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Versorgungsausgleich – Anspruchsberechnung gegen ausgleichspflichtigen Ehegatten

OLG Koblenz, Az.: 13 UF 181/15, Beschluss vom 10.06.2015

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Koblenz vom 28.01.2015 in Ziff. 1 bis 2 teilweise abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass der Antrag insgesamt zurückgewiesen wird.

2. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Koblenz vom 28.01.2015 wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin.

4. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.144 € festgesetzt.

Gründe

I.

Versorgungsausgleich - Anspruchsberechnung gegen ausgleichspflichtigen Ehegatten
Symbolfoto: Von Tero Vesalainen /Shutterstock.com

Die Beteiligten sind rechtkräftig geschiedene Eheleute. Im Rahmen der seit 19.03.2014 rechtskräftigen (Bl. 40, 92 d.A. 13 UF 869/13) Entscheidung zum Versorgungsausgleich wurden die Soldatenversorgung des Antragsgegners und die gesetzlichen Rentenanrechte der Antragstellerin jeweils intern geteilt. Dabei wurden bezogen auf den 28.02.2013 auf die Antragstellerin 1.180,45 €/mtl. übertragen und auf den Antragsgegner 13,6667 Entgeltpunkte. Der Ausgleich einer Zusatzversorgung der vormaligen Ehefrau unterblieb (Bl. 36, 89 d.A. 13 UF 869/13).

Die Antragsgegnerin erhält eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Antragsgegner bezieht Versorgungsbezüge aus seiner Soldatenversorgung. Das gesetzliche Renteneintrittsalter hat er noch nicht erreicht.

Auf Antrag der vormaligen Ehefrau vom 06.05.2014 leistet der Träger der Soldatenversorgung unter Berufung auf die ihm nach § 30 VersAusglG eingeräumte Übergangsfrist seit dem 01.06.2014 in Umsetzung des Versorgungsausgleichs einen Teil der Altersversorgung des vormaligen Ehemanns an diese. Die ihr danach nicht anteilig ausbezahlte Altersversorgung des Antragsgegners für die Monate April und Mai 2014 hat die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 16.05.2014 vom Antragsgegner eingefordert. Nachdem der Antragsgegner dies zurückweisen ließ, macht die Antragstellerin ihr Ansinnen nunmehr gerichtlich geltend. Der angepasste, im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragene Betrag der Soldatenversorgung beläuft sich dabei für die beiden hier maßgeblichen Monate auf 2 x 1.194,61 € = 2.389,22 € (brutto). Diesen Betrag abzüglich des vom Antragsteller in den Monaten April und Mai 2014 erhaltenen Unterhalts von jeweils 623,08 € hat die Antragstellerin daher mit ihrem auf die Zahlung von 1.143,06 € gerichteten Antrag geltend gemacht. Darüber hinaus hat sie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 201,71 € begehrt.

Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten. Er hat sich darauf berufen, dass er das Einsetzen der Zahlungen an die Antragstellerin erst zum 01.06.2014 nicht zu vertreten habe.

Das Familiengericht hat dem Antrag mit Ausnahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten stattgegeben und dies auf § 816 Abs. 2 BGB gestützt. Nach der rechtkräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich stünden dem Antragsgegner ab April 2014 nicht mehr die zunächst weiter gezahlten vollen Versorgungsbezüge zu. Gemäß § 30 VersAusglG habe der Versorgungsträger jedoch im April und Mai 2014 noch in vollem Umfang an ihn leisten dürfen. Folglich sei der Antragsgegner zur Herausgabe der zu Unrecht erhaltenen Beträge verpflichtet. Nach der seitens der vormaligen Ehefrau durchgeführten Verrechnung mit dem im April und Mai 2014 erhalten Unterhalt verbleibe der beantragte Zahlbetrag. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten seien hingegen nicht zu übernehmen. Denn die verzugsbegründende Mahnung sei bereits durch einen Rechtsanwalt erfolgt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher dieser weiterhin die vollständige Antragsabweisung verfolgt. Er rügt, dass die Antragstellerin eine Aussetzung ihrer Rentenkürzung vereitelt habe, da sie den entsprechenden Antrag nicht gestellt habe. Demgegenüber habe er bei seinem Versorgungsträger rechtzeitig Anpassung beantragt. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Antragsgegner sein erstinstanzliches Vorbringen und wendet eine wirtschaftliche Schieflage ein.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags, soweit das Familiengericht zu ihren Gunsten entschieden hat. Ausweislich eines Schreibens der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19.12.2013 seien die Voraussetzungen für einen Anpassungsantrag durch sie nicht gegeben. Einen solchen habe vielmehr der Antragsgegner stellen müssen. Ihre Erwerbsunfähigkeitsrente werde nämlich bereits seit dem 01.04.2014 gekürzt. Entgegen der Ansicht des Familiengerichts habe der Antragsgegner sie jedoch auch von den vorgerichtlichen Anwaltskosten freizustellen. Denn zum Zeitpunkt des anwaltlichen Mahnschreibens vom 16.05.2014 habe noch kein Klageauftrag bestanden. Überdies sei der Antragsgegner durch sein anwaltliches Zurückweisungsschreiben vom 30.05.2014 selbst in Verzug geraten. Damit sei jedenfalls ihr weiteres Anwaltsschreiben vom 05.06.2014 nach Verzugseintritt erfolgt.

II.

Die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde sind gemäß §§ 58ff., 113 Abs. 1,117 FamFG, 524 ZPO statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache Erfolg hat jedoch nur das Rechtsmittel des Antragsgegners.

1.

Mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht den Antrag auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten versagt. Der Anspruch besteht bereits dem Grunde nach nicht.

Ein solcher Anspruch kann sich nur aus Verzug ergeben. Dieser lag zum Zeitpunkt, als die Antragstellerin ihren Anwalt mit der außergerichtlichen Geltendmachung der hier verfolgten Ansprüche beauftragt hatte, noch nicht vor. Denn Verzug trat erst mit Ablauf der in dem Anwaltsschreiben vom 16.05.2014 gesetzten Zahlungsfrist ein. An diesem Ergebnis ändert auch die nachfolgende vorgerichtliche Korrespondenz nichts. Denn bereits bei Abfassung des Anwaltsschreibens vom 16.05.2014 waren die hier geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten in vollem Umfang entstanden. Die nachfolgende vorgerichtliche Tätigkeit des Anwalts der Antragstellerin löste keine weiteren Gebühren mehr aus, § 15 Abs. 1 und 2 RVG. Ein etwaiger zu diesem Zeitpunkt dann bestehender Verzug des Antragsgegners wäre somit für den Gebührenanfall jedenfalls nicht ursächlich.

2.

In der Sache steht der Antragstellerin der geltend gemachte Ausgleichsanspruch zwar dem Grunde nach gemäß §§ 30 Abs. 3 VersAusglG, 816 Abs. 2 BGB zu. Insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Der Höhe nach ist er jedoch infolge der von der Antragstellerin selbst erklärten Verrechnung erloschen, § 362 BGB.

Der Antragsgegner hat von den in den Monaten April und Mai 2014 weiterhin ungekürzt erhaltenen Altersbezügen nur dasjenige herauszugeben, was er tatsächlich netto zu Unrecht erlangt hat. Nur in diesem Umfang ist er nach §§ 816Abs. 2, 818 BGB bereichert. Hierfür ist der Auszahlungsbetrag in diesen beiden Monaten mit demjenigen zu vergleichen, der sich ergeben hätte, wenn der Versorgungsträger des Antragsgegners den Versorgungsausgleich bereits ab 01.04.2015 umgesetzt hätte – wozu er gemäß § 30Abs. 1, 2 VersAusglG nicht verpflichtet war.

Ausweislich der vom Antragsgegner auf Aufforderung des Senats nunmehr für den maßgeblichen Zeitraum vollständig eingereichten Bezügemitteilungen betrug der Auszahlungsbetrag (entspricht hier dem gesetzlichen Netto) in den Monaten April und Mai 2014 jeweils 2.093,09 € (Bl. 127 d.A.). Mit der Umsetzung des Versorgungsausgleichs erfolgte bei gleichbleibendem Bruttoruhegehalt eine Reduzierung auf 1.534,36 € (Bl. 128 d.A.). Entgegen der Ansicht der Antragstellerin und des Familiengerichts ist der Antragsgegner damit nicht um den Bruttokürzungsbetrag von 1.194,61 €/mtl. bereichert. Vielmehr hat er lediglich 558,73 €/mtl. (netto) ohne Rechtsgrund erhalten, mithin insgesamt 1.117,46 €.

Hintergrund hierfür sind zum einen die auf die in den Monaten April und Mai 2014 noch ungekürzt bezogenen Versorgungsbezüge angefallenen höheren gesetzlichen Abzüge. Um diese ist der Antragsgegner begriffsnotwendig nicht bereichert. Zum anderen wird die Altersversorgung des Antragsgegners derzeit aber – antragsgemäß, § 35 Abs. 1 a.E. VersAusglG – auch nur teilweise gemindert, weil er durch den Versorgungsausgleich Anrechte in einem anderen Versorgungssystem erworben hat (hier: gesetzliche Rentenversicherung), diese aber mangels Erreichens der dort geltenden Altersgrenze noch nicht ausgezahlt bekommen kann (§ 35 VersAusglG).

Vorliegend erhielt der seinerzeit erst 60 Jahre alte Antragsgegner – wie aus den nun nachgereichten Bezügemitteilungen für Juni und Juli 2015 ersichtlich – im Gegenzug zur versorgungsausgleichsbedingten Kürzung seines Ruhegehalts einen Betrag in Höhe von 384,58 €/mtl. (brutto) wieder gutgeschrieben (Bl. 128 f. d.A.). Das ist genau der Bruttobetrag, um welchen die gesetzliche Rente der Antragstellerin infolge des Versorgungsausgleichs gekürzt wird (13,6667 EP x 28,14 €/EP [damaliger aktueller Rentenwert]). Bei Umsetzung des Versorgungsausgleichs durch den Versorgungsträger des Antragsgegners bereits zum 01.04.2014 wäre diese Gutschrift in Form einer teilweisen Aussetzung der Kürzung gemäß § 35 VersAusglG somit ebenfalls in den Monaten April und Mai 2014 erfolgt. Die Gutschrift mindert daher mit ihrem Nettobetrag die nach §§ 816Abs. 2, 818 BGB auszugleichende Bereicherung des Antragsgegners.

Verrechnet man sodann wie seitens der Antragstellerin erfolgt den vom Antragsgegner in den Monaten April und Mai 2014 zu Unrecht vereinnahmten Nettobetrag von insgesamt 1.117,46 € mit dem in dieser Zeit gezahlten Unterhalt von 1.246,16 € (2 x 623,08 €), verbleibt kein überschießender Betrag mehr.

Darauf, ob die Antragstellerin einen Antrag auf Aussetzung ihrer mit Schriftsatz vom 30.04.2015 nachgewiesenen, bereits zum 01.04.2014 versorgungsausgleichsbedingt erfolgten Rentenkürzung hat stellen können und ggfls. müssen, kommt es folglich nicht an. Dass der Antragsgegner bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung der Antragstellerin einen solchen Antrag stellen musste, ist nicht ersichtlich. Denn das Verhältnis der Antragstellerin zu ihrem gesetzlichen Rentenversicherungsträger betrifft den Antragsgegner grundsätzlich nicht. Aus dem gleichen Grund kann dahinstehen, ob die Erwerbsunfähigkeitsrente der Antragstellerin zu Recht (rückwirkend) bereits ab April 2014 gekürzt wurde. Denn dies hat vorliegend jedenfalls nicht zu einer Bereicherung des Antragsgegners, sondern allenfalls des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers der Antragstellerin geführt.

3.

Die verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91, 97 ZPO und §§ 35, 40 FamGKG.

 

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