gezahlt.

Er hat behauptet, auch die Maklercourtage und näher bezeichnete Renovierungskosten für das Grundstück gezahlt zu haben.

Mit Schreiben vom 9.7.2021 (Bl. 9 der Akte) kündigte der Antragsteller das Darlehen zum 15.10.2021. Die Darlehenssumme bezifferte er auf insgesamt 471.318,16 € (vgl. Bl. 7 der Akte).

 

Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller 471.318,16 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz jährlich ab dem 16.10.2021 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag des Antragstellers abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass es sich nicht um einen Darlehensvertrag handele, sondern um eine teilweise Abänderung des zwischen den Beteiligten im Jahre 2009 geschlossenen Ehevertrags. Es handele sich der Sache nach um eine güterrechtliche Regelung, die wegen Nichteinhaltung der Formvorschrift des § 1410 BGB nichtig sei. Außerdem enthalte der Vertrag eine Verpflichtung zur Übertragung von Eigentumsrechten an einer Immobilie und sei deswegen auch wegen Nichteinhaltung der Form des § 311b BGB nichtig. Ferner hat die Antragsgegnerin Verwirkung eingewendet, weil der Antragsteller auf ein Akteneinsichtsgesuch der Antragsgegnerin in einem abgeschlossenen, gegen den Antragsteller geführten Strafverfahren mit der unwahren Behauptung, er, der Antragsteller, habe in keinem Verfahren Verwirkung gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht, reagiert habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.7.2022 hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin – unter konkludenter Abweisung des Antrags im Übrigen – verpflichtet, an den Antragsteller 466.318,16 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz jährlich ab dem 16.10.2021 zu zahlen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Antragsteller habe gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, nachdem er das Darlehen fristgerecht zum 15.10.2021 gekündigt und fällig gestellt habe. Die Auszahlung der Darlehensvaluta sei vorliegend dadurch erfolgt, dass der Antragsteller Zahlungen zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin an die Hausverkäufer, das Grundbuchamt und diverse Handwerker geleistet habe. Lediglich die Zahlung der geltend gemachten Maklergebühren i.H.v. 10.000 € (Anteil der Antragsgegnerin: 5.000 €) habe der Antragsteller nicht nachgewiesen. Der Darlehensvertrag unterliege nicht den Formvorschriften des § 1410 BGB oder des § 311b BGB, da in ihm weder güterrechtliche Regelungen noch die Verpflichtung zur Übertragung von Grundstücksrechten enthalten seien. Der Vertrag biete in Ziff. 5 lediglich die Möglichkeit, die Rückzahlungsverpflichtung für das gewährte Darlehen durch Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an der Immobilie abzuwenden. Der Anspruch des Antragstellers sei auch nicht verwirkt. Soweit die Antragsgegnerin insoweit auf schriftsätzliche Ausführungen eines Strafverteidigers des Antragstellers in dem gegen ihn geführten Strafverfahren abstelle, seien diese für die Annahme einer Verwirkung nicht ausreichend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung ihres Rechtsmittels wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag handele es sich bei verständiger Würdigung um eine Abänderung des von den Beteiligten im März 2009 geschlossenen Ehevertrages, mit welchem sie für den Fall der Scheidung den Zugewinnausgleich ausgeschlossen hatten. Ohne den Darlehensvertrag hätte die Antragsgegnerin ihren Miteigentumsanteil an dem Haus, der den wesentlichen Bestandteil ihres Vermögens darstelle, behalten dürfen. Aufgrund des Darlehensvertrages habe sie nunmehr Zugewinnausgleich zu leisten, und zwar entweder durch Rückzahlung des Darlehens oder durch Übertragung ihres Miteigentumsanteils.

Wegen des enormen Einkommensgefälles der Beteiligten und des deswegen wahrscheinlich vorhandenen hohen Vermögens des Antragstellers sei zudem der zwischen den Beteiligten geschlossene Ehevertrag wegen einseitiger Benachteiligung der Antragsgegnerin sittenwidrig. Auch deswegen bestehe kein Zahlungsanspruch des Antragstellers aus dem Darlehen.

Zudem habe das Amtsgericht übersehen, dass ein Rückzahlungsanspruch nach dem Inhalt des Darlehensvertrages noch gar nicht fällig sei. Denn nach dem Wortlaut der Ziff. 5 des Vertrages solle das Darlehen „entfallen“, wenn der Antragsteller im Falle einer rechtskräftigen Ehescheidung von der Darlehensnehmerin deren hälftigen Miteigentumsanteil unentgeltlich zurückerhalte. Da die Ehe der Beteiligten noch gar nicht geschieden sei, fehle es an den Voraussetzungen für die Fälligkeit.

Gegen einen Darlehensvertrag spreche auch die erbrechtliche Regelung in Ziff. 6 des Vertrages, nach dem weitere Ansprüche gegen die anderen Erben der Darlehensnehmerin ausgeschlossen sein sollten, wenn die Darlehensnehmerin vor dem Darlehensgeber verstirbt und ihm den Miteigentumsanteil durch Erbschaft oder Vermächtnis zukommen lasse. Eine solche erbrechtliche Regelung sei untypisch für einen Darlehensvertrag.

Die Beschwerdeführerin vertritt ferner die Auffassung, dass es sich vorliegend nicht um ein Darlehen, sondern um eine ehebezogene Zuwendung handele, weil keine Raten zur Rückzahlung vereinbart worden seien und ausdrücklich ein Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Scheidung (in Ziff. 5) hergestellt werde. Die Voraussetzungen für einen auf § 313 BGB gestützten Anspruch auf Rückgewähr der Zuwendung seien aber nicht gegeben. Denn die streitgegenständliche Darlehensforderung falle in Anbetracht des sonstigen Vermögens des Antragstellers für diesen kaum ins Gewicht.

Außerdem werde nach wie vor bestritten, dass die Darlehensvaluta ausgezahlt worden sei. Der Antragsteller habe unter Verstoß gegen die Formvorschrift des § 14b FamFG, nach der Schriftsätze und Anlagen elektronisch einzureichen seien, ohne Erläuterung einige Kopien von Kontoauszügen in Papierform im Termin übergeben. Das ersetze keinen ordnungsgemäßen Sachvortrag. Insbesondere sei nichts zu angeblichen Handwerkerrechnungen vorgetragen worden.

Die Antragstellerin beantragt, den am 15.6.2022 (tatsächlich: 15.7.2022) verkündeten Beschluss des Amtsgerichts Bremen, Az. 60 F 1222/22 RI (tatsächlich: 60 F 1220/22 RI), abzuändern und den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II.

Die gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie sich gegen einen höheren Rückzahlungsanspruch des Antragstellers als 362.500 € wendet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1.

Bei der zwischen den Beteiligten am 26.10.2011 geschlossenen schriftlichen Vereinbarung handelt es sich um einen Darlehensvertrag im Sinne von § 488 Abs. 1 S. 1 BGB.

a) Der Ansicht der Antragsgegnerin, es handele sich in der Sache um eine güterrechtliche Vereinbarung im Sinne von § 1408 BGB, ist nicht zu folgen. Die Beteiligten haben durch notariellen Ehevertrag vom 31.03.2009 den Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die als Darlehensvertrag bezeichnete schriftliche Vereinbarung vom 26.10.2011 hieran etwas ändern sollte, sind weder der Vertragsurkunde selbst zu entnehmen noch trägt die Antragsgegnerin irgendwelche außerhalb der Urkunde liegende Begleitumstände vor, die derartiges nahelegen könnten. Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, das Darlehen führe aus ihrer Sicht faktisch zu einem Zugewinnausgleich, weil es sich bei der Haushälfte um den wesentlichen Bestandteil ihres Vermögens handele, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Denn der im Streit stehende Darlehensrückzahlungsanspruch des Antragstellers betrifft nicht die Behandlung vorhandener Vermögenspositionen der Ehegatten im Zugewinnausgleich, sondern die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage der Antragsteller der Antragsgegnerin die Mittel zum Erwerb ihrer Haushälfte zugewendet hat.

b) Entgegen der von der Antragsgegnerin in der zweiten Instanz erstmals vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Vereinbarung vom 26.10.2011 nicht um eine ehebezogene Zuwendung, jedenfalls nicht, soweit es den Kaufpreis für die Immobilie betrifft.

aa) Grundsätzlich ist die richtige rechtliche Einordnung einer Zuwendung zwischen Ehegatten wichtig, um zu der für einen möglichen Rückgewährsanspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu gelangen. Beim Darlehen sind dies §§ 488 ff. BGB, bei der Schenkung §§ 527 ff. BGB, bei der ehebezogenen Zuwendung ist es § 313 BGB (Wever, FamRB 2020, 132, 133). Je nach Einordnung kann es sich um „eheneutrale“ Zuwendungen handeln, deren rechtlicher Einordnung den Regeln folgt, die die Eheleute als Basis für das Rechtsgeschäft vereinbart haben (beispielsweise Darlehen). Dienen dagegen Zahlungen eines Ehepartners nicht einem bestimmten Geschäftszweck, sondern der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft, so liegt kein eheneutrales Rechtsgeschäft, sondern eine ehebezogene Zuwendung vor. Eine Zuwendung unter Ehegatten ist dann kein eheneutrales Rechtsgeschäft, sondern ehebezogene Zuwendung, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde (BGH, FamRZ 2006, 1022; OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 910 Rn. 23). Ein typisches Beispiel für eine Zuwendung unter Ehegatten ist die Finanzierung des Erwerbs eines Grundstücks zu Miteigentum beider Eheleute durch einen der Ehegatten (vgl. BGH, FamRZ 1989, 599; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn. 894). Die Einordnung der Zuwendung ist anhand des – gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden – Parteiwillens vorzunehmen. Dabei ist im Blick zu behalten, dass es sich nach der herrschenden Meinung im Regelfall, jedenfalls bei werthaltigen Zuwendungen, um eine ehebezogene Zuwendung handelt (BGH, FamRZ 1993, 1297, 1298; 1992, 293; 1990, 600; OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 910 Rn. 25; OLG Köln, FamRZ 2000, 227; Wever, FamRB 2020, 132, 133). Lassen sich keine entgegenstehenden Absprachen der Eheleute feststellen, ist also im Zweifel von einer ehebezogenen Zuwendung auszugehen (Wever, FamRB 2020, 132, 133). Die Annahme eines Darlehens zwischen Ehegatten setzt einen entsprechenden Rechtsbindungswillen im Sinne eines Darlehensvertrages voraus. Die Ehegatten müssen sich insbesondere einig gewesen sein, dass das Zugewendete zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. nach Kündigung zurückzugeben ist. Fehlt es an einem schriftlichen Darlehensvertrag, kann die Feststellung eines entsprechenden Rechtsbindungswillens Probleme bereiten. Die Darlegungs- und Beweislast für sein Vorliegen trägt derjenige, der sich auf ein Darlehen beruft (Wever, a.a.O., Rn. 900). Sind Zahlungen ausdrücklich als Darlehen deklariert worden, z.B. auf Überweisungsträgern, ist dies ein Indiz für einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen der Ehegatten, für dessen Vorliegen auch tatsächlich erfolgte Rückzahlungen sprechen. Den Umständen kann jedoch etwas anderes zu entnehmen sein (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2020,910; OLG Köln, FamRZ 2000, 227; OLG Celle, Urteil vom 5.10.1994, 3 U 219/93; Wever, a.a.O., Rn. 901).

bb) Im vorliegenden Fall stellen sich derartige Abgrenzungsprobleme – jedenfalls im Hinblick auf den Kaufpreis der Immobilie – nicht. Denn die Beteiligten haben ihre schriftliche Vereinbarung vom 26.10.2011 nicht nur ausdrücklich als Darlehensvertrag bezeichnet, sondern auch formuliert, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Mittel für den Erwerb ihrer Haushälfte als Darlehen zur Verfügung stellt. Weder aus der Vertragsurkunde selbst noch aus sonstigen Umständen ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es an einem entsprechenden Rechtsbindungswillen der Beteiligten mangeln könnte. Ist aber ausdrücklich zwischen den Beteiligten ein Darlehen vereinbart, kommen die Grundsätze der ehebedingten Zuwendung nicht zum Tragen (OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 1622, 1623). Dies gilt umso mehr, als es für den Fall, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Mittel zum Erwerb ihrer Haushälfte tatsächlich als ehebezogenen Zuwendung hätte zukommen lassen wollen, er dieses schlicht dadurch hätte bewirken können, dass er den Kaufpreis für das Haus leistet (vgl. BGH, FamRZ 1989, 599; Wever, a.a.O., Rn. 894).

cc) Dass der Vertrag keine Ratenzahlungen vorsieht und auch keine Regelung für eine Rückzahlung des Darlehens trifft, steht einer Qualifizierung der Vereinbarung als Darlehen ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Antragsteller das Darlehen erst zehn Jahre nach Abschluss des Vertrages und nach der Trennung der Beteiligten gekündigt hat. Zwar hat das OLG Celle entschieden, dass für den Fall, dass ein Ehegatte dem anderen ein Darlehen gewährt, für das Tilgungsraten fest vereinbart waren, dann aber im Laufe der Ehe (dort 20 Jahre) keine Ratenzahlungen geleistet werden, die ursprünglich als Darlehen gewollte Zuwendung den rechtlichen Charakter einer ehebedingten Zuwendung erlangen kann (OLG Celle, Urteil vom 5.10.1994, 3 U 219/93, juris). Die dort angestellten Überlegungen können aber auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Denn der hier in Rede stehende Vertrag enthält keine Ratenzahlungsvereinbarung. Zudem lässt die Vereinbarung vom 26.10.2011 deutlich erkennen, dass der Antragsteller sich vor allem für den Fall der Trennung der Beteiligten eine Rückzahlung vorbehalten wollte. Dies ergibt sich unter anderem aus Ziff. 5 der Vereinbarung, der Regelungen für das Szenario einer rechtskräftigen Scheidung trifft. Deswegen kann allein aus dem Umstand, dass der Antragsteller bis zur Trennung der Beteiligten das Darlehen nicht gekündigt hat, nicht der Schluss gezogen werden, dass die ursprünglich als Darlehen bezeichnete Zuwendung zwischenzeitlich den Charakter einer ehebedingten Zuwendung erlangt haben könnte. Die Vereinbarung muss insofern auch vor dem Hintergrund des zwischen den Beteiligten im Jahre 2009 geschlossenen Ehevertrages gesehen werden. Dort ist unter anderem der Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung ausgeschlossen worden. Insofern zeigt sich ein roter Faden, wonach die Beteiligten einander für den Fall der Scheidung möglichst wenig Vermögen wechselseitig zukommen lassen wollten.

dd) Zwar wäre es grundsätzlich denkbar, dass es sich bei dem Darlehensvertrag vom 26.10.2011 um eine lediglich zum Schein (§ 117 BGB) geschlossene Vereinbarung handelt, um gegebenenfalls anfallende Schenkungssteuer zu vermeiden. Denn nach der Rechtsprechung des BFH unterliegen auch ehebezogene Zuwendungen der Schenkungssteuer (BFH, FamRZ 1994, 887). Der Freibetrag für Schenkungen zwischen Ehegatten beträgt 500.000 €. Möglich wäre, dass die Beteiligten die Vereinbarung vom 26.10.2011 nur zum Schein geschlossen haben, um gegenüber dem Finanzamt den Eindruck zu erwecken, der Antragsteller habe der Antragsgegnerin die Mittel für den Erwerb der Haushälfte nicht unentgeltlich zugewendet, sondern ihr lediglich als Darlehen zur Verfügung gestellt. Dass es sich bei der Vereinbarung vom 26.10.2011 um eine von den Beteiligten zum Zwecke der Steuerhinterziehung getroffene Scheinabrede handelt, wird von der Antragsgegnerin aber nicht ausdrücklich behauptet. Soweit die Antragsgegnerin erstinstanzlich vorgetragen hat, es sei dem Antragsteller nur darum gegangen, Vermögenswerte geschickt hin und her zu verschieben, ist dieser Vortrag insofern jedenfalls nicht ausreichend.

ee) Die weiteren unstreitigen Vereinbarungen, die der Antragsteller in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Vertrag geschlossen hat [von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird aus Gründen der Anonymisierung abgesehen – die Redaktion], lassen zwar auf den ersten Blick ihren Sinn nicht erkennen, begründen aber letztlich auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Vereinbarung vom 26.10.2011 von den Beteiligten als Darlehen gewollt war.

2.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Darlehensvertrag auch nicht wegen Nichteinhaltung der Formvorschrift des § 311b BGB nichtig. Insbesondere enthält der Darlehensvertrag keine Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum. In Ziff. 5 haben die Beteiligten lediglich vereinbart, dass im Falle einer Übertragung der Haushälfte der Antragsgegnerin auf den Antragsteller das Darlehen als zurückgezahlt gilt und der Antragsgegnerin etwaig erbrachte Tilgungsleistungen zurückzuzahlen sind. Eine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an dem Grundstück ist damit nicht verbunden.

3.

Der Höhe nach umfasst das Darlehen allerdings nur den Kaufpreis der Immobilie (Anteil Antragsgegnerin: 362.500 €) und die Maklerkosten (Anteil Antragsgegnerin: 5.000 €). Im Hinblick auf die Renovierungskosten kann hingegen kein Rechtsbindungswille der Beteiligten im Hinblick auf ein Darlehen festgestellt werden. Diesbezüglich ist in Ziff. 3 des Vertrages vorgesehen, dass die Darlehenssumme für die Renovierungskosten und weitere mit dem Erwerb verbundene Kosten zu einem späteren Zeitpunkt aktualisiert wird. Nicht zuletzt angesichts der Neigung der Beteiligten, wesentliche Belange ihrer rechtlichen Beziehungen ausdrücklich und schriftlich zu regeln (vergleiche nur die oben angesprochenen Darlehensverträge [von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird aus Gründen der Anonymisierung abgesehen – die Redaktion]), dürfte diese Klausel dahingehend zu verstehen sein, dass insofern eine Nachtragsurkunde vorgesehen war. Eine derartige Nachtragsurkunde ist indes nicht gefertigt worden, sodass im Hinblick auf die Renovierungskosten und die weiteren mit dem Erwerb verbundenen Kosten ein Rechtsbindungswille im Hinblick auf ein Darlehen nicht festgestellt werden kann. Deswegen gilt im Hinblick auf die vom Antragsteller geltend gemachten Renovierungskosten, die ausweislich der zur Akte gereichten tabellarischen Aufstellung den Zeitraum von Anfang 2012 bis Frühjahr 2020 betreffen (vergleiche Bl. 7 der Akte), dass es sich insofern um ehebezogene Zuwendungen handelt.

4.

Im Hinblick auf den Kaufpreis der Immobilie (Anteil der Antragsgegnerin: 362.500 €) ist der Antragsgegnerin die Darlehensvaluta zur Verfügung gestellt worden, und zwar in der Form, dass der Antragsteller unstreitig (vgl. Seite 3 der Antragserwiderung vom 8.6.2022 = Bl. 37 d.A.) entsprechend der Regelung in Ziff. 4 des Darlehensvertrages den Kaufpreis auch im Hinblick auf den Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin an die Verkäufer gezahlt hat.

5.

Auf die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Fragestellung, ob trotz der in §§ 113 Abs. 1 FamFG, 130d S. 1 ZPO geregelten „beA-Nutzungspflicht“ die Übergabe von Papierschriftsätzen oder Anlagen im Termin weiterhin möglich ist (vgl. dazu Hettenbach/Müller, NJW 2022, 815), kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an. Denn die Maklerkosten (Anteil der Antragsgegnerin: 5.000 €) sind in der Beschwerdeinstanz nicht mehr Streitgegenstand, nachdem das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers insoweit abgewiesen und dieser kein Rechtsmittel eingelegt hat.

6.

Das Darlehen ist durch die vom Antragsteller mit Kündigungsschreiben vom 9.7.2021 ausgesprochene Kündigung zum 15.10.2021 fällig gestellt worden (§ 488 Abs. 3 BGB). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin regelt Ziff. 5 des Darlehensvertrages nicht die Fälligkeit des Darlehens, sondern ist aus Sicht des gemäß §§ 133, 157 BGB insofern maßgeblichen objektiven Empfängerhorizonts dahingehend zu verstehen, dass das Darlehen mit Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils der Antragsgegnerin auf den Antragsteller als zurückgezahlt gilt.

7.

Der Rückzahlungsanspruch ist nicht verwirkt.

a) § 1381 BGB ist nicht anwendbar, weil es vorliegend nicht um einen Anspruch des Antragstellers auf Zugewinnausgleich geht. Der Vortrag der Antragsgegnerin, der sich auf die Vorgehensweise des Antragstellers im Hinblick auf ihr Einsichtsgesuch in die Akten des gegen ihn geführten Strafverfahrens bezieht, ist deswegen im vorliegenden Verfahren unerheblich.

b) Eine Verwirkung gemäß § 242 BGB kommt nicht in Betracht. Eine Verwirkung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Grüneberg, in Grüneberg, BGB, 81. Auflage, § 242 Rn. 87 mit weiteren Nachweisen). Derartiges ist von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

8.

Der Antragsteller kann die geltend gemachten Renovierungskosten in Höhe von insgesamt 92.914,16 € (vgl. Bl. 7 der Akte), die er der Antragsgegnerin als ehebezogene Zuwendungen hat zukommen lassen (siehe oben Ziff. I.3), nicht gemäß § 313 BGB unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückverlangen.

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob nach einer ehebezogenen Zuwendung ein Rückgewähranspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt, gelten nach der Rechtsprechung unterschiedliche Maßstäbe, je nachdem, ob die Eheleute im gesetzlichen Güterstand gelebt haben oder ob Gütertrennung vereinbart war. Bei gesetzlichem Güterstand legt die Rechtsprechung einen besonders strengen Maßstab an und bringt dies zum Ausdruck, indem sie fordert, das güterrechtliche Ergebnis müsse ohne schuldrechtliche Korrektur „schlechthin unangemessen und untragbar“ sein. Bei Gütertrennung, gegebenenfalls auch bei modifiziertem Zugewinnausgleich, gilt ein etwas abgemilderter Maßstab, wonach die Beibehaltung der durch die Zuwendung geschaffenen Vermögenslage dem Zuwendenden „unzumutbar“ sein müsse (Wever, FamRB 2020, 132,133; ders., Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn. Rn. 949 ff.). Im vorliegenden Fall haben die Beteiligten den Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung durch den Ehevertrag vom 31.03.2009 ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob diese Vereinbarung wirksam ist. Denn selbst unter Zugrundelegung einer Wirksamkeit des Ehevertrages, also des etwas abgemilderten Maßstabes, ist festzustellen, dass es aus Sicht des Antragstellers nicht unzumutbar wäre, wenn die Antragsgegnerin die von ihm zugewendeten Renovierungskosten i.H.v. 92.914,16 € nicht zurückgewähren müsste. Bei der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zuwendungen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückerstattet werden müssen, ist auch zu berücksichtigen, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen diese Leistungen zu gewähren. Ein korrigierender Eingriff ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten und deshalb unbillig ist. Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalles. Ob und gegebenenfalls inwieweit ein Anspruch besteht, hängt mithin insbesondere von der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensvermehrung sowie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ab (BGH, Beschluss vom, 19.9.2012, XII ZR 136/10, juris Rn. 25). Dabei gebieten es Treu und Glauben zwar nicht zwangsläufig, die Vermögenszuordnung mit dem Hinweis auf die günstigeren Einkommensverhältnisse des Zuwendenden beizubehalten. Wesentliche Bedeutung kommt nach Auffassung des BGH vielmehr auch dem Umstand zu, inwieweit eine Vermögensmehrung noch vorhanden ist (BGH, Beschluss vom, 19.9.2012, XII ZR 136/10, juris Rn. 27). Auf der anderen Seite betont der BGH, dass auch im Fall der Gütertrennung eine angemessene Beteiligung beider Ehegatten an dem gemeinsam erarbeiteten Vermögen dem Charakter der ehelichen Lebensgemeinschaft als einer Schicksals- und Risikogemeinschaft entspricht (BGH, Beschluss vom, 19.9.2012, XII ZR 136/10, juris Rn. 26). Denn die erfolgte Zuwendung kann sich als angemessene Beteiligung des Zuwendungsempfängers an dem gemeinsam von beiden Ehegatten – vom Zuwendenden durch seine Erwerbstätigkeit, von dem Zuwendungsempfänger durch gleichwertige Arbeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung – darstellen (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1995, 234; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn. 993).

b) Letzteres ist vorliegend der Fall. Insbesondere aufgrund des unstreitigen enormen Einkommens- und Vermögensgefälles zwischen den Beteiligten ist es für den Antragsteller nicht unzumutbar, wenn die Antragsgegnerin die zugewendete Finanzierung der Investitionen in das Hausgrundstück nicht zurückgewährt, obwohl diese in Form der Wertsteigerung ihres Miteigentumsanteils noch vorhanden sind. Der streitgegenständliche Betrag von 92.914,16 € ist für den Antragsteller, der eigenen Angaben zufolge über ein monatliches Nettoeinkommen von 100.000 € verfügt, in Relation zu seinem Einkommen nicht von wesentlicher Bedeutung.

9.

Ein Anspruch des Antragstellers aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) scheitert daran, dass Rechtsgrund für ein Behaltendürfen der Antragsgegnerin die ehebedingte Zuwendung als familienrechtliches Rechtsinstitut eigener Art ist (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 910; Wever, a.a.O., Rn. 1062).

10.

Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (Zweckverfehlungskondiktion) scheitert daran, dass ein solcher Anspruch voraussetzt, dass bei der Zuwendung der Fortbestand der Ehe nicht bloß zur Rechtsgrundlage, sondern zu dem Gegenstand einer Zweckabrede geworden ist, was positive Kenntnis, nicht bloßes Kennenmüssen von der Zweckvorstellung des anderen Teils voraussetzt. Eine derartige Zweckverfehlung lässt sich nicht feststellen (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 910, Wever, a.a.O., Rn. 1064).

11.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 92 Abs. 1 S. 2 ZPO; die Festsetzung des Verfahrenswertes erfolgt gemäß §§ 35, 40 FamGKG.

12.

Dem von der Antragsgegnerin vorsorglich gestellten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht zu entsprechen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG nicht vorliegen. Danach ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Frage, ob es sich bei der im vorliegenden Fall streitgegenständlichen Zuwendung des Antragstellers um ein Darlehen oder eine ehebezogene Zuwendung handelt, eine Auslegungsfrage und damit eine Einzelfallentscheidung.

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