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Sittenwidrigkeit einer Rücktrittsklausel bei Zuwendung eines hälftigen Miteigentumsanteils

OLG Stuttgart – Az.: 18 UF 67/19 – Beschluss vom 05.06.2019

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Hechingen vom 19.02.2019, Az. 4 F 45/16, wie folgt abgeändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, folgende Willenserklärung abzugeben:

„Ich, M. R., bin mit K.-M. R. damit einig, dass mein hälftiges Miteigentum an dem Grundstück H.-Straße, Gebäude – und Freifläche, B., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts S. (früher: Amtsgerichtsbezirk H., Grundbuchamt H.), Gemeinde B., Grundbuch von B. Nr. x…, BV Nr. 1, Flst. x…/x, auf K.-M. R. übergeht.

Ich bewillige die Eintragung von K.-M. R. als Alleineigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts S. (früher: Amtsgerichtsbezirk H., Grundbuchamt H.), Gemeinde B., Grundbuch von B. Nr. x…, BV Nr. 1, Flst. x…/x, eingetragenen Grundstücks H.-Straße, Gebäude – und Freifläche, B..“

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 131.941,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1.

Die Beteiligten haben am 16.09.1994 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind zwei mittlerweile volljährige Kinder hervorgegangen.

Die Trennung der Beteiligten erfolgte im Februar 2015. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 12.11.2015 zugestellt. Zwischenzeitlich hat das Amtsgericht Hechingen die Ehe der Beteiligten mit Beschluss vom 26.02.2019 geschieden (4 F 209/15). Im Scheidungsverbund geltend gemacht wurde u.a. auch die Folgesache Güterrecht. Mit Beschluss vom 04.12.2018 hat das Amtsgericht die Zugewinngemeinschaft der Beteiligten vorzeitig aufgehoben (4 F 79/18).

2.

Bereits vor der Eheschließung war der Antragsteller Alleineigentümer des Grundstücks Flst. x…/x, Gebäude-und Freifläche, H.-Straße in B., 3,99 ar.

Durch notariellen Kaufvertrag vom 16.04.1993 hat der Antragsteller eine Teilfläche des benachbarten Grundstücks Flst. y… erworben. Im notariellen Vertrag wurde u.a. bestimmt, dass das zu bildende Trennstück später mit dem Flst. x…/x vereinigt werden soll. Der Kaufpreis betrug 100,- DM / qm (Notariat H., Urkundenrolle Nr. x…/x…).

Am 10.05.1993 haben die Beteiligten einen notariellen Schenkungsvertrag geschlossen, in dem u.a. folgende Regelungen getroffen wurden (Notariat H., Urkundenrolle Nr. y…/y…):

II. Schenkung

Herr K. M. R. – nachstehend „der Schenker“ genannt – verschenkt den hälftigen Miteigentumsanteil an den in Abs. I. näher bezeichneten Grundstücks, nämlich dem auf Gemarkung B. liegenden Flst. x…/x und des nach dem unter I. näher bezeichneten Vertrag zu erwerbenden Trennstücks an Frau M. H. – nachstehend „die Beschenkte“ genannt -. Diese nimmt die Schenkung an.

III. Auflagen und Bestimmungen

1. Die Übereignung erfolgt deshalb, weil die Vertragsschließenden beabsichtigen, auf dem erworbenen Grundeigentum ein Wohnhaus zu errichten und darin Wohnung zu nehmen. Sie beabsichtigen auch, die Ehe zu schließen.

2. Vom Zeitpunkt der Eheschließung an ist Geschäftsgrundlage der Bestand der zwischen den Vertragsschließenden bestehenden Ehe.

4. Die Beschenkte verpflichtet sich, das geschenkte Grundeigentum nicht ohne Zustimmung des Schenkers zu dessen Lebzeiten zu veräußern oder zu belasten. Bei einem Verstoß gegen diese Auflage ist der Schenker berechtigt, von diesem Vertrage zurückzutreten….

5. Der Schenker behält sich auch den Rücktritt vom Schenkungsvertrage für den Fall vor, daß

a) es nicht binnen zwei Jahren zu einer Eheschließung kommt,

b) danach etwa die Ehe zwischen den Vertragsschließenden zu Lebzeiten beider Ehegatten aufgelöst ist oder

c) die Ehegatten dauernd getrennt leben; wann das der Fall ist, bestimmt der Schenker nach seinem billigen Ermessen.

6. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist ausgeschlossen, solange einer der Beteiligten lebt….

VI. Schlußerklärungen

Nach Hinweis des Notars auf die unsichere Rechtslage für einen Ausgleich oder eine Rückgewähr im Scheidungsfall verzichten wir auf Motivangaben zur Beweissicherung und die Vereinbarung einer Scheidungsklausel.

Zum Zwecke der Kostenberechnung wurde der Wert der Schenkung mit 17.500,- DM angegeben.

Zum damaligen Zeitpunkt lebten die Beteiligten bereits zusammen.

Durch notariellen Vertrag vom 21.09.1993 haben die Beteiligten sodann nach Abmessung des Teilgrundstücks erklärt, dass das neue Grundstück Flst. y…/100, 0,86 ar, im jeweils hälftigen Miteigentum stehen und dem Grundstück Flst. x…/x zugeschrieben werden soll. Die Beteiligten erklärten ferner, dass das hälftige Miteigentum an dem neu gebildeten Grundstück Flst. x…/x, H.-Straße, Gebäude – und Freifläche, 4,85 ar, auf die Beteiligten zu hälftigem Miteigentum übergehen soll (Notariat H., Urkundenrolle Nr. z…/z…).

Die Beteiligten wurden sodann als hälftige Miteigentümer des Grundstücks H.-Straße, B., Flst. x…/x, 4,85 ar, im Grundbuch eingetragen.

Die Beteiligten errichteten auf dem Grundstück wie geplant ein Einfamilienhaus mit Garage.

Der Baubeginn war bereits vor der Eheschließung. Die Bebauung finanzierten die Beteiligten u.a. durch Darlehen, für die sie die gesamtschuldnerische Haftung übernahmen. Ab dem Jahr 2002 wurde das Dachgeschoss ausgebaut. Bis zum Auszug der Antragsgegnerin im April 2015 bewohnten die Beteiligten und ihre Kinder das Wohnhaus. Nach dem vom Amtsgericht mit Beweisbeschluss vom 19.04.2018 eingeholten Sachverständigengutachten beträgt der Verkehrswert des Gebäudegrundstücks zum Stichtag 07.08.2018 rd. 300.000,- €.

3.

Mit Schreiben vom 18.12.2015 hat der Antragsteller den Rücktritt von dem Vertrag vom 10.05.1993 erklärt und von der Antragsgegnerin die Rückübertragung ihres hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flst. x…/x, 4,85 ar, verlangt. Die Rücktrittserklärung wurde der Antragsgegnerin am 29.12.2015 zugestellt.

Die Antragsgegnerin kam dieser Aufforderung nicht nach.

Die Antragsgegnerin nahm Bezug auf die Rechtsprechung des BGH zu den ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten und trug vor, dass zunächst zu prüfen sei, ob nicht bereits der Zugewinn zu einem angemessenen Vermögensausgleich für den zuwendenden Ehegatten führe.

Die Antragsgegnerin wies im Übrigen darauf hin, dass sie schenkweise einen Hälfteanteil an einem nicht bebauten Grundstück im Wert von 17.500,- DM erhalten habe und nun ihr hälftiges Miteigentum an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück im Wert von 150.000,- € zurückübertragen solle, obwohl auch sie zur Finanzierung des Hausbaus beigetragen habe. So habe sie vor der Eheschließung 35.344,- DM für das gemeinsame Grundstück aufgewendet, nach der Heirat bis zur Trennung weitere 29.690,- €. Zudem habe sie zur Finanzierung des Teilgrundstücks von ihrem Vater im Jahr 1993 einen Betrag von 8.600,- DM geschenkt erhalten. Durch die Rücktrittsklausel müsse sie die Vermögenswerte zurückgeben, die sie selbst oder zusammen mit dem Antragsteller geschaffen habe. Eine Rückgewähr des hälftigen Miteigentumsanteils könne daher nur Zug-um-Zug gegen Zahlung eines finanziellen Ausgleichs erfolgen.

Die Rücktrittsklausel sei jedoch sittenwidrig, da Regularien für einen entsprechenden Ausgleich oder eine Rückgewähr im Scheidungsfall nicht aufgenommen worden seien, der Notar auf die unsichere Rechtslage hingewiesen habe, sie sich über die Tragweite und Folgen des Rücktritts nicht im Klaren gewesen sei und sich insbesondere aus Ziffer 5c des Vertrages eine unangemessene Benachteiligung ergebe.

4.

Das Amtsgericht Hechingen hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 19.02.2019 die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, eine Willenserklärung dahingehend abzugeben, dass sie mit dem Antragsteller einig ist, dass das hälftige Miteigentum an dem Grundstück H.-Straße, B., auf den Antragsteller übergeht. Darüber hinaus wurde die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, die Eintragung des Antragstellers im Grundbuch als Alleineigentümer des Grundstücks H.-Straße, B., zu bewilligen.

Das Amtsgericht ordnete zudem an, dass diese Verpflichtungen jeweils Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrages von 131.941,- € zu erfüllen sind.

Das Amtsgericht führte aus, dass das Rücktrittsrecht des Antragstellers wirksam vereinbart worden sei. Für eine Sittenwidrigkeit gebe es weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht Anhaltspunkte. Die zwischenzeitliche Bebauung des Grundstücks stehe einer Rückübertragung nicht im Wege, sondern löse lediglich die Folgen des § 347 Abs. 2 BGB aus. Aufgrund der Gleichwertigkeit von Erwerbsarbeit und Haushaltsführung stehe der Antragsgegnerin die hälftige Wertsteigerung des Grundstücks zu, da diese aufgrund der gemeinschaftlichen Leistung der Beteiligten entstanden sei. Der Vertrag vom 10.05.1993 stehe dieser Betrachtungsweise nicht entgegen, da dieser keine Regelung zu den Aufwendungen der Beteiligten für den Hausbau enthalte, so dass die gesetzlichen Vorschriften der §§ 346 ff. BGB eingreifen würden.

5.

Der Antragsteller wendet mit der Beschwerde ein, dass die Antragsgegnerin eine Gegenleistung für die Übertragung ihres hälftigen Miteigentumsanteils nicht beanspruchen könne. Hätten die Beteiligten eine Gegenleistung für den Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts gewollt, hätte ein solcher Parteiwille im Vertrag Erwähnung gefunden. Eine Lücke oder ein ungeregelter Tatbestand liege deshalb nicht vor. Im Übrigen habe er im Wesentlichen das Haus finanziert, da sich die Antragsgegnerin über einen Zeitraum von 17 Jahren geweigert habe, einer Beschäftigung nachzugehen. Die Wertsteigerung des Gebäudegrundstücks beruhe darüber hinaus auf seinen Eigenleistungen, so dass ein finanzieller Ausgleich zugunsten der Antragsgegnerin nicht der Billigkeit entsprechen würde. Im Übrigen habe das Amtsgericht unbeachtet gelassen, dass die Antragsgegnerin Nutzungen durch das unentgeltliche Wohnen gezogen habe. Das Amtsgericht habe zudem den Begriff der notwendigen Verwendungen verkannt und diese rechtsirrig auf 131.941,- € beziffert.

Die Antragsgegnerin verteidigt im Beschwerdeverfahren die erstinstanzliche Entscheidung – unter Aufrechterhaltung ihres Vortrages zur Sittenwidrigkeit des Vertrages vom 10.05.1993 – und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die jeweiligen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.

Der Antragsteller ist aufgrund der notariell vereinbarten Rücktrittsklausel berechtigt, von dem Vertrag mit der Antragsgegnerin zurückzutreten. Der sich danach aus § 346 Abs. 1 BGB ergebende Rückgewähranspruch ist – wie beantragt und vom Amtsgericht zuerkannt – auf Erklärung der Auflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung gerichtet. Eine Erfüllung Zug-um-Zug nach § 348 BGB kann die Antragsgegnerin nicht verlangen.

1.

Das Amtsgericht geht zu Recht davon aus, dass der notarielle Vertrag vom 10.05.1993 nicht sittenwidrig i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB ist.

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen (BGH NJW 2012, 1570; 2014, 2177).

a)

Die Beteiligten haben am 10.05.1993 vereinbart, dass dem Antragsteller ein vertragliches Rücktrittsrecht u.a. bei Scheitern der Ehe zustehen soll. Verbunden hiermit ist das Recht des Antragstellers, bei Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 346 Abs. 1 BGB dingliche Rückgewähr des übereigneten hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück verlangen zu können.

Die Zuwendung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück stellt aufgrund des vorbehaltenen Rücktrittsrechts keine Schenkung nach § 516 BGB dar. Eine Schenkung liegt nur vor, wenn die Zuwendung unentgeltlich zur freien Verfügbarkeit des Empfängers geleistet wird (BGH FamRZ 1998, 669; 1995, 1060; 1990, 600; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn. 911). Die Zuwendung des hälftigen Miteigentumsanteils an die Antragsgegnerin ist jedoch ausdrücklich an die Eheschließung und an den Bestand der Ehe geknüpft, stellt also eine ehebezogene Zuwendung dar (siehe BGH FamRZ 2012, 1789; 1999, 1580; 1992, 300; 1990, 600).

Mit dem Vertrag vom 10.05.1993 haben die Beteiligten den mit Eheschließung eintretenden gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft modifiziert, der nach § 1378 BGB lediglich einen finanziellen Ausgleich der unterschiedlichen Zugewinne beider Ehegatten vorsieht und grundsätzlich keine Korrektur der dinglichen Vermögenslage zulässt. Dass die Antragsgegnerin das hälftige Miteigentum an dem Grundstück vorehelich erhalten hat, ist hierbei unbeachtlich, da auch voreheliche Zuwendungen vorrangig über den Zugewinn ausgeglichen werden (BGH FamRZ 1992, 160; Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. Auflage 2015, Rn. 1722 ff.). Nur wenn der Zugewinnausgleich zu einem schlechthin unangemessenen Ergebnis führt, kommt nach der Rechtsprechung des BGH ein ergänzender Ausgleichsanspruch des Zuwenders nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, der idR aber auch auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet ist, nicht auf eine dingliche Herausgabe der Zuwendung (BGH FamRZ 2003, 230; 1993, 289; 1991, 1169).

b)

Nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 11.02.2004 („Kernbereichslehre“, FamRZ 2004, 601) darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen wird. Die Belastungen des einen Ehegatten wiegen dabei umso schwerer und die Belange des anderen Ehegatten bedürfen umso genauerer Prüfung, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Der BGH ordnet den Zugewinnausgleich dabei auf der untersten Stufe dieser Rangordnung ein.

c)

Insofern begegnet der notarielle Vertrag vom 10.05.1993 keinen Bedenken.

Zwar enthält der Vertrag vom 10.05.1993 keine Vereinbarung für den Fall des Rücktritts des Antragstellers, insbesondere ist nicht geregelt, wie im Falle des Rücktritts die durch den Hausbau eingetretene Wertsteigerung des Grundstücks zwischen den Beteiligten auszugleichen ist. Dass eine Wertsteigerung des Grundstücks eintreten wird, war bei Vertragsabschluss im Mai 1993 auch absehbar, da die Beteiligten bereits damals beabsichtigt hatten, auf dem noch unbebauten Grundstück ein Wohnhaus zu errichten. Auf Ziffer III Nr. 1 des notariellen Vertrages vom 10.05.1993 wird verwiesen.

Eine sittenwidrige Übervorteilung der Antragsgegnerin durch diese Vertragsgestaltung sieht das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht jedoch nicht.

Die Beteiligten haben – trotz Hinweises des Notars auf die unsichere Rechtslage für einen Ausgleich oder eine Rückgewähr im Scheidungsfall – ausdrücklich auf die Vereinbarung einer Scheidungsklausel verzichtet.

Zu Recht weist das Amtsgericht darauf hin, dass mangels vertraglicher Regelungen die gesetzlichen Ansprüche der Antragsgegnerin eingreifen, die die Beteiligten nicht ausgeschlossen oder modifiziert haben. Durch den Rücktritt gestaltet sich das Vertragsverhältnis nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 346 ff. BGB in ein Abwicklungsverhältnis um, ohne dass es einer diesbezüglichen Vereinbarung der Beteiligten bedarf. Im Falle des Rücktritts steht dem Herausgabepflichtigen der Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen nach § 347 Abs. 2 BGB zu. Zudem nimmt die Antragsgegnerin am Vermögenszuwachs des Antragstellers während der Ehe im Rahmen des Zugewinns teil, §§ 1373 ff. BGB.

Selbst wenn der Verweis auf die verbleibenden gesetzlichen Ansprüche zu einer Schlechterstellung der Antragsgegnerin führen sollte, folgt hieraus alleine noch keine Sittenwidrigkeit. Aus einseitig belastenden Regelungen kann nur dann auf die für das Verdikt der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit (BGH, Beschluss vom 17.01.2018, Az. XII ZB 20/17 – zitiert nach juris; BGH FamRZ 2013, 269).

Nach diesen Maßstäben liegen keine Anhaltspunkte für eine subjektive Imparität vor.

Die Antragsgegnerin war bei Abschluss des Vertrages am 10.05.1993 ausweislich des Beschwerdeverfahrens zum nachehelichen Unterhalt (18 UF 64/19) seit nahezu neun Jahren berufstätig. Die Antragsgegnerin bezifferte ihr Einkommen bei Eheschließung im Jahr 1994 auf 42.153 DM und das Einkommen des Antragstellers auf 60.765 DM. Zudem trug sie vor, der Antragsteller habe vor Eheschließung über Jahre hinweg mietfrei bei ihr gelebt und sie sei darüber hinaus für sämtliche verbrauchsabhängigen Kosten aufgekommen.

Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Mai 1993 ist daher nicht zu erkennen. Auch bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Antragsgegnerin bei Vertragsabschluss nicht in der Lage war, die Vor – und Nachteile des Rechtsgeschäfts sachgerecht zu bewerten. Unbeachtlich ist daher, dass sich die Antragsgegnerin bei Vertragsabschluss nicht im Klaren war, welche Folgen und Tragweite das Rücktrittsrecht des Antragstellers bei Ausübung hat. Dieser Umstand fällt allein in die Risikosphäre der Antragsgegnerin und kann nicht dem Antragsteller angelastet werden, zumal der Notar – wie oben erwähnt – auf die unsichere Rechtslage für einen Ausgleich oder eine Rückgewähr im Scheidungsfall hingewiesen hat.

Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin bei Abschluss des Vertrages am 10.05.1993 in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt war. Für ein verwerfliches Verhalten des Antragstellers gibt es keinen Anhalt.

2.

Der Antragsteller hat den Rücktritt vom Vertrag durch Schreiben vom 18.12.2015 an die Antragsgegnerin – zugestellt am 29.12.2015 – erklärt, § 349 BGB. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Rücktrittsrechts lagen zum damaligen Zeitpunkt nach Ziffer III Nr. 5 c des Vertrages aufgrund des dauernden Getrenntlebens der Beteiligten vor.

3.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts begründet die Wertsteigerung des Grundstücks durch den Hausbau keinen Verwendungsersatzanspruch der Antragsgegnerin gemäß §§ 347 Abs. 2, 994 Abs.1 BGB.

Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die der Sache zugute kommen, indem sie ihrer Wiederherstellung, Erhaltung oder Verbesserung dienen (BeckOK-BGB/H. Schmidt, 50. Ed. 1.5.2019, § 347 Rn. 4; MüKo-BGB/Gaier, 8. Auflage 2019, § 347 Rn. 18; BGH NJW 1996, 921).

Umgestaltungsaufwendungen (sachändernde Verwendungen) fallen nach der Rechtsprechung des BGH nicht unter den Begriff der notwendigen Verwendung im Sinne der §§ 347 Abs.2, 994 Abs. 1 BGB. Die Bebauung eines bisher unbebauten Grundstücks ist nach Auffassung des BGH keine Bestandsverbesserung, sondern eine Zustandsveränderung, so dass die Kosten für die Bebauung keine Verwendungen darstellen (BGH 41, 157; BGH NJW 2001, 3118).

Sofern die Antragsgegnerin Aufwendungen für den Hausbau geltend macht, dringt sie hiermit nach § 347 Abs. 2 BGB nicht durch.

4.

An der Wertsteigerung des Grundstücks nimmt die Antragsgegnerin allein im Rahmen des Zugewinns nach §§ 1373 ff. BGB teil. Hierbei kommt es nicht darauf an, wer in welchem Umfang zum Vermögenserwerb während der Ehe beigetragen hat (MüKo-BGB/Koch, vor § 1363 Rn. 12; Schulz/Hauß, aaO, Rn. 6).

Insoweit ist nach dem Dafürhalten des Beschwerdegerichts im Aktiv-Endvermögen des Antragstellers neben seinem hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück H.-Straße auch der Anspruch gegen die Antragsgegnerin aus dem Vertrag vom 10.05.1993 auf Rückgewähr des zugewendeten hälftigen Miteigentumsanteils zu berücksichtigen (siehe BGH NJW 2007, 1744). Dass der Antragsteller den Rücktritt erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags – somit nach dem Stichtag für das Endvermögen, § 1384 BGB – erklärt hat, ist unbeachtlich. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Rücktrittsrechts waren spätestens im April 2015 durch den Auszug der Antragsgegnerin aus der Ehewohnung gegeben. Zumindest seit diesem Zeitpunkt leben die Beteiligten dauernd getrennt im Sinne von Ziffer III Nr. 5 c des Vertrages vom 10.05.1993. Der Antragsteller wird also im Rahmen seines Endvermögens so gestellt, als wäre er Alleineigentümer des Grundstücks H.-Straße.

Im Aktiv-Endvermögen der Antragsgegnerin ist zwar auch ihr hälftiger Miteigentumsanteil an dem Grundstück H.-Straße zu berücksichtigen. In das Passiv-Endvermögen ist aber spiegelbildlich die Rückgewährverpflichtung aus dem Vertrag vom 10.05.1993 einzustellen, so dass sich im Hinblick auf den hälftigen Miteigentumsanteil rechnerisch kein einzusetzender Wert ergibt. Im Anfangsvermögen der Antragsgegnerin ist der Rückforderungsanspruch des Antragstellers aus dem Vertrag vom 10.05.1993 ebenfalls als Passivposten einzustellen, da die Antragsgegnerin das hälftige Miteigentum an dem Grundstück mit der Belastung erworben hat, die Zuwendung im Falle des Eintritts der vertraglich normierten Rücktrittsgründe an den Antragsteller zurückübertragen zu müssen (siehe BGH NJW 2010, 2884). Wie diese am Stichtag „Eheschließung“ ungewisse Forderung im Einzelnen zu bewerten ist, obliegt dem erstinstanzlichen Tatrichter.

Bei der Bewertung des jeweiligen Anfangsvermögens ist zudem die Regelung in Ziffer 6 des Vertrages vom 10.05.1993 einzubeziehen, wonach das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ausgeschlossen ist, solange einer der Beteiligten lebt.

Die vorehelichen Aufwendungen der Antragsgegnerin für das Grundstück H.-Straße bleiben bei dem Ausgleich über das Güterrecht nicht unberücksichtigt, da sich diese zumindest hälftig in ihrem Anfangsvermögen widerspiegeln und so ihren Zugewinn vermindern.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, § 113 Abs. 1 FamFG.

Der Beschwerdewert wurde gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, § 3 ZPO festgesetzt. Die Beschwerde des Antragstellers wendet sich ausschließlich gegen die Zug-um-Zug-Verpflichtung.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.

 

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