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Alleinnutzung der Ehewohnung nach Ehescheidung – Nutzungsentschädigung

Die Konsequenzen der Alleinnutzung der ehemaligen Ehewohnung: Ein Fall der Nutzungsentschädigung

In einem komplexen Streit um Nutzungsentschädigung nach der Scheidung eines Paares, wurde der Oberlandesgerichts Koblenz gefordert, eine Entscheidung zu treffen. Die Scheidung selbst fand im Juni 2017 statt, und die beteiligten Parteien teilen sich das Eigentum an ihrem ehemaligen gemeinsamen Haus. Allerdings hat der Antragsgegner, ein ehemaliger Ehemann, das Haus seit der Trennung alleine genutzt. Die Antragstellerin, die ehemalige Ehefrau, fordert nun eine Entschädigung für diese Nutzung.

Direkt zum Urteil Az: 13 UF 266/21 springen.

Ein Streit um Nutzung und Eigentum

In der Mitte des Streites stand die Frage, ob und wie eine Nutzungsentschädigung für das gemeinsame Eigentum festgesetzt werden sollte. Die Antragstellerin forderte eine monatliche Zahlung von 220,00 Euro ab Januar 2020 als Ausgleich für ihre fehlende Nutzung des gemeinsamen Eigentums. Darüber hinaus machte sie geltend, dass der Wohnwert des Hauses aufgrund steigender Immobilienpreise nunmehr monatlich 440,00 Euro betragen würde. Der Antragsgegner, der das Haus seit der Scheidung alleine bewohnt, widersprach und führte an, dass die Forderung bereits bei der Berechnung seines Anteils an der Kindesunterhaltung und der Gesamtschuldnerausgleichsanspruch berücksichtigt worden sei.

Die Interpretation des Amtsgerichts

Das Amtsgericht Mayen hatte den Fall ursprünglich gehört und eine Entscheidung gefällt. Sie forderte den Antragsgegner auf, ab Juli 2020 eine monatliche Nutzungsentschädigung von 190,00 Euro zu zahlen, zusätzlich zu einem Rückstand von 1.140,00 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2020, einschließlich Zinsen. In der Begründung wurde auf § 1361b BGB verwiesen, der die finanziellen Verpflichtungen zwischen Ehepartnern im Falle einer Trennung regelt.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz

Als Antwort auf die Entscheidung des Amtsgerichts legte der Antragsgegner Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz ein. Das Gericht wies diese Beschwerde jedoch zurück. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat und sein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abgelehnt wurde.

Diese Geschichte unterstreicht die Komplexität und die potenziellen Kosten, die mit der Trennung und Scheidung verbunden sind, insbesondere wenn gemeinsames Eigentum betroffen ist. Es zeigt auch, wie wichtig es ist, die rechtlichen Konsequenzen von Entscheidungen während einer Scheidung zu verstehen, da diese langfristige finanzielle Auswirkungen haben können.


Das vorliegende Urteil

OLG Koblenz – Az.: 13 UF 266/21 – Beschluss vom 25.08.2021

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Mayen vom 15.04.2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.420,00 Euro.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über eine Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung des im gemeinsamen Eigentum stehenden Hauses durch den Antragsgegner.

scheidung wohnung
(Symbolfoto: ingae /Shutterstock.com)

Die Beteiligten sind je zu 1/2 Miteigentümer eines Hausanwesens, dem früheren Familienwohnsitz, welches der Antragsgegner nach der Scheidung alleine bewohnt. Die Ehe der Beteiligten ist seit Juni 2017 rechtskräftig geschieden. Im Mai 2019 verpflichtete das Oberlandesgericht Koblenz den Antragsgegner zur Zahlung von Kindesunterhalt, wobei es den Wohnvorteil von 380,00 Euro gemäß eines Sachverständigengutachtens des Jahres 2018 beim Antragsgegner als einkommenserhöhend berücksichtigte.

Die Antragstellerin forderte mit Schreiben vom 28.01.2020 vom Antragsgegner die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Hausanwesen von monatlich 220,00 Euro ab Januar 2020. Der Antragsgegner beansprucht von der Antragstellerin die Zahlung von 8.357,86 Euro im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches mit der Begründung, er habe gemeinsame Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Immobilie in der Zeit von 01.12.2016 bis zum 31.12.2019 alleine getragen. Das Verfahren ist beim Familiengericht Cochem anhängig.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung ab Juli 2020 von 220,00 Euro und eines Rückstandes von 1.320,00 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2020 nebst Verzugszinsen begehrt und zur Begründung ausgeführt, dass der Wohnwert aufgrund allgemein gestiegener Immobilienpreise mittlerweile monatlich 440,00 Euro betrage.

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, dass die geltend gemachte Nutzungsentschädigung bereits bei der Berechnung des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs und der Wohnwert bei der Berechnung des Kindesunterhalts zu seinen Lasten berücksichtigt worden seien.

Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Antragsgegner zur Zahlung von monatlicher Nutzungsentschädigung ab Juli 2020 von 190,00 Euro sowie eines Rückstandes von 1.140,00 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2020 nebst Zinsen verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch auf § 1363 b (gemeint:1361b) BGB beruhe und die Einwände der Antragstellerin gegen den sachverständigerseits ermittelten Wohnwert von 380,00 Euro nicht durchgriffen. Im Übrigen sei der Einwand des Antragsgegners hinsichtlich der bereits erfolgten Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung im Verfahren über den Gesamtschuldnerausgleich nicht substantiiert.

Gegen den am 19.04.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der am 19.05.2021 beim Amtsgericht eingelegten und am 18.06.2021 begründeten Beschwerde.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung vorliegend gegen das Verbot der Doppelverwertung verstoße, da der Wohnwert des Hausanwesens bereits zu seinen Lasten im Kindesunterhaltsverfahren berücksichtigt worden sei. Auch habe er die Nutzungsentschädigung schon bei der Berechnung des Gesamtschuldnerausgleichsanspruches angerechnet.

Er beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Mayen vom 15.04.2021 abzuändern und den Antrag auf Zahlung von Nutzungsentschädigung insgesamt zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass kein Fall der Doppelverwertung vorliege, da der Wohnvorteil im Kinderunterhaltsverfahren und nicht in einem Verfahren der Beteiligten Berücksichtigung gefunden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die nach §§ 58 ff., 117 FamFG statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde nach §§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung, da zusätzliche Erkenntnisse hiervon nicht zu erwarten sind und das Familiengericht vor Erlass der angefochtenen Entscheidung am 25.03.2021 mündlich verhandelt hatte. Der nach § 117 Abs. 3 FamFG erforderliche Hinweis wurde erteilt. Dem sind die Beteiligten nicht entgegen getreten.

2.

Zu Recht hat das Amtsgericht den Antragsgegner zur Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Zeit ab Januar 2020 in Höhe von monatlich 190,00 Euro verpflichtet.

Die Antragstellerin kann sich dabei auf § 745 Abs. 2 BGB stützen.

Danach kann jeder Teilhaber eines gemeinschaftlichen Gegenstandes, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

Die Trennung von Ehegatten, die bisher ein gemeinschaftliches Haus bewohnt haben, stellt eine grundlegende Änderung der Verhältnisse dar, so dass dem weichenden Ehegatten daher ab der Trennung und Scheidung ein Anspruch auf eine billige Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des Hauses gemäß § 745 Abs. 2 BGB zusteht (vgl. BGH NJW-RR 1993, 386f.; FamRZ 2010, 1630). Das stellt der Antragsgegner grundsätzlich auch nicht in Frage.

Dieser Anspruch wird nicht durch die Vorschriften über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nach Trennung und Scheidung gemäß §§ 1361b, 1568a BGB verdrängt. Dies gilt jedenfalls für den vorliegenden Fall, in dem sich die Beteiligten für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung über die grundsätzliche Nutzung der Wohnung durch den Antragsgegner einig sind (Beschluss des Senats vom 11.06.2014, Az.: 13 UF 159/14, in FamRZ 2015, 142ff. mit Verweis auf BGH a.a.O.; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 33).

Den Anspruch konnte die Antragstellerin erst ab dem Zeitpunkt eines deutlichen Zahlungsverlangens verfolgen. Ein solches liegt mit dem Schreiben vom 28.01.2020 vor.

Die Höhe der Nutzungsentschädigung mit der Hälfte des sachverständigerseits festgestellten Wohnwertes von 380,00 Euro anzunehmen, beanstandet der Antragsgegner gleichfalls nicht.

Sein Einwand, dass ein Fall der unzulässigen Doppelbewertung vorläge, weil der Wohnwert bereits im Kindesunterhaltsverfahren zu seinen Lasten einkommenserhöhend berücksichtigt worden sei, greift nicht durch.

Die Berücksichtigung eines Wohnvorteils in einem Unterhaltsverfahren der Beteiligten kann unter Abwägung der Umstände des Einzelfalles auf die Entscheidung, inwieweit eine Neuregelung nach § 745 Abs. 2 BGB zwischen den Teilhabern gerechtfertigt ist, Einfluss haben, so dass es der Billigkeit entsprechen kann, eine Nutzungsentschädigung zu versagen (vgl. BGH NJW 1986, 1339f.). So liegt der Fall aber gerade nicht, da an dem Unterhaltsverfahren die Kinder des Antragsgegners beteiligt sind und nicht die Antragstellerin (so OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1240). Welche Auswirkung das Zusprechen der Nutzungsentschädigung auf etwaig bestehende Unterhaltsansprüche der Ehegatten untereinander hat, ist vollkommen unklar. Dazu trägt der Antragsgegner nichts vor, auch nicht, dass überhaupt Unterhaltsansprüche der Beteiligten untereinander bestehen bzw. gezahlt werden. Die Berücksichtigung des Wohnvorteils im Kindesunterhaltsverfahren ist daher vorliegend für den Anspruch nach § 745 Abs. 2 BGB irrelevant.

Darüber hinaus ist es unerheblich, dass der Antragsgegner einen Gesamtschuldnerausgleich betreffend der von ihm getragenen Kosten und Lasten der Immobilie unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung von 190,00 Euro zu Gunsten der Antragstellerin monatlich für die Zeit bis 31.12.2019 geltend macht. Denn die Antragstellerin fordert im vorliegenden Verfahren eine Nutzungsentschädigung erst ab Januar 2020, so dass eine „Überschneidung“ schon nicht gegeben ist. Die Geltendmachung weiterer Ausgleichsansprüche hat sich der Antragsteller zwar vorbehalten, hat aber weder konkretisiert, welche Zahlungen er weiter tätigt, noch hat er diese belegt. Insoweit bleibt vorliegend hinsichtlich des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung auch kein Raum für eine etwaige Saldierung des Nutzungsentschädigungsanspruchs mit Ausgleichsansprüchen wegen Lastentragung nach § 748 BGB, die im Rahmen der Billigkeitserwägungen nach § 745 Abs. 2 BGB grundsätzlich in Betracht kommen kann (so OLG Köln, FamRZ 1994, 962 wegen Ungewissheit des Ausgleichsanspruchs).

Nach alledem unterliegt die Beschwerde der Zurückweisung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach §§ 35, 42 Abs. 1, 40 FamGKG i.V.m. dem Rechtsgedanken des § 51 FamGKG (vgl. OLG Braunschweig FamRZ 2017, 1767f.). Danach sind der Jahresbetrag der laufenden Leistung (12 x 190,00 Euro) und der Rückstand von 1.140,00 Euro zu addieren.

IV.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung abgelehnt. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.

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