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Formwirksamkeit eines in der Schweiz geschlossenen Ehevertrages

OLG Celle – Az.: 10 UF 43/22 – Beschluss vom 26.07.2022

I. Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 110.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Formwirksamkeit eines in der Schweiz geschlossenen Ehevertrages
(Symbolfoto: Africa Studio/Shutterstock.com)

Die Beteiligten, die am 17. Juni 2011 die Ehe geschlossen haben, leben seit Ende Mai/Anfang Juni 2019 voneinander getrennt. Seit dem 30. Juni 2020 ist das Scheidungsverfahren zwischen ihnen rechtshängig. Aus der Ehe sind die inzwischen neunjährige A und die fünfjährigen Zwillinge B und C hervorgegangen, für welche die Beteiligten mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts die Sorge gemeinsam ausüben. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht übt der Antragsgegner nach einem Senatsbeschluss vom 28. September 2021 (Geschäftsnummer 10 UF 74/21) allein aus.

Im Scheidungsverbund hat die Antragstellerin die Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich im Wege der Stufenanträge eingeleitet, die sich noch auf der Auskunftsstufe befinden. Im Rahmen dieser Folgesachen streiten die Beteiligten um die Wirksamkeit des von ihnen kurz vor der Hochzeit beim Notar C in der Schweiz geschlossenen Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrages vom 11. Juni 2011, in welchem auszugsweise und zusammengefasst folgende Regelungen getroffen wurden:

§ 1: ein modifizierter Zugewinnausgleich, welcher insbesondere den Ausschluss der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen des Ehemannes an Unternehmen vom Zugewinnausgleich beinhaltet sowie für den Fall, dass aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, der vom Ehemann an die Ehefrau zu zahlende Ausgleichsbetrag auf mindestens 400.000 € und höchstens 2,5 Mio. € festlegt;

§ 3: ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs;

§ 4: einen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt mit folgenden Ausnahmen:

b) sofern gemeinsame Kinder vorhanden sind, von denen eines zur Zeit der Rechtshängigkeit der Scheidung noch jünger als drei Jahre alt ist, zahlt der Ehemann der Ehefrau einen Unterhalt wegen Kinderbetreuung in Höhe von pauschal 100.000 €;

c) sofern gemeinsame Kinder vorhanden sind, die alle älter als drei Jahre alt sind, leistet der Ehemann der Ehefrau einen Unterhalt wegen Kinderbetreuung in Höhe von pauschal 100.000 €, wobei geleisteter Zugewinnausgleich über 400.000 € angerechnet wird, also bei einem Zugewinnausgleich von 500.000 € oder mehr der Unterhalt nicht zusätzlich ins Gewicht fällt;

c) bei mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit der Ehefrau erhält sie monatliche Unterhaltszahlungen auf gesetzlicher Grundlage bis zu einem maximalen Gesamtbetrag von 350.000 €.

§ 8: Salvatorische Klausel

Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Ehe- und Pflichtteilsverzichts-vertrag vom 11. Juni 2011 (Bl. 21 d.A.) verwiesen. Während die Antragstellerin zur Folgesache nachehelicher Unterhalt zunächst einen Antrag auf Auskunftserteilung und Belegvorlage über die Einkünfte des Antragsgegners verlangt, hat dieser im Wege des Widerantrags die Zwischenfeststellung beantragt, dass der zwischen den Beteiligten am 11. Juni 2011 abgeschlossene Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag wirksam und auch nicht im Wege der Ausübungskontrolle zu beanstanden sei. Darüber hinaus hat die Antragstellerin zur Folgesache Zugewinnausgleich die Anträge auf Auskunftserteilung und Belegvorlage zum End-, Anfangs und Trennungsvermögen des Antragsgegners gestellt. Der Antragsgegner hat die Zurückweisung beantragt, weil er meint, es bestünde aufgrund der ehevertraglichen Regelungen kein entsprechend uneingeschränkter Auskunftsanspruch.

Das Amtsgericht hat mit Teil-Beschluss vom 17. Dezember 2021 festgestellt, dass der zwischen den Beteiligten am 11. Juni 2011 abgeschlossene Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag wirksam sei und der Ausübungskontrolle standhalte. Zudem sei er formell nach Art. 11 EGBGB wirksam, weil die Formvorschriften des Schweizer Rechts im Kanton B eingehalten worden seien. Dass ein Schweizer Notar die deutschen Belehrungs- und Beratungspflichten nicht einhalten könne, berühre nicht das Innenverhältnis zwischen den Eheleuten, sondern nur das Auftragsverhältnis zum Notar. Ebenso wenig sei der Vertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 2 BGB nichtig, weil keine Täuschung zur Herbeiführung des Vertragsabschlusses dargetan sei. Der Vertragsentwurf sei den Beteiligten einige Wochen vor der Unterzeichnung zugesandt worden, um ihnen die Möglichkeit der Rücksprache mit ihren Juristen zu geben. Die Antragstellerin selbst habe den Entwurf an Rechtsanwalt T zur Prüfung versandt und mit ihm beraten. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Vertrags im Sinne von § 138 BGB, der in seinen Regelungen vielmehr individuell auf die Lebensumstände der Eheleute zugeschnitten sei und zeige, dass die Beteiligten den Fall eines Scheiterns zum verschiedenen Zeitpunkten ins Auge gefasst und hierfür Regelungen vorgesehen haben.

Gegen diesen Teil-Beschluss des Amtsgerichts, auf den wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Beschwerde, mit der sie die Abweisung des Feststellungsantrags des Antragsgegners und Fortsetzung der Verhandlung über die Stufenanträge in den Folgesachen Zugewinnausgleich und nachehelicher Unterhalt begehrt. Sie rügt weiterhin die Unzulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrags jedenfalls auf der Auskunftsstufe der Folgesachen, welche vorgreiflich seien. Die Antragstellerin könne erst nach Erfüllung der Auskunft- und Belegansprüche beurteilen, inwieweit sich der Ehevertrag nachteilig für sie auswirke. Im Falle der Zwischenfeststellung, der Vertrag sei wirksam, könne sie sich zudem auf spätere Änderungen, etwa bei eintretender Erwerbsminderung, Arbeitslosigkeit oder geänderten Betreuungssituation, nicht mehr berufen. Der Ehevertrag sei unwirksam, weil der Schweizer Notar – wie von ihm ausdrücklich in der Urkunde dokumentiert – den Beratungs- und Betreuungspflichten eines deutschen Notars nicht habe genügen können. Die Antragstellerin habe nur ein kurzes Beratungsgespräch mit Rechtsanwalt T über den vom Antragsgegner mit seinen Juristen vorbereiteten Vertragsentwurf gehabt, welcher nicht in die Details der Regelungen wie die außergewöhnliche Verrechnung von Zugewinnausgleichs- und Unterhaltsansprüchen eingegangen sei. Erstinstanzlich hatte die Antragstellerin bereits ausgeführt, dass ihr die Regelungen des Ehevertrags weder damals noch heute wirklich verständlich seien. Zudem habe bei Vertragsabschluss eindeutig eine ungleiche wirtschaftliche Ausgangssituation der Beteiligten vorgelegen und die Antragstellerin habe sich in einer Zwangslage befunden, weil der Antragsgegner sie ohne Unterzeichnung des Vertrags nicht habe heiraten wollen. Die Antragstellerin hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

Die Beschwerdeerwiderung verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertieft nochmals die bereits erstinstanzlich erfolgten Ausführungen zur Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrags für die Folgesachen bereits im Auskunftsstadium. Die ehevertraglichen Regelungen seien nicht sittenwidrig, zumal die modifizierende Regelung beim Zugewinnausgleich nicht zum sog. Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zähle und zudem der vereinbarte Betragsrahmen von 400.000 € bis 2,5 Mio. € sogar auf Anregung der Antragstellerin entsprechend einer E-Mail vom 21. März 2011 an den Antragsgegner aufgenommen worden sei. Ebenso habe sie andere Regelungen wie den auf ihren Wunsch ausgeschlossenen Versorgungsausgleich mitgestaltet und sich im Vorfeld nicht nur von Rechtsanwalt T, sondern auch von Rechtsanwältin S aus H beraten lassen. Ihr waren durch die anwaltlichen Beratungen sowie die eigene Lektüre von Fachliteratur hinlänglich die Regelungen des Ehevertrags bekannt und sie hatte diese auch verstanden. Es habe keine Zwangslage zum Abschluss des Ehevertrags vorgelegen. Ebenso wenig gäbe es Anhaltspunkte dafür, dieser könnte nach heutigem Stand der Ausübungskontrolle nicht standhalten, zumal die Antragstellerin über eigenes erhebliches Vermögen in siebenstelliger Höhe verfüge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle aus den mündlichen Erörterungen sowie den Inhalt auch der beigezogenen Akten zu den Verfahren 624 F 3325/19 (UE), 624 F 2497/19 (WH) verwiesen.

II.

Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts erhobene zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

1. Die als Widerantrag begehrte Zwischenfeststellung, dass der vor der Eheschließung am 11. Juni 2011 abgeschlossene Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag wirksam und auch im Wege der Ausübungskontrolle nicht zu beanstanden ist, wurde vom Amtsgericht zutreffend als – auch auf der Auskunftsstufe – zulässig angesehen.

a) Zur Zulässigkeit einer solchen Zwischenfeststellung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass grundsätzlich die Befugnis dieses Antrags in einer Scheidungsfolgesache besteht, sofern die Voraussetzungen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO dafür erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 20. März 2019 – XII ZB 310/18, FamRZ 2019, 953 Rn. 18). Das ist hier der Fall. Die Antragstellerin begehrt mit ihren Stufenanträgen nacheheliche Unterhalts- und Zugewinnausgleichansprüche, welchen der Antragsgegner die ehevertraglich vereinbarten Regelungen entgegenhält. Damit handelt es sich bei der Frage, ob der Ehevertrag wirksam ist und der Ausübungskontrolle standhält, um eine vorgreifliche Frage, die vor etwaigen weiteren Teilentscheidungen auf der Auskunftsstufe zum nachehelichen Unterhalt und Zugewinnausgleich verbindlich geklärt werden muss. Andernfalls drohen einander widersprechende Teilentscheidungen, was es zu vermeiden gilt. So ist im Falle eines Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin ein pauschalierter Betrag und nur im Falle von Krankheitsunterhalt eine konkrete Berechnung unter Beachtung eines Höchstbetrags im Ehevertrag vereinbart; im Übrigen ist der nacheheliche Unterhalt ausgeschlossen. Damit käme es – die Wirksamkeit der Vereinbarung unterstellt – allenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs wegen einer vorliegend nicht ersichtlichen Erwerbsminderung der Antragstellerin auf die Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners an.

Beim Zugewinnausgleich sind nach dem Ehevertrag modifizierende Regelungen zu beachten, die bereits Auswirkungen auf den Umfang der Auskunfts-, Wertermittlungs- und Belegpflichten des Antragsgegners haben. Diese bestehen nur im Rahmen eines berechtigten Auskunftsinteresses, ohne dass es insoweit ausdrücklich beschränkender Regelungen im Ehevertrag bedürfte. Nach dem Ehevertrag sind Vermögenswerte wie die Unternehmensbeteiligungen des Antragsgegners nebst möglichen Surrogaten im Zugewinnausgleich außer Ansatz zu lassen, sodass er über solche Vermögenspositionen im Anfangs- und Endvermögen nur Auskunft erteilen muss, es aber keiner Wertangaben oder Belege zur Wertermittlung bedarf und auch keine (kostenträchtige) Wertermittlung im Sinne des § 1379 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB angezeigt ist.

b) Soweit der Versorgungsausgleich, über den im Scheidungsverbund von Amts wegen eine Entscheidung zu treffen ist, nach den ehevertraglichen Bestimmungen vollständig ausgeschlossen ist, liegen die Auskünfte der Versorgungsträger bereits vor. Damit kann die Beurteilung einer eventuellen unzumutbaren Benachteiligung eines Ehegatten im Rahmen der Ausübungskontrolle bereits erfolgen und ist nicht verfrüht.

c) Der Einwand, die heutige Feststellung führe dazu, dass spätere Änderungen der Lebens- und Einkommensverhältnisse, welche zu einer anderen Beurteilung im Rahmen der Ausübungskontrolle des Ehevertrages führen würden, nicht mehr berücksichtigt werden könnten, greift nicht durch. Der Bundesgerichtshof hat jüngst entschieden, dass sich auch dann, wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrags nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, durch die weitere Entwicklung ergeben kann, dass ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung i.S.v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer späteren Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 17. März 2021 – XII ZB 221/19, BGHZ 229, 128 Rn. 29). Solche zum erstmaligen Prüfungszeitpunkt maßgeblichen Veränderungen sind nicht nur zugunsten des begünstigten Ehegatten, sondern konsequenter Weise ebenso zugunsten des benachteiligten Ehegatten einer Neubewertung in einem Abänderungsverfahren zugänglich.

2. Der Zwischenfeststellungsantrag ist darüber hinaus auch begründet. Der notarielle Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrags vom 11. Juni 2011 ist als wirksam anzusehen und bedarf keiner Anpassung im Rahmen der Ausübungskontrolle.

a) Dabei ist der Ehevertrag nicht als formnichtig im Sinne von § 125 BGB zu bewerten, weil die gemäß §§ 1410, 1585c Satz 2 BGB, § 7 Abs. 1 VersAusglG vorgesehene notarielle Form nicht gewahrt worden sein könnte. Gemäß Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EGBGB genügt ein Rechtsgeschäft den Formerfordernissen, wenn es die Formvorschriften des Ortsrechts erfüllt, in welchem es vorgenommen wird. Der vorliegende Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag ist in dem Schweizer Kanton B vor einem örtlichen Notar geschlossen und von zwei Zeugen entsprechend den dortigen Formvorschriften bei auch erbrechtlichen Verfügungen mitunterzeichnet worden (vgl. hierzu Opris, NZFam 2020, 501, 503). Damit genügt er den Formvorschriften des Ortsrechts und es kommt nicht darauf an, ob die Beurkundung beim Schweizer Notar auch den Formerfordernissen des Geschäftsrechts (sog. Wirkungsstatut) im Sinne der 1. Alternative des Art. 11 Abs. 1 EGBGB entspricht. Das Wirkungsstatut ist vorliegend das deutsche Recht, sodass sich die Frage stellen würde, ob die kantonale notarielle Form die deutsche Beurkundungsform substituieren kann (vgl. Opris, a.a.O. S. 502; Grüneberg/Thorn, BGB, 81. Aufl., Art. 11 EGBGB Rn. 9 f), was wie ausgeführt vorliegend offenbleiben kann.

b) Zudem hält der Vertrag vom 11. Juni 2011 der Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB stand. Diese Wirksamkeitskontrolle versagt einem Vertrag nur dann die Anerkennung der Rechtsordnung, wenn er schon bei Vertragsabschluss offenkundig – und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall geführt hätte, dass er als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – XII ZB 318/11, NJW 2015, 52 Rn. 52). Dies kann der Fall sein, wenn sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt (vgl. BGH, aaO Rn. 21).

So liegt der Fall hier grundsätzlich nicht. Der Vertrag begegnet weder bei isolierter Betrachtung einzelner Regelungen noch einer Gesamtbetrachtung aller ehevertraglichen Regelungen am Maßstab des § 138 BGB durchgreifenden Bedenken. Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit ist zu beachten, dass die einseitig benachteiligenden Belastungen durch den Vertrag umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreifen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2020 – XII ZB 447/19, NZFam 2020, 772 Rn. 18 ff mwN). Sind die einzelnen Regelungen des Ehevertrages für sich genommen wirksam, so kann sich die Sittenwidrigkeit auch aus einer Gesamtwürdigung des Vertrages ergeben, wenn das Zusammenwirken aller ehevertraglichen Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt und der andere Ehegatte insofern die unterlegene Verhandlungsposition dieses Ehegatten ausgenutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, NJW 2013, 380 Rn. 22 ff mwN).

aa) Zum besonders schützenswerten Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zählt etwa der Versorgungsausgleich als vorweggenommener Altersunterhalt (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – XII ZB 303/13, NJW 2014, 1101 Rn. 16, 19), welchen die Beteiligten ausgeschlossen haben. Einer vertraglichen Gestaltung steht er nur begrenzt offen. So ist ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 138 Abs. 1 BGB schon für sich genommen unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des bereits beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität unvereinbar erscheint (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2020, a.a.O. Rn. 23 mwN).

Hiervon kann vorliegend auch aus der Perspektive der sich auf die Unwirksamkeit berufenden Antragstellerin angesichts deren schon bei Vertragsschluss gut bezahlten eigenen Erwerbstätigkeit, welche der Antragstellerin den Aufbau einer eigenen Altersvorsorge ermöglicht hat, nicht ausgegangen werden. Ihre Einkünfte lagen bei Vertragsschluss bei rund 100.000 € jährlich. Neben hieraus bereits aufgebauten Altersvorsorgevermögen brachte sie weitere erhebliche Vermögenswerte in die Ehe mit, welche eine unzureichende Alterssicherung nicht befürchten ließen.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass sich die Antragstellerin, wie schon bei Vertragsschluss geplant oder verwirklicht, allein der Betreuung der gemeinsamen Kinder widmen würde und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe – weitgehend – verzichtet hat. Der Ehevertrag nimmt aber einleitend gerade Bezug auf die Möglichkeit, dass eine Fremdbetreuung eventuell geborener gemeinsamer Kinder selbst in den ersten drei Lebensjahren erfolgen darf und beide Eheleute ihre berufliche Selbständigkeit behalten möchten. Damit sollte nach damaligen Vorstellungen der Beteiligten keine klassische Rollenteilung erfolgen, sofern Kinder aus der Ehe hervorgehen.

bb) Darüber hinaus haben die Beteiligten im Streitfall den Betreuungs- und Krankheitsunterhalt modifiziert und andere Unterhaltsansprüche etwa wegen Alters gänzlich ausgeschlossen, was objektiv in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Insbesondere der Anspruch auf Unterhalt wegen der Betreuung minderjähriger Kinder, welcher am Kindesinteresse ausgerichtet ist, bleibt der Dispositionsfreiheit der Ehegatten weitgehend entzogen (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02, NJW 2004, 930; Beschluss vom 15. März 2017 – XII ZB 106/16, NJW 2017, 1883 mwN). Eine Modifikation oder Ausschluss dieses Anspruchs hindert allerdings dann nicht die Wirksamkeit des Vertrags, wenn bei Vertragsschluss ein Kinderwunsch noch nicht bestand (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2007 – XII ZR 132/05, NJW 2008, 1080) oder aufgrund der beiderseitigen Berufstätigkeit beider Ehegatten noch nicht absehbar war, dass einer der Ehegatten seine Berufstätigkeit aufgeben würde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, NJW 2013, 380).

Einleitend gibt der Ehevertrag die Vorstellung der Eheleute wieder, dass Kinder geboren werden. Allerdings wollten sie ausdrücklich ihre berufliche Selbständigkeit behalten und unter Einbeziehung von fremder Hilfe ihre Erwerbstätigkeit fortführen. Da ein Zurückstecken der eigenen Karriere offenbar von keinem der Ehegatten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses beabsichtigt war, kann der teilweise Verzicht auf den Betreuungsunterhalt nicht per se als unwirksam angesehen werden. Dies unterscheidet die Konstellation von anderen Fällen, in denen die später eingeschränkte oder aufgegebene Berufstätigkeit der Ehefrau bei Vertragsschluss bereits absehbar war, sofern Kinder geboren werden (s. etwa OLG Celle, NZFam 2021, 591, 594 f).

Gegen eine besonders einseitige Lastenverteilung spricht im Streitfall auch, dass die Antragstellerin nur teilweise auf nacheheliche Unterhaltsansprüche verzichtet hat, während der Antragsgegner vollumfänglich auf nachehelichen Unterhalt verzichtet hat. Zudem sind im Falle einer Kinderbetreuung durch die Antragstellerin wenigstens pauschalierte Unterhaltsbeträge vorgesehen und ebenso werden ihr im Falle einer Erwerbsminderung zu berechnende, auf einen Maximalbetrag limitierte Unterhaltsansprüche zugebilligt. Diese Beträge sehen eine Wertsicherung durch eine mögliche Anpassung an den Verbraucherpreisindex in Deutschland entsprechend den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes vor, sodass ein zwischenzeitlicher Wertverlust abgefedert wird. Darüber hinaus hat sich der Antragsgegner verpflichtet, die Antragstellerin im Falle einer durch ihn stattfindenden Betreuung von gemeinsamen Kindern von deren Unterhaltsansprüchen gegenüber der Antragstellerin frei zu halten. Zuletzt sieht der Ehevertrag für den Fall, dass aus der Ehe Kinder hervorgehen, höhere Zugewinnausgleichsansprüche für die Ehefrau vor als für den Fall einer kinderlos gebliebenen Ehe.

cc) Gegen den vertraglich modifizierten Zugewinnausgleich bestehen ebenfalls keine Wirksamkeitsbedenken. Der Zugewinnausgleich ist ein Bereich des Scheidungsfolgenrechts, welcher am weitesten einer ehevertraglichen Disposition zugänglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17, FamRZ 2018, 1415 Rn. 18).

Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs modifiziert § 1 zwar den gesetzlichen Güterstand für den Fall gemeinsamer Kinder oder einer mindestens fünf Jahre dauernden Ehe und sieht einen – ebenfalls orientiert am Verbraucherpreisindex wertgesicherten – Betragsrahmen vor. Bei einer kürzeren Ehe ohne gemeinsame Kinder hat die Antragstellerin gänzlich auf den Zugewinnausgleich verzichtet. Diese Regelungen mögen zwar nachteilig für die Antragstellerin gewesen sein, sind allerdings angesichts auch ihrer damals guten wirtschaftlichen Situation nicht unzumutbar belastend, zumal das Führen einer Doppelverdienerehe beabsichtigt war. Gerade bei Unternehmerehen wie im Streitfall ist es üblich, den Zugewinn auszuschließen oder wenigstens die betrieblichen Werte vom Zugewinnausgleichs auszunehmen (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 1547), weil hiermit nicht nur der laufende Lebensunterhalt des Unternehmers gesichert werden soll, sondern hierin meist auch ein Teil der Altersvorsorge von Selbständigen steckt. Damit geht oft ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich einher, was die Nachteile des anderen Ehegatten im Falle einer rentenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit oftmals kompensiert oder abschwächt. Vorliegend ist sogar eine mögliche Verschiebung von privatem in betriebliches Vermögen durch eine Surrogateregelung in die Vereinbarung einbezogen worden, wodurch einer manipulativen Verringerung des Zugewinns durch solche Verfügungen vorgebeugt wurde.

Dass zudem auch die Interessen der Antragstellerin in den Vertrag einbezogen worden sind, zeigt der Umstand, dass im Falle einer Zugewinnausgleichsberechnung auch ihr bereits vorhandener Grundbesitz außer Ansatz bleiben sollte (vgl. § 1 Abs. 5 e) Ehevertrag). Der Ehemann hat mit Ausnahme des Todesfalles der Ehefrau auf einen Zugewinnausgleich verzichtet. Damit ist die Vereinbarung zum Güterstand nicht als zu unausgewogen und erheblich einseitig belastend zu bewerten.

dd) Sind die einzelnen Regelungen des Ehevertrages für sich genommen wirksam, so kann sich die Sittenwidrigkeit auch aus einer Gesamtwürdigung des Vertrages ergeben, wenn das Zusammenwirken aller ehevertraglichen Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt und der andere Ehegatte insofern die unterlegene Verhandlungsposition dieses Ehegatten ausgenutzt hat (vgl. BGH NJW 2013, 380 Rn. 22 ff. mwN). Auch dies lässt sich vorliegend nicht sicher feststellen.

(1) So kann sich auch der Verzicht des Ehemannes auf nacheheliche Unterhaltsansprüche jeglicher Art zugunsten der Ehefrau auswirken, etwa im Falle einer durch ihn vorgenommenen Betreuung der Kinder bei gleichzeitiger Aufgabe der Erwerbstätigkeit. Ebenso war der Ausschluss des Versorgungsausgleichs damals als für die Ehefrau vorteilhaft bewertet worden.

Was das Zusammenspiel von Betreuungsunterhalt und Zugewinnausgleichsansprüchen der Ehefrau angeht, gibt es zwar eine ungewöhnliche Anrechnungsregelung in § 4 Abs. 1 c) des Ehevertrags. Diese hat einen teilweisen Verzicht auf etwaigen Betreuungsunterhalt zulasten der Antragstellerin zur Folge, wenn solche Ansprüche auf den Zugewinnausgleich angerechnet werden. Die Anrechnung ist allerdings nur für den Fall vorgesehen, dass die gemeinsamen Kinder bei Einleitung des Scheidungsverfahrens über drei Jahre alt sind und der zugunsten der Antragstellerin errechnete Zugewinnausgleichsanspruch über 400.000 € liegen würde. Dies zeigt, dass die Eheleute die Nachteile dieser Regelung begrenzen wollten. Trotz der dadurch gegebenen Benachteiligung der Antragstellerin sollten somit keine unzumutbar belastenden Folgen eintreten.

(2) Selbst wenn die ehevertraglichen Regelungen in der Gesamtbetrachtung objektiv als stark unausgewogen zulasten der Antragstellerin angesehen würden, fehlt es aber insbesondere auf der subjektiven Seite an hinreichenden Anhaltspunkten für die Annahme der Sittenwidrigkeit des Ehevertrages. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 – XII ZB 20/17, NJW 2018, 1015 Rn. 19 mwN; vom 27. Mai 2020 – XII ZB 447/19, FamRZ 2020, 1347 Rn. 28 f).

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beteiligten aufgrund einer ungleichen Verhandlungsposition bei Vertragsabschluss den Ehevertrag abgeschlossen haben. Bei Abschluss des Ehevertrags haben beide Eheleute aufgrund ihrer Berufstätigkeit ihr eigenes Einkommen erzielt und waren zudem beide aufgrund ihres vorhandenen erheblichen Vermögens wirtschaftlich abgesichert. Ausweislich der ehevertraglichen Einleitung lagen die jährliche Einkünfte der damals 36jährigen Ehefrau bei rund 100.000 € und beim 34jährigen Ehemann bei rund 510.000 €. Die Ehefrau hatte zu diesem Zeitpunkt als gelernte Bankkauffrau und studierte Betriebswirtin bei Investmentbanken und Finanzabteilungen großer Konzerne gearbeitet. Der Ehemann ist schon damals für einige Gesellschaften im Familienbesitz tätig gewesen.

Allein diese gute Ausbildung und der berufliche Werdegang der Antragstellerin sprechen dagegen, dass sie bei Vertragsabschluss intellektuell unterlegen gewesen sein oder sich gar in einer Zwangslage befunden haben könnte. Ihre Behauptung, schon damals nicht alle Regelungen richtig verstanden und eine endgültige Trennung nicht bedacht zu haben, ist spätestens mit dem vom Antragsgegner vorgetragenen E-Mail-Verkehr zwischen den Beteiligten vor Abschluss des Ehevertrags widerlegt. Die eigenen schriftlichen Ausführungen der Antragstellerin spiegeln das Bild einer offenkundig geschäftlich erfahrenen und scharfsinnigen künftigen Ehefrau, die sich intensiv mit den ehevertraglichen Regelungen und ihren Folgen befasst hatte. So verlangte sie etwa ein „cap“ beim Zugewinnausgleich, was den vorgesehenen Betragsrahmen zwischen 400.000 € und 2,5 Mio. € erklärt. In ihrem vorrangigen Interesse hat sie den Ausschluss des Versorgungsausgleichs sowie Verzicht auf Kindesunterhaltszahlungen für den Fall, dass der Ehemann die gemeinsamen Kinder in seiner Obhut hat, ausgehandelt. Dass sie von einer Heirat abhängig gewesen sein könnte und nur aus diesem Grund den vom Antragsgegner vorbereiteten Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag unterzeichnet hat, ist realitätsfern. Ebenso kann kaum nachvollzogen werden, dass sie die Beschränkungen beim nachehelichen Unterhalt und die denkbare Anrechnung auf Zugewinnausgleichsansprüche nicht verstanden haben will.

Allein die Möglichkeit, sich aufgrund der frühen Zusendung des Vertragsentwurfs anwaltlich beraten lassen zu können, spricht im Übrigen gegen das angebliche Ungleichgewicht auf der Informationsebene bei Abschluss des Vertrages. Unstreitig hat sie sich im Vorhinein jedenfalls des anwaltlichen Rates von Rechtsanwalt T bedient und es lag in ihrer eigenen Verantwortung und Entscheidungshoheit, diesen Anwalt nicht intensiver in die Vertragsgestaltung einzubeziehen. Da diese im Vorhinein ausreichend mögliche Beratung durch deutsche Anwälte für die Beteiligten gegeben war, kann der Vertrag ebenso wenig wegen der unterbliebenen Beratung und Belehrung des Schweizer Notars, welcher den Pflichten des deutschen Rechts in § 17 BeurkG nicht unterliegt, als sittenwidrig angesehen werden.

Ausdrücklich wird von den Eheleuten im Ehevertrag einleitend betont, dass ihnen ein selbstbestimmtes, in Eigenverantwortung geführtes Leben wichtig wäre und selbstverständlich sei, dass im Falle des Scheiterns der Ehe jeder selbst für seinen Unterhalt zu sorgen habe. Im Falle der Geburt gemeinsamer Kinder solle deren Existenz und eine bestmögliche Ausbildung vorrangig gesichert sein. Beide haben einvernehmlich einer Fremdbetreuung gemeinsamer Kinder auch in den ersten drei Lebensjahren nach der Geburt zugestimmt. Damit zeigen bereits die Vorbemerkungen des Ehevertrages über die Motivlage der Beteiligten, dass sie sowohl die Geburt von Kindern als auch ein Scheitern der Ehe für möglich gehalten haben. Eine eventuell wegen gemeinsamer Kinder erschwerte Berufstätigkeit haben die Beteiligten in ihre Erwägungen ebenfalls einbezogen, aber die Fremdbetreuung selbst in jungen Jahren erlaubt, offenbar mit dem Ziel, möglichst weiter ihrer Berufstätigkeit nachgehen zu können. Dass die Regelungen zum Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt möglicherweise einmal zulasten der Antragstellerin gehen könnten, war ihr sicherlich bewusst, aber angesichts der bei ihr ebenfalls vorhandenen guten vermögensrechtlichen und beruflichen Ressourcen erschien ihr das offenkundig akzeptabel.

c) Ebenso wenig ist es dem Antragsgegner bei der gebotenen Ausübungskontrolle über die Regelungen des Ehevertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die ihn begünstigenden Regelungen zu berufen. Maßgeblich ist insoweit, dass sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Verzicht dieser Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17, FamRZ 2018, 1415 Rn. 20 m.w.N.; vom 17. März 2021 – XII ZB 221/19, BGHZ 229, 128 Rn. 28).

Dabei ist zu beachten, dass mit der Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbrauchskontrolle (§ 242 BGB) allein ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden sollen (BGH, Beschluss vom 17. März 2021, a.a.O.). Sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche Ausübungskontrolle nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich entgangene ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zu stellen, als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehenden Dispositionen über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben. Maßgeblich ist insoweit, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge bzw. dem teilweisen Verzicht eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die beiden Eheleute von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht und dadurch bei dem belasteten Ehegatten ehebedingte Nachteile entstanden sind, die durch den Ehevertrag nicht angemessen kompensiert werden (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018, a.a.O. Rn. 20, 31 mwN).

aa) Soweit – was streitig ist – die Eheleute zur Zeit des Vertragsschlusses davon ausgegangen sein sollten, dass die Ehefrau trotz möglicher gemeinsamer Kinder berufstätig bleiben würde, wich die tatsächliche Lebensgestaltung von diesen Plänen später ab: Die Antragstellerin hat ausweislich des im Versorgungausgleichsverfahrens von der gesetzlichen Rentenversicherung beigefügten Versicherungsverlaufs bei Eheschließung im Jahr 2011 und noch bis zur Geburt des ersten Kindes ein Einkommen oberhalb der Sozialversicherungsgrenzen erzielt (Bl. 84 Rs. VA-Heft). Im Jahre 2014 hat sie bis zur Geburt der Zwillinge im Frühjahr 2017 ein Einkommen von ca. 40.000 € brutto jährlich verdient, was aus einer Teilzeittätigkeit stammen dürfte. Die in den folgenden Jahren laut Versicherungsverlauf erzielten geringen Einkommensbeträge zeigen aber, dass sie die Berufstätigkeit dann nicht fortgesetzt hat. Zwischenzeitlich soll sie wieder ihre Berufstätigkeit aufgenommen hat, wobei zum Umfang und Verdienst nichts bekannt ist.

Ob dem Antragsgegner daher eine Berufung auf den nach der Vereinbarung pauschaliert abzugeltenden Betreuungsunterhalt nach § 242 BGB verwehrt ist, bedarf insofern keiner Klärung, als die gemeinsamen Kinder seit Herbst 2021 überwiegend in seiner Obhut leben. Damit ist die Antragstellerin an der Ausübung einer Berufstätigkeit wegen einer Betreuung der Kinder nicht gehindert. Es bedarf damit auch keiner Entscheidung darüber, ob ausnahmsweise die Anrechnung des Unterhalts auf einen Zugewinnausgleichsanspruch entsprechend § 4 (1) c) der ehevertraglichen Regelung einer Anpassung bedürfte.

Da die Antragstellerin ebenso wenig wegen einer Erkrankung erwerbsgemindert ist, bedarf es keiner Ausübungskontrolle über diese modifizierende Unterhaltsregelung im Ehevertrag. Sofern andere Unterhaltstatbestände vertraglich ausgeschlossen worden sind, begegnet diese Absprache auch zum Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe und gemessen an § 242 BGB keinen durchgreifenden Bedenken. Vielmehr sind die Beteiligten beide aufgrund ihrer Vorbildung und sonstigen Ressourcen sowie der derzeitigen Lebensumstände erkennbar in der Lage, der bei Vertragsschluss betonten Selbstverantwortung tatsächlich Rechnung zu tragen. Dies entspricht im Übrigen der in § 1569 BGB betonten Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Scheidung.

bb) Nach Durchsicht der Auskünfte der Versorgungsträge ist auch der Verzicht auf den Versorgungsausgleich nach heutigem Stand für die Antragstellerin nicht nachteilig, sodass es sich nicht um eine den Antragsgegner begünstigende Regelung handelt, auf welche er sich nicht nach Treu und Glauben berufen dürfte. Obgleich die Antragstellerin in der Ehezeit teilweise nicht mehr berufstätig war, sondern sich um die Betreuung der drei Kinder gekümmert und gewisse Nachteile im Aufbau von Rentenansprüchen hingenommen hat, ist der Verzicht nach wie vor für sie günstig.

Dies zeigt die Übersicht über die Auskünfte im Versorgungsausgleichsverfahren:

cc) Es ergeben sich auch keine ausreichenden Anknüpfungspunkte für eine notwendige Korrektur der zum Güterrecht getroffenen ehevertraglichen Vereinbarungen im Wege einer Ausübungskontrolle. Die Regelung zum Zugewinnausgleich sieht vielmehr einen Abfindungsrahmen zwischen 400.000 € und 2,5 Mio. € vor, wodurch keine unzumutbare Benachteiligung der Antragstellerin erkennbar ist, zumal es sich nicht um einen Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts handelt. Dieser Abfindungsrahmen ist zudem ausreichend, um ehebedingte Nachteile der Antragstellerin bei der Altersvorsorge zu kompensieren, welche sie in der Ehezeit – insoweit abweichend zu den ursprünglichen Planungen – wegen der Kinderbetreuung erlitten hat: Sie war nach der Geburt der Kinder nur phasenweise und eingeschränkt berufstätig, während sie in den Jahren 2010 bis 2012 laut Versicherungsverlauf noch ein Einkommen in mindestens doppelter Höhe des damaligen Durchschnittsentgelts von 31.144 € (2010), 32.100 € (2011) bzw. 33.002 € (2012) verdient und somit etwa 2 Entgeltpunkte (EP) jährlich in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung erlangt hat. Damit ist anzunehmen, dass sie ohne die Kinderbetreuung ca. 9 Jahre *2 EP = 18 EP statt der tatsächlich erworbenen 13,1403 EP in der Ehezeit erzielt hätte; dieser kinderbedingte Versorgungsnachteil von etwa 5 EP macht einen kapitalisierten Nachteil zum Ende der Ehezeit von rund 38.000 € aus (5 * 7542,4860) und bewegt sich bei den gehobenen Vermögensverhältnissen beider Beteiligten und aufgrund des Abfindungsbetrags beim Zugewinnausgleich noch in einem hinzunehmenden Rahmen.

Es ist auch keine Sachverhaltskonstellation ersichtlich, wonach die sogenannte Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich aufgrund der Vertragsgestaltung und späteren Vermögensgestaltung gestört sein könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018, a.a.O. Rn. 23 f mwN). Da der Versorgungsausgleich gänzlich ausgeschlossen und der Zugewinnausgleich modifiziert worden ist, wirkt es sich nicht zulasten der Antragstellerin aus, wenn der Antragsgegner während der Ehezeit seine Altersvorsorge statt in Rentenversicherungsverträgen eher durch einen Ausbau des Privatvermögens betreibt. Vielmehr wäre dies aufgrund des Abfindungsrahmens beim Zugewinnausgleich sogar zugunsten der Antragstellerin, weil sich ihr Zugewinnausgleichsanspruch auf einen Betrag von bis zu 2,5 Mio. € erhöhen kann.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin im Alter hinreichend abgesichert sein dürfte. Sie verfügt über nicht unerheblichen Grundbesitz am Starnberger See, erhält aufgrund des Ehevertrags einen Zugewinnausgleich von wenigstens 400.000 € und kann aufgrund des jungen Alters und ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn noch hinreichend selbst für den weiteren Ausbau ihres Vermögens einschließlich einer Alterssicherung sorgen.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass es missbräuchlich sein könnte, dass sich der Antragsgegner auf den Verzicht bzw. die Modifikation eines möglichen Zugewinnausgleichsanspruchs beruft, zumal aufgrund der grundsätzlichen Kernbereichsferne des Zugewinnausgleichs nur unter engsten Voraussetzungen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17, FamRZ 2018, 1415 Rn. 22). Dafür fehlt es vorliegend an jeglichen Anhaltspunkten.

3. Die Wertfestsetzung für die Beschwerdeinstanz hat ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 FamGKG. Der Zwischenfeststellungsantrag des Antragsgegners wurde im Rahmen der auf der Auskunftsstufe anhängigen Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich erhoben. Da sich die Antragstellerin gegen die Zwischenfeststellung des Amtsgerichts über die Wirksamkeit des Ehevertrags zur Wehr setzt, bestimmt sich der Beschwerdewert nicht nach dem Abwehrinteresse des Auskunftspflichtigen, sondern nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Zwischenfeststellungsausspruchs für die Antragstellerin. Diese entspricht ihrem Angriffsinteresse, welches sie mit den zunächst auf der ersten Stufe erhobenen Auskunftsanträgen verfolgt, wofür nach § 42 Abs. 1 FamGKG regelmäßig ein Bruchteil von rund 10% des möglichen Zahlungsanspruchs angesetzt werden kann.

Der Senat hält es in der Folgesache nachehelicher Unterhalt für angemessen, hierfür einen Verfahrenswert von 9.500 EUR (ca. 10% von 7.900 EUR * 12 = 94.800 EUR) anzusetzen. Da die Antragstellerin noch keinen Leistungsantrag beziffert oder anderweitig konkrete Erwartungen geäußert hat, muss der Wert geschätzt werden. Für diese Schätzung kommt es auf die wirtschaftlichen Erwartungen an, welche mit der Einleitung der Folgesache (vgl. § 34 Satz 1 FamGKG) verbunden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 – XII ZB 219/13, MDR 2013, 977 Rn. 12). Die wirtschaftlichen Erwartungen werden sich vorliegend an dem im Trennungsunterhaltsverfahren vereinbarten Unterhaltsbetrag von 7.900 € orientiert haben, sodass hieran bei der Schätzung des Verfahrenswert angeknüpft wird.

In der Folgesache Zugewinnausgleich hat der angefochtene Zwischenfeststellungsausspruch insofern eine wirtschaftliche Bedeutung für die Antragstellerin, als ihr Auskunftsinteresse und das mögliche Zahlungsbegehren durch die modifizierenden Regelungen des Ehevertrags beeinflusst werden. Es erscheint angesichts der Vermögensverhältnisse der Beteiligten angemessen, wenigstens ein Angriffsinteresse der Antragstellerin von 1 Mio. EUR bei Einleitung der Folgesache für realistisch anzunehmen, sodass der mit 10% zu bemessende Verfahrenswert bei 100.000 EUR liegt.

4. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe im Sinne von § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG erkennbar sind. Insbesondere fehlt es angesichts der umfassenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrags und Wirksamkeit von Eheverträgen an noch klärungsbedürftigen, abstrakten Rechtsfragen, die sich auch im Streitfall stellen und entscheidungserheblich wären.

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