OLG Köln – Az.: 10 UF 38/18 – Beschluss vom 05.06.2018
1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 06.02.2018 – 228 F 259/17 – gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG im schriftlichen Verfahren als unbegründet zurückzuweisen.
2. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang des Beschlusses.
Gründe
I.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil das Amtsgericht zu Recht eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen verneint hat. Auch die Auslegung dahingehend, dass der Vollstreckungsgegenantrag nicht (stillschweigend) für erledigt erklärt worden sei, begegnet keinen Bedenken.
Im Einzelnen:
1. Die Ansprüche des Antragsgegners auf Unterhalt, die Gegenstand der vorliegend angegriffenen Pfändung waren, sind nicht verwirkt.
Eine Verwirkung als ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens (BGH, Urt. v. 09.10.2013 – XII ZR 59/12, NJW-RR 2014, 195) kommt nur in Betracht, wenn sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, Urt. v. 23.01.2014 – VII ZR 177/13, MDR 2014, 51). Hierbei sind an die Verwirkung von titulierten Ansprüchen, die – wie vorliegend – nach Titulierung fällig geworden sind, keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Verwirkung bei nicht titulierten Ansprüchen (BGH, Urt. v. 10.12.2003 – XII ZR 155/01, FamRZ 2004, 531; OLG Hamm, Beschl. 08.09.2006 – 10 WF 148/06, FamRZ 2007, 159). Auch rückständiger Kindesunterhalt kann verwirken (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 13.05.2013 – 2 WF 82/13, FuR 2013, 72).
Voraussetzung für die Verwirkung ist indes nicht nur, dass der Gläubiger den Unterhaltsanspruch längere Zeit nicht geltend macht (Zeitmoment), sondern auch, dass er beim Schuldner den Eindruck erweckt, er werde diesen Anspruch nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment). Neben dem reinen Zeitablauf müssen also immer auch besondere Umstände hinzutreten (vgl. OLG Hamm, Beschl. 08.09.2006 – 10 WF 148/06, FamRZ 2007, 159).
Hierbei hat das Amtsgericht mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, darauf abgestellt, dass der Antragsgegner – wenngleich zunächst in Unkenntnis des Vergleichs vom 15.08.2012 – gleichwohl bereits im Rahmen des am 08.09.2015 eingeleiteten Stufenverfahrens deutlich gemacht hatte, sogar 120% des Mindestunterhalts zu verlangen, und auf dieser Grundlage später auch vollstreckt hat. Entsprechend konnte der Antragsteller redlicher Weise nicht darauf vertrauen, es werde bei einem – von ihm seit 2014 nur geleisteten – Unterhalt in Höhe von 110% verbleiben. Hierauf zu vertrauen, hat der Antragsgegner auch keinerlei Anlass gegeben. Im Gegenteil verweist auch der Antragsteller zur Begründung seiner Rechtsansicht lediglich auf die „Elternvereinbarung“ vom 30.06.2014. Gerade dieser hat aber der Antragsgegner anwaltlich vertreten widersprochen; dass nachfolgend der Antragsteller lediglich Unterhalt in Höhe von 110% geleistet hat, ist daher als sein eigenes und rein einseitiges Verhalten nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand dahingehend zu schaffen, der Antragsgegner werde nicht höheren Unterhalt geltend machen. Dass es bei Rückständen ab März 2015 und einem gerichtlichen Tätigwerden im September 2015 zudem bereits am Zeitmoment fehlt, hat das Amtsgericht gleichfalls richtig erkannt.
2. Ebenfalls zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsgegenantrag des Antragstellers nicht – auch nicht konkludent – für erledigt erklärt worden ist.
Zwar verweist der Antragsteller im Grundsatz zu Recht darauf, dass eine Erledigungserklärung nicht ausdrücklich erklärt werden muss, sondern es genügt, wenn sich ihr hierauf gerichteter Wille konkludent im Wege der Auslegung ihres prozessualen Verhaltens ermitteln lässt (BHG, Urt. v. 12.03.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211). Hierfür kann die Reduzierung eines Klageantrages ausreichen, insbesondere wenn sich der Gegner sodann der „Teilerledigung“ anschließt (BGH, a.a.O.). So liegt der Fall indes vorliegend nicht. Der Antragsteller hat vielmehr, nachdem der Titel herausgegeben worden ist (Bl. 55 d.A.), mit Schriftsatz vom 22.12.2017 (Bl. 89 d.A.) ein Teilanerkenntnisurteil angeregt – was bereits impliziert, dass er seinen Antrag insoweit aufrechterhält – und anschließend „darüber hinaus“ einen (reduzierten) Zahlungsantrag gestellt. Ein Teilanerkenntnis hat der Antragsgegner sodann ausdrücklich abgelehnt, ohne dass eine Antragsänderung des Antragstellers erfolgt wäre. Aus diesem Erklärungsgehalt lässt sich daher nur schlussfolgern, dass lediglich der (mit Schriftsatz vom 30.10.2017, Bl. 42 d.A., in das Verfahren eingeführte) Zahlungsantrag reduziert, aber der zunächst gestellte Vollstreckungsgegenantrag unverändert weiterhin aufrecht erhalten bleiben sollte, was zugleich die Antragsabweisung insoweit und die entsprechende Kostenfolge erklärt, die das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung vorgenommen hat.
II.
Der Senat beabsichtigt eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 68 Abs. 3 FamFG), weil von einer mündlichen Verhandlung keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind. Er rät indes, zur Vermeidung unnötiger Kosten die Beschwerde zurückzunehmen.